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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gestatte mir eine Vorbemerkung zu dem vorhergehenden Tagesordnungspunkt. Wenn Sie, Herr Recker, sagen, wir würden mit unseren Schulplänen den Elternwillen missachten, dann sage ich Ihnen: Das muss ich mir anhören von einem Redner der CDU, die gerade den Elternwillen nach Klasse 4 massiv mit Füßen getreten hat,
ihn faktisch abgeschafft hat? Das muss nun wirklich nicht sein, Herr Recker.
Vor fünf Jahren sind Sie, Herr Rüttgers, angetreten und haben versprochen, sich bildungspolitisch insbesondere um drei Sachen zu kümmern, nämlich um kleinere Klassen, um weniger Unterrichtsausfall und um mehr Lehrer. Wir stellen fest, dass Sie, Herr Rüttgers, seit fünf Jahren das Kunststück schaffen, auf der einen Seite in tollen Hochglanzbroschüren, in bunten Blättchen so eine Art virtuelle Wirklichkeit hoch zu halten, um damit ihre angeblichen Erfolge zu verkaufen. In diesem Bereich scheinen Sie sich ja gut auszukennen. Auf der anderen Seite haben wir die Realität der Menschen, der Lehrer, der Schüler, der Menschen an den Schulen in Nordrhein-Westfalen. Die erleben
eine anderer Realität, nämlich dass es keine kleineren Klassen gibt, dass das angebliche Mehr an Lehrern an ihren Schulen überhaupt nicht vorhanden ist. Auch können sie den geringeren Unterrichtsausfall nicht feststellen. Den scheint es nur in der Staatskanzlei oder im Schulministerium zu geben, jedenfalls nicht an den Schulen in unserem Land.
Nach fünf Jahren Ihrer Regierungsverantwortung legen Sie jetzt mit der Antwort auf die Große Anfrage 40 der SPD-Fraktion zur Lage der Schulen in Nordrhein-Westfalen so eine Art bildungspolitische Bilanz vor. Wenn man sich diese Bilanz mit Ihren bunten Heftchen und Hochglanzbroschüren einmal anschaut, kommt man zu einem ernüchternden Ergebnis: Die fünf Jahre Rüttgers, die fünf Jahre CDU-geführte Regierung waren fünf verlorene Jahre für Nordrhein-Westfalen.
Das möchte ich gerne an drei Beispielen deutlich machen:
Erstens. Sie behaupten seit fünf Jahren, es gebe mehr Lehrer in Nordrhein-Westfalen.
Fakt ist, Herr Witzel: Es fehlende Tausende Lehrer in Nordrhein-Westfalen.
Das sind nicht unsere Zahlen, das sind zum Beispiel die Zahlen Ihres Finanzministers, Herr Witzel. Schauen Sie sich den jährlichen Bericht zur Personalausgabenbudgetierung des Finanzministers an. Der zeigt es schwarz auf weiß: Es fehlen im Jahresdurchschnitt weit über 3.000 Lehrer pro Jahr. Das sind Zahlen Ihres Finanzministers.
Denken Sie an die vielen Anfragen, die wir als SPDFraktion letztes Jahr auf den Weg gebracht haben und bei denen diese Landesregierung, bei denen das Schulministerium selber bestätigt hat: Es fehlen landesweit über 5.000 Lehrkräfte an unseren Schulen.
Das sind nicht unsere Zahlen, das sind Ihre Zahlen.
Sie sagen: Das ist alles schon lange her, seitdem hat sich schon eine ganze Menge getan. – Ich habe mir die Zahlen besorgen lassen – Stand letzte Woche: Eine Realschule, Stellenausstattung 46, Personalausstattung 42. Ihre Jubelzahl 46, Realität an der Schule 42, Differenz 4, Personalausstattungsquote 92 %. Das ist die Realität an ganz vielen Schulen in Nordrhein-Westfalen.
Ein weiteres Beispiel eines Gymnasiums, Stand letzte Woche: Stellenausstattung 59, Personalausstattung 52, Differenz 7, Personalausstattungsquote 91 %. Auch das ist die Realität in NordrheinWestfalen.
Ein letztes Beispiel – Gesamtschule: Stellenausstattung 85, Personalausstattung 77, Differenz 8, Personalausstattungsquote 92 %.
Das sind nur drei gegriffene Beispiele, die aber die Realität an den Schulen in Nordrhein-Westfalen zeigen. Die Schulen haben seit 2005 von dieser Landesregierung zahlreiche neue Aufgaben erhalten. Bestehende Aufgaben wurden erweitert, beispielsweise Ganztag oder Englisch ab Klasse 1. Dafür gab es dann tatsächlich neue Lehrerstellen. Aber zusätzliche Lehrer für mehr Unterricht oder kleinere Klassen: Fehlanzeige. Ihre bejubelten 8.000 Lehrerstellen gibt es eben nur auf dem Papier und die erteilen keinen Unterricht. Das sollten Sie langsam verstanden haben.
Angesichts dieser Situation kommen Sie, Herr Rüttgers, und wollen sogar noch Stellen an den Schulen streichen. Es ist ja immerhin ehrenhaft, dass Sie das vor der Wahl sagen. Sie verkünden unisono mit Herrn Palmen, 12.000 Stellen müssten gestrichen werden – auch an Schulen, auch bei der Polizei, auch an den Hochschulen. Das ist sehr interessant zu wissen. Mich würde interessieren, wo Sie das konkret streichen wollen.
Gegenüber einer Zeitung haben Sie das offensichtlich gesagt; Sie können es ja gleich dementieren. Nun tun Sie doch nicht so, als wäre das nur eine Presseente oder nur eine Vision, Herr Rüttgers! Sie fangen doch schon lange damit an. Sie planen gerade in diesem Moment mit den aktuell verabschiedeten Haushaltsplanentwürfen, 320 Stellen im Sozialindexbereich an Grund- und an Hauptschulen zu streichen. Sie streichen damit Stellen bei den Schwächsten.
Dass die Sie nicht interessieren, Herr Witzel, ist mir völlig klar. Mich interessieren aber diese Menschen, und da streichen Sie 320 Stellen: 200 an Grundschulen, 120 an den Hauptschulen, bei den Schwächsten, bei den Kleinsten.
Ich nenne das erbärmlich, Herr Witzel!
Das ist Ihre Bilanz in Sachen zusätzlicher Lehrkräfte: Unter dem Strich sind es fünf verlorene Jahre für die Schulen in diesem Land.
Zweites Beispiel: Sie behaupten, Sie hätten den Unterrichtsausfall reduziert. Fakt ist: Sie haben seit 2005 den Druck im Schulsystem und auf Schulen und Lehrkräfte massiv erhöht. Es fallen trotzdem Millionen Stunden Unterricht aus. Das ist relativ einfach zu erklären: Wenn 5.000 Lehrkräfte im System fehlen, dann müssen auch entsprechend Unterrichtsstunden ausfallen. Denn wenn kein Lehrer da ist, wird auch kein Unterricht erteilt. Das hat selbst Herr Breuer, einer der diversen Pressesprecher des Schulministeriums, eingesehen und verstanden. Auch das ist in der Zeitung nachzulesen. Kein Lehrer erteilt keinen Unterricht – so einfach ist das. Dadurch alleine fallen schon 5 Millionen Stunden aus.
Nehmen Sie das Beispiel der Kopfnotenkonferenzen, ein unsinniges Konstrukt, das Sie eingepflegt haben. Allein durch diese Konferenz entsteht ein weiterer Unterrichtssausfall von 1 Million Stunden, und da ist noch kein Lehrer krank geworden.
Wenn man sich das einmal anschaut, was Sie 2005 versprochen haben, Herr Rüttgers. Bei den Millionen Stunden Unterrichtsausfall, die wir jetzt haben, haben Sie sich doch schon lange von Ihren Wahlkampfmärchen 2005 – Unterrichtsgarantie, Unterrichtssicherungsgesetz – verabschiedet. Feige, still und heimlich haben Sie das beerdigt. Selbst der Landesrechnungshof und die Prüfungsämter fangen an, das zu untersuchen. Die glauben Ihnen Ihre Statistiken nicht, die Menschen glauben Ihnen Ihre Statistiken nicht, und wir glauben Ihnen Ihre Statistiken nicht.
