tagshauptschulen, die für die großstädtischen Ballungsräume mit hohem Migrantenanteil und überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit gedacht und angekündigt waren, wurden unter anderem in Städten wie Emsdetten, Billerbeck, Ahlen und Steinfurt eingerichtet. Wir warten schon jetzt mit Spannung auf die nächsten Standorte in den von Ihnen definierten großstädtischen Ballungsräumen.
Das i-Tüpfelchen der Hauptschulförderung durch die schwarz-gelbe Landesregierung finden wir im Haushaltsentwurf 2006. Die Kollegin van Dinther hat gerade gefordert, dass an den Hauptschulen kleinere Klassen gebildet werden sollen. Die sind dort zwar im Vergleich zu anderen Schulformen schon längst vorhanden. Aber wenn man das fordert, Kollegin van Dinther, dann darf es doch nicht wahr sein, dass diese Landesregierung aus dem Stellenplan für Hauptschulen im Jahre 2006 insgesamt 1.300 Stellen streichen möchte. Das ist keine Qualitätsoffensive, meine Damen und Herren.
Dann wird quasi als Antwort auf die Berliner Hauptschuldiskussion vom Schulministerium am 31. März diese Presseerklärung, die ich in Händen halte, veröffentlicht – mit drei zentralen Aussagen:
Erstens. Die Landesregierung hat bereits im Sommer eine Qualitätsoffensive gestartet. – Was davon zu spüren ist, habe ich gerade dargestellt.
Zweitens. Es wird ein neues pädagogisches Konzept erarbeitet – man höre und staune! – mit den Schwerpunkten Lesen, Schreiben und Rechnen. – Das wird die Qualität insgesamt auch sehr steigern.
Dann kommt das Allerbeste – das wird auch in der Überschrift deutlich gemacht –: Die Hauptschulen liegen der Schulministerin besonders am Herzen.
Besonders über diesen letzten Punkt werden die Hauptschulen im Land schier begeistert sein. Mit Verlaub: Mit dieser Ankündigungspolitik, mit dieser heißen Luft löst man nicht die kommenden Probleme der Hauptschulen.
Meine Damen und Herren, die Problematik der Rütli-Hauptschule in Berlin ist sicherlich nur ein Teil der komplexen gesamtgesellschaftlichen Schieflage in einem extrem belasteten Berliner Stadtteil. Der veröffentlichte Brief des Lehrerkollegiums ist ein verzweifelter Hilferuf, der offensichtlich not
Völlig daneben und fehl am Platze sind in diesem Zusammenhang die jüngsten Äußerungen von Politikern, die die Gesamtproblematik auf ein reines Sprachproblem reduzieren wollen. Mit entsprechenden Stammtischparolen werden populistisch Stimmungen erzeugt, die alles andere als integrierend beziehungsweise problemlösend wirken.
Aber auch Ihre Lösungsvorschläge, meine Damen und Herren von der Koalition, sind völlig ungeeignet, die wachsende Problematik an den Hauptschulen auch nur ansatzweise zu mindern. Sie formulieren in Ihrem Begründungstext für diese Aktuelle Stunde, dass – Zitat – „eine gezielte Integration von Schülerinnen und Schülern ausländischer Herkunft durch eine zielgerichtete Profilierung der Hauptschulen im dreigliedrigen Schulsystem“ die richtige Antwort auf zunehmende Gewalt ist und weisen gleichzeitig der Hauptschule die Rolle eines „Integrationsmotors“ zu. Damit bürden Sie der Schulform Hauptschule weiterhin die Hauptlast der Integration von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunft auf,
ohne auch nur ansatzweise die Frage zu beantworten, was man denn überhaupt noch mit einem Migrantenanteil von 60, 70, zum Teil 80 % integrieren kann und soll.
Tatsache ist, dass Sie mit Ihren angekündigten schulpolitischen Maßnahmen, mit der von Ihnen propagierten verschärften Auslese im Schulbereich die Problemsituation der Hauptschule weiterhin verstärken werden. Die bedauerliche Entwicklung der Hauptschule zur Restschule wird von Ihnen beschleunigt. Sie wird zum Sammelbecken für Problemschüler reduziert – mit den Folgen, die wir zurzeit in Berlin vorgeführt bekommen.
