Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

(Horst Becker [GRÜNE]: Bis dahin laufen sie wieder nach oben!)

Meine Damen und Herren, es ist deutlich geworden: Man muss zuerst die Ursachen beseitigen und anschließend wie bei kommunizierenden Röhren, also gleichzeitig, darüber reden, dass die Zinslast von den Kommunen genommen wird, und zwar – das haben Sie im Übrigen gesagt, Herr Körfges – solidarisch. Das Wort Pakt kommt nicht daher, dass es einer anpackt, sondern davon, dass man es zusammen macht. Die Kommunen sind bereit, das zu tun. Nur eine solche Vorgehensweise wird sicherstellen, dass wir zu einer dauerhaften Beseitigung der kommunalen Finanzlasten kommen.

Für uns bedeutet das schlicht und einfach: Strategie statt Schnellschüsse. Die kommunalen Spitzenverbände sind bereit, diesen Weg mitzugehen. Ich würde es begrüßen, Herr Körfges, Herr Becker, wenn auch Sie zu dieser Erkenntnis kommen könnten. – Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Löttgen. – Jetzt hat Herr Engel für die FDPFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Moron, auch vom kommunalpolitischen Sprecher der FDPLandtagsfraktion herzlichen Dank für fünf Jahre ausgezeichnete Arbeit in diesem Ausschuss. Entschuldigung: Ich wende mich jetzt an ihn.

(Horst Becker [GRÜNE]: Er ist doch noch nicht weg! – Zuruf: Nehmen Sie den Stellver- treter noch mit dazu!)

Den Stellvertreter nehme ich noch mit dazu.

Ich war oft sehr beeindruckt, wie Sie ohne Rücksicht auf parteipolitische und Fraktionsgrenzen beinahe jeden in die Ohrfeigenmaschine gesteckt haben, wenn er es denn verdient hatte. À la bonne heure! Ich ziehe hier den Hut.

(Beifall von der CDU)

Wir kennen uns seit vielen Jahren. Sie werden uns fehlen. Vielen Dank.

(Martin Börschel [SPD]: Wenn die Rede jetzt zu Ende wäre, wäre es gut! – Heiterkeit)

(Martin Börschel [SPD]: Das war schon alles! – Zuruf von der FDP: Das ist ein hohes Ni- veau!)

Ich komme zur Sache. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beginne mit einem Zitat. Es kommt sicherlich nicht so oft vor, dass ich Herrn Peter Vorsteher zitiere, Herr Becker. Vielleicht ist er Ihnen

bekannt. Er ist finanzpolitischer Sprecher der grünen Ratsfraktion in Wuppertal.

(Peter Brakelmann [CDU]: Der war früher FDP-Mitglied!)

Das Zitat war am 4. Februar 2010 noch im Internet nachzulesen. Ob es noch dort steht, weiß ich nicht.

Auch Grüne sind bereit, Verantwortung zu tragen. Es muss aber eine Perspektive für Wuppertal deutlich werden. Die Maßnahmen, die Wuppertalerinnen und Wuppertaler tragen, können nur gekoppelt werden an entsprechende Zusagen des Landes. Solange es derartige Zusagen des Landes nicht gibt, etwa zur Entschuldung der Kommunen, solange üben wir uns in zivilem Ungehorsam – wie es uns die Oberhausener vorgemacht haben und einst der Wuppertaler Oberbürgermeister empfohlen hat – und lehnen Einsparbeschlüsse ab. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass sich unsere Landespartei auf die Seite der überschuldeten Kommunen stellt.

Herr Becker, das ist nur ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass mit den Schulden, die die Kommunen haben, nicht richtig umgegangen wird.

(Horst Becker [GRÜNE]: Das kann ich völlig verstehen!)