Besonders beschämend und bedrohlich finde ich die Tatsache, dass wir mittlerweile fast 10 % weniger Lehramtsstudenten in Nordrhein-Westfalen haben als noch vor fünf Jahren. Das ist Ihre Regierungsverantwortung, das ist Ihre Bilanz, und die ist wirklich bitter.
Drittens – jetzt wird die Sache rund –: Sie behaupten, Sie hätten seit fünf Jahren kleinere Klassen in Nordrhein-Westfalen geschaffen. Fakt ist: Jeder fünfte Schüler in Nordrhein-Westfalen sitzt in Klassen mit 30 oder mehr Mitschülern. Das sind landesweit 500.000 Schülerinnen und Schüler.
Da können Sie den Kopf schütteln und noch so laut dazwischen brüllen. Das sind Zahlen Ihrer Landesregierung. Da brauchen Sie nur einmal die Antwort auf die Große Anfrage nachzulesen.
500.000 Schülerinnen und Schüler, jeder fünfte in Klassen mit 30 oder mehr Schülern. Die Klassen
frequenz hat sich seit 2005 eben nicht bzw. nur marginal verändert, und zwar um 0,1. Das heißt, in jeder zehnten Klasse sitzt mittlerweile ein Schüler weniger. Respekt, das ist eine tolle Leistung!
Fakt ist: Diese Landesregierung hat all die Zahlen, die ich gerade genannt habe, mehrfach eingeräumt. Das ist auch logisch: Wenn Sie keine zusätzlichen Lehrkräfte eingestellt haben – und das haben Sie nicht –, dann kann es auch keine kleineren Klassen geben; so einfach ist das. Und wenn es keine kleineren Klassen gibt, dann ist es nicht verwunderlich, dass Ihre Qualitätsanalyse in dem Bericht aus Dezember 2009 zu dem Ergebnis kommt, dass an drei Vierteln aller untersuchten Schulen keine individuelle Förderung stattfindet.
Unterm Strich bedeutet das: fünf verlorene Jahre für unser Land.
Abschließend ist zu sagen, dass die von Ihnen vorgelegte bildungspolitische Abschlussbilanz verheerend ausfällt. Am 9. Mai werden die Bürgerinnen und Bürger ihre Bilanz ziehen.
Sie haben Angst vor diesem Wahltermin. Das kann ich auch verstehen, angesichts der bildungspolitischen Bilanz ist das völlig zu Recht so. Deshalb werden Sie nervös, aggressiv oder polemisch. Das ist nicht schön oder gar feiner Stil, aber durchaus nachvollziehbar. Es wird Sie aber nicht retten.
Sie können sich ebenso wie die Menschen in Nordrhein-Westfalen darauf verlassen: In fünf Jahren wird es in NRW kleinere Klassen, mehr Lehrer und weniger Unterrichtsausfall geben – aber nicht mit Ihnen, sondern mit Rot-Grün, mit der SPD und mit Hannelore Kraft. – Glück auf!
Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Witzel, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.
Ich habe immer eingeräumt, dass der Weg des Sozialindexes ein richtiger Weg ist. Ich habe genauso immer eingeräumt, dass die Stellen dringend benötigt werden.
Würden Sie umgekehrt einräumen, dass die Stellen, die eigentlich zusätzlich den Schulen zur Verfügung stehen sollten, ihnen nicht zusätzlich zur Verfügung gestanden haben, und dass es jetzt den Schulen enorm wehtut – in Duisburg geht es um 15 Lehrerstellen, die abgebaut werden –, diese zusätzlich eingeplanten Stellen wieder abgeben zu müssen? Würden Sie das zugestehen?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heute von der SPD vorliegende Antrag zur Thematik der Kettenduldung beinhaltet zwei Kernaspekte, nämlich erstens die bisherige Praxis der Kettenduldung schnellstmöglich zu beenden und zweitens die sogenannte Altfallregelung anhand politisch festzulegender Kriterien weiterzuentwickeln.
Ziel unseres Antrag ist es, eine Perspektive und eine ernsthafte Integrationsoption für solche Ausländerinnen und Ausländer zu schaffen, die sich über mehrere Jahre bereits geduldet in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und nicht abgeschoben werden können. Ihnen wollen wir Rechts- und persönliche Planungssicherheit geben.
In Nordrhein-Westfalen gibt es knapp 11.000 Menschen, die lediglich über eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe im Sinne der gesetzlichen Altfallregelung verfügen. Diesen Menschen drohte bereits Ende 2009, in den Status der Duldung und damit in die Ungewissheit zurückzufallen; denn es war erforderlich, zum festen Stichtag die Voraussetzungen der Probeaufenthaltserlaubnis zu erfüllen. Diese sind im Einzelnen der Nachweis der Aufnahme der Erwerbstätigkeit, die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts und die Mitwirkungspflicht.
Im Dezember 2009 hat sich Innenministerkonferenz auf eine Verlängerung der Altfallregelung im Wege einer sogenannten zweiten Chance verständigt. All denjenigen, die den Stichtag der Regelung von 2007 oder einer der Vorgängerregelungen verpasst bzw. die dortigen Voraussetzungen nicht erfüllt haben, ist damit jedoch nicht geholfen. Die Geduldeten müssen die gesetzlich vorgeschriebenen Voraufenthaltszeiten bereits zu einem Zeitpunkt X erreicht oder überschritten haben, um von der Regelung überhaupt profitieren zu können. Die Problematik der Regelung mit den mehr oder minder willkürlich gegriffenen Stichtagen liegt auf der Hand.
Die SPD-Fraktion schlägt deshalb vor, die bisherige Stichtagsregelung durch eine rollierende Regelung zu ersetzen. Eine solche Regelung wäre auch auf künftige Fälle anwendbar. Neue Kettenduldungen könnten somit vermieden werden.
Hinsichtlich der Altfallregelung streben wir eine Weiterentwicklung an. Wer derzeit eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe nach dieser Regelung hat, muss nachweisen, dass er seinen Lebensunterhalt überwiegend eigenständig und aus Erwerbstätigkeit sichern kann. In Anbetracht der herrschenden Wirtschaftskrise und vor dem Hintergrund des angespannten Arbeitsmarktes wird dies vielen Betroffenen so nicht gelingen können. Das dürfte relativ einleuchtend sein. Wir streben deshalb an, diese Anforderungen abzusenken und künftig das ernsthafte Bemühen um Arbeit zu würdigen, um den gesetzlichen Anforderungen einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe gerecht zu werden.
Darüber hinaus muss es eine eigenständige Regelung für all die Personen geben, die in der Bundesrepublik Deutschland einen Schulabschluss ablegen oder anstreben. Das ist mir sehr wichtig.
Dem heute vorliegenden Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kann die SPDFraktion folgen. Hinsichtlich des Wegfalls einer Stichtagsregelung entspricht der Antrag unserem vorgelegten Antragstext, so dass einer Bundesratsinitiative aus unserer Sicht nichts im Wege steht. Auch der Forderung nach einem Erlass, der trotz Versäumens der Antragsfrist zum 10. Februar 2010 bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bis
Ende 2011 vorsehen soll, können wir uns anschließen.
Auch wenn die Betroffenen selbstverständlich selbst dafür verantwortlich sind, sich über die Änderung aufenthaltsrechtlicher Regelungen zu informieren, geht es uns darum, die jetzigen Zustände der Kettenduldungen aus den angeführten Gründen für möglichst viele Menschen zu beenden. Darum bitten wir um Zustimmung zu dem hier zu beratenden Antrag. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Drei Monate vor der Landtagswahl wird diese Landesregierung, werden CDU und FDP zunehmend nervös, und das aus gutem Grund: Die Umfragewerte rutschen ab, und die Zustimmung der Bevölkerung in vielen Politikfeldern ist nicht mehr vorhanden oder sinkt, wie insbesondere im Bereich der Schul- und der Bildungspolitik. Ein Paradebeispiel dafür ist das von dieser Landesregierung eingeführte und zu verantwortende Turboabitur. Als Prunkstück Ihrer neuen Schulpolitik geplant, ist es mittlerweile mehr ein Klotz an Ihrem Bein, der Ihre Umfragwerte zunehmend in den Keller zieht.
