Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 125. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch den Zuschauerinnen und Zuschauern auf den Gästetribünen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich elf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Auch heute haben wir ein Geburtstagskind. Geburtstag feiert Rainer Bischoff. Er wird 51 Jahre alt. Herr Bischoff, ich gratuliere Ihnen im Namen aller Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich und wünsche Ihnen alles Gute.
1 Keine verantwortungslosen Zahlenspiele auf dem Rücken von Schülerinnen und Schülern – Lehrerstellenzahl korrekt darstellen
Die Fraktionen der CDU und der FDP haben mit Schreiben vom 25. Mai 2009 gemäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die von der SPD vorgelegten Zahlen zur aktuellen Lehrersituation sind schlichtweg unfair, unseriös und falsch.
Die Opposition setzt voll und ganz darauf, dass man in einem sehr komplexen und schwierigen Gesamtsystem mit Zahlen operieren und manipulieren kann. Ziel ist es, falsche Zahlen in die Welt zu setzen und Stimmungen zu erzeugen, statt für Sachaufklärung zu sorgen.
Das ist hier ein neuer politischer Stil. Sie beginnen auf dem Rücken unserer Schülerinnen und Schüler einen parteipolitischen Kleinkrieg, wie ich ihn bisher noch nicht erlebt habe.
Denn, Frau Schäfer – das ist mein Vorwurf –, obwohl Sie es als ehemalige Schulministerin nicht nur besser wissen müssten, sondern auch besser wissen, greifen Sie in die tiefste Kiste des Populismus. Sie behaupten Zahlen, die nicht seriös ermittelt sind.
Sie missbrauchen ein heute noch intransparentes und komplexes System der Steuerung der Lehrerversorgung zur populistischen Stimmungsmache. Sie setzen darauf, dass falsche Behauptungen nur schwer plakativ und anschaulich zu widerlegen sind. Ich werfe Ihnen vor, Frau Schäfer: Sie wissen es besser. Denn im Jahre 2004, genau am 3. September, haben Sie auf einer Pressekonferenz gesagt – ich darf zitieren –:
Die Unterrichtsversorgung ist Grundlage jeder Bildungspolitik. Ich hatte Ihnen schon im vergangenen Jahr gesagt, dass ich möchte, dass jede Schule ein sogenanntes Schulkonto bekommt. Das heißt, dass sie darüber informiert wird, wie viele Stellen ihr nach unseren Berechnungen zustehen.
Ich will noch weitergehen und im Sinne einer umfassenden Transparenz die tatsächliche Stellenbesetzung an jeder Schule für jedermann offenlegen.
Das haben Sie dann aber nicht getan; das haben Sie nicht geleistet. Der Grund dafür ist ganz einfach: Sie konnten es nicht, weil Ihr Instrumentenkasten dies gar nicht ermöglichte.
Denn erst mit dem neuen Schulinformations- und Planungssystem SchIPS, das die jetzige Regierung eingeführt hat, wird es auf Dauer möglich sein, das zu leisten, was Sie damals angekündigt haben.
Meine Damen und Herren von der Opposition, zur Lehrerversorgung haben Sie am Dienstag genug gehört, als Sie die Anhörung zur Lehrerversorgung beantragt haben. Alle Expertinnen und Experten, die mit Leitung von Schule zu tun haben, haben gesagt: Es hat erhebliche Verbesserungen bei der Lehrerversorgung in Nordrhein-Westfalen gegeben.
Das ist nicht die Information der Landesregierung, sondern die Information derjenigen, die jeden Tag den Schulalltag zu bestimmen haben.
Vielleicht befassen wir uns mit Ihrem Zahlenwerk. Im Jahre 2005 hatten wir 2.694.794 Schülerinnen und Schüler und 144.955 Lehrerstellen. Im Jahre 2009 haben wir 107.941 Schülerinnen und Schüler weniger, aber 6.915 Lehrerinnen und Lehrer mehr.
Ich komme gleich noch darauf. – Diese Stellenzahl haben wir zusätzlich eingerichtet und durchfinanziert und gleichzeitig 7.530 Stellen bei Lehrerinnen und Lehrern belassen, die eigentlich aufgrund der zurückgehenden Schülerzahlen hätten abgebaut werden müssen. Kurzum: Wir haben eine Verbesserung der Lehrerversorgung von 14.445 Stellen.
14.445 Stellen! – Selbst wenn man Ihre Zahlen, die nicht seriös und die falsch sind, noch in Betracht ziehen würde, hätten wir immer noch eine Verbesserung von mehr als 10.000 Stellen gegenüber Ihrer Zeit.
Frau Schäfer, diese Zahlen möchte ich mit Ihren Aussagen konfrontieren. Denn Sie hatten damals in Ihrer Zeit gesagt: Ab 2008 brauchen wir überhaupt keine neuen Stellen, und wir können bis 2013 noch 16.000 Stellen abbauen.
Das muss man sich einmal vorstellen! Und jetzt erdreisten Sie sich, kommen hierhin und wollen herummäkeln! Das ist für mich vollkommen unverständlich. Wenn wir uns Ihre Zahlen angucken, dann können wir leicht belegen, dass Sie unseriös arbeiten.
Regen Sie sich doch nicht auf! – Sie haben bei der Erhebung der Zahlen methodisch unsauber gearbeitet. Sie greifen auf statistische Angaben zurück, ohne eine Fehlerquote einzubeziehen. Bei Meinungsforschern liegt sie bei etwa 2,5 %. Wenn man hier eine Fehlerquote von 2 % einrechnete, redeten wir schon von 3.020 Stellen.
Sie haben bei der Verarbeitung der Daten, die Sie durch Kleine Anfragen ermittelt haben, alle Bedenken und Vorausbemerkungen seitens der Landesregierung außen vor gelassen.
Erziehungsurlaub, Elternzeit oder Alterszeit, Beurlaubungen, Veränderungen im Beschäftigungsumfang, zahlreiche Neueinstellungen. Das heißt, wenn im Moment ein Ausschreibungsverfahren lief, haben Sie es als nicht besetzte Stelle registriert, obwohl die Besetzung unmittelbar bevorstand. Das ist unseriös, was Sie da machen, meine Damen und Herren.
Ich verstehe ja, dass Sie so laut werden. – Sie haben lediglich die Stellenunterhänge einbezogen, aber nicht die Stellenüberhänge. Das heißt, da, wo an den Schulen zu wenig Lehrer waren, haben sie es berechnet; da, wo zu viel waren, haben Sie es nicht berechnet. Da reden wir von landesweit 2.000 Stellen. Auch das ist unseriös, meine Damen und Herren.
Sie haben weiterhin die Statistik der Kapitalisierung nicht berücksichtigt. Sie haben nicht berücksichtigt, dass wir 600.000 Unterrichtsstunden als Überstunden bezahlt haben. Das sind etwa 800 Stellen. Auch haben Sie die Vertretungsreserve an den Grundschulen vollkommen außen vor gelassen. Das heißt, alles, was Sie gemacht haben, ist unseriös, und deshalb ist Ihr ganzes Zahlengerüst eine Behauptung, die durch nichts zu belegen ist.