Die Räte und die Verwaltung bleiben unter ihren Möglichkeiten. Ich sage es Ihnen: Die Bürgerinnen und Bürger auch in Wuppertal, in Remscheid, in Mönchengladbach, wo Herr Körfges zu Hause ist, in Duisburg – egal wo – sind bereit, wenn man wirklich vonseiten der Stadtspitze schonungslos darstellt, wie es aussieht, was die Verwaltung dann vorschlägt, also der dritte Bereich dessen, was man selber tun kann, den ich zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt erwähnt hatte, und es schonungslos in einen öffentlichen Diskurs einbringt.

Herr Kollege Engel …

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Ich habe nur noch drei Minuten. Ausnahmsweise möchte ich jetzt zu Ende vortragen.

Aber Herr Kollege Brakelmann wollte Sie fragen.

Nein, ich lasse jetzt keine Fragen zu. Jetzt sind es nur noch zwei Minuten.

Öffentlicher Diskurs heißt, über die Grenzen der Fraktionen hinweg – egal, wer etwas zu sagen hat – mit allen Destinatären in der Kommune, in der Stadt Wuppertal, in Mönchengladbach oder wo auch immer, also mit denjenigen, die in den Bereichen Sport,

Kultur oder Soziales Geld empfangen, schonungslos zu diskutieren, was wir uns noch leisten können – dahinter steckt der Versuch, zu deckeln –, um dann mit diesen Destinatären eine Clearingstelle einzurichten, die über jede Veränderung entscheidet, bevor ein Antrag den Rat oder Kreistag erreicht. Damit haben wir im Rhein-Erft-Kreis beste Erfahrungen gemacht. In jedem Antrag, den wir bekommen, steht dann zum Beispiel: Ergebnis der Clearingstelle: Ablehnung.

Bevor aber solche Beschlüsse nicht gefasst werden oder solange man sich so verhält wie zum Beispiel die Grünen in Wuppertal mit Verweis auf Oberhausen – wir wissen ja, dass sich die Oberhausener weigern, solche Beschlüsse zu fassen –, kommen wir da nicht weiter.

Bevor die kommunale Familie in ihrer Gesamtheit mit 427 Kommunen – wir haben leider keine neuen Zahlen, aber ich beziehe mich auf die Anhörung im kommunalpolitischen Ausschuss, bei der die kommunalen Spitzenverbände das Bild, das wir haben, noch schlechter gezeichnet haben, was sicherlich auch richtig ist –, … Bevor das Land oder der Bund dort etwas tun können, müssen wir uns als Landesgesetzgeber, als Haushaltsgesetzgeber auch fragen, welcher von den 427 Kommunen wir denn das Geld wegnehmen sollen.

Sollen wir es etwa denjenigen nehmen, die, wie die heute viel zitierten Düsseldorfer, gut gewirtschaftet haben? Sollen wir denen wirklich allen Ernstes Geld wegnehmen, um zum Beispiel den Oberhausenern, den Duisburgern oder den Essenern zu helfen? Wie wollen Sie das denn machen? Fassen Sie doch an anderer Stelle einmal einem nackten Mann in die Tasche. Das Land hat nicht mehr. Das, was das Land geben konnte, ist gezahlt worden. Darüber hinaus geht nichts.

Zunächst einmal sind auf kommunaler Ebene Überlegungen angesagt: Wie kann ich mir selber helfen? – Dann muss man sehen – das werden wir in dieser Legislaturperiode nicht mehr hinbekommen –, was wir in der nächsten Legislaturperiode in diesem Bereich machen können.

Deshalb ist Ihr Rettungsschirm – Bankenrettungsschirm – auch nur populistisch. Die Banken haben auch einen Bankenrettungsfonds. Der IWF wird jetzt international aufgefordert, wenn ein Land in die Schieflage gerät. So etwas Ähnliches könnte ich mir vorstellen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Engel, auch für die freundlichen Worte. – Jetzt hat der Innenminister Herr Dr. Wolf das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Falschbe

hauptungen werden durch Wiederholungen nicht richtiger. Die Kommunen hatten in den Jahren von 2006 bis 2010 10 Milliarden € mehr und nicht 3 Milliarden € weniger zur Verfügung. Herr Becker, ich weiß nicht, ob Sie das jemals zur Kenntnis nehmen werden.