Deswegen, meine Damen und Herren, muss es erlaubt sein, zumindest darüber nachzudenken, ob man den Schülerinnen und Schülern – um die geht es ja eigentlich – nicht durch eine grundlegend andere schulische Organisationsform, in der sich nicht nur die Problemschüler kumulieren, sondern in der die Schüler auch von leistungsstärkeren und sozial gefestigten Mitschülern lernen könnten, eher und effektiver helfen kann, als es mit den von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen möglich sein wird.
Mit Ihrem Vorhaben schaffen Sie eben nicht das modernste Schulsystem Europas, im Gegenteil: Sie führen das Schulsystem in Nordrhein
Westfalen zurück in die bildungspolitische Steinzeit. Wir werden uns daran nicht beteiligen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt in der Debatte dieser Aktuellen Stunde heute zwei wesentliche Botschaften:
Das eine ist die Verantwortung von uns allen als Landespolitiker, dafür zu sorgen, dass alle Schüler zukünftig wieder Perspektiven im Schulsystem bekommen. Das wollen wir gleich mit Ihnen diskutieren, wenn wir mit dem neuen Schulgesetz unsere „Schule ohne Grenzen“ auf den Weg bringen.
Das Zweite ist: Wir brauchen eine klare Absage an die Parallelgesellschaft, weil wir in einer freiheitlichen Ordnung Gewalt und Ausschreitungen nicht hinnehmen wollen.
In den letzten Tagen ist viel über wachsende Gewalt an Berliner Schulen und die Überforderung vieler Lehrer diskutiert worden, die mit zunehmender Disziplinlosigkeit und Lernverweigerung der Jugendlichen überfordert sind. Laut Berliner Polizeigewerkschaft – ich zitiere die entsprechenden Medienmeldungen – ist an 30 Schulen der Hauptstadt die Lage außer Kontrolle; Unterricht findet dort kaum noch statt; Gewalt, Zerstörung und Mobbing bestimmen den Schulalltag. Berlin ist nicht so weit weg von Nordrhein-Westfalen, wie manche meinen mögen, auch wenn wir – zum Glück – die Berliner Verhältnisse in unseren Großstädten so noch nicht haben.
Völlig zu Recht weist aber der Vorsitzende des Verbandes für Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, darauf hin, dass an Brennpunktschulen in Problemregionen unseres Landes – insbesondere auch im Ruhrgebiet, wo ich herkomme – ebenfalls eine Kultur von verrohten Sitten und Respektlosigkeit im sozialen Umgang herrscht. Er beschreibt in der „WAZ“ vom 31. März 2006, wie Schüler durch massive Störungen den Unterricht nicht zustande kommen lassen und wie Lehrer schweren Beleidigungen, tagtäglich gezieltem Mobbing und körperlicher Gewalt ausgesetzt sind.
Die Wahrheit ist: Eine Patentlösung hat niemand von uns hier. Aber wir stehen in der Verantwortung für die richtige Akzentsetzung im Bildungsbe
reich. Hier zeigt sich, wie unverzichtbar auch wesentliche neue Weichenstellungen unserer Schulgesetznovelle sind.
Die Philosophie antiautoritärer Erziehung hat großen Schaden an unseren Schulen angerichtet. Schüler sind mit der Leistungsnivellierung der letzten Jahre zu lange in einer Kultur der Beliebigkeit und des Desinteresses am Lernen gehalten worden.
Wir als Koalition der Erneuerung geben Sekundärtugenden und Werten bei Jugendlichen wieder einen neuen Stellenwert. Wir werden Fehlzeiten und Fehlverhalten zukünftig wieder in Zeugnissen dokumentieren und damit verdeutlichen, dass dies wichtige Anforderungen an junge Menschen sind. Wir werden Jugendlichen mit Kopfnoten dokumentieren, dass der Gesellschaft Leistungsbereitschaft und ein positives Arbeits- und Sozialverhalten nicht länger egal sind.