Dabei wäre es so einfach gewesen, die im Grundsatz von allen gewollte Schulzeitverkürzung in NRW handwerklich sauber und im Konsens umzusetzen; denn wir haben Ihnen 2005 Vorüberlegungen und Planungen hinterlassen. Die wollten Sie aber bewusst nicht annehmen; eine Kontinuität in dieser Frage war von Ihnen nicht gewollt. Da Sie aber für diesen bewussten Bruch verantwortlich sind, stehen Sie heute bewusst, allein und zu
Recht im Regen, ja tragen auch allein die Verantwortung für die Folgen Ihres Turboabiturs.
Unsere Positionen zur Frage der Schulzeitverkürzung schließen nahtlos an das an, was für die SPD auch schon im Jahre 2004 galt. Ich rufe Ihnen das gerne einmal in Erinnerung: Wir wollten und wir wollen eine Schulzeitverkürzung. Wir wollten und wir wollen ein Abitur nach zwölf Schuljahren möglich machen. Aber – das sage ich hier ganz akzentuiert und deutlich, meine Damen und Herren von CDU und FDP – so, wie Sie es gemacht haben, machen wir es nicht.
Wir wollten und wir wollen mit dem Modell „10 plus 2“ eine Schulzeitverkürzung, die in der Oberstufe ansetzt und die eben nicht Kinder ab dem fünften Schuljahr, eben nicht Zehnjährige belastet.
Wir wollten und wir wollen auch an Gymnasien ein Abitur nach 13 Jahren möglich machen. Doch unsere Pläne haben Sie, wie gerade erwähnt, 2005 verworfen; den Grundgedanken unserer Schulzeitverkürzung haben Sie pervertiert. Herausgekommen bei Ihrem schwarz-gelben Regierungsmurks ist das berühmt-berüchtigte Turboabitur. Heute sehen sich infolge der von Ihnen verantworteten Politik Kinder einem Arbeitspensum von mehr als 40 Wochenstunden gegenüber, die Hausaufgabenzeiten einmal mit eingerechnet. Und 40 Wochenstunden für Schulunterricht und Hausaufgaben, meine Damen und Herren von CDU und FDP, das ist mehr, als so mancher Erwachsener in seinem Beruf zu leisten hat.
Sie haben hier einen immensen Druck – ich sage bewusst: ohne Not – an den Schulen aufgebaut, und das ohne Kompensation für Schülerinnen und Schüler und ohne verbesserte Rahmenbedingungen.
Die Kinder an den Gymnasien in diesem Land haben Sie in einen faktischen Ganztag gezwungen, ohne echte schulische Ganztagsangebote und ohne insbesondere ein schulisches warmes Mittagessen für alle Kinder zu schaffen.
Wie haben Sie auf die zunehmenden Elternproteste reagiert? Ihr erster Vorschlag „Samstag statt Ganztag“-Unterricht führte zu viel Protest,
zu viel Gelächter, ja vor allem zu Unverständnis in der Schulgemeinde und bei allen am Schulleben Beteiligten und landete rasch in der Fragenkiste.
Der zweite Tiefschlag von Schwarz-Gelb war die Verschlankung der Lehrpläne. Auch diese Idee war mit heißer Nadel gestrickt, wenig durchdacht und in der Umsetzung schwierig und fehlerhaft. Die Lehre
rinnen und Lehrer fühlten sich allein gelassen. Und wieder einmal gab es keine Hilfestellung seitens der Landesregierung, sondern stattdessen Lehrerschelte.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie haben bereits bei der Einführung Ihres Turboabiturs die vorgetragenen Bedenken und Einwände von Wissenschaftlern, Verbänden und Experten aus der Praxis schlichtweg ignoriert. Die Kritik an der Umsetzung Ihrer Schulzeitverkürzung, Ihres Turboabiturs kam dann schneller aus den Schulen, von der Basis an Sie heran, als Sie es sich vielleicht erträumt und vorgestellt haben. Aber erst als der Druck zu groß wurde, haben Sie eine Vielzahl von untauglichen Versuchen unternommen, den Schaden zu begrenzen; ich habe Ihnen gerade zwei Beispiele genannt.
Neue Kernlehrpläne und Ganztagsausbau auf Kosten und zulasten der Kommunen sind nur zwei weitere Beispiele. Der Erfolg all Ihrer Rettungsversuche hielt sich bislang jedenfalls deutlich in Grenzen. Ablesbar ist das beispielsweise an dem deutlichen Zulauf, den die Gesamtschulen in diesem Land seit Einführung Ihres Turboabiturs mit zwölf Jahren am Gymnasium und ausschließlich dort haben. Die Eltern in NRW erkennen nämlich im Gegensatz zu Ihnen ganz deutlich, dass Kinder unterschiedlich schnell lernen und dass manches Kind sehr wohl erst nach 13 Jahren das Abitur schaffen kann, und dies auch wirklich schaffen kann, wenn man ihm auch 13 Jahre Zeit dafür gibt.
Diese 13 Jahre wären ohne Probleme und ohne größeren Aufwand auch an Gymnasien möglich. Diese Option haben Sie aber bewusst nicht gewollt. Sie wollten die Abkapselung des Gymnasiums vom restlichen Schulsystem. Diese Option haben Sie ausgeschlossen – ein weiteres Beispiel für eine Politik, die in Ihre Verantwortung fällt.
Ich frage mich also: Warum wundern Sie sich, dass Ihnen die Wählerinnen und Wähler in der Schulpolitik nicht länger folgen –
nach fünf Jahren einer Politik, die durch Argumentationsresistenz, Herr Kaiser, Wegesehen und Realitätsverkennung geprägt war?
Reden Sie doch einmal mit den Betroffenen an den Gymnasien in diesem Land! Fragen Sie doch einmal vor Ort, was man vom Turboabitur hält! Und lassen Sie sich nicht von Verbandsfunktionären Sand in die Augen streuen!
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, meine Damen und Herren von der Landesregierung, Sie sind zu Recht nervös; denn infolge Ihrer Politik –
da bin ich mir ziemlich sicher – werden Ihnen die Wählerinnen und Wähler am 9. Mai die Quittung erteilen und diese Landesregierung abwählen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Vielen Dank, Frau Pieper-von Heiden! Sie haben
gerade das Hohelied auf die individuelle Förderung gesungen. Das ist ja ein Markenzeichen der Koalition.
Ja, warten Sie ab. Das haben Sie 2006 ins Schulgesetz geschrieben und feiern es jede Woche und in jeder Presseerklärung.
Ist Ihnen bekannt, dass im Rahmen des Qualitätsanalyseberichts, der von dieser Landesregierung nun endlich vorgelegt worden ist, durch eben diese Landesregierung bescheinigt wird, dass an fast 70 % aller untersuchten Schulen individuelle Förderung nicht oder nur mangelhaft stattfindet?
Herr Minister, sind Sie bereit zuzugestehen, dass Frau Kraft gerade über Zahlen aus dem Jahre 2010 gesprochen hat? Sie kennen das Redeprotokoll von gerade genauso wenig wie ich. Sie hat gerade über Zahlen aus dem Jahre 2010, die Sie hier versprochen haben, und von der Differenz zu den Zahlen gesprochen, die Sie gerade genannt haben.
Herr Engel, herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zugelassen haben. Ich habe nur eine Frage: Wenn Sie privat ein Auto leasen, ist das dann in der Regel jünger oder älter als zwei Jahre?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon eine Unverschämtheit, wenn die CDU-Fraktion sich hier hinstellt und SPD und Grünen die Verantwortung dafür zuweist, dass immer weniger Kinder an Hauptschulen angemeldet werden,
wenn die CDU-Fraktion behauptet, wir würden die Schulform Hauptschule schlechtreden
und dafür sorgen, dass Kinder, die an Hauptschulen ihre Abschlüsse machen, keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Das ist eine Unverschämtheit, Herr Witzel! Das lassen wir uns nicht gefallen. Das weisen wir zurück!
Herr Witzel, wenn Sie zuhören und intellektuell nachvollziehen würden, was ich seit vier Jahren hier im Parlament vortrage,
dann würden Sie mir zustimmen, wenn ich jetzt sage: Es gibt gute und schlechte Hauptschulen, genauso wie es gute und schlechte Gymnasien, Gesamt- und Realschulen gibt.
