Protokoll der Sitzung vom 10.03.2010

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Was für Sponsoring gilt, werte Kolleginnen und Kollegen, das gilt übrigens auch für Nebeneinkünfte von Abgeordneten. Sie verbieten zu wollen, ist weltfremd, und es ist schädlich.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Ein Verbot von Nebeneinkünften ist mit dem freien Mandat nicht vereinbar. Es erzeugt genau das, was wir alle nicht wollen: den Politiker, der völlig abhängig ist von seiner Partei und seiner Fraktion. Das Abgeordnetengesetz, das wir in NordrheinWestfalen haben, ist vorbildlich. Es regelt die Pflichten zur Veröffentlichung aller Einnahmen klar und eindeutig.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Werte Kolleginnen und Kollegen, es ist Schaden entstanden. Jawohl, das ist wahr. Aber lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten,

(Ralf Jäger [SPD]: Fangen Sie doch einmal an, die Fragen zu beantworten!)

dass die Debatte unserem Land nicht schadet, sondern nutzt.

(Sören Link [SPD]: Dann entschuldigen Sie sich für Herrn Berger, Herr Rüttgers!)

Tun wir alles dafür, dass die politischen Institutionen in unserem Land so transparent sind, wie das die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu Recht erwarten können!

(Lebhafter Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident Dr. Rüttgers. – Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, als nächster Abgeordneter hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Römer das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Römer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Diese Aktuelle Stunde ist deshalb notwendig geworden, weil die CDU in Nordrhein-Westfalen eine Grenze überschritten hat.

(Zurufe von der CDU)

Das hat der Ministerpräsident gerade eingeräumt. Die CDU in Nordrhein-Westfalen hat die Grenze überschritten, die die Verfassung zwischen Regierungsarbeit und Parteiarbeit zieht. Der Ministerprä

sident hat gerade eingeräumt, dass die von ihm geführte CDU wiederholt diese Grenze überschritten hat. Der Ministerpräsident hat gerade wortreich Erklärungen abgegeben, wie denn in der Zukunft damit verfahren werden soll.

Es bleibt aber, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, in diesem Zusammenhang eine Frage nach wie vor unbeantwortet, nämlich die Frage, ob der CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers, Ministerpräsident dieses Landes, von der jahrelangen Praxis der CDU in Nordrhein-Westfalen, Regierungsmitglieder und auch den Ministerpräsidenten für die Parteikasse zu vermarkten, gewusst hat oder nicht.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU: Das hat er doch gesagt!)

Da hat der Ministerpräsident gerade gesagt, dass sich die Offenlegung aller Sponsoren in der Vergangenheit erübrigen würde. – Nein, Herr Ministerpräsident, das erübrigt sich nicht. Das ist jetzt unbedingt notwendig,

(Beifall von der SPD)

weil an Ihnen nach wie vor der Verdacht klebt, Sie hätten über die Jahre hinweg davon gewusst. Diesen Verdacht haben Sie nicht ausgeräumt. Da lassen wir Sie auch nicht raus, weil das der Kern dessen ist, was Ihnen auch die Menschen vorwerfen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die glauben Ihnen nämlich nicht, Herr Rüttgers.

Dann will ich ein Zweites sagen. Weil das Allgemeingut ist, hebe ich das noch einmal hervor, Herr Kollege Hegemann. Ja, Sponsoring ist überhaupt nichts Verwerfliches. Das ist transparent, weil es zum Wesen von Sponsoring gehört, auch die Sponsoren zu nennen. Deshalb ist es ja umso wichtiger, dass auch klar wird: Was wird denn von den Sponsoren bezahlt?

Sie haben in Ihrer Parteizentrale über Jahre hinweg Briefe herausgeschickt. Sie haben in einer WDRSendung, die wir beide mit Hörerinnen und Hörern bestreiten durften, selbst eingeräumt, der Schatzmeister der CDU in Nordrhein-Westfalen wusste noch nicht einmal was von diesen Briefen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Transparenz in- nerhalb der CDU!)

Sie haben über Jahre hinweg zu Extrapreisen Gespräche mit Ministerinnen und Ministern und auch mit diesem Ministerpräsidenten angeboten. Deshalb müssen Sie dies auch offenlegen, weil das ein Unterschied ist

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

zu einem normalen Sponsorengeschäft.

Ich füge noch eines hinzu. Herr Ministerpräsident, auch da kommen Sie nicht heraus. Sie haben sich

hier in diesem Hohen Hause aufgeplustert. Sie haben sich moralisch immer höher gestellt, mit dem moralischen Zeigefinger auf die Opposition gezeigt. Das ist gerade von Ihren Leuten – Ihnen scheint das Wasser bis zum Hals zu stehen – ständig wiederholt worden. Weil Sie sich moralisch immer überhöht haben, fallen Sie jetzt so tief.

Ich sage Ihnen noch einmal: Ein Vergleich mit Johannes Rau steht Ihnen nicht an. Lassen Sie das endlich sein!

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, es gibt das schöne Buch „Verlorene Jahre“, das von der nordrheinwestfälischen CDU in der Opposition von 1975 bis 1995 handelt.

(Dr. Wilhelm Droste [CDU]: Sie können ja die Fortsetzung schreiben!)

Dort schreibt der Historiker Guido Hitze über Johannes Rau – ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin aus der „Rheinischen Post“, die das aufgegriffen hat –: Rau war laut Hitze

jederzeit authentisch, kein Schauspieler, der bestimmte Charaktereigenschaften wie eine Maske trägt und nach Bedarf wieder ablegt oder variiert. Der gebürtige Wuppertaler hatte in der Tat ein freundlich einnehmendes Wesen. Er besaß Gespür für Takt und für Anstand.

Das unterscheidet Johannes Rau von diesem Ministerpräsidenten.

(Beifall von der SPD)

Diesen Unterschied werden wir immer wieder herausheben.

Sie müssen endlich aufklären. Solange Sie das nicht tun, bleibt der Verdacht an Ministerpräsident Rüttgers hängen, dass er von der Angelegenheit gewusst hat. Wenn er den Verdacht nicht ausräumt, glauben ihm die Menschen nicht. Wir glauben ihm auch nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Römer. – Es gibt noch eine Wortmeldung der Fraktion der CDU: der Kollege Hegemann, wenn ich es richtig gesehen habe.

(Lothar Hegemann [CDU]: Nein, ich habe auf Herrn Biesenbach verwiesen!)

Herr Kollege Biesenbach, okay.

(Zuruf von der SPD: Die Allzweckwaffe der CDU! – Gegenruf von der CDU: Sie haben ja keine! – Minister Karl-Josef Laumann: Was ist gegen eine Allzweckwaffe einzuwenden?)

Herr Kollege Biesenbach, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein eigenartiges Schauspiel, das wir heute erleben.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Allerdings!)

Herr Römer, ohne Ihren Beitrag hätte ich mich gar nicht mehr melden müssen. Es ist schon ein Stück enormer Selbstverleugnung, nach den Beiträgen, die wir bisher gehört haben, so weiterzumachen, wie Sie es getan haben.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Waren Sie gerade draußen?)