Meine Damen und Herren, es gibt eine scharfe Trennlinie zwischen denen, die neue Kohlekraftwerke verhindern wollen – das ist ja nicht verboten –, und denen, die sie noch für viele Jahre für notwendig halten. Das Letztere ist die Position der Landesregierung, und deshalb machen wir neue Kraftwerke im Rahmen des europäischen und deutschen Klimakonzepts, im Rahmen unserer Energiepolitik und im Rahmen der Planungs- und Umweltgesetze planerisch möglich, weil sie ein wichtiger Teil einer sicheren Energieversorgung und Standbein unserer Industrie sind.
Wo stehen wir dabei? – Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit Urteil vom 3. September den Bebauungsplan 105 der Stadt Datteln aufgehoben. Gegen dieses Urteil hatten die Stadt und E.ON beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Am 16. März hat das Bundesverwaltungsgericht der Presse mitgeteilt, dass es die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen hat. Eine Begründung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts liegt derzeit noch nicht vor.
Aber dieses Urteil bewirkt, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster rechtskräftig ist mit der Folge, dass der beklagte Bebauungsplan der Stadt Datteln aufgehoben ist.
Die Realisierung des neuen E.ON-Kraftwerksblocks erfordert Planungsentscheidungen auf drei Ebenen: der Landesplanung, der Regionalplanung und der Bauleitplanung.
Herr Römer, Sie sprechen von Bekenntnispolitik. Wir haben am 2. Februar 2010 ein neues Kapitel „Energieversorgung“ des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen beschlossen. Mit dieser Änderung des LEP NRW wird die räumliche Umsetzung der Energie- und Klimaschutzstrategie des Landes umgesetzt. Es wird der räumliche Rahmen für den Ausbau der erneuerbaren Energiequellen, für den Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung und für die Kraftwerkserneuerung gesetzt. Herr Priggen, nach Ihrer Einlassung müssten Sie dem vorgezogenen Energiekapitel heute schon zustimmen können. Aber auch davon hören wir nichts.
So sichert das neue Energiekapitel unter anderem Standorte von 34 bestehenden und zwei genehmigten Kraftwerken der allgemeinen Energieversorgung. Maßgebliche Kriterien sind eine Feuerungswärmeleistung von mindestens 300 MW – das ist gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz die größte Kraftwerksklasse – und eine überwiegende Stromeinspeisung ins öffentliche Netz. Diese Kriterien werden vom vorhandenen E.ON-Kraftwerk erfüllt. Deshalb ist der Kraftwerkstandort Datteln nunmehr im LEP dargestellt.
Die bisher im LEP gesicherten Standorte für die Energieerzeugung, bei denen es sich im Wesentlichen um Vorratsflächen handelte, werden alle gestrichen. Somit entfällt auch der Standort Datteln/Waltrop, weil für diesen Standort seit Jahren andere Planungen vorangetrieben werden. Dem trägt der LEP Rechnung. Damit gibt es in der Stadt Datteln keinen im LEP festgelegten Alternativstandort mehr.
Die im LEP Nordrhein-Westfalen gesicherten 36 Kraftwerkstandorte sind von der Regionalplanung zu übernehmen und räumlich zu konkretisieren. Dabei sind auch Flächen für mögliche Erweiterungen von Neubauten zu berücksichtigen.
Zur Vorbereitung der Änderung des Regionalplans hat der Regionalverband Ruhr für den Kraftwerkstandort Datteln bereits einen Scoping-Termin für die Strategische Umweltprüfung durchgeführt. Der Rat der Stadt Datteln hat in seiner Sitzung der Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens zur Schaffung neuer planungsrechtlicher Grundlagen zugestimmt. Die Stadt Datteln hat bei ihren Planungen die landesplanerischen Vorgaben des neu gefassten Energiekapitels zu berücksichtigen.
Die Entscheidungen auf Ebene des Landes, des Kommunalverbandes Ruhr und der Stadt Datteln im Zusammenhang mit dem Kraftwerk Datteln beweisen, dass Nordrhein-Westfalen zu seiner industrie-, klima- und energiepolitischen Verantwortung steht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Wochen viel über das Politikverständnis der Regierung Rüttgers gelernt. Über die Sponsorenaffäre des Ministerpräsidenten ist aber eines in Vergessenheit geraten, nämlich wie der Ministerpräsident inszeniert werden sollte.
Im Jahre 2005 hatte der „FOCUS“ die Imagekampagne enthüllt, die in der Staatskanzlei erarbeitet worden war. In dieser Imagekampagne war von „Simulation von Bürgernähe des Ministerpräsidenten“ die Rede. Das ist – wie ich gleich deutlich machen werde – das entscheidende Moment der Regierung Rüttgers, die von ihrer Untätigkeit und ihrem Regierungsmurks ablenken will.
Noch gestern war im Plenum zu hören: „Simulation von Schuldenabbau“ – Bei Rekordverschuldung! Beim Klimaschutz: „Simulation von Klimaschutzstrategie“ – Die Realität sieht so aus, Herr Uhlenberg: Im eigenen Umweltbericht ist die Rede von 8 Millionen Tonnen CO2-Zuwachs.