Nichts anderes sage ich seit viereinhalb Jahren. Nichts anderes ist seit viereinhalb Jahren und schon länger die Position der SPD. Wir müssen aufhören – vor allen Dingen Sie sollten damit aufhören –, Schulformen zu stigmatisieren.
Sie betreiben seit vier Jahren eine Politik, die genau das tut.
Sie müssen aufhören, Schulformen zu stigmatisieren.
Sie müssen anfangen, die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Realität ist – das habe ich im Schulaus
schuss angesprochen –: Es gibt in Duisburg derzeit 80 Kinder, die an der Hauptschule angemeldet werden. Was glauben Sie, woran das liegt? Glauben Sie, das liegt daran, dass wir die Eltern besuchen und ihnen erzählen: „Machen Sie das bloß nicht“?
Es liegt daran, dass sie genau wissen: Wenn sie ihr Kind dort anmelden, können sich die Lehrer so viel Mühe geben, wie sie wollen – sie machen dort einen guten Job –, aber die Arbeitgeber fragen diesen Abschluss nicht mehr nach.
Die Konsequenz, die Sie daraus ziehen, ist genau die falsche. Anstatt diesen Kindern einen besseren Schulabschluss für eine bessere Chance in ihrem Leben zu besorgen, fangen Sie an, dem System Hauptschule noch ein bisschen in der Hoffnung obendrauf zu packen, daran würde sich etwas ändern.
Sie haben die Realität nicht verstanden. Die Realität wird Sie aber einholen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an einen Punkt des Vorredners von der CDU, von Herrn Schmitz, anknüpfen, bevor ich mit meiner Rede beginne. Sofern diese Landesregierung und die Koalitionsfraktionen einen solchen Innenministerkonferenzbeschluss auf den Weg bringen könnten, würden die Sozialdemokraten das natürlich unterstützen. Ich denke, aus humanitären Gründen gäbe es dann ja auch gute Gründe für eine bundesweit einheitliche Regelung. In diesem Sinne!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits im September dieses Jahres hat sich der Landtag von NRW mit der Frage der Rückführung von Roma in den Kosovo beschäftigt. Damals forderte Kollege Sagel in seinem Antrag einen generellen Abschiebestopp.
Dieser Forderung hat meine Fraktion seinerzeit nicht zugestimmt.
Unsere Position in dieser Frage hat sich nicht grundlegend geändert.
Der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen heute vorgelegte Antrag sieht nun ebenfalls einen generellen Abschiebestopp für in NRW lebende Roma vor,
zeitlich befristet für die Wintermonate.
Vorweg möchte ich allerdings betonen: Die SPD steht selbstverständlich und natürlich für das politische Grundrecht auf Asyl. Jeder, der verfolgt wird oder vor Diskriminierung fliehen muss, soll und muss in Deutschland Schutz und Zuflucht erhalten. Im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik muss es unser gemeinsames Anliegen sein, die Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen. Diese Position haben wir beispielsweise im Hamburger Grundsatzprogramm verankert und bekräftigt.
Wir stehen auf der anderen Seite aber auch zu internationalen Vereinbarungen, so auch zum Abkommen der Bundesrepublik Deutschland – Frau Düker hat es angesprochen – mit dem Kosovo über Abschiebungen in den Kosovo. In diesem Zusammenhang sind die Ausländerbehörden der Länder und unseres Landes in jedem Einzelfall gehalten, mit der erforderlichen Sorgfalt und Sensibilität vorzugehen und gleichzeitig auf die Einhaltung der Regelungen im Ausländerrecht zu achten.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verweist auf die Wintererlasse der Jahre 2002 und 2003. Wir sind der Meinung, die damalige Situation ist mit der heutigen Lage allerdings nicht vergleichbar. Kollege Schmitz hat darauf hingewiesen: Es ging damals um eine Abschiebung in ein völlig anderes Gebiet, eben nach Serbien und nicht in den Kosovo.
Es ging um eine andere historische Situation. Es ging um andere Größenordnungen der von der Abschiebung betroffenen Personen. Insofern kann man beides nicht miteinander vergleichen.
Die SPD-Fraktion wird der Forderung nach einem generellen Abschiebestopp – und sei er auch zeitlich auf die Wintermonate befristet – für Roma in
den Kosovo nicht folgen. Sensible Einzelfallprüfungen: Ja. Sensibilität: Ja. Genereller Abschiebestopp allerdings: Nein. Wir können gerne über die Verlängerung einer sinnvollen Bleiberechtsregelung reden und streiten. Ich glaube, darin waren wir uns beim letzten Mal ziemlich einig. Denn genau diese fordern Sozialdemokraten, wie ich finde, aus guten und nachvollziehbaren Gründen. Genau das tut dieser Antrag aber nicht: Er wählt einen völlig anderen Zugang zu einem sicherlich schwierigen Thema, was zwar legitim, letztlich aber nicht der sozialdemokratische Ansatz ist.
Punkt 2 des Antrags, nämlich das „URA 2“-Projekt fortzuführen, hält meine Fraktion hingegen für völlig richtig und sinnvoll. Wir unterstützen das Anliegen, dass sich die Landesregierung eben nicht nur für eine Fortführung des Projekts, sondern auch für eine bessere finanzielle Ausstattung dieses Projekts einsetzen möge.
Vor diesem Hintergrund werden wir diesen Antrag weder ablehnen, noch werden wir diesem Antrag zustimmen: Wir werden uns enthalten. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Schulleitungswahl als Farce“, so titelte die GEW in der jüngsten Ausgabe der „NDS“ zum heutigen Thema. Es ist nur ein Ausschnitt aus einer breiten Palette von Presseartikeln, die eigentlich das Gegenteil von dem darstellen, was Herr Kaiser gerade versucht hat zu skizzieren. Die Realität ist anders als das, was Sie in den letzten fünf Minuten erzählt haben, Herr Kaiser. Die Situation, in die Sie uns nach drei Jahren gebracht haben, kann man tatsächlich am besten so beschreiben: Es ist eine Farce.
§ 61 des Schulgesetzes, von Ihnen geschaffen, der das Bewerbungsverfahren regeln sollte, wurde in den letzten Jahren von verschiedenen Gerichten immer wieder so weit zusammengestutzt, dass eine rechtskonforme Anpassung durch uns, durch den Gesetzgeber, längst überfällig ist. Ich bin den Grünen dankbar dafür, dass sie uns mit dem vorliegenden Antrag noch einmal auf die Situation an den Schulen, bei den Schulleitungen hinweisen.
Auch mir und der SPD-Fraktion liegen zig Fälle vor, bei denen Schulen seit mehreren Monaten, teilweise seit Jahren, einen neuen Schulleiter oder einen neuen Stellvertreter suchen.
Meine Damen und Herren von der Landesregierung, dieser Aspekt Ihres Schulgesetzes war von Anfang an durch Sie schlecht gemacht und für die Praxis untauglich.
Auch Ihnen müssten zahlreiche Beschwerden von Eltern, Kommunen und Kolleginnen zu denken geben, die wir immer wieder hören. Ich finde es schon ein Stück weit traurig, dass es einer vernichtenden Expertenanhörung wie zuletzt im Landtag bedarf, bis Sie endlich mal ans Nachdenken kommen. Die letzte Anhörung zu dem Thema hat unisono ein vernichtendes Urteil über § 61 gefällt, den Sie geschaffen haben.
Sie haben mit Ihrer Regelung zum Thema Schulleiterwahl Zweierlei erreicht: Zum einen gibt es mehr Gerichtsverfahren, und zum anderen – das ist der entscheidende Punkt; ob sieben oder zehn Gerichtsverfahren ist nicht so entscheidend – gibt es eine breite Verunsicherung der Bewerber und der Schulen. Ich versuche es einmal kurz und stichwortartig zusammenzufassen.
Die Kommunen als Schulträger haben heute wesentlich weniger Einfluss auf die Wahl der Schulleiter als vor Verabschiedung des Schulgesetzes. Ein Vertreter des Schulträgers darf heute in der Schulkonferenz wählen. Ich nenne das Scheindemokratie; um nichts anderes geht es hier. CDU und FDP gaukeln den Schulkonferenzen, den Kommunen vor, sie könnten real wählen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Leute können in der Regel nicht auswählen, sondern sie bekommen einen Kandidaten vorgesetzt und können sich, wenn sie Glück haben, für diesen entscheiden. Wenn sie diesen Kandidaten nicht haben wollen, und er ist beamtenrechtlich der am besten geeignete, müssen sie ihn nehmen, ob sie wollen oder nicht.
