Protokoll der Sitzung vom 03.05.2006

von der Erkenntnis, dass die Wirkung einer Haushaltskonsolidierung am größten ist, wenn sie über die Ausgabenseite erfolgt, wenn sie also bei Transferausgaben in den Personalbereich und nicht bei den Investitionen ansetzt, kann dabei auch der öffentliche Dienst nicht außen vor bleiben.

Da den beabsichtigten Stellenkürzungen Grenzen gesetzt sind, ist ein weiterer Beitrag durch eine weiter abgesenkte Sonderzahlung unumgänglich. Die genaue Ausgestaltung der Regelung zur Sonderzahlung ist derzeit noch offen. Die Koalition wird jedoch den in NRW bislang beschrittenen Weg einer sozialverträglichen Staffelung weitergehen.

Dass diese Maßnahmen bisher nur den Beamtenbereich betreffen, ist auch für mich unbefriedigend. Um diesen Zustand der Ungleichbehandlung zu beenden, sind von den Ländern die Tarifverträge gekündigt worden. Da, wie Sie sicher wissen, Tarifverträge nachwirken, können wir für den Landesbereich bis zum Abschluss der Verhandlungen an dem bisher unbefriedigenden Zustand leider nicht viel ändern und nur für die neu eingestellten Angestellten die gleichen Regelungen wie für Beamte zugrunde legen. Da nach Auffassung der Länder der für den Bund und die Kommunen geschlossene neue Tarifvertrag hinsichtlich der Einschnitte keine vollständige Angleichung an die Beamten vorsieht, kommt eine Übernahme nicht in Betracht. Die Verhandlungen bekanntlich laufen noch.

Die notwendigen Konsequenzen für die Alterssicherungssysteme aus der demographischen Entwicklung wurden erst spät gezogen. Dies ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und trifft nicht nur den Beamtenbereich.

Ich spare mir jetzt die ganzen Details – die kennen Sie –, sondern möchte nur den Finanzminister und den Innenminister ermuntern, diesen Weg fortzusetzen. Wir brauchen am Ende, um Vertrauen zurückzugewinnen, einen selbst verwalteten, nicht rückholbaren Fond, eine Stiftung oder Versicherung. Also: Den Wurstvorrat nicht im Hundezwinger aufbewahren. Das führt dazu – das haben wir in der Vergangenheit gesehen –, dass am Ende eigentlich nichts mehr da ist.

Ich darf Ihnen noch einmal versichern, dass uns die in den Haushaltsberatungen 2006 getroffenen Entscheidungen gerade für den Beamtenbereich nicht leicht gefallen sind. Die neue Landesregierung ist aber mit dem Anspruch angetreten, dem bisherigen „Weiter so!“-Prinzip von Rot-Grün nicht mehr zu folgen, um wieder Handlungsspielräume

zu erhalten, die das Land zukunftssicherer machen und damit letztlich auch dem öffentlichen Dienst des Landes zugute kommen.

Lassen Sie mich noch einige Worte generell zum Einzelplan 03 sagen. Um die Sicherheit weiterhin mindestens auf gleichem Niveau halten zu können, müssen wir die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen effizienter ausrichten. Deshalb gilt das Motto: Weniger verwalten, mehr fahnden, Konzentration auf die Kernaufgaben. Aber auch dieser Bereich wird sich den Zwängen derzeit nicht widersetzen können. Von daher bin ich sehr froh, dass es durch bereits eingeleitete Reformen gelungen ist, insbesondere der Polizei wieder Luft zum Atmen zu geben und sie von den Fesseln hausgemachter Bürokratie zu befreien, zumindest stückweise und als allerersten Anfang.

Einige Beispiele, wie Mann-Stunden, die dem Dienst am Bürger zugedacht waren, in der Bürokratie mehr oder weniger verschwinden: Aufhebung der Workshops zur Mitarbeiterbefragung am 12. Juli 2005, Abschaffung der landesweiten Zielvereinbarung im Oktober und November 2005, Auflösung des Beratungsteams Steuerung und Führung. Es waren vorher 33 hoch bezahlte Mitarbeiter, jetzt sind es nur noch 18, allerdings mit veränderter Aufgabenstellung. Ich sage an dieser Stelle für die fachpolitischen Kollegen: Damit sind wir noch nicht fertig.

Reduzierung des Kennzahlenbedarfes. Kennzahlen wurden von ca. 2.200 auf jetzt 870 reduziert. Für den operativen Bereich verbleiben dabei nur noch 271. Deutlich weniger Bürokratie, die MannStunden ohne Ende gekostet haben. Einstellung der produktbezogenen Arbeitszeiterfassung in der Polizei am 2. November 2005. Wir erinnern uns noch genau, als das im Innenausschuss vorgetragen wurde. Das macht 490 Stellenäquivalente, 490 Mann, die der Steuerzahler bezahlt hat, die aber nur nach innen hin Statistik gemacht haben. Also: Personalgewinn von 490 Stellen. Und natürlich die Eingliederung des polizeilichen Staatsschutzes in die zentrale Kriminalitätsbekämpfung.

Nächste Schritte werden folgen. Wir werden genau hinsehen. Kein Bereich bleibt ausgenommen, erst recht nicht die dauerhaft geschützten einsatzfernen Räume ohne jede Chance auf Täter- und Bürgerkontakte. Wir werden genau gucken, was sich da entwickelt hat und ob wir das noch brauchen oder ändern können.

Auch die Zahl – das sage ich ganz deutlich, weil immer etwas anderes kolportiert wird – der Einstellungsberater werden wir dem tatsächlichen Bedarf anpassen. Das muss legitim sein. Draußen im

Lande wird wie eine Monstranz herumgetragen – auch bei den Demonstrationen – als wollten wir sie abschaffen. Das ist natürlich purer Unsinn.

Herr Dr. Rudolph und Frau Düker, vielleicht zwei, drei Bemerkungen zu Ihrer Kritik.

Herr Dr. Rudolph, Sie haben die Reiterstaffeln angesprochen, 1,3 Millionen €. Sie haben gesagt, damit könnte man round about 60 Polizeibeamte bezahlen. 50 Pferde hätten rund 1,3 Millionen € gekostet.

(Dr. Karsten Rudolph [SPD]: 2,1!)

Okay, einverstanden. – Aber Sie haben – lassen Sie mich das noch einmal sagen – verschwiegen, dass allein die Lenkungswirkung eines Polizeipferdes bei Demonstrationen 15 ausgebildete Polizeibeamte umfasst.

(Monika Düker [GRÜNE]: Wo haben Sie das denn her?)

Diese 50 Polizeipferde sind also bei Großeinsätzen ein Stellenäquivalent von gut sieben Hundertschaften. Wir setzen sie auch anders ein als zu Zeiten von Rot-Grün.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Warum müs- sen vier Pferde die ganze Zeit vor dem Land- tag patrouillieren?)

Herr Remmel, ich habe das noch gar nicht gesehen. Darum müssen wir uns kümmern.

Dann haben Sie, Herr Dr. Rudolph, gefordert, den Fahndungsdruck zu erhöhen. Völlig richtig! Aber das machen wir doch, indem wir Bürokratie intern dahin tun, wo sie hingehört, nämlich in die Tonne.

Darüber hinaus haben Sie die missliche Beförderungssituation – A 7, A 8 – angesprochen. Wir haben 600 Leute mit A 7 und 1.500 Leute mit A 8, also mit 1.800 € brutto. Die Zahlen, glaube ich, stimmen. Das tut mir auch in der Seele weh, wenn demgegenüber nur 700 Beförderungsstellen nach A 9 und 300 Beförderungsstellen nach A 8 stehen. Daran müssen wir noch arbeiten. Aber mehr gibt zurzeit der Haushalt nicht her.

Des Weiteren haben Sie von Kürzungen des Polizeihaushaltes in Höhe von 125 Millionen € gesprochen. Sie müssen genau hinschauen. Wir werden nicht einen einzigen Schutzmann weniger haben. An dieser Stelle möchte ich – ich habe das extra mitgebracht; ich habe noch eine Redezeit von bis zu zwei Minuten – auf die Landtagsdrucksache 14/1765 hinweisen, nämlich auf die Antwort auf Ihre Kleine Anfrage, wie viele Polizeibeamte im Jahr pensioniert werden. Lesen Sie das bitte

nach; aus Zeitgründen kann ich das jetzt nicht vortragen. Die Landesregierung sagt – bis zum letzten Polizeibeamten durchdekliniert – ganz klar, dass kein Personalabbau stattfindet. Sie sagt auch, das hätte die alte Landesregierung genauso getan. Man muss also genau hinsehen. Nur die Pensionierungen alleine geben keine Auskunft darüber, ob der Personalkörper im Bereich der Polizei reduziert wird oder nicht.

Lassen Sie mich mit einigen Bemerkungen zur Verwaltungsstrukturreform schließen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Kabinett hat gestern die Weichen dafür gestellt, selbstständige Dienststellen im Bereich der Sonderverwaltung unter die Dächer der fünf Bezirksregierungen zu holen. Versuchen wir doch einmal, eine solche Maßnahme aus der Sicht des Bürgers, des Antragstellers, des Investors zu sehen. Als Stichwort nenne ich Garzweiler. Das alles haben wir hinter uns. Am Ende ist Garzweiler II gekommen. Aber was war das für ein Gezerre? Nun haben wir nur noch fünf Ansprechpartner. Das ist für dieses Land, für Investoren, für diejenigen, die etwas tun wollen – also nicht für die Unterlasser –, die einen Antrag einbringen wollen, die eine Genehmigung brauchen, eine gute Nachricht. Wir haben 667 Behörden in Nordrhein-Westfalen. Die ganze Detailarbeit wird noch kommen. Die Koalitionsfraktionen werden das konkrete Regierungshandeln begleiten. Ich freue mich darauf, denn diese Botschaft wird ankommen. Wir machen aus diesem Land das Land mit den kürzesten Genehmigungszeiten. Über Wachstum und Beschäftigung kommen wir dann auch wieder zu neuen Verteilungsspielräumen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Engel. – Jetzt hat der Innenminister, Herr Dr. Wolf, das Wort. Bitte schön.

Werter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf 2006 ist von den Konsolidierungsbemühungen der Landesregierung geprägt, die Nettoneuverschuldung zurückzuführen. Auch das Innenressort muss an verschiedenen Stellen seinen Beitrag zur Konsolidierung leisten.

Mir fallen die geplanten finanziellen Reduktionen bei den Sonderzahlungen wahrlich nicht leicht. Mit Blick auf die notwendige sukzessive Rückführung der Nettoneuverschuldung sind diese finanzpolitischen Entscheidungen allerdings ohne realistische Perspektive. Der Verzicht auf eine sparsame Haushaltsführung, insbesondere in den letzten

zehn Jahren rot-grüner Regierung, hat uns einen Schuldenstand beschert, dem wir im Interesse unserer Kinder und Kindeskinder Einhalt gebieten müssen.

Insgesamt sinkt der Haushalt des Innenressorts gegenüber dem Vorjahr um 178,3 Millionen €. Der überwiegende Anteil dieser Kürzungen, nämlich rund 135 Millionen €, entfällt auf den Asylbereich. Diese Kürzungen waren deshalb möglich, weil die Asylbewerberzahlen deutlich rückläufig sind. Dennoch haben wir auch hier Schwerpunkte gesetzt. So haben wir den Ansatz für die Rückführung und die Rückkehrförderung um rund 460.000 € auf 9,5 Millionen € erhöht.

Herr Rudolph, wie man angesichts der Zahlen, Reduktion um 178 Millionen €, davon 135 Millionen € für den Asylbereich, sagen kann, dass bei der Polizei 125 Millionen € gekürzt werden, wird Ihr Geheimnis bleiben. 178 Millionen € minus 135 Millionen € gleich 125 Millionen € – das kann uns offensichtlich nur Herr Rudolph erklären.

Es wird deutlich, dass hier eine ganz andere Politik vorherrscht. Wir haben versucht, den Kernhaushalt so weit wie möglich zu schonen. Allerdings haben wir in den verwaltenden Bereichen der Polizei 1,5 % der Stellen abzubauen, so wie das auch an anderer Stelle in der Landesverwaltung der Fall ist.

Meine Damen und Herren, man sieht sehr deutlich: Die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit ist zentrales Anliegen der Landesregierung, weil wir eben den Kernbereich schützen. Das Ziel der Stärkung der inneren Sicherheit durch mehr Fahnden statt Verwalten ist ja auch von den Vorrednern der Koalitionsfraktionen sehr deutlich betont worden. Wir haben deswegen den operativen Bereich der Polizei von den Stelleneinsparungen ausgenommen.

Es ist einfach unredlich, um nicht andere Ausdrücke zu benutzen, Herr Rudolph, wenn Sie sagen, dass wir für den großen Teil der Stellenkürzungen verantwortlich sind. Sie haben die kw-Stellen im Zusammenhang mit der Verlängerung der Arbeitszeiten ausgebracht. Deswegen sind 1.222 Stellen in den nächsten Jahren zu kürzen, wobei das Volumen der Polizeiarbeit wegen der verlängerten Arbeitszeit ja gleich bleibt. Wenn Sie so etwas früher zu verantworten hatten, dann sollten Sie das nicht so schnell vergessen. Da ist jede Larmoyanz fehl am Platze.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Was die Krokodilstränen anbetrifft, dass der Digitalfunk noch nicht eingeführt wurde, weise ich dar

auf hin, dass dieser wirklich eine lange Geschichte hat. Ihre Regierungszeit war diesbezüglich prägend. Sie haben es nicht geschafft – Sie haben im Bund und im Land regiert –, das rechtzeitig in die Wege zu leiten. Noch immer warten wir auf die Vergabeentscheidung der Bundesregierung, in der Sie vertreten sind. Wir sind sozusagen Gewehr bei Fuß. Die 250 Millionen € stehen im Haushalt. Wenn die Entscheidung fällt, sind wir bereit, das umzusetzen. Das Land hat sich hier aus meiner Sicht hervorragend und vorbildlich verhalten. Wir haben kurz nach Antritt unserer Regierung die Mittel in den Haushalt eingebracht. Mehr kann man nicht tun. Wir warten, dass der Digitalfunk kommt.

Meine Damen und Herren, es gilt, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel die Polizei in NRW bestmöglich aufzustellen, deswegen die Konzentration auf die Kernaufgaben – das hat der Kollege Engel sehr deutlich gesagt – und das DreiSäulen-Konzept – Binnenmodernisierung vorantreiben, Straffung der äußeren Struktur und Abbau von innerbehördlicher Bürokratie stärken. Das ist der richtige Weg.

Erfolgskennzahlen sind doch da, das ist von beiden Rednern hier gesagt worden. Wir haben die Anzahl der Polizeiinspektionen von 118 auf 89 verringert. Das bringt Personalgewinne für den operativen Bereich. Wir werden eine entsprechende Straffung der äußeren Struktur vornehmen. Herr Dr. Rudolph, wenn Sie uns an dieser Stelle erzählen wollen, wie reformieren geht, dann frage ich Sie: Was war denn Ihre Reformleistung im Hinblick auf die Anzahl der Polizeibehörden?

Zehn Jahre lang haben wir unter Rot-Grün Stillstand der Rechtspflege erlebt. Wir machen was – und schon sind Sie dagegen. Das ist Ihr gutes Recht. Aber wir werden uns da nicht beirren lassen. Denn da ist auch – Herr Kollege Engel hat es angesprochen – Verwaltungsstrukturreform angesagt. Wenn wir die Mittelinstanzen entschlacken wollen, gehört dazu natürlich auch, dass wir die Polizei in die operativen Ebenen nach unten drängen, dort, wo sie hingehören, dort, wo Synergieeffekte zu nutzen sind.

Richtig ist auch darauf hingewiesen worden, dass wir innerbehördlich Bürokratie abgebaut und unnötige Kennzahlen beseitigt haben.

Wir werden – finanzpolitisch wiederum wichtig – weiterhin 500 Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter einstellen.

Die Weiterführung der zweigeteilten Laufbahn ist ebenso gesichert wie die Nachschlüsselung.

Eines ist verwunderlich – da muss ich Sie einmal direkt ansprechen –: Warum haben Sie eigentlich all die Beförderungen, die Sie hier plötzlich einfordern, nicht vor neun Monaten vorgenommen?

(Monika Düker [GRÜNE]: Haben wir ja! Sie haben das doch gestoppt, Herr Wolf!)

Das muss doch wirklich eine wundersame Wandlung sein, wenn man plötzlich entdeckt, dass da ein Stau von Tausenden von Beförderungen besteht. Das nimmt Ihnen draußen keiner ab. Sie können sich gern so positionieren – es wird Ihrer Glaubwürdigkeit nicht nutzen.

Auch um der Wahrheit die Ehre zu geben – das ist wichtig für uns –: Wir haben den Sachhaushalt der Polizei nicht gekürzt. Im Gegenteil: Er ist sogar um 1,2 Millionen € gestiegen. Sie sehen, uns ist die innere Sicherheit sehr viel wert. Uns sind auch die Polizistinnen und Polizisten sehr viel wert. Die Polizei in NRW genießt zu Recht einen guten Ruf. Die Polizei ist gut aufgestellt.

Wir sind aber nicht nur im polizeilichen Bereich tätig, sondern natürlich auch für die Ausstattung der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr verantwortlich. Da möchte ich nur ganz beiläufig erwähnen, dass wir in diesem Jahr einen Riesenbeitrag zum Thema Großschadensabwehr leisten: durch die Bezahlung von Katastrophenschutzeinheiten, die wir gerade im Hinblick auf die großen Ereignisse, die in Kürze anstehen, schaffen. Wir werden im Jahre 2006 wiederum 21 Millionen € für Feuer- und Katastrophenschutz zur Verfügung stellen. Im Übrigen werden auch die Kommunen aus der Feuerschutzsteuer 4 Millionen € mehr bekommen.

Sie sehen, wir lassen uns das was kosten. Diese Landesregierung ist sich der Verantwortung für die innere Sicherheit bewusst und schafft die notwendigen haushaltsmäßigen Voraussetzungen. – Vielen Dank.