Beim Thema „Simulation“ geht Herr Wittke vorweg. Ich erinnere mich noch gut daran, wie Sie als Verkehrsminister von der Überholspur gleich auf das Abstellgleis gewechselt haben und als Geschäftsführer der Firma Hellmich angefangen hatten.
Besonders in Ihrer eigenen Fraktion haben Sie die Kollegen überrascht. Deswegen saßen vorhin wahrscheinlich nur zehn Leute hier, als Sie sagten, zweimal 100 % bringen zu können, und zwar einmal als Geschäftsführer und einmal als Abgeordneter. Sie simulieren, dass Sie zweimal 100 % arbeiten. In Wirklichkeit – heute Morgen haben wir es wieder einmal eindrucksvoll erlebt – produzieren Sie 100 % heiße Luft.
Ich erinnere mich noch gut an den 7. Oktober, als Sie uns pompös aufgefordert haben, endlich ein Bekenntnis zum Kraftwerkstandort Datteln abzulegen. An die Zwischenschritte auf diesem Weg erinnere ich mich noch gut: Klatsche vom Gericht bekommen – Gericht gescholten – Umweltverbände gescholten – Klimaschutzparagraphen aus dem Landesrecht gestrichen. – Das war immer von Beschwörungsformeln untermalt, Herr Wittke, endlich ein Bekenntnis zum Kraftwerk Datteln und zur Zu
kunft des Industriestandortes abgeben zu sollen. Ganz klar war das schon in der Imagekampagne vorgezeichnet.
Jetzt besitzen Sie auch noch die Dreistigkeit, in einer Pressemitteilung nach der Sitzung in Datteln zu behaupten – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: Der Rat der Stadt Datteln hat ebenso wie die Landtagsmehrheit deutlich gemacht, dass sie dieses Kraftwerk will. Damit zeigt die CDU Verantwortung für eine verlässliche Klimapolitik.
Diese Pressemitteilung belegt, wie die CDU hier im Hause Politik betreibt: Sie simulieren Verantwortung, täuschen Verantwortung vor, wo nichts ist. Hinter einer Fassade befindet sich ein leeres Loch.
Wir Sozialdemokraten lassen Ihnen das auch hier und heute nicht durchgehen. Sie versuchen, die Menschen zu täuschen. Denn der Ablauf in Datteln ist ganz klar dokumentiert. Ich zitiere hierzu den Live-Ticker der heimischen Zeitung:
17:47 Uhr: Die geheime Abstimmung läuft. Aus der Fraktion gibt es ein Ja von der SPD, DSP und FDP. Grüne und CDU wollen dagegen stimmen. Aktuell stimmen die Ratsmitglieder nacheinander ab.
Die Berichterstattung am nächsten Morgen ist völlig eindeutig: Der Fraktionsvorsitzende Müller (SPD) kündigt an, für ein neues Planverfahren zu stimmen. Dr. Wutschka (CDU) holt für seine Fraktion weit aus, zitiert offene Fragen und Bedenken, um am Ende eine geheime Abstimmung zu beantragen. Schaut man sich die Stimmenverhältnisse im Rat der Stadt Datteln an, wird deutlich, dass zwei Mitglieder der CDU-Fraktion für dieses Verfahren gestimmt haben.
Ich will mich nicht mit den Ratsmitgliedern beschäftigen, aber Ihnen, Herr Kollege Wittke, lassen wir das nicht durchgehen.
Ihre Landesregierung hat es mit Regierungsmurks gefährdet und dann auch noch die Akzeptanz zerstört, weil Sie am Klimaschutzparagrafen herumgefummelt haben.
Als Landespolitiker haben Sie Ihre Ratsfraktion nicht für das Projekt gewinnen können. Das ist schon schlimm genug. Aber, Frau Thoben, wenn Sie unter
Es ist zum Verzweifeln. Sie täuschen zweimal 100 % Arbeit vor: einmal im Rat und einmal hier im Landtag. Ich sage Ihnen: Lieber einmal hundertprozentig solide arbeiten, als zweimal 100 % zu versprechen.
Das ist natürlich sehr anstrengend, Herr Wittke. Mit dem Antrag, den Sie heute Morgen vor wenig Publikum deutlich gemacht haben, werden Sie die Menschen im Land Nordrhein-Westfalen nicht täuschen. Sie haben die Wirklichkeit längst verloren. Sie erinnern mich und unsere Fraktion an einen Flugschüler, der sehr lange im Flugsimulator gesessen hat. Nach 39 Jahren Opposition sind Sie 2005 aber nie in ein Regierungsflugzeug eingestiegen. Sie blieben einfach im Simulator, sind jetzt nach fünf Jahren aufgestanden, noch ganz schwindelig, und haben die Einbildung, Sie seien geflogen. Das Schlimme ist nur: Sie haben den Industriestandort in Nordrhein-Westfalen und gerade die Arbeitsplätze durch solch eine Simulation fünf Jahre lang massiv geschädigt.
Das waren verlorene Jahre für NordrheinWestfalen. Am 9. Mai wird das zu Ende sein. Dann wird ordentlich und hart gearbeitet und nicht so herumgeschwätzt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Stinka, zu Ihrem Einstieg möchte ich sagen: Im Gegensatz zu Ihnen hat Herr Wittke einen höheren Wirkungsgrad.