Das Gesetz ist durch Sie handwerklich schlecht gemacht. Beispielsweise haben Sie die Passagen des Gesetzes zur Wiederwahl, die vom Verfassungsgericht gekippt worden ist, still und heimlich und, wie ich finde, ohne politische Größe mal eben so aus Ihrem Schulgesetz entfernt.
Auch die sogenannte Verwendungsbreite, die Sie uns lang und breit erklärt und angepriesen haben, wurde vom Gericht wegen erwiesener Praxisuntauglichkeit gekippt.
Die Bezirksregierung zwingen Sie quasi ebenfalls, auf der einen Seite die beamtenrechtlich zwingenden Vorschriften anzuwenden und auf der anderen Seite Ihr untaugliches Schulgesetz. Ich glaube, es ist nicht gut, die Verwaltung in so eine Rechtsunsicherheit zu bringen.
Ich betone noch einmal: Es gibt keine Wahlmöglichkeiten. Wer heute von Schulleiterwahl spricht, sagt die Unwahrheit. Es gibt keine Schulleiterwahlmöglichkeit. Besonders absurd wird es dann, wenn die Schule einen Bewerber bewusst ablehnt, der der Schule am Ende aufgedrückt wird, weil es beamtenrechtlich nicht anders geht. Diese Fälle gab es nicht nur in Gelsenkirchen, sondern auch in Duisburg beispielsweise in meinem Wahlkreis.
Herr Kaiser, abschließend zu Ihren Zahlen: Es ist im Grunde völlig egal, ob es früher mehr waren oder ob es jetzt genauso viele sind. Offene, unbesetzte Stellen sind immer schlimm. Ich bestreite gar nicht, dass es vor 2005 solche Stellen gegeben hat. Aber Sie sind damals angetreten und wegen des Versprechens gewählt worden, es besser zu machen.
Warten Sie doch mal eine Runde, Herr Kaiser. – Ich stelle fest, wir hatten letztes Jahr in Duisburg nach Aussage der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir 20 unbesetzte Schulleitungsstellen, und wir haben heute, also ein Jahr später, allein in Duisburg 31 unbesetzte Schulleitungsstellen. Gucken Sie wegen der Zahlen mal in SchIPS! Sie werden das wahrscheinlich genauso gut hinkriegen wie ich. Es ist eine Farce, was Sie in den letzten Jahren
an der Schlüsselstelle in Schulen, bei der Schulleitung, bei den Schulleitern, angerichtet haben.
Ich kann nur dringend darum bitten, dass Sie diesen Passus endlich ändern und dafür sorgen, dass die Schulen schnell gute Schulleiter bekommen, da wir diese brauchen. Sonst wird die Schulentwicklung auf der Stelle treten. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag des fraktionslosen Abgeordneten Sagel ist im Fazit abzulehnen, denn er vermischt in unsachlicher Weise Fragen der Abschiebung von Roma in den Kosovo und die Verlängerung der Bleiberechtsregelung. Der Kollege Schmitz hat gerade darauf hingewiesen: Ein pauschaler Abschiebestopp für Roma ist angesichts der geltenden Rechtslage sowie der Verhältnisse im Kosovo nicht zu begründen. Soweit der Antrag auf
eine Verlängerung der Bleiberechtsregelung abstellt, hat die SPD dies allerdings bereits mit einem eigenen Antrag im April angemahnt. Darauf komme ich später noch einmal zurück.
Dem Entschließungsantrag der Grünen kann ebenfalls nicht zugestimmt werden, denn auch er ist zu pauschal, wenn er einen generellen Abschiebestopp für Roma in den Kosovo fordert. Der Antrag ist außerdem in sich widersprüchlich. Auf der einen Seite stellt er die Erlasslage in Niedersachen als vorbildlich dar, weil dort unter gewissen Voraussetzungen die Abschiebung aussetzbar ist. Auf der anderen Seite fordert der Antrag einen generellen Abschiebestopp für diese Bevölkerungsgruppe. Das ist aus unserer Sicht nicht miteinander vereinbar.
Die SPD steht zum Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte. Wer vor Verfolgung oder Diskriminierung – seien sie staatlich oder nicht staatlich – fliehen muss, soll auch in Zukunft in Deutschland Schutz, Zuflucht und einen gesicherten Aufenthalt finden. Wir sind für eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik, die auch die Ursachen von Flucht und Vertreibung bekämpft. Und wir stehen zur Einhaltung internationaler Vereinbarungen, zur Einhaltung des in Deutschland geltenden Rechts.
Das bedeutet im vorliegenden Zusammenhang für uns zweierlei: Es gibt ein Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit dem Kosovo über Abschiebung in den Kosovo. Dieses Abkommen ist einzuhalten. Es gibt geltende differenzierte Regelungen und Verfahren, die nach den Bestimmungen des Ausländerrechts vor einer Abschiebung zu durchlaufen und zu beachten sind. Die Ausländerbehörden und die Landesregierung haben deren Einhaltung zu überwachen und zu gewährleisten. Wir werden darauf achten, dass in jedem Einzelfall die erforderliche Sorgfalt und Sensibilität beachtet werden.
Wir werden aber auch dafür eintreten, dass diejenigen, die nach unserem Recht abgeschoben werden müssen – das betrifft beispielsweise Straftäter –, tatsächlich abgeschoben werden. Das sind wir dem Respekt vor unserer Rechtsordnung schuldig. Forderungen nach einem generellen und damit pauschalen Abschiebestopp für Roma in den Kosovo kann es deshalb nicht geben.
Nordrhein-Westfalen geht – so weit unsere derzeitige Erkenntnislage – sorgfältig und differenziert mit dem Thema Rückführungen um. Die Abschiebung setzt die Erfüllung einer Vielzahl von Bedingungen voraus, deren einzelne Aufzählung ich uns jetzt erspare. Wir gehen aber davon aus und erwarten, dass die Ausländerbehörden insbesondere vor einer Abschiebung die Abschiebungshindernisse ausführlich prüfen bzw. geprüft haben. Es müssen in diesem Zusammenhang auch die individuellen Abschiebungshindernisse im Sinne von Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention geprüft
und beachtet werden. Darauf legen wir ausdrücklich Wert.
Zurück zum Thema Bleiberechtsregelung! Wir haben bereits im April diesen Jahres einen Antrag zur Verlängerung der Bleiberechtsregelung gestellt. Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise zeichnete sich schon damals ab, dass bei einem großen Teil der langjährig hier geduldet lebenden Menschen die Altfallregelung nicht dazu geführt hat, dass sie ein wirksames Bleiberecht erhalten. Alle, die zum Stichtag die Kriterien nicht erfüllen, bleiben weiterhin nur geduldet. Neue Geduldete werden hinzukommen, können aber von vornherein von dieser Regelung nicht profitieren. Damit haben wir wiederum eine Kettenduldung.
Aus diesem Grund fordern wir erneut eine Nachfolgeregelung zur Bleiberechtsregelung, die keine Stichtagsregelung enthält, sowie eine kurzfristig wirksame Nachbesserung der jetzigen Bleiberechtsregelung. Ich kann nur an Herrn Schmitz und seinen letzten Eindruck aus dem Innenausschuss anknüpfen. Unser Eindruck jedenfalls war, dass es sehr konstruktive Diskussionen zu diesem Thema gegeben hat, sodass ich durchaus Hoffnung habe, dass es ein zweckdienliches und in der Sache gemeinsames Vorgehen gibt, das uns in der Sache weiterbringt. In diesem Sinne ist die Landesregierung zum Handeln aufgefordert. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Preuß, zwei kurze Vorbemerkungen:
Ja, wir als SPD haben 39 Jahre hier in diesem Land mit verschiedenen Koalitionspartnern regiert und wurden dabei mehrfach wiedergewählt. Ja.
Aber es ist genauso wahr, dass Sie seit 2005 hier die Regierungsmehrheit stellen und seit 2005 demnach über vier Jahre Zeit hatten, beispielsweise dieses konkrete Projekt hier im Interesse der Kolleginnen und Kollegen anzugehen,
aber offensichtlich bis heute nichts davon umgesetzt haben.
Zweite Vorbemerkung: Ich wundere mich über Ihre Rede, weil im Unterausschuss „Personal“ vor einigen Tagen doch wohl im Konsens aller Parteien genau dieses Thema aufgegriffen worden ist und gesagt wurde: Wir wollen diesen eklatanten Krankenstand, den wir im Grunde nur vereinzelt schlaglichtartig in der Landesverwaltung feststellen können, erfassen, analysieren und auswerten, damit angesichts eines riesigen Personalbudgets von 21 Milliarden € nicht Geld zum Fenster rausgeworfen wird und die Krankenstände nicht auf dem Rücken der Kolleginnen und Kollegen fortbestehen oder wachsen.
Kolleginnen und Kollegen, der heute zu beratende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen greift – darauf hat Frau Düker gerade zu Recht hingewiesen – ein offenes, ein erkennbares Problem bei unserer Polizei auf: die alarmierend hohen Krankenstände von über 20 % aller Beamtinnen und Beamten im Jahr 2008.
Diese Ausgangslage darf nicht länger hingenommen werden. Es besteht akuter Handlungsbedarf. Ich glaube, dass wir alle ein Interesse daran haben sollten, dass schnell etwas geschieht.
Der vorliegende Antrag legt vor diesem Hintergrund zu Recht den Finger in die Wunde und fordert die Landesregierung auf, endlich nach über vier Jahren tätig zu werden.
Um das Problem nachhaltig bei den Wurzeln zu packen, bedarf es aus meiner Sicht zunächst einer
soliden Analyse der Ursachen. Nur wenn die Gründe für die aktuellen hohen Krankenstände erkennbar sind, ist es möglich, gegenzusteuern.
Man kann sich zum Beispiel fragen, warum im Oberbergischen Kreis nach den Zahlen des Innenministeriums im letzten Jahr neun Kolleginnen und Kollegen mehr als sechs Wochen krank waren, in Duisburg hingegen 296. Gibt es da einen Zusammenhang zwischen Einsatzort und Krankenstand? Wenn ja, warum? Welche Konsequenzen zieht der Innenminister daraus?
Die Forderungen der Grünen, auf das Instrument des betrieblichen Eingliederungsmanagements zurückzugreifen, gehen aus unserer Sicht in die völlig richtige Richtung.
Die bisherige Praxis einer unverbindlichen Empfehlung – und das ist der aktuelle Sachstand des Innenministeriums –, sich an der Handlungsweise der beiden Landschaftsverbände zu orientieren, ist offensichtlich unzureichend. Ich glaube, es kann auch nicht ernsthaft in unserem Interesse sein, dass sich die eine Kreispolizeibehörde darum kümmert und sich aktiv einmischt und die andere Kreispolizeibehörde es eben nicht tut und wir noch nicht einmal einen Überblick darüber haben, wie es da genau vor Ort aussieht.
Während die schwarz-gelbe Landesregierung offenbar bisher keine wirksamen Anstrengungen unternommen hat, um das Problem in den Griff zu kriegen – zumindest, was die Polizei angeht –, sind andere Bundesländer offensichtlich dazu in der Lage und erheblich weiter, beispielsweise SachsenAnhalt, wo es so eine verbindliche Dienstvereinbarung zwischen dem dortigen Innenministerium und dem Hauptpersonalrat und der Hauptschwerbehindertenvertretung gibt, die eben genau so ein Eingliederungsmanagement einführt.
Die dort beabsichtigten Ziele – Beschäftigungssicherung, Vorbeugung erneuter Arbeits- und Dienstunfähigkeit, Vermeidung krankheitsbedingter Kündigung und Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation – sind aus meiner Sicht auch für Nordrhein-Westfalen gültig und anzustreben.
Wir unterstützen deshalb den Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, eine solche Rahmendienstvereinbarung auch in NRW abzuschließen. Dabei muss natürlich klar sein, dass dieser Rahmen Platz für eine Ausgestaltung vor Ort lassen muss.
Aus Sicht der SPD wird ein Aspekt im Antrag der Grünen allerdings etwas unzureichend beleuchtet, nämlich die veränderte Altersstruktur der Kolleginnen und Kollegen im Polizeidienst. Aus unserer Sicht ist das ein wesentlicher Grund für die gestiegenen Krankenstände und die länger andauernde Arbeitsunfähigkeit der Kolleginnen und Kollegen vor Ort.
Es bedarf sicherlich der Einstellung neuer Polizistinnen und Polizisten, die entsprechend den veränderten Rahmenbedingungen des Polizeiberufs geschult sind. Das ist keine Frage. Nichtsdestoweniger ist der hier vorliegende Antrag ein erster richtiger Schritt, der nach einer erfolgreichen Ursachenanalyse weiterer ergänzender, konkreter Handlungsschritte und Maßnahmen bedarf. Wir unterstützen deshalb den Antrag der Grünen. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Das war nicht immer so“, waren die letzten Worte von Herrn Krautscheid. Ich finde, das ist eine schöne Überleitung, denn es war wirklich nicht immer so, dass sich der Ministerpräsident in dieser Art und Weise über andere Nationen geäußert hat.
Sie haben gerade gesagt, es sei ständige Praxis, dass der Minister aus der Staatskanzlei antwortet. Meine Frage ist – bezogen auf die letzte Antwort des Ministers Krautscheid –: Gab es in der Vergangenheit vergleichbare Fälle, bei denen ein Ministerpräsident bei einer derartigen höchstpersönlichen Entgleisung seinen Minister aus der Staatskanzlei geschickt hat, ja oder nein?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden die ganze Zeit über
die Äußerung des Ministerpräsidenten in Bezug auf Rumänien. Er hat sich aber auf der Veranstaltung in Duisburg neben Rumänien auch noch über die chinesischen Investoren ausgelassen und insbesondere gesagt, dass man chinesische Investoren, die nicht in Duisburg investieren möchten, ein wenig würgen solle. Meine Frage an Minister Krautscheid oder an die Landesregierung ist: Auf welche Erkenntnis stützt der Ministerpräsident seine Äußerung, dass man Chinesen ein wenig würgen müsse, damit sie in Duisburg investieren?
Dass Sie die Frage nicht verstehen, Herr Hegemann, leuchtet mir schon ein.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 50.000 junge Menschen gingen in den letzten Wochen auf die Straße, um für bessere Lernbedingungen, für besseren Unterricht, für mehr Unterricht auch in NRW zu demonstrieren. 50.000 Schüler, Auszubildende und Studenten haben ihrer Frustration Luft gemacht, die sich Tag für Tag in ihren Klassenräumen und Hörsälen aufgestaut hat und für die sie bei dieser Landesregierung bisher keine offenen Ohren gefunden haben.
Angesichts dieser beeindruckenden Zahl – wir reden von 200.000 Schülerinnen und Schülern und Studenten bundesweit – muss ich ganz persönlich sagen: Ich zolle denen, die das organisiert und durchgeführt haben, Respekt. Das war eine tolle Leistung. Ich begrüße ausdrücklich, dass junge Menschen ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit wahrnehmen und sich so für ihre Belange einsetzen. Ich kann die Menschen nur ermuntern, das auch weiterhin so zu tun.
Wenn sie sich für mehr und bessere Bildung einsetzen, tun sie das eben nicht nur im eigenen Interesse und zu ihrem eigenen Nutzen, sondern für die gesamte Gesellschaft. Deshalb haben sie wirklich jeglichen Respekt, Würdigung und, wie ich finde, auch Dank verdient.
Die Demonstrationen sind fast überall ruhig und friedlich verlaufen. Aber ich will an dieser Stelle auch ausdrücklich kritisieren, was es vereinzelt an Vandalismus, Randale und Übergriffen gegeben hat. Vorfälle wie in Dortmund, wo das Rathaus besetzt wurde,
Vorfälle wie in Duisburg, wo Prüfungen im mündlichen Abitur gestört worden sind, sind schlimm und ohne Wenn und Aber ein Missbrauch des Rechts auf Demonstrationsfreiheit.
Kein Problem! – Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Wir dürfen gemeinsam nicht zulassen, dass Ausfälle einiger weniger nun dazu genutzt werden, das ernsthafte und wichtige Anliegen von über 200.000 jungen Menschen, die friedlich demonstriert haben, zu diskreditieren.
Das wäre nichts anderes als ein billiges Ablenkungsmanöver. Herr Brinkmeier, wie Sie gerade die Schülerinnen und Schüler beschimpft haben, ist einfach nur peinlich und ein Armutszeugnis für die CDU.
Formell findet das Demonstrationsrecht der Schüler seine Grenzen in der Schulpflicht. Wie wir gehört haben, drohen den demonstrierenden Schülerinnen und Schülern nun eine Reihe von unentschuldigten Fehlstunden auf ihren Zeugnissen. Doch wer sich wie dieser Ministerpräsident einerseits in Sonntagsreden über die angebliche unkritische und unpolitische Jugend beklagt, um dann aber andererseits über die Schulministerin mit Konsequenzen zu drohen, wenn sich genau diese Jugend für bessere Ausbildungsbedingungen, für ihre Zukunft enga
giert, der handelt scheinheilig, meine Damen und Herren.
Setzen Sie sich doch einmal in der Sache mit den Schülerinnen und Schülern, den Auszubildenden und den Studenten auseinander, anstatt hier eine Debatte über die formelle Rechtmäßigkeit der Streiks vom Zaun zu brechen. Denn die Anliegen dieser jungen Menschen sind berechtigt und spiegeln deren Realität wider: Deutliche Kritik am Turboabitur, deutliche Kritik an Kopfnoten, an Studiengebühren, an fehlenden Lehrkräften, an zu großen Klassen und am massiven Unterrichtsausfall, laute Kritik an einem ungerechten und selektiven Schulsystem – das war die Botschaft der Bildungsstreiks. Mit den Themen sollten Sie sich beschäftigen. Dafür sind Sie nämlich verantwortlich.
Herr Lindner, Sie sagen, Politik müsse Türen öffnen, um Chancen zu bieten. Darin stimme ich Ihnen völlig zu. Nur ist das, was Sie seit vier Jahren machen, den jungen Menschen die Türen zuzuschlagen.
Dann können die die Chancen nicht ergreifen. Sie, Sie und Sie schlagen die Türen zu, die diese jungen Menschen eigentlich bräuchten. Wenn Sie von der Einheitsschule und der Spaltung der Gesellschaft sprechen, kann ich Ihnen nur empfehlen: Reden Sie doch einmal mit den Bürgermeistern – insbesondere der CDU, zum Beispiel in Horstmar und Schöppingen – darüber, was die davon halten. Die sind längst weiter als Sie mit Ihrer ewiggestrigen Debatte.
Das stand so auch in den Zeitungen zu lesen. Das hört sich nicht nur an wie eine Generalabrechnung mit der schwarz-gelben Bildungspolitik, sondern das ist auch eine Generalabrechnung der jungen Generation in Nordrhein-Westfalen.
Tausende junger Menschen werden täglich mit einer Bildungskrise konfrontiert, die Sie zu verantworten haben, Sie von der CDU, Sie von der FDP und Sie von der Landesregierung mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze,
mit einer Bildungskrise, die die Perspektiven und die Berufschancen dieser Jugend massiv gefährdet.
Ich will ein Beispiel in Erinnerung rufen, das wir vor einigen Wochen diskutiert haben. 4.000 Lehrkräfte – da können Sie noch so oft die Papierform loben, Herr Pinkwart – fehlen in diesem Land. Allein deswegen fallen 4 Millionen Stunden Unterricht aus. Das sind wahre unentschuldigte Fehlstunden. Die sollten in Ihrem Zeugnis stehen, Herr Pinkwart und
Herr Rüttgers. Um die sollten Sie sich lieber kümmern; denn dafür sind Sie verantwortlich und vor vier Jahren gewählt worden.
Die Ergebnisse Ihrer Politik müssen die Schülerinnen und Schüler, die Jugendlichen ausbaden. Das erleben sie an den Schulen Tag für Tag. Es ist für mich kein Wunder, dass sie für bessere Unterrichtsbedingungen demonstrieren. Wer deren legitime Mitwirkungsmöglichkeiten in den Schulgremien nämlich abbaut, wie Sie es getan haben, der muss sich nicht wundern, dass sie dann die nächste Möglichkeit ergreifen und auf die Straße gehen.
Wer Studiengebühren einführt und sieht, dass sich die Studenten dann wie Kunden verhalten und ihre Rechte einfordern, der darf sich nun wirklich nicht wundern.
Sie haben mit den Demonstrationen der letzten Woche die Quittung für Ihre falsche Bildungspolitik erhalten. Aus meiner Sicht war es eine Ohrfeige. Ich fordere Sie deshalb auf: Geben Sie den jungen Menschen endlich die Chancen, die Sie ihnen immer wieder versprechen. Hören Sie auf, ihnen die Türen zuzuschlagen, sonst drohen den Schülerinnen und Schülern in unserem Land noch viele unentschuldigte Fehlstunden! Das werden nun ausgerechnet Sie nicht wollen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Zuschauertribüne! Mich erreichen seit 2005 Rückmeldungen von Eltern über zu große Klassen
das Sie von der CDU das vielleicht nicht erreicht, mag ja sein –, über Beschwerden, weil mal wieder Lehrerstellen nicht besetzt werden konnten. Selbst Schülerinnen und Schüler weisen mich in Gesprächen darauf hin, dass selbst für ihren Geschmack mittlerweile zu viel Unterricht ausfällt. Gerade der letzte Punkt macht mich ein wenig stutzig.
Ich habe deshalb gezielt mit Schülerinnen und Schülern, Schulleitungen, Eltern und Lehrern darüber gesprochen. Ergebnis: Die Fachleute aus der Praxis bestätigen die Berichte und Beschwerden. Es fallen massiv Stunden aus. Es fehlen massiv Lehrer. Und kleine Klassen sind an vielen Schulen nicht mehr als ein schöner Traum.
Als politisch interessierter Mensch und aufmerksamer Zeitungsleser war ich doch etwas verwirrt, denn seit 2005 erklären CDU und FDP immer wieder und auch heute: Wir haben neue Lehrerstellen geschaffen – aktuell über 6.900 –, wir haben den Unterrichtsausfall mehr als halbiert – unter zweieinhalb Millionen Stunden gesenkt –, und wir haben kleinere Klassen geschaffen, was Sie insbesondere mit der gesunkenen Schüler-Lehrer-Relation begründen.
Diesen Widerspruch zwischen dem, was Sie sagen, und dem, was die Menschen tagtäglich fühlen und merken, konnte und kann ich mir nicht erklären. Aus diesem Grunde habe ich die Landesregierung gebeten, mir im Rahmen einer Kleinen Anfrage die offiziellen Zahlen für Duisburg auf den Tisch zu legen, und zwar Schule für Schule.
Die Antwort erhielt ich am 29. April. Ich habe die durchaus interessanten Ergebnisse einmal nachgerechnet: In Duisburg gibt es 4.306 Lehrerstellen, aber es gibt nur 4.170 Lehrkräfte. Berücksichtigt man alle Schulen, die Sie aufgeführt haben, die überbesetzten und die unterbesetzten, fehlen im Saldo in Duisburg 136 Lehrerinnen und Lehrer.
Doch was haben die unterbesetzten Schulen von dieser Erkenntnis? – Die Antwort ist einfach: Nichts! Denn eine Förderschule mit sieben fehlenden Lehrkräften hat überhaupt nichts davon, wenn an einer Realschule Überbesetzung herrscht, wenn es einen Lehrer über den „Durst“ gibt. Der Saldo ist ein rein statistischer Wert.
Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Wenn Sie eine Hand im Kühlschrank und die andere auf einer heißen Herdplatte haben, dann haben Sie im Durchschnitt zwar eine gesunde Körpertemperatur, aber wir alle wissen, die eine Hand ist verbrannt, während die andere gerade unterkühlt.
Weil ich das weiß, habe ich mir die Mühe gemacht, die Gesamtzahl der fehlenden Lehrkräfte für Duisburg zu ermitteln. In Duisburg sind 60 % aller Schulen unterbesetzt; es fehlen dort 219 Lehrer. Allein dadurch ergibt sich ein Unterrichtsausfall von 219.000 Stunden, bevor auch nur ein Lehrer krank geworden ist oder Unterricht wegen Kopfnotenkonferenzen ausfällt. In Duisburg gibt es 357 Klassen mit 30 oder mehr Schülern mit insgesamt 11.000 Kindern und Jugendlichen. Wie gesagt: Die Zahlen stammen nicht von mir, sondern von der Landesregierung.
Wer die Zahlen der eigenen Landesregierung bezweifelt, der kann sich nach vorne begeben – dort liegen ein Taschenrechner sowie die ganzen Anfragen – und das gerne nachrechnen. Das ist nichts Geheimes. Die sind auch öffentlich. Man kann sie sich im Internet ansehen und alles nachrechnen. Ich habe bei den Zahlen, die mir vorgelegt worden sind, nachgefragt, ob das so stimmt. Die Schulleitungen haben mir gesagt: Ja, es gibt Schulen, an denen mehr als zehn Lehrer fehlen. Ja, es gibt Schulen, an denen bis zu 33 % aller Stellen nicht besetzt sind, also ein Drittel. Ja, es gibt Schulen, an denen mehr als 15 Klassen 30 oder mehr Schülerinnen oder Schüler haben.
Spätestens dann hatte ich es Schwarz auf Weiß: Die Menschen hatten mit dem, was sie tagtäglich erleben und was sie mir berichtet hatten, mit den Hinweisen auf Lehrermangel, Unterrichtsausfall und übergroße Klassen recht.
Die Menschen hatten recht, und die Zahlen Ihrer eigenen Landesregierung belegen das auch. Es genügt eben nicht, Stellen nur auf dem Papier zu schaffen, wie Sie das hier immer wieder großartig verkünden, um sich die Realität schönzufärben. Es genügt nicht, wenn man bloß verkündet, dass man den Unterrichtsausfall halbiert hat. Stellen, die nur auf dem Papier existieren, erteilen eben keinen Unterricht.
Es genügt nicht, individuelle Förderung mal eben ins Schulgesetz zu schreiben und zu denken, das läuft jetzt so. Schüler und Schülerinnen, Lehrer und Lehrerinnen wissen ganz genau, in übergroßen Klassen ist das nicht zu leisten.
Inzwischen haben die SPD-Abgeordneten in 85 Kleinen Anfragen knapp 70 % aller Schulen im Land erfasst und die Antworten der Landesregierung erhalten. Wie gesagt, sie liegen da vorne. Das Er
gebnis haben wir ausgewertet, und es ist ein Armutszeugnis für CDU und FDP, ein Armutszeugnis für vier Jahre Rüttgers, für vier Jahre schwarzgelber Schulpolitik.
Es fehlen landesweit 4.000 Lehrkräfte. Es fallen landesweit mehr als 4 Millionen Stunden Unterricht aus, ohne Konferenztage, ohne Krankheiten. Rechnet man die Zahlen dazu, sind wir weit über dem Wert von 2005, und wir haben erst 70 % der Daten ermittelt. Es gibt landesweit 9.000 Klassen mit 30 oder mehr Schülern. Insgesamt 300.000 Schülerinnen und Schüler sind davon betroffen.
Meine Damen und Herren, die Zahlen stammen aus Ihrem Ministerium und sie bestätigen, dass die Eindrücke der Menschen in Nordrhein-Westfalen real sind. Ihre dauernden Jubelmeldungen glaubt Ihnen keiner mehr; sie sind nämlich nur schöner Schein.
Wir haben Sie mit Ihren eigenen Zahlen, an Ihren eigenen Wahlversprechen gemessen. Und darum geht es heute. Es geht nicht um Vergangenheitsbewältigung, sondern es geht um Ihre Regierungsperiode, um die Zeit, für die Sie von den Menschen in Nordrhein-Westfalen Verantwortung übertragen bekommen haben. Wir haben Sie mit Ihren eigenen Zahlen, an Ihren eigenen Wahlversprechen gemessen, und Sie haben diesen Test nicht bestanden. Sie sind durchgefallen.
Die Problemlage ist klar: In NRW fehlen 4.000 Lehrer, es fallen über 4 Millionen Stunden Unterricht aus, und es gibt 9.000 Klassen mit 30 und mehr Schülern. Die Verantwortung ist auch klar. Die Verantwortung liegt bei Ihnen und bei Ihnen und bei dieser Landesregierung. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass die Zahlen so sind, wie sie sind.
Hören Sie also auf, die Probleme zu leugnen und die Menschen zu täuschen! Die Menschen merken täglich, dass Ihre Geschichten nicht die Wahrheit sind. Nehmen Sie Ihre Verantwortung endlich wahr und präsentieren Sie Lösungen. Dafür wurden Sie gewählt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kaiser, ich hatte mir eine Menge Punkte überlegt, die ich in der letzten Runde noch einmal ansprechen wollte.
Ich wollte etwas zum Saldo sagen und davon reden, dass Schulen nichts davon haben, wenn man mit überbesetzten und unterbesetzten Schulen argumentiert; denn den einen helfen wir damit nicht, und den anderen wollen wir nichts wegnehmen, weil sie die Lehrerinnen und Lehrer auch brauchen.
Ich hätte erwähnen können, dass es unsinnig ist, von einer Vertretungsreserve zu sprechen; denn durch die Vertretungsreserve werden, wie Frau Schäfer gerade dargestellt hat, nur krank werdende Lehrer vertreten, aber keine unbefristet fehlenden Lehrer ersetzt.
Ich hätte etwas zur Kapitalisierung sagen und darstellen können, dass die entsprechenden Mittel an Grundschulen nur für unterrichtsfremde Aufgaben verwandt werden sollen und dass damit eben keine Lehrer bezahlt werden, sondern anderes Personal.
Ich hätte das Thema Lehrerstellen ansprechen und deutlich machen können, dass Sie immer nur von der Papierform reden und wir von der Realität der Menschen und der Schulen vor Ort.
Nach Ihrem Redebeitrag lasse ich das alles sein. Sie haben nämlich gerade gesagt, wir würden kein einziges Wahlversprechen finden, das Sie nicht eingehalten haben.
Ich zitiere jetzt einmal aus dem „General-Anzeiger Bonn“ vom 23. Mai 2005, einen Tag nach der Landtagswahl. Die Frage lautete:
Planen Sie eine Unterrichtsgarantie, schließlich war der Unterrichtsausfall in NRW eines Ihrer Hauptthemen im Wahlkampf?
Darauf antwortete Jürgen Rüttgers – damals noch nicht gewählt, jetzt Ministerpräsident –:
Wir prüfen das. Gelingt uns das Vorhaben, 4.000 neue Lehrerstellen zu schaffen, werden wir wie Roland Koch in Hessen vollen Unterricht garantieren können.
Heute haben Sie erzählt, dass Sie 6.900 Stellen geschaffen haben, und zugegeben, dass es 2,5 % Unterrichtsausfall gibt. Die Realität ist eine andere; Sie haben weniger Lehrer und mehr Unterrichtsausfall. Nach Ihrer eigenen Aussage sind es aber 6.900 zusätzliche Stellen und 2,5 % Unterrichtsausfall. Wenn das nicht der Bruch eines Wahlversprechens ist, dann weiß ich es auch nicht. – Danke schön.
Frau Beer hat es gerade schon einmal gesagt: Sie haben unmittelbar, nachdem Sie den Dienst wieder angetreten hatten, und auch heute in, wie ich finde, erfrischender Offenheit eingestanden, dass da etwas falsch gelaufen ist, und Ihre Verantwortung dafür klargestellt. Das finde ich persönlich sehr gut.
Allerdings hat Frau Beer gerade auch darauf hingewiesen, dass, bevor Sie Ihren Dienst wieder angetreten hatten, also in der Zeit Ihrer Abwesenheit, jemand in Ihrem Ministerium nicht so viel Größe bewiesen hat wie Sie gerade. Es war offensichtlich jemand in der Hausspitze des Ministeriums, denn anders kann ich mir nicht erklären, wie solch eine Aktion veranlasst werden könnte. Wer hat diese Telefonaktion veranlasst?