Protokoll der Sitzung vom 23.03.2010

Die Antworten auf die Großen Anfragen, mit denen die SPD das Schulministerium lahmlegen wollte, zeigen doch eines ganz deutlich: Die Koalition ist auf dem richtigen Weg, und wir haben viel bewegt. Wir haben bewiesen, dass wir NRW zum Bildungsland Nummer eins machen wollen. Für die FDP möchte ich noch einmal deutlich unterstreichen, was wir immer schon gesagt haben: Wir haben bis dato die schlimmsten Altlasten von Rot-Grün beseitigt. Wir haben von Anfang an, seit 2005, einen Landeshaushalt mit klarer Priorität für Bildung aufgesellt.

Wir haben bereits 2 Milliarden € mehr für Bildung ausgegeben. Aber wir sind noch nicht am Ziel. Das zeigt zum Beispiel die Erläuterung der Landesregierung zur Schulleiterbesetzung oder zur Lehrerfortbildung, auch wenn wir dort schon umfassende Verbesserungen erreicht haben. Das wissen Sie doch auch.

Besonders die Klassenverkleinerung auf nicht mehr als 25 Schüler pro Klasse stellt für die FDP in den nächsten Jahren das weitere ehrgeizige Ziel dar.

(Sören Link [SPD]: Das habt ihr 2005 doch auch versprochen! Das glaubt euch doch kein Mensch mehr!)

Auch das zeigt die Große Anfrage: Wer behauptet, das würden wir nicht schaffen, der soll doch bitte zur Kenntnis nehmen: Die FDP hat bislang Wort gehalten: Wir haben vor der letzten Wahl 8.000

zusätzliche Lehrerstellen gefordert, haben aber 8.124 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen.

(Sören Link [SPD]: Wo ist denn das Unter- richtssicherungsgesetz, Frau Pieper-von Hei- den?)

Es ist richtig, dass wir die Qualität unserer Schulen in NRW stärken, statt – wie SPD und Grüne – einfach Lehrerstellen streichen zu wollen und ein Einheitsschulsystem anzudrohen.

Wie unseriös die rot-rot-grüne Strukturdebatte statt Qualitätsdebatte sogar von den eigenen Leuten beurteilt wird,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Die redet von der Linkspartei! Sie sehnen sich ja nach der Linkspartei in diesem Parlament!)

zeigt ein kürzlich gehaltener Vortrag der Vorgängerin von Frau Schäfer, der früheren SPD-Schulministerin Frau Behler. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:

Immer wieder wird mit dem internationalen Vergleich argumentiert (OECD, GEW, SPD, Grüne, Linke usw.): Länder mit integrierten Schulsystemen wie Finnland haben gute Ergebnisse, Deutschland als Land mit einem gegliederten Schulsystem hat mäßige PISA-Ergebnisse, deshalb liegen die schlechten Ergebnisse Deutschlands am gegliederten Schulsystem. Diese Argumentation ist unseriös. … Hier werden Korrelationen mit Kausalitäten verwechselt.

So Frau Behler, die frühere Schulministerin.

(Beifall von der FDP)

Auch äußert sich Frau Behler zur Leistungsdifferenzierung und erklärt – ich zitiere erneut mit Erlaubnis des Präsidenten:

Bereits seit Ende der neunziger Jahre liegen die Belege dafür vor, dass ein zu weitgehender Verzicht auf äußere Leistungsdifferenzierung jedenfalls bei älteren Schülerinnen und Schülern durch Binnendifferenzierung in heterogenen Lerngruppen nicht kompensiert werden kann.

(Beifall von der FDP)

Dies überfordert Schulen und Lehrkräfte. Schwächere Schülerinnen und Schüler werden zudem bei einer zu großen Leistungsspanne demotiviert, was wieder Konsequenzen für die Leistungsentwicklung hat.

Bis hierher war das Frau Behler.

(Beifall von der FDP)

Das ist nicht gerade ein fachliches Lob von Frau Behler an Frau Kraft, Frau Schäfer und Frau Löhrmann.

In welch unredlichem Fahrwasser sich gerade die Grünen mit ihren reinen Strukturdebatten inzwi

schen bewegen, zeigen die offensichtlich falschen Äußerungen von Frau Löhrmann am letzten Wochenende. Auch uns sind sie aufgefallen. Sie behauptet nämlich, bei der Einführung der Einheitsschule würden Hauptschule, Realschule und Gymnasien nicht zerschlagen. Offenbar hält sie die Bürger für sehr beschränkt. Glauben Sie denn im Ernst, wir brauchen doppelt so viele Schulen, wie wir heute haben?

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Herr Witzel hat doch eben von der sechsten Schulform ge- sprochen!)

Ja, Frau Löhrmann, Ihnen ist die Debatte in den Veranstaltungen peinlich. Sie versuchen dort, Ihr wahres Ziel zu verschleiern. Das wird natürlich durchschaut.

(Sören Link [SPD]: Sie drücken sich doch vor jeder Debatte!)

Ich möchte Ihnen nicht haufenweise Zahlenkolonnen vortragen, sondern mich auf einige Aspekte der Großen Anfragen beschränken. Geld alleine kann ein Schulsystem nicht verbessern. Aber nur durch eine Erhöhung der Bildungsausgaben können wir im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen die Qualität erreichen, um weltweit wieder in der Spitzengruppe mithalten zu können. Kein Bundesland in Deutschland gibt inzwischen in seinem Haushalt einen so hohen Anteil für Bildung aus wie Nordrhein-Westfalen, nämlich 40,5 % der Mittel.

(Beifall von der FDP)

Standen zum Zeitpunkt des Regierungswechsels nur 144.955 Lehrerstellen zur Verfügung, so haben wir diese Zahl inzwischen auf über 152.000 Stellen erhöht, obwohl wir allein im Schuljahr 2010/2011 auch noch mehr als 2.500 Lehrerstellen aus ihren Vorgriffsstellen zurückgeben müssen, mit denen SPD und Grüne die Zukunft der Kinder und Jugendlichen unverantwortlich in den Würgegriff genommen haben.

(Beifall von FDP und CDU)

Wir haben heute 6 % weniger Schüler bei real 5 % mehr Lehrerstellen als 2005. Das sind die belegbaren Fakten.

Meine Damen und Herren, der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die eigenverantwortliche Schule. Die SPD hat völlig zu Recht nach diesem wichtigen Aspekt der Schulpolitik gefragt. Die Studie „Bildungsautonomie: Zwischen Regulierung und Eigenverantwortung – Die Bundesländer im Vergleich“ belegt es schwarz auf weiß: Nordrhein-Westfalen steht hier an der Spitze der Bundesländer, und die gebetsmühlenartigen Behauptungen der Opposition, wir hätten den Freiraum der Schulen eingeschränkt, sind schlichtweg falsch.

Die FDP will die Freiheiten der Schulen mit einem Schulfreiheitsgesetz zukünftig noch weiter

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Freiheit der Schulen! Freiheit der Eltern! Beides haben Sie einge- schränkt!)

stärken. Die Antworten der Großen Anfrage zeigen bereits heute deutlich: Wir sind auf dem richtigen Weg, aber Eigenverantwortung und Qualitätssicherung bedingen einander. Wir sichern Qualität. Wir schaffen Freiräume. Wir entwickeln die Schulen im bestehenden System weiter. Wir führen keine rückwärts gewandten Strukturdebatten, sondern stärken die Schulen für unsere Kinder und unsere Jugendlichen. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Pieper-von Heiden. – Jetzt hat Frau Schulministerin Sommer für die Landesregierung das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat eine legendäre Schulausschusssitzung gegeben. Es war die 82. Sitzung am 10. Juni 2009, und da dachte ich: Jetzt haben sie es verstanden, jetzt ist der Groschen gefallen. Nach langer Beratung und viel Aufregung sagte Frau Beer – ich zitiere das sehr gerne –:

Niemand sage, dass es unwahr sei, dass knapp 7.000 neue Lehrerstellen im Haushaltsplan stünden.

Wir haben eben gehört, dass Herr Link jemand ist, der gut rechnen kann. Er hat es dann auch bestätigt. Insofern dachte ich: Na ja, jetzt haben wir einen gemeinsamen Anfang. – Dann änderte sich aber Ihre Taktik. Sie haben nicht mehr bestritten, dass es die Stellen gibt, sondern gesagt: Die sind überhaupt nicht besetzt.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Brauchen Sie jetzt schon die Opposition als Unterstützung? Um Sie muss es schlecht bestellt sein!)

Das hat sich auch eben noch einmal in Ihren Ausführungen, Herr Link, gezeigt; ich möchte dazu gerne etwas sagen.

Lassen Sie mich allerdings vorweg eine Bitte äußern. Sie haben von den drei Schulen gesprochen. Wir können natürlich nur dann reagieren, wenn Sie so freundlich sind, uns diese auch zu benennen. Ich möchte das gerne nachprüfen lassen; im Anschluss an diese Debatte können wir das gerne machen.

Meine Damen und Herren, Sie, Herr Link, haben eben gesagt, die Stellen, die den Sozialindex beträfen, die Stellen, die Ihnen besonders wichtig seien, hätten wir einfach weggestrichen. Ich bestätige Ihnen heute noch einmal sehr gerne – das war schließlich auch eine Debatte im Schulausschuss –:

Wir haben keine Stellen gestrichen. Vielmehr haben wir sie verlagert. Die Stellen sind vor allen Dingen – das müsste Sie eigentlich freuen, weil immer wieder die Debatte darüber geführt wird, dass die Gesamtschulen benachteiligt werden – auf die Gesamtschulen und unsere Berufskollegs verlagert worden; das kann man auch nachlesen.

(Ute Schäfer [SPD]: Also sind sie bei den Grundschulen weg!)

Dann kam eine Frage zu pädagogisch sinnvollen Klassengrößen. Sie finden auf Seite 79 der Antwort auf die Große Anfrage, dass noch von 758 großen Klassen weniger die Rede ist. Ich darf Ihnen allerdings sagen, dass es jetzt eine neue Meldung gibt; ich kann Ihnen die Liste auch gerne zur Verfügung stellen. Inzwischen gibt es 1.237 Klassen weniger mit mehr als 30 Kindern.

(Beifall von Ingrid Pieper-von Heiden [FDP] und Bernhard Recker [CDU])

Ich denke, das ist ein Erfolg. Hier möchte ich weitermachen. Wir können zwar vieles verändern, aber das ist unsere Zielsetzung. Sie wissen ja: Wenn wir etwas versprechen, dann halten wir es auch.

Nun zu dieser Rechnung der Lehrerstellen, die nicht besetzt sind. Ich möchte Sie gerne mit ein paar Zahlen konfrontieren; das muss sein, damit man es versteht. – Wir haben von 2005 bis 2009 insgesamt 6.624 Stellen für öffentliche Schulen geschaffen. Im Vergleich zu den amtlichen Schuldaten 2005 bis zu den amtlichen Schuldaten 2009 haben wir einen Zuwachs von 5.155 Köpfen zu verzeichnen.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Für zusätzliche Auf- gaben!)