(Horst Becker [GRÜNE]: Sie haben 3 Milliarden € weggenommen!)

Zum Thema Rettungsschirm möchte ich nur eines sagen: Herr Körfges, Sie vergleichen dort wieder einmal Äpfel mit Birnen. Der Rettungsschirm, der für die Banken erstellt worden ist, wird auf Bundesebene mittlerweile mit 440 Millionen € durch die Banken bezahlt, die gerettet worden sind. Ich glaube, das hatten die sich nicht so vorgestellt. Sie haben einfach eine eindimensionale Betrachtungsweise: Das Geld muss raus, das Land muss zahlen – egal, was es kostet. Das kann im Hinblick auf eine solide Finanzführung – auch des Landeshaushaltes – natürlich nicht gehen.

Wir haben heute gemeinsam festgestellt, dass es sich um eine strukturelle Unterfinanzierung insbesondere im Bereich der Soziallasten handelt. Das kann – auch mit Blick auf die unsichere Gewerbesteuereinnahme – so nicht bleiben. Deswegen muss es ein Mehrklang sein, der hier Platz greift.

Wir müssen auf der einen Seite bei den Einnahmen die Gewerbesteuer ersetzen, müssen aber auf der anderen Seite schauen, dass die Soziallasten anders finanziert werden. Es ist aber auch richtig, dass in den Jahren der sozialdemokratischen Finanzministerschaft – insbesondere auch unter Steinbrück – nichts passiert ist. Das müssen Sie sich natürlich entgegenhalten lassen.

Ein weiterer Aspekt, den auch Herr Engel dargestellt hat, ist, dass natürlich alles unter dem Vorbehalt der Eigenkonsolidierung steht. Wenn Städte mehrere Jahre keine Haushaltssicherungskonzepte vorlegen oder in den Städten – wie gerade eben geschildert – überhaupt keine Anstalten gemacht werden, in einen entsprechenden selbstveranlassten Ausgabenabbau einzutreten, bei dem es um gesetzliche Aufgaben geht, die man auch wirtschaftlicher wahrnehmen könnte, dann ist es natürlich schwierig, zu vermitteln, dass Dritte dafür bezahlen sollen.

Zum letzten Punkt: Das Thema Steuersenkung war ja wieder einmal offensichtlich – insbesondere von den Grünen – nicht zu vermeiden. Darf ich Sie nur ganz am Rande daran erinnern, dass ein Großteil der Steuersenkungen, der zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, mit SPD-Beteiligung durchgeführt worden ist?

Hier haben wir doch wieder einmal den Ruf „Haltet den Dieb!“ von Leuten, die selber dabei gewesen sind. Die Grünen haben damals selber an den Steuersenkungen mitgewirkt. Auch das hat natür

lich ein Stück weit zur strukturellen Unterfinanzierung beigetragen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die Hotelsteuer gehört aber nicht dazu!)

Wenn wir dann noch auf das Lieblingsthema Hotelsteuer zu sprechen kommen, das Sie immer wieder anführen, dann wissen Sie doch längst – das ist schon öfter von dem Kollegen Stahl vorgetragen worden –, dass dieser Punkt in den Programmen, nahezu aller Parteien enthalten war.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist gaga! Wie war das: Durch stete Wiederholung wird die Unwahrheit nicht wahr! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist falsch!)

Es hat sich in vielen Landesverbänden, bis in die Bundesparteiprogramme hineingeschlichen. Es ist einfach Unsinn, an der Stelle etwas zu skandalisieren.

Viel wichtiger ist, dass wir zum 1. Januar 2010 für 4,6 Milliarden € Familien entlastet haben – Familien, denen wir entsprechende Hilfe haben zukommen lassen. Das ist die große Leistung dieses neuen Gesetzespaketes aus Berlin. Wir haben die Familien entlastet, wir haben die Ungereimtheiten bei der Erbschaftssteuer beseitigt und insbesondere für die mittelständige Wirtschaft Entlastungen geschaffen.