Ergebnis rot-grünen Bildungsabbaus ist, dass in keinem anderen Land die Bildungschancen so stark von der sozialen Herkunft abhängen wie bei uns. Wer im Brennpunkt geboren wird, den lässt der starre Schulbezirk aus diesem Sozialraum nicht mehr heraus. Wir ändern diese Abschottung und schaffen daher eine „Schule ohne Grenzen“.
Wir sorgen mit verbindlichem Spracherwerb vor Schulbeginn dafür, dass Kinder nicht länger sprachlos bleiben und jeder eine reale Chance hat, dem Unterrichtsgeschehen zu folgen. Nicht ohne Grund werden wir die hierfür vorgesehenen Mittel im neuen Landeshaushalt mehr als verdoppeln. Denn auch wenn mein Vorredner zu Recht gesagt hat, nicht jedes Problem sei nur ein Problem der Sprachkompetenz – umgekehrt gilt eben auch: Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Hier müssen wir gravierende Defizite der letzten Jahre aufarbeiten.
Das Wichtigste ist aber eine Intensivierung der individuellen Förderung. Wir werden dafür sorgen, dass alle Schüler wieder eine Chance bekommen. Da lernschwächere Hauptschüler momentan den schwersten Stand in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt haben, werden wir für sie wieder verstärkt Erfolgserlebnisse schaffen.
Der verbindlichere Grundschulübergang hilft, dass wir Schulscheitern infolge von Überforderung zukünftig besser vermeiden.
Es war ein kapitaler Fehler von Rot-Grün in den letzten zehn Jahren, die Schulform der Hauptschule zu vernachlässigen und Standorte schlechtzureden. Wie wollen Sie jungen Menschen Selbstwertgefühl und Perspektive vermitteln, wenn Sie
Mit einer groß angelegten Qualitätsoffensive werden wir die Hauptschulen deshalb stabilisieren und ihre Arbeit auch qualitativ verbessern. Die ersten Schritte sind hier richtig eingeleitet worden. Diesen Kurs werden wir in den nächsten Jahren fortsetzen.
Wir werden deshalb die Schulsozialarbeit weiter ausbauen und haben daher auch das von RotGrün festgelegte Vertragsende für diese Fachkräfte aufgehoben und deren Beschäftigung entfristet.
Die ideologischen Reflexe in den letzten Tagen gehen allerdings in die falsche Richtung. Sie können zwar, wenn Sie dafür eine verfassungsändernde Mehrheit bekommen, die Schulform Hauptschule abschaffen, nicht aber die Schüler. Richtig ist: Es wird sich kein einziger Jugendlicher deshalb gewaltfrei und disziplinierter verhalten, weil seine Schulform einen anderen Namen trägt.
Wir als Koalition der Erneuerung werden alle schulischen Handlungsoptionen ausschöpfen, um jungen Menschen eine bessere Bildung und damit wieder mehr Perspektive zu vermitteln. Wir machen zugleich deutlich, dass Lernerfolg, Anstrengungsbereitschaft und Lernklima ein respektvolles Sozialverhalten voraussetzen.
Wir müssen aber auch gesellschaftspolitisch handeln. Die Schulen sind ein Abbild der sozialen Lebensverhältnisse und allgemeiner Verhaltensweisen. Wir erteilen deshalb jeder Form von Parallelgesellschaft eine klare Absage. Wir sind offen für mehr Integration und gegen jeden bewusst gewollten Rückzug aus der offenen Zivilgesellschaft.
Gewalt als Protestform gegen unsere freiheitliche gesellschaftliche Ordnung werden wir nicht akzeptieren. Es gibt keine Toleranz gegenüber Intoleranz.
Gegen Gewalt, Zerstörungswut, Mobbing und Stalking muss mit aller Entschlossenheit des Rechtsstaates vorgegangen werden – und das von Anfang an.
Wir dürfen die Probleme, die uns in den letzten Tagen verstärkt durch die Berliner Verhältnisse bewusst geworden sind, nicht länger tabuisieren – auch nicht in Nordrhein-Westfalen –; denn wir haben es bei dem Gewaltphänomen unter Jugendli
Ich darf deshalb mit Erlaubnis unseres Präsidenten einen Leserbrief aus der „WAZ“ vom 31. März 2006 zitieren: