Meine Damen und Herren, wir haben Gäste aus Russland auf der Zuschauertribüne. Ich begrüße ganz herzlich eine Delegation des Rostower Gebietes aus Südrussland unter der Leitung des stellvertretenden Gouverneurs und Ministers für Landwirtschaft, Herrn Vasilenko. Herzlich willkommen im Landtag Nordrhein-Westfalen!
Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben sich darauf geeinigt, diesen Tagesordnungspunkt heute ohne Debatte abzuschließen und den Antrag an die zuständigen Ausschüsse zu überweisen.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/1561 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie – federführend – sowie an den Hauptausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dann im Plenum erfolgen. Meine Damen und Herren, wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Antrag einstimmig überwiesen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Konzeptionslosigkeit müssen wir bezogen
Das hat der heutige Tag doch mehrmals erneut gezeigt. Ich weiß gar nicht, wie Sie da so dreist sein können, noch etwas anderes zu behaupten.
Aber auch nach der Lektüre des Positionspapiers der CDU zum Thema Ruhrgebiet muss ich sagen: Konzept? – Fehlanzeige. Mittel- und langfristige Perspektiven, die für die Gestaltung des Strukturwandels besonders wichtig sind, sind nicht erkennbar. Das ist eine pure Auflistung von Handlungsfeldern. Eine Auflistung von Handlungsfeldern ist aber kein Konzept.
Das Einzige, was man denjenigen, die dieses Papier geschrieben haben, zugute halten kann, ist: Sie haben sich fürwahr ein Fleißkärtchen für fehlerfreies Abschreiben verdient, für fehlerfreies Abschreiben der anstehenden Maßnahmen, die bereits von der SPD-geführten Landesregierung mit den Akteuren vor Ort vereinbart waren beziehungsweise abgestimmt waren.
Die meisten Punkte, die konkret wurden, kenne ich logischerweise. Als Bochumer Abgeordneter muss ich das wissen. Sie stammen nämlich aus dem Handlungskonzept „Bochum 2015“, das im Zuge der Diskussion um Opel unter anderem mit der Landesregierung, der IHK, der Ruhr-Uni Bochum und der Stadt Bochum vereinbart worden ist. Ich finde das gut – das ist gar keine Kritik –, dass Sie diesen Weg fortsetzen möchten. Ich glaube, das sind richtige und wegweisende …
Ich habe gesagt: Die mittel- und langfristigen Perspektiven, Frau Thoben, fehlen. Das ist konzeptionslos.
Die Maßnahmen sind abgeschrieben. Sie sind richtig. Sie sollten alle kurzfristigen Maßnahmen, die dort aufgeführt sind und die wir mit auf den Weg gebracht haben, auch durchführen. Das sollten Sie tun. Aber für das Abschreiben selber würde es bei den Kopfnoten zum Sozialverhalten, die Sie einführen wollen, nun wahrlich nichts Gutes geben.
Zum Konzept für den Strukturwandel, meine Damen und Herren: Im Revier braucht man – das haben Sie eben selbst noch einmal gesagt – eine
Strukturwandel ist ein stetiger Prozess. Dabei sollte man wissen, wohin man will, welchen Weg man einschlägt und wen man auf diesem Weg mitnehmen möchte. In allen drei Punkten: Fehlanzeige bei der CDU!
Frau Thoben, Sie haben gerade über Perspektiven geredet. Die einzige Perspektive, die die „WAZ“ Ihren Worten entnehmen konnte, war: „Ruhri, mach es selbst“. Nur: Das lässt die Menschen allein, ist aber noch kein Konzept. Das passt zu Ihrem Dogma „Privat vor Staat“.
Ich sage Ihnen ganz offen: Ich bin niemand, der Unterstützung vom Staat für jeden möchte. Aber die, die es aus eigener Kraft nicht schaffen können, weil die Bedingungen ungleich sind, brauchen Unterstützung vom Staat. Das Revier ist nicht ohne Grund in weiten Teilen Ziel-2Fördergebiet. Das Revier braucht staatliche Unterstützung, um den Anschluss zu halten.
Eigeninitiative zu fördern ist richtig und wichtig – das will ich gar nicht absprechen. Den Menschen das Gefühl von Desinteresse durch den Entzug der gesellschaftlichen Unterstützung zu vermitteln, ist hingegen verantwortungslos. Sie reden über das Ruhrgebiet statt mit dem Ruhrgebiet – anstatt für das Ruhrgebiet zu handeln. Die Menschen in den strukturell benachteiligten Gebieten – weite Teile des Reviers sind strukturell benachteiligt – haben die Unterstützung aller verdient, weil – ich glaube, darin sind wir uns einig – ein starkes Revier wichtig ist für ein starkes NRW.
Da Sie in der mittel- bis langfristigen Perspektive nichts zu bieten haben, gehe ich zurück ins Hier und Jetzt.
Regional abgestimmte und verankerte Maßnahmen und Projekte gibt es. Die Kraft und der Wille der Menschen im Revier sind da. Die gesellschaftliche Unterstützung in Euros hingegen wird seitens der Landesregierung gekürzt.
Ein Beispiel dafür ist der Landesanteil der Kofinanzierung der Ziel-2-EU-Mittel im Haushalt von Frau Thoben. Gegenüber dem Haushalt aus dem Jahr 2005 ist das ein Minus von 18,8 Millionen €
oder ein Minus von 20 %. Verglichen mit den Maßnahmen, die ursprünglich für 2006 geplant waren, ist das ein Minus von 30,7 Millionen € oder von 41 %. Die Förderung des Strukturwandels im Revier – das kann man dem entnehmen – ist ein echter Schwerpunkt im Rüttgerschen Antlitz.
Von den in Ihren Haushaltsplan eingestellten 43 Millionen € für den Landeskofinanzierungsanteil des Jahres 2006, Frau Thoben, sind bereits 29 Millionen € durch Bewilligungsbescheide der Vorjahre gebunden. Es verbleiben aus Haushaltsmitteln gerade einmal 14 Millionen € für die Projekte, die im Jahre 2006 zu beginnen sind.
Aber, Frau Thoben, Sie sagen: Kein Euro geht zurück. Was nicht als Landesanteil aufgebracht wird, wird von Dritten aufgebracht. Sie akquirieren Kofinanzierungsmittel bei Dritten und nennen die Kommunen. Diese jedoch liegen in Ziel-2-Gebieten – oftmals mit Haushaltssicherungskonzepten. Wie schwierig es sein kann, ausgerechnet von denen, denen man helfen soll und helfen will, Geld für die Eigenhilfe zu bekommen, werden Sie erleben.
Sie reden von den Privaten. Das ist in der aktuellen Periode ein eher theoretischer Ansatz, weil rechtlich nur eingeschränkt machbar und unter den derzeitigen Bedingungen kaum …
Reden Sie mit Wirtschaftsförderern vor Ort. Die werden Ihnen erklären, dass in Wirklichkeit nur noch Inhouse-Geschäfte funktionieren können, weil Sie für Infrastrukturleistungen erst einmal Private finden müssen, die auch mit einer 33jährigen Negativauszahlung zufrieden sind. Sie müssen bei den Dienstleistungsbereichen jemanden finden, der bei dem ganzen Wust an Controllingmechanismen usw. bereit ist, das Ganze für kaum eine Rendite zu machen. Entschuldigen Sie bitte. Reden Sie mit denen, die das vor Ort tun. Die sagen Ihnen genau das.
Frau Thoben, ich will mich erst einmal auf den Punkt beschränken, den Sie in das Zentrum Ihrer Aktivitäten stellen, nämlich, wie auch der Presse zu entnehmen, die NRW-Bank solle hier handeln.
Das ist der einzig praktikable Weg, um Ihr Versprechen einzuhalten, welches lautet: Kein Geld geht zurück. Wir bekommen das mit Drittmitteln hin.
Wenn die NRW-Bank die Euros für die Kofinanzierung gibt, Frau Ministerin, um somit nachträglich Ihre Durchsetzungsschwäche gegenüber dem Finanzminister auszubügeln, fehlt das Geld für andere wichtige Aufgaben bei der NRW-Bank: Entweder fehlt das Geld bei den Förderprogrammen, zum Beispiel für die Mittelstands- oder für die Gründungsförderung, wo wir die Mittel für das ganze Land und auch für das Revier brauchen, oder das Geld fehlt bei der NRW-Bank in den Programmen, die Sie aus eigenen Erträgen beschicken möchten zum Beispiel bei der – wie ich finde – sehr positiven Unterstützung des Unternehmerkredites. Auch da gilt: Das Geld kann nur einmal ausgegeben werden.
Wenn Sie auf das schmale Brett kommen und meinen „Na gut, wenn es aus den Erträgen nicht geht, soll sich die NRW-Bank doch bitte an den Projektgesellschaften vor Ort beteiligen; es bleibt dann ja im öffentlichen Bereich.“, kann ich Ihnen nur sagen: Wenn die dafür Kreditmittel aufnehmen sollten, gibt es dafür ein Wort, das Sie ungern hören, nämlich Schattenhaushalt. Ich wäre sehr vorsichtig, auf dieses schmale Brett zu steigen und diesen Weg gehen zu wollen.