Protokoll der Sitzung vom 03.05.2006

Ihnen, die Sie die Von-der-Hand-in-den-Mundleben-Politik betrieben haben, mag das fremd sein. Ich halte das für ein Profil und für ausgesprochen vernünftig.

Wir sagen – auch das ist Profil – Ja zum Verbraucherschutz. Wir sagen Ja zu besseren und mehr Kontrollen. Allerdings nicht so, wie Sie das wollen, sondern wir entlassen die Wirtschaft nicht aus ih

rer Eigenverantwortung. Wir verlangen Selbstkontrolle, eigene Qualitätssicherungssysteme. Der Staat beschränkt sich effektiv darauf, als Kontrolleur der Kontrolleure nach vorne zu gehen.

Wir sagen Ja zur Kooperation statt zum staatlichen Dirigismus. Das mag Ihnen alles nicht passen. Das sind vielleicht Reifen und Profile, die Ihnen nicht zusagen. Aber das Profil ist da. Ich verspreche Ihnen eins: Wir werden uns in der Koalition mit den Kolleginnen und Kollegen und diesem Minister gemeinsam darum bemühen, in der Richtung, die ich eben dargestellt habe, das Profil noch sehr viel schärfer zu machen. Dann werden Sie vielleicht sagen, wir seien viel zu streng. – Ja, das werden wir sein. Aufgrund der von Ihnen hinterlassenen Schulden haben wir keinen anderen Weg. Diesen Weg werden wir Schritt für Schritt nach vorne gehen.

Jetzt hätte ich eigentlich auch noch die Stichworte, die mir mein Kollege Hamer nahe gelegt hat. Dann wären wir allerdings bei 22:30 Uhr. Das möchte ich mir dann für eine der nächsten Sitzungen oder die zweite Runde aufsparen.

Ich möchte Sie, Herr Kollege Remmel, nur ganz im Ernst darum bitten: Nehmen Sie bitte den Begriff „hinterhältig“ zurück. Das belastet die Zusammenarbeit. Das war wirklich nicht gut. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Herr Abgeordneter Remmel, nach ständiger Übung in diesem Parlament ist der Begriff „Heuchler“ unparlamentarisch und deswegen selbst bei größter Empörung zu vermeiden. „Heuchelei“ darf man sagen, „Heuchler“ nicht. Das wollte ich noch anmerken.

Jetzt hat der Minister für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Herr Uhlenberg, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Christlich-liberale Umweltpolitik bedeutet vor allen Dingen eins: Generationengerechtigkeit! Wir, die gesamte Landesregierung, gestalten, aber auch das Umweltministerium leistet einen entsprechenden Beitrag, eine nachhaltige und spürbare Sanierung der Landesfinanzen, maßgeblich mit. Dadurch nehmen wir Generationenverantwortung wahr.

Die Politik der Nachhaltigkeit betrifft auch die Finanzierung der Umweltpolitik von heute auf morgen. Frau Kollegin Watermann-Krass, es stimmt: Die Spielräume sind enger geworden. Ich spüre das auch als neuer Umwelt- und Landwirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen. Jawohl, die Spielräume sind enger geworden. Das ist eine enorme Belastung auch für mein Ministerium, für die Kolleginnen und Kollegen auch in den Regierungsfraktionen, die hier politische Verantwortung tragen. Es ist leichter, in einer Zeit zu regieren, in der die Kassen voll sind oder wenn man so tut, als wenn die Kassen voll wären, und eine Politik zu machen, bei der die Frage der Nettoneuverschuldung keine große Rolle spielt.

(Beifall von der CDU)

Die finanziellen Spielräume sind enger geworden. Aber andere Spielräume in Nordrhein-Westfalen sind größer geworden. Dazu gehört insbesondere das politische Klima, das durch diese neue Landesregierung in Nordrhein-Westfalen realisiert worden ist.

Meine Damen und Herren, deswegen ist es wichtig, dass wir die Umweltpolitik in NordrheinWestfalen insgesamt anders darstellen, als das in den vergangenen Jahren der Fall war. Umweltpolitik ist immer als Klotz am Bein der Wirtschaft dargestellt worden. Aus dieser Ecke muss die Umweltpolitik herauskommen. Die neue Landesregierung und der neue Umweltminister haben da einen anderen Ansatz.

Deswegen starten wir den Dialog mit der Wirtschaft für ein umweltverträgliches Wachstum, den ich gemeinsam mit der Wirtschaftsministerin Frau Thoben auf den Weg bringe. Deswegen nehmen wir die wichtigen umweltpolitischen Themen – bei der Gewässerpolitik, bei den EU-Umweltstrategien, bei der Ressourceneffizienz, beim produktionsintegrierten Umweltschutz und bei der Frage Energie und Klima –, die in Nordrhein-Westfalen eine Rolle spielen und die dringend gelöst werden müssen, zu einem gesellschaftlichen Dialog der Umweltpolitik in Nordrhein-Westfalen auf und gestalten mit den Verbänden gemeinsam.

Meine Damen und Herren, noch einmal: Im finanziellen Bereich sind die Spielräume enger geworden. Aber was das Klima und die Frage der Kreativität angeht, was die Frage der Subsidiarität in der Umweltpolitik angeht, sind die Spielräume in Nordrhein-Westfalen größer geworden. Deswegen fordern wir die Menschen in NordrheinWestfalen auf, diesen neuen Weg in der Umweltpolitik mitzugehen.

Lassen Sie mich etwas zu den einzelnen Punkten sagen, die heute angesprochen worden sind. Ich habe am Anfang gesagt, dass es schmerzlich ist, wenn wir in einigen Bereichen Kürzungen vornehmen müssen. Das gilt für mich auch für den Naturschutz. Es ist völlig klar, dass das ein Problem ist. Aber es kann doch nicht sein, dass Kürzungen, die im vorigen Jahr von der rot-grünen Regierung im Naturschutz vorgenommen worden sind – damals hat es ja auch Kürzungen gegeben –, so dargestellt werden, dass damals noch alles okay und prima gewesen ist, aber die Kürzungen, die wir als neue Regierung jetzt leider auch vornehmen müssen, unmoralisch und nicht in Ordnung sind.

Nein, meine Damen und Herren, eine solche Doppelstrategie fällt auf. Mit den 6 Millionen € – um mich auf die biologischen Stationen zu konzentrieren –, die im Haushaltsplan 2006 stehen, können die biologischen Stationen ihre Arbeit in Nordrhein-Westfalen fortsetzen. Ich möchte das unterstreichen, was der Abgeordnete Ellerbrock gesagt hat: Die Kundenbefragung, die jetzt vorgenommen wird, ist notwendig, um die biologischen Stationen neu aufzustellen. Deswegen wird hier auch eine verantwortliche Politik geleistet.

Zum Verbraucherschutz, meine Damen und Herren: Auch Rot-Grün hat im vergangenen Jahr Kürzungen bei den Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen vorgenommen. Das wollen Sie jetzt vergessen machen. Das ist nicht in Ordnung. Es ist in der Tat so, dass auch die Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen ihren Beitrag zum Haushaltsplan 2006 leisten müssen, in einer Größenordnung von 985.000 €. Das liegt weit unter den Kürzungen in vielen anderen Bereichen dieses Haushaltsplanes.

Ich bedauere es sehr, dass die Verbraucherzentrale heute Angst schürt und in Form einer Presseerklärung sagt, sie müsse aufgrund dieser Kürzung in Nordrhein-Westfalen möglicherweise fünf oder sechs Geschäftsstellen schließen. Gleichzeitig zählt sie acht Städte auf, in denen eventuell Verbraucherzentralen geschlossen werden müssten. Die Verbraucherzentrale in NordrheinWestfalen trägt die volle Verantwortung für diese Politik. Bei 985.000 € kann man eine solche Strategie nicht fahren. Daher ist diese Pressemitteilung der Verbraucherzentrale vom heutigen Tag verantwortungslos. Ich habe gehört, dass sie intern sehr umstritten gewesen sein soll.

Es gibt kaum einen Bereich, in dem so stark gekürzt wird wie in der Agrarpolitik. Das betrifft die gesamten Förderprogramme. Das liegt nicht nur an uns in Nordrhein-Westfalen. Das wird sich in den nächsten Jahren bedauerlicherweise fortset

zen, weil wir alle wissen, dass die kofinanzierten Programme der Europäischen Union in den nächsten Jahren um 25 bis 30 % gekürzt werden müssen.

Wir sind in Nordrhein-Westfalen in der Lage, unsere Komplementärmittel zur Verfügung zu stellen. Aber gerade bei der Landwirtschaft gibt es enorme Kürzungen. Das ist in der Tat so. Da müssen wir ran. Aber wenn die Europäische Kommission diese Mittel jährlich in einer Größenordnung für uns in Nordrhein-Westfalen von 50 bis 100 Millionen € kürzt, ist das ein schwerer Einschnitt. Wir sind nicht in der Lage, das durch eigene Landesmittel, durch mehr kofinanzierte Mittel auszugleichen.

Aber darum geht es Ihnen ja auch gar nicht. Es geht Ihnen noch einmal um den Kampfbegriff Landwirtschaftskammer, der hier eingeführt worden ist. Um was geht es?

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Es geht darum, was Sie damit machen!)

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat keine eigene Agrarverwaltung. Vor 60 Jahren hat die damalige Landesregierung die Entscheidung getroffen, dass Nordrhein-Westfalen im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern keine eigene staatliche Agrarverwaltung aufbaut, sondern dass die damaligen zwei Landwirtschaftskammern mit dieser Aufgabe betraut werden. Aus den beiden Landwirtschaftskammern ist eine Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen geworden. Das war in Nordrhein-Westfalen eigentlich auch nie ein strittiges Thema.

Dann hat sich meine verehrte Frau Vorgängerin eines Tages vorgenommen, diese Landwirtschaftskammer zu zerschlagen, und mit Ihr die grüne Fraktion. Ich weiß, dass die SPD-Fraktion in dieser Frage – da können Sie die Beiträge von Irmgard Schmid aus der letzten Wahlperiode in den Protokollen nachlesen – immer eine andere Politik betrieben hat.

(Beifall von der FDP)

Es gab damals schon eine Auseinandersetzung in der rot-grünen Koalition über die Zukunft der Landwirtschaftskammer. Das hat dazu geführt, dass der frühere Finanzminister, Herr Dieckmann, ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, mit dem endlich einmal geklärt werden sollte, welchen Beitrag die Landwirte in Nordrhein-Westfalen leisten müssen, damit die Selbstverwaltung organisiert wird. Daher, Herr Abgeordneter Remmel, entscheiden auch die Landwirte über die Frage der Kammerbeiträge und nicht die Landesregierung.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Und was muss die Landesregierung dazu beitragen, um diesen Teil der Agrarverwaltung zu finanzieren, den die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen für die Landesregierung wahrnimmt?

Ich bin dem früheren Finanzminister Dieckmann sehr dankbar, dass er dieses Gutachten in Auftrag gegeben hat – völlig unabhängig von den Zahlen –, damit wir endlich einmal ein Gerüst für die nächsten Jahre haben, wie die Kammer finanziert werden soll.

Dass es auch ein großes Stück Polemik ist, was hier vorgeführt wird, meine Damen und Herren, sehen Sie alleine an den Zahlen. Dass die frühere Landesregierung im Jahr 2000 für die Landwirtschaftskammern in Nordrhein-Westfalen 97,2 Millionen € zur Verfügung gestellt hat und wir in diesem Jahr, 2006, 85,6 Millionen € zur Verfügung stellen. Wir stellen 10 Millionen € weniger zur Verfügung, als das vor sechs Jahren bei den früheren Landwirtschaftskammern der Fall war. Aber darum geht es gar nicht.

Sie hatten sich vorgenommen, die Landwirtschaftskammer zu zerschlagen. Nachdem die Landesforstverwaltung aus der Kammer ausgegliedert war, sollte eine zweite staatliche Agrarverwaltung neben der Forstverwaltung aufgebaut werden. Und dieses Konzept, meine Damen und Herren, machen wir nicht mit. Wir setzen auf Freiwilligkeit, und wir setzen auf Subsidiarität.

Ich glaube auch nicht, dass es für NordrheinWestfalen billiger geworden wäre, wenn wir eine eigene neue staatliche Agrarverwaltung aufgebaut hätten. Deswegen setzen wir diese Politik fort, aber auch in der Form, dass bei den Zuweisungen an die Landwirtschaftskammer 2,5 Millionen € gekürzt werden über das Programm hinaus, das die Kammer in den nächsten Jahren umsetzen muss, wobei es einen harten Diskussionsprozess zwischen der Landesregierung und der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen gegeben hat.

Zum Thema Biolandwirtschaft: Meine Damen und Herren, ich freue mich über jeden Verbraucher in Nordrhein-Westfalen, der zu Bioprodukten greift. Damit haben wir überhaupt keine Probleme. Aber es ist doch nicht Aufgabe einer Landesregierung zu sagen: Bio ist gut und konventionell ist schlecht. – Unsere Aufgabe ist, dass beide Formen der Landwirtschaft – 96 % bewirtschaften konventionell, 4 % bewirtschaften biologisch – fair behandelt werden. Und das macht die neue Landesregierung. Deswegen setzen bei der Förder

politik die Ansätze auf den Schnitt der anderen Bundesländer herunter.

Es macht doch keinen Sinn, wenn ein Landwirt, der bei uns von der konventionellen Landwirtschaft auf die Biolandwirtschaft umstellt, doppelt so hohe Hektarsätze bekommt, als das in Niedersachsen oder in Rheinland-Pfalz der Fall ist. Wir können es auch nicht mehr bezahlen, meine Damen und Herren. Von daher behandeln wir die Biolandwirtschaft fair. Ich