Eilantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der SPD Drucksache 14/10626 – Neudruck
Diesen Eilantrag hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit Schreiben vom 1. Februar 2010 fristgerecht eingebracht.
Ich eröffne die Beratungen und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Abgeordneten Priggen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Priggen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Am 11. Dezember hat sich die Fraktion der Grünen im Rat der Stadt Marl an mich gewandt und mir eine öffentliche Sitzungsvorlage mit dem Bericht der Bürgermeisterin über die Nebeneinkünfte in 2009 geschickt. Darin war die Position „15.200 € für den Regionalrat der RAG AG“ aufgeführt. Die Kollegen haben gefragt: Was ist das? Was macht der Regionalrat? Wofür wird da so viel Geld gezahlt? – Ich habe dazu dann noch im Dezember eine Kleine Anfrage gestellt; die Antwort darauf ist im Januar gekommen. Wie sich später herausgestellt hat, war die Antwort der RAG unvollständig. Das ist dann öffentlich korrigiert worden; die Ministerin hat mich darüber informiert. Dazu gibt es auch keine Kritik. So, wie die Information kam, war das völlig in Ordnung.
Es hat eine intensive Berichterstattung in den Medien gegeben. Für uns stellt sich die Frage: Welche
Konsequenzen ziehen wir aus diesen Diskussionen? Das müssen wir an zwei Stellen angehen. Der erste Punkt ist: Die Transparenzregelung in der Kommune Marl hat offensichtlich funktioniert. Da ist über die Art der Nebentätigkeiten und auch die Höhe dessen, was hereingekommen ist, berichtet worden.
Aber auch das Parlament muss sich damit beschäftigen, deswegen der Eilantrag. Ich meine, dass wir selbst mit dem Zusammenhang umgehen und als Abgeordnete, da wir in der öffentlichen Diskussion sind, die Konsequenzen ziehen müssen.
Erstens. Welche Regelung müssen wir im Abgeordnetengesetz treffen, um zu mehr Transparenz zu kommen? Müssen wir die Beträge auch in der Höhe anzeigen? Das würde ich persönlich befürworten. Müssen wir auch – ähnlich wie bei kommunalen Hauptverwaltungsbeamten – eine Obergrenze einführen? Auch das muss man prüfen. Der Ort dafür ist der Ältestenrat. Dazu findet morgen eine Sondersitzung statt. Da sollen Vorschläge unterbreitet werden. Dabei muss man unter Umständen auch die Frage der Gegenleistungen für 30.000 € und Ähnliches prüfen.
Zweitens sollten wir uns heute – das ist mein Wunsch – mit der Frage beschäftigen: Wie gehen wir weiter mit dem Regionalbeirat der RAG um? Es hat nämlich auch massive Kritik von Journalisten gegeben. Wenn man angefragt worden ist, ist gesagt worden: Ihr sitzt doch alle in irgendwelchen Beiräten. – Ich will klar sagen: Ich halte die Einrichtung von derartigen themenbezogenen Beiräten für ein vernünftiges Instrument, um Sachfragen miteinander zu diskutieren, wenn das offen und transparent geschieht und die Interessenlagen klar nachvollziehbar sind. Das gilt für mich grundsätzlich.
Ich habe massive Kritik an der RAG. Sie hat praktisch in einem alten Geist, wie wir ihn in der Energiewirtschaft immer wieder erlebt haben, versucht, die Landschaft politisch ein Stück weit zu steuern und zu beeinflussen. Das muss man dem Unternehmen negativ anrechnen. Sie sollen es sein lassen. Es nützt nichts. Mit mehr Transparenz kommt das ans Licht.
Ich plädiere dafür, dass wir den Regionalbeirat grundsätzlich beibehalten. Die Fragen des Rückzugs aus den Kohlegebieten, der Bergbauschäden sind zu wichtig. Wir sollten sie miteinander diskutieren. Aber es sollten alle Fraktionen beteiligt werden. Aus meiner Sicht sollten auch die Bergbaugeschädigten einbezogen werden, weil diese Problematik immer wichtiger wird. Und es sollte – das will ich auch klar sagen – keine Vergütung gezahlt werden. Ich arbeite seit zehn Jahren verantwortlich in dem
Bereich im Landtag. Das ist unsere Pflicht als Abgeordnete; ich weiß das auch von anderen Kollegen. Dann brauchen keine exorbitanten Vergütungen nebenbei gezahlt zu werden.
Ich begrüße es ausdrücklich und bedanke mich, dass die Fraktion der SPD unserem Antrag beitritt. Ich habe viele positive Rückmeldungen bekommen, auch aus der CDU. Ich weiß, dass sie das jetzt nicht sagen darf, weil die FDP es nicht zulässt. Herr Brockes, die FDP muss sich vorwerfen lassen – die RAG wird reagieren, sie wird auf uns zugehen; es wäre daher wichtig, dass wir als Parlament einen eigenen Beschluss dazu fassen und sagen, was wir davon halten –, dass sie verhindert, dass die Bergbaugeschädigten in Zukunft beteiligt werden, um das ganz klar zu sagen. Das müssen Sie sich negativ anrechnen lassen.
Gestatten Sie mir zum Schluss noch ein persönliches Wort an den Kollegen Hovenjürgen. Den Kollegen Hovenjürgen habe ich fünf Jahre als Vorsitzenden des Unterausschusses „Bergbausicherheit“ erlebt. Er hat diesen Ausschuss mit einer zusätzlichen Thematik besetzt, sodass er Ansprechstelle für diejenigen geworden ist, die von Bergbauschäden betroffen sind. Ich persönlich habe keinerlei Anlass – das will ich klar sagen; wenn man jemanden fünf Jahre in der Arbeit erlebt, kann man ihn ein Stück weit beurteilen; ich bin ihm dankbar für die Arbeit, die er da geleistet hat, weil wir dort Bergschäden erstmals thematisieren konnten –, an seiner Unabhängigkeit in der Arbeit, in der Sache zu zweifeln. Ich bedanke mich bei ihm ausdrücklich auch für die Einführung der Schlichtungsstelle. Ich hoffe, dass wir das auch in der Braunkohle noch zusammen hinbekommen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Priggen. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Gödecke das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Regionalbeirat der RAG Aktiengesellschaft war in den vergangenen Tagen wiederholt in den Medien. Deshalb ist es absolut nachvollziehbar und richtig, dass wir heute hier plenar darüber debattieren.
Auf das Medienecho bezüglich der Bezüge möchte ich genauso wenig eingehen wie der Kollege Priggen eben. Er hat darauf hingewiesen: Es gibt einen anderen Ort und eine andere Stelle, an der wir über diese Frage miteinander reden werden.
dafür, dass sie die Initiative zu diesem Eilantrag ergriffen haben und sich darin sehr sachlich mit den Notwendigkeiten einer regionalen Verankerung des Steinkohlenbergbaus in den Kohlerückzugsregionen und dem infragestehenden Beirat beschäftigen.
Um das Fazit gleich vorwegzunehmen: Die gesamte SPD-Fraktion unterstützt diesen Antrag. Deshalb werden wir nicht nur zustimmen, sondern haben uns entschlossen, hier mit als Antragsteller zu fungieren.
Auf einen Punkt aus dem Antrag möchte ich allerdings noch mal ganz besonders eingehen und hinweisen: Der Regionalbeirat der RAG ist kein Gremium, das in dieser Form auf eine langjährige historische Tradition zurückblicken kann. Er ist quasi eine Neuerfindung: Er ist erst im Nachgang zum Kohlekompromiss vom Februar 2007 seitens der RAG geschaffen worden. Und: Es ist gut und richtig – das sieht meine Fraktion so –, dass es eine solche Institution gibt, die für eine Verankerung der erforderlichen Anpassungsprozesse in der Region sorgt.
Darauf hat auch der Vorstandsvorsitzende der RAG-Stiftung, Herr Bonse-Geuking, in einer Pressemitteilung vom Dezember 2007 hingewiesen. Damals hat er ausgeführt, dass aufgrund der großen regionalen Bedeutung des Stilllegungsprozesses beabsichtigt sei, einen Regionalbeirat einzurichten, der diesen Prozess begleiten soll. Das ist dann auch erfolgt. Diesem Regionalbeirat sollten nach der damaligen Aussage neben dem Vorstand der Stiftung Vertreter der betroffenen Kommunen, Regierungspräsidenten und parlamentarische Vertreter angehören.
Die weitere Ausgestaltung der Gremien des Regionalbeirates lag insofern in der Verantwortung der RAG und der RAG-Stiftung und nicht in der Verantwortung des Landtages und schon gar nicht in der Verantwortung der SPD. Ich darf annehmen, dass der Vorstandsvorsitzende der RAG-Stiftung die Einrichtung und Besetzung des Regionalbeirates sehr eng mit dem Ministerpräsidenten, der ja dem Kuratorium der Stiftung angehört, abgestimmt haben wird.
Der Regionalbeirat, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch kein Gremium, in dem Arbeitnehmervertreterinnen und Arbeitnehmervertreter beteiligt wurden. Die Belange der Arbeitnehmer werden bisher über den montanmitbestimmten Aufsichtsrat eingebracht. Aber – meine Fraktion sieht das genauso wie Bündnis 90/Die Grünen – für die regionalwirtschaftliche Begleitung des Anpassungsprozesses kann und sollte nicht vollständig auf die Gewerkschaften verzichtet werden. Deshalb soll zukünftig auch ein Vertreter oder eine Vertreterin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie und/oder des DGB NRW hinzugenommen werden. Dies ist wegen der Auswirkungen des Anpassungsprozesses auf die Arbeitsplätze und die
Grundsätzlich sind wir genauso wie Bündnis 90/Die Grünen dafür, dass die Bergbaubetroffenen an keiner Stelle ausgegrenzt werden, sondern ihre Interessen direkt und unmittelbar wahren können. Deshalb wurde ja – auch dem gilt unser Dank – die Schlichtungsstelle in Nordrhein-Westfalen eingerichtet. Beim Regionalbeirat allerdings geht es ganz entscheidend um die Verankerung der erforderlichen Anpassungsprozesse in der Region. Genau genommen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das kein originärer Belang der Bergbaubetroffenen. Dennoch sind wir der Auffassung: Die Bergbaubetroffenen sollten berücksichtigt werden. Wir glauben, dass das geht, ohne vom Kernthema des Beirats abzulenken.
Nachdem nun die RAG gestern die Streichung der Vergütung und heute die Erweiterung des Beirates angekündigt hat, stellt sich – und das nicht nur rhetorisch – die Frage, ob unser Antrag deshalb erledigt sei. Wir antworten ganz klar: Nein. Denn überall dort, wo es keine gesetzlichen Regelungen gibt, dort, wo Mitwirkungs- und Beratungsgremien quasi freihändig eingesetzt werden, muss mit einem Höchstmaß an Transparenz und Sensibilität gearbeitet werden, ganz besonders dann, wenn Landtagsabgeordnete in diesen Gremien tätig sind.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte der Landtag seine Erwartungen an die RAG klar zum Ausdruck bringen. In diesem Sinne erwarten wir umgekehrt von der RAG, dass sie den Willen und den Wunsch des Landesgesetzgebers ernst nimmt und umsetzt. Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP, hat sich der Antrag keinesfalls erledigt. Es ist nun an uns, diesen Willen und Wunsch durch die Zustimmung deutlich zu machen.
Wenn Sie schon nicht in der Lage sind, gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen und uns diesen Antrag zu stellen, so habe ich doch die große Hoffnung, dass Sie bereit sind, diesen Antrag positiv mit zu unterstützen, zumal die Präsidentin der Presse vor einigen Stunden mitgeteilt hat, dass wir hier miteinander über die Rahmenbedingungen der Arbeit des Regionalbeirates debattieren werden. Sie führt wörtlich aus: Ich – in dem Fall die Präsidentin – erwarte viel Übereinstimmung in der Einschätzung der Fraktionen. – Wenn das der Fall ist – ich glaube, da hat die Präsidentin recht –, dann müssen Sie gleich einfach zustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich stamme aus dem Ruhrgebiet, da ist man ein klares Wort gewohnt. Darum will ich klar und deutlich sagen: Die Höhe der Aufwandsentschädigung im Regionalbeirat der RAG Aktiengesellschaft war unangemessen, zumal es sich nur um ein Beratungsgremium und nicht um einen Aufsichtsrat im rechtlichen Sinne handelt. Im Übrigen ist die RAG AG auch ein quasi öffentliches Unternehmen. Auch deshalb war die Höhe dieser Vergütung unangemessen.
Es ist gut, dass das Unternehmen reagiert hat. Es ist gut, dass die Aufwandsentschädigung gestrichen worden ist und mittlerweile – so war zu lesen – ausschließlich auf das Sitzungsgeld beschränkt wurde.
Die CDU-Fraktion begrüßt diese Vorgehensweise des Unternehmens ausdrücklich. Damit ist im Übrigen der erste Punkt des Eilantrages von Bündnis 90/Die Grünen und SPD erledigt.
Die CDU-Fraktion begrüßt auch ausdrücklich, dass die RAG angekündigt hat, in den Beirat künftig Vertreter aller im Landtag vertretenen Parteien zu berufen. Auch das trägt zur Transparenz bei. Auch das wird einen Beitrag dazu leisten, dass der Geruch, das Geschmäckle verschwindet, als handele es sich da um ein Geheimgremium oder etwas Ähnliches. Im Übrigen ist damit der zweite Punkt des Antrages von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erledigt.
Es bleibt also allein die Beteiligung von IG BCE und des Verbandes der Bergbaugeschädigten. Ich will darauf hinweisen – Frau Gödecke ist darauf eingegangen –, dass die IG BCE und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem montanmitbestimmten Unternehmen da, wo Entscheidungen getroffen werden, nämlich im Aufsichtsrat – im Übrigen auch durch eine entsprechende Berücksichtigung von Vertretern von Gewerkschaft und Betriebsrat in der Unternehmensspitze –, beteiligt werden. Es kommt darauf an, dass sie dabei sind. Wir halten es aber für verzichtbar, dass sie in einem Gremium vertreten sind, in dem Informationen in Regionen weitergegeben werden, die den Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertretern ohnehin bereits bekannt sind.
Was den Verband der Bergbaugeschädigten anbelangt, muss man sich die Frage stellen und diese beantworten: Wollen wir einen Beirat haben, der tatsächlich auch interne, sensible Informationen übermittelt? Ich meine: Ja. Das brauchen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister insbesondere aus den vom Bergbau betroffenen Regionen. Das brauchen aber auch die Abgeordneten, die in diesem Gremium mitarbeiten sollen.
des Unternehmens haben will, dann kann man nicht potenzielle Kläger gegen den Bergbau in einem solchen Gremium mit beteiligen.
Kollege Priggen hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich unter dem Vorsitz von Josef Hovenjürgen der Unterausschuss „Bergbausicherheit“ zu dem Ansprechpartner der Bergbaugeschädigten in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Die Interessen der Bergbaugeschädigten werden ernst genommen, nicht nur von diesem Unterausschuss, sondern, ich denke, vom gesamten Parlament. Das ist auch der Ort, wo die Beteiligung der Bergbaugeschädigten außerhalb des Klageweges, außerhalb der Prozesse, die dort geführt werden, stattfindet.
Dass darüber hinaus die Schlichtungsstelle – im Übrigen nicht nur in der Steinkohle, sondern künftig auch in der Braunkohle – ein weiterer Ansprechpartner ist, zeigt, dass die Interessen der Bergbaubetroffenen von diesem Parlament ernst genommen werden und dass es eine weitestgehende Beteiligung gibt.