Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

Im Übrigen haben Sie auch noch ein einfältiges Weltbild.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Anhörung!)

Sehen Sie sich an, was hier geleistet worden ist:

(Zuruf von Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD])

Die Hochschulen können sich trotz einer Haushaltsnotlage einer verlässlichen öffentlichen Finanzierung sicher sein. Der Qualitätspakt ist bestätigt und verlängert worden.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Er wird fortge- setzt!)

Nein, er ist bestätigt und verlängert worden; er wäre sonst ausgelaufen. Die Hochschulen erhielten über den Nachtragshaushalt Heizkostenzuschüsse in Höhe von 7,7 Millionen €.

Der Verrechnungsvermerk Ihrer Regierung zu den Einnahmen aus den Langzeitstudiengebühren ist aufgehoben worden, sodass alle Gelder, die durch das Studienkontenfinanzierungsgesetz in diesem Jahr erzielt werden, auch vollständig und direkt bei den Hochschulen verbleiben. Damit erhalten die Hochschulen 22,5 Millionen € mehr von Schwarz-Gelb, als sie von Rot-Grün erhalten hätten.

Im Zuge der Einführung der Globalhaushalte gab es ebenfalls keine Kürzung. Die Landesmittel für die Hochschulen betragen nach wie vor 2,8 Milliarden €.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Aber die waren auch in der Lage!)

Im Ergebnis gilt: Die Hochschulen sind eben nicht schlechter, sondern besser finanziert als unter Rot-Grün. Das ist unsere neue Prioritätensetzung.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP] – Marc Jan Eumann [SPD]: Herr Witzel, Sie müssen für elf klatschen! – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: So eine Aktivität besitzt er nicht!)

Dennoch werden wir die Finanzlage der Hochschulen weiter verbessern, indem wir ihnen die Erhebung von Studienbeiträgen gestatten. Alfons Labisch, Rektor der Universität Düsseldorf, rechnet beispielsweise mit zusätzlichen 13 Millionen €

in der Uni-Kasse, was einer Verdoppelung der freien Mittel entsprechen würde.

Im Übrigen: Es ist unfair, wenn ein 22-jähriger Dachdeckergeselle mit seinen Steuern einem 22jährigen Studenten das Studium finanziert. Es ist auch unfair, dass den Gesellen der Meisterbrief viel Geld kostet, während der Student den Magistertitel vom Staat bezahlt bekommt.

(Beifall von FDP und CDU)

Fair ist es aber, wenn derjenige, der nach dem Studium überdurchschnittlich verdient, einen Teil der Kosten seiner Ausbildung zurückzahlt. Das hat als erster Ministerpräsident übrigens der heutige SPD-Vorsitzende, Herr Platzeck, genauso gesehen.

(Beifall von FDP und CDU)

Ich füge hinzu: Die „neoliberale Verschwörung“, die Sie überall sehen, hat inzwischen sogar Dänemark erfasst, denn auch Dänemark als sozialdemokratisch geprägtes Land führt zukünftig Studiengebühren ein.

SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen wollen sich durch ihren Widerstand gegen diese Studienbeiträge schlicht lieb Kind machen bei den Studierenden. Dann müssen Sie aber auch sagen, dass Sie die Studierenden weiter in überfüllten Hörsälen sitzen lassen, weiter in schlecht ausgestatteten Bibliotheken arbeiten lassen und weiter von zu wenigen Lehrkräften ausbilden lassen wollen.

(Beifall von der CDU)

Sie müssen die Studierenden frei nach Peter Glotz fragen: Wollt ihr ein kostenfreies, aber beschissenes Studium, oder wollt Ihr eine gute Ausbildung gegen eine mäßige Gebühr? Wir werden jedenfalls all denjenigen, die sich für die gute Ausbildung entscheiden, alle Möglichkeiten eröffnen, diese Gebühr aufzubringen, damit jeder Zugang zu dieser hervorragenden Ausbildung hat, meine Damen und Herren.

(Beifall von FDP und CDU)

Das von Minister Pinkwart angekündigte Hochschulfreiheitsgesetz bedeutet einen echten Kulturwechsel in unserem Hochschulwesen. Fraglos hatte die rot-grüne Landesregierung erste Schritte in die richtige Richtung unternommen. Das ist auch verschiedentlich gewürdigt worden, zum Beispiel bei der Einführung von Globalhaushalten. Allerdings hatten Sie nie das Ziel, den Hochschulen echte Freiheit in Bezug auf Personal, Organi

sation und Finanzen zu gewähren. Genau das aber tun wir.

Herr Pinkwart kann die Rektoren zukünftig nicht mehr einfach zu einem Dienstgespräch einbestellen. Denn die Hochschulen werden autonome, emanzipierte und kreative Körperschaften – aber des öffentlichen Rechts. Das ist keine Privatisierung. Das ist echte Freiheit. Das ist Mut. Das ist neu in Nordrhein-Westfalen.

Herr Eumann hat dagegen gewettert – in einer Rede, die den Charakter einer Büttenrede hatte. Mit Ihren Vorwürfen haben Sie mehr über sich gesagt als über uns. Sozialdemokraten glauben – das haben Sie hier unter Beweis gestellt –, dass es den Menschen dann am besten geht, wenn sie in einem engen Korsett gefangen sind.

(Marc Jan Eumann [SPD]: So ein Quatsch! – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Hören Sie auf! Das ist wirklicher Blödsinn!)

Sozialdemokraten glauben, dass man Menschen vor der Freiheit schützen müsste. Sie beanspruchen die Vormundschaft für eine von ihnen als unmündig erklärte Gesellschaft. Damit entlarven sie ihr Menschenbild.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das ist wirklicher Blödsinn! Wie kann man nur so etwas formulieren! – Sören Link [SPD]: Was haben Sie in Ihrer Kindertagesstätte eigent- lich gelernt?)

Wer dagegen wie wir – ach, Herr Bollermann! – von vernunftbegabten, verantwortlich handelnden Menschen ausgeht, der kann sie nur so schnell wie möglich aus einem zu engen Korsett befreien.

Lesen Sie nach bei Willy Brandt, der Ihnen bei seinem Abschied als Parteivorsitzender 1987 in dieser bemerkenswerten Rede über die Freiheit auf den Weg gab – Zitat –:

„Ich rate dazu, die Bedeutung des unternehmerischen und eigenverantwortlichen Engagements stärker hervorzuheben.“

(Beifall von FDP und CDU)

Wenn man so will, steht diese Hochschulreform in einer Tradition Willy Brandts.

(Zuruf von der SPD – Zuruf von Sören Link [SPD])

Lieber Herr Link, dass die anderen Kollegen auf meine etwas ironische Bemerkung dazwischen rufen, verstehe ich. Aber Sie haben sicherlich die Rede von Willy Brandt zum Abschied 1987 noch nie gelesen. Sie dürfen nicht dazwischen rufen!

(Sören Link [SPD]: Ich habe altersgerechte Literatur gelesen!)

Ja, altersgerechte Literatur. Das ist sehr schön. Sie werden aber auch älter. Dann können Sie die Literatur anpassen.

Die Reaktionen im Land im Übrigen bestätigen den Kurs dieser Koalition. Frau Dr. Seidl hat eben Herrn Ronge zitiert. Aber, sehr verehrte Kollegin, Sie müssen das ganze Interview zitieren. So sagt Herr Ronge an der gleichen Stelle – Zitat –:

„Die Hochschulen sollen künftig als Unternehmen agieren können, was wir begrüßen.“

Herr Ronge weiter:

„Es gibt zwar in Berlin oder auch in Niedersachsen einzelne Hochschulen, die autonom gestellt wurden. Aber tatsächlich: Das ist eine Revolution für die Hochschullandschaft bundesweit.“

Die Hochschulen wollen also diese Freiheit. Es ist deshalb kein Übermut, sie ihnen zu gewähren, sondern Kleinmut, sie weiter mit bürokratischen Reglementierungen drangsalieren zu wollen.

(Beifall von FDP und CDU)

Die wissenschaftspolitische Strategie, die die Landesregierung, die Minister Pinkwart heute vorgelegt hat, geht von einer Konstante aus, nämlich: „Innovationen brauchen Freiheit“. Als Konsequenz hat Minister Pinkwart „Mut zur Ungleichheit“ gefordert. Damit ist eine neue und in dieser Klarheit sicher einzigartige liberale Programmatik beschrieben.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Freiheit für Rei- che!)

Das Wesen von Wissenschaft sind Leistung, Auslese, Wettbewerb, wie Herr Einhäupl sagt, von der Ausbildung über die Promotion bis hin zum Berufungsverfahren.

Der Wettbewerb um Theorien ist der Motor des wissenschaftlichen Fortschritts. Er ist ein Entdeckungsverfahren für neue Ideen, der das in der Gesellschaft vorhandene und verstreute Wissen immer wieder neu mobilisiert.

Ungleichheit ist auch für Liberale kein Selbstzweck. Der Zweck ist die Verbesserung der Innovationsfähigkeit und damit des Wohlstands und des Bildungsniveaus eines jeden Mitglieds unserer Gesellschaft. Aber Ungleichheit ist Mittel zu diesem Zweck, denn die Anerkennung von Leistung schafft Vorbilder.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])