All dies kann in jeder Schulform geschehen. Dafür braucht es keine Reise durch die Welt. Das geht auch in Panama, nur erkennen müssen wir es. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Integration und Bildung sind die zwei herausragenden Zukunftsthemen, denen wir uns auf allen politischen Ebenen mehr denn je stellen müssen. Sowohl in der Bildungs- als auch in der Integrationspolitik müssen wir besser werden. Dann können wir auch von einer erfolgreichen Integration durch Bildung sprechen. Wir müssen besser werden, wenn wir es denn ernst meinen mit unserem gemeinsamen Ziel, dass kein Kind zurückgelassen werden darf. Wir müssen besser werden, wenn wir die demografiebedingten Herausforderungen erfolgreich annehmen wollen. Und wir müssen besser werden, wenn wir den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen nicht ernsthaft gefährden wollen.
Wir alle hier im Haus wissen: Es gibt kein vergleichbares Industrieland auf der Welt, in dem der Bildungserfolg so sehr von der sozialen oder der ethnischen Herkunft abhängt wie bei uns. Wir wissen auch: Der Schlüssel zur gelingenden Integration von Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte liegt in einer guten Bildung. Der Schlüssel liegt in einem Bildungssystem, in dem die Kinder nicht schon früh aussortiert und getrennt werden nach sozialem Hintergrund, in dem die Kinder nicht schon früh aussortiert und getrennt werden nach ethnischem Hintergrund, in dem die Kinder nicht schon früh aussortiert und getrennt werden in Kinder mit oder ohne Benachteiligung.
Eines steht fest: Länder, die ein inklusives Bildungssystem fahren, haben da mehr Erfolg. Trotz dieses Wissens lassen wir es zu, dass Kindern mit gutem Leistungsvermögen der Besuch einer Realschule oder eines Gymnasiums erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird, nur weil ihre Eltern einen ausländischen Pass haben. Ich erinnere hier an die Ausführungen von Herrn Kober von der Bertelsmann Stiftung, der in der Anhörung zu diesem Antrag von zwei Jugendlichen berichtete, die es schwer hatten, sich trotz guter Noten im deutschen Bildungssystem durchzusetzen. Diese beiden Jugendlichen hatten einen Nachteil: ihren Migrationshintergrund. Diese Kinder werden von Geburt an benachteiligt, und das muss ein Ende haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, neben einer ganze Reihe von Ansätzen und Lösungsschritten, die im Forderungsteil des Antrages völlig richtig beschrieben sind – das wurde in der Anhörung von vielen Experten bestätigt –, dreht es sich einmal mehr um die eine zentrale Frage: Schafft es unser Bildungssystem, alle Kinder optimal zu fördern und mitzunehmen? – Bevor wir diese Frage uneingeschränkt mit Ja beantworten können, haben wir an dieser Stelle aber noch reichlich Handlungsbedarf. Das beweist auch die Verteilung von Schülern mit Migrationshintergrund auf die einzelnen Schulformen. Selbst im Integrationsbericht der Landesregierung von 2008 wird es noch einmal dargestellt – ich zitiere –:
Die Verteilung auf Schulformen zeigt sehr anschaulich die Unterschiede zwischen den Gruppen. Ausländische und ausgesiedelte Schülerinnen und Schüler sind an den Haupt- und Förderschulen stark über- und an den Gymnasien stark unterrepräsentiert.
Ich verzichte hier auf die konkreten Zahlen, und ich gehe zudem davon aus, dass Sie diese Zahlen bestens kennen.
Völlig unverständlich ist es daher, wenn der Ministerpräsident davon spricht, dass die Hauptschule der richtige Förderort für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund ist. Ebenso unverständlich und geradezu unverantwortlich ist es, dass Sie hier in Nordrhein-Westfalen eine tabulose Debatte über eine Reform unserer Schulstruktur mit allen nur denkbaren Mitteln verweigern. Sie ignorieren den Elternwillen, Sie blockieren die UN-Menschenrechtskonvention, und Sie lassen die Kommunen mit diesen Problemen alleine.
Dabei haben die Vertreter auf der politischen Ebene, die unsere Basis ist – ich meine die Kommunalpolitiker in unseren Städten und Gemeinden, aber auch CDU-Bürgermeister im Land –, längst erkannt, dass sich hier etwas ändern muss. Sie werden auch deshalb nicht müde, dafür zu kämpfen, hinsichtlich
der Schulentwicklung mehr Gestaltungsfreiheit vor Ort zu bekommen. Diese Gestaltungsfreiheit brauchen sie, um die Herausforderungen, die sich beispielsweise aus der Demografie ergeben, auch tatsächlich angehen zu können. Der Städtetag und ebenso der Städte- und Gemeindebund haben in der Anhörung zu diesem Antrag nicht zum ersten Mal für mehr Handlungsoptionen der kommunalen Schulträger plädiert.
Ich frage mich, wieso die sonst so freiheitsliebende FDP den Kommunen hier nicht beispringen und ihnen mehr Freiheit zugestehen will.
Ich will der FDP zugute halten, dass sie mit der Idee zu den regionalen Mittelschulen einen Vorschlag zu einer Reform der Schulstruktur vorgelegt hat.
Damit erkennt die FDP im Gegensatz zur CDU zumindest an, dass es Handlungsbedarf gibt, und dies ist in diesen Tagen, an denen der politische Kompass der FDP ja meist verrückt spielt, durchaus bemerkenswert.
Wir als SPD-Fraktion werden dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zustimmen und fordern insbesondere die CDU hier im Hause nachdrücklich auf, ihre Blockadehaltung in Sachen Schulstruktur endlich aufzugeben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist von Frau Stotz völlig richtig erkannt, dass die Grünen ihren Antrag wiederum zu einer erneuten Schulstrukturdebatte nutzen; genau dies steht dahinter.
Es ist aber wirklich dreist, dass ausgerechnet die Grünen sich als Hüter der Chancengerechtigkeit in der Bildungspolitik anbieten, denn den größten Zusammenhang zwischen dem Portemonnaie der Eltern und den Bildungschancen ihrer Kinder hat es doch, offiziell festgestellt, in der letzten Legislaturperiode gegeben, unter der Mitverantwortung der Grünen. In keinem anderen Bundesland war
der Bildungserfolg der Kinder so sehr vom sozialen Milieu der Eltern abhängig wie unter der Verantwortung von SPD und Grünen. Das ist doch wirklich eine Bankrotterklärung.
Ich zeige hier einmal ein Beispiel Ihres Versagens auf: In der Anhörung haben nahezu alle Experten Ihren Antrag mehr oder minder verrissen, sogar die von Ihnen benannten. Einer der wenigen Experten, der den Inhalt des Antrages unterstützte, war Herr Taifun Keltek von der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesmigrantenvertretungen. Und was schreibt er in seiner Stellungnahme? Er schreibt:
In den 90er-Jahren seien Lehrerfortbildungen zur Mehrsprachigkeit von Rot-Grün abgeschafft worden, mit der Begründung, dass die schulische Integration der seit Langem hier lebenden Migranten im Wesentlichen abgeschlossen sei.
Aha, Sie hielten die Integration damals schon für abgeschlossen? Das ist nun wahrlich kein Ruhmesblatt. Wenn Sie sie damals für abgeschlossen hielten, wo sehen Sie denn nun den Nachholbedarf? Wir sehen ihn tatsächlich, und wir tun auch alles dafür, dass gerade Kinder mit Migrationshintergrund in unserem Bildungssystem bessere Chancen bekommen, als sie sie teilweise unter Rot-Grün hatten. Damals waren sie sehr geschmälert; das ist nicht hinnehmbar.
FDP und CDU haben deshalb in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen eingeleitet, um Kinder mit Migrationshintergrund stärker zu fördern. Der wichtigste Baustein, um Chancengerechtigkeit unabhängig von der ethnischen Herkunft einzuräumen, ist die Kenntnis der deutschen Sprache. Mit der vorschulischen Sprachförderung haben wir eine zukunftsweisende Maßnahme umgesetzt, um den Kindern am Start bessere Chancen zu ermöglichen. Aber wir streben keine Uniformität und Nivellierung an, so wie die Grünen und auch die SPD es lieben.
Wir wollen die Potenziale der Kinder voll entfalten. Hierzu zählen auch die Herkunftssprachen, die keine Last, sondern ein Gewinn sind. Die Herkunftssprache wird zukünftig als zweite oder dritte schulische Fremdsprache anerkannt und damit aufgewertet. Wir setzen Tausende von Lehrerstellen für Integrationshilfen und für die Sprachförderung ein, wir setzen Sozialindexstellen an den Schulen ein und stärken die individuelle Förderung, wir bauen die Ganztagsangebote massiv aus, und wir haben auch die neue Lehrerausbildung auf die veränderten gesellschaftlichen Realitäten ausgerichtet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Gesellschaften sind nicht statisch. In ethnisch differenzierten Gesellschaften sollte sich dies auch in den Schulen widerspiegeln. Wir brauchen in den Schulen positive Vorbilder, wir brauchen mehr Lehrer mit Migrationshintergrund. Das Netzwerk „Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte“ ist ein wichtiger Baustein, um mehr Pädagogen mit Migrationshintergrund zu werben.
Ich möchte gern fortfahren, denn ich spreche gerade davon, dass wir diese Anstrengungen weiter stärken müssen – FDP und CDU wollen dies auch –, und die angebotene Förderung muss dann natürlich auch in Anspruch genommen werden.
Die Anhörung hat überdeutlich gemacht, dass die Einwanderungssysteme in Kanada und Deutschland höchst unterschiedlich sind. Aber das lag doch auf der Hand, auch ohne Anhörung. Dies heißt jedoch nicht, dass man nicht durchaus auch positive Anleihen bei anderen nehmen kann und soll. Aber dabei muss man realistisch und ehrlich sein.
Dass die Grünen mit diesem Antrag, wie so oft, eigentlich nur wieder die Einheitsschule anpreisen – das hat ja auch Frau Stotz eben indirekt gesagt –, ist sogar der übergroßen Zahl der Experten übel aufgestoßen.
(Zuruf von der SPD: Wenn Sie nur einen Ex- perten kennen würden, würden Sie nicht so eine Rede halten!)
Hierbei sei nur der Vertreter des Landkreistages genannt, der Frau Beers bekannt plumpe und undifferenzierte Wortwahl kritisiert
und wie die anderen Vertreter der kommunalen Spitzenverbände ihre ideologische Schulstrukturdebatte entschieden zurückgewiesen hat.
Wenn Herr Link seine Frage noch immer stellen mag, dann gerne, Herr Präsident. – Jetzt will er nicht mehr; er hat wohl verstanden, okay.
Herr Link, Sie dürfen die Frage doch noch stellen; die Frau Kollegin ist einverstanden. Bitte schön, Herr Kollege.
gerade das Hohelied auf die individuelle Förderung gesungen. Das ist ja ein Markenzeichen der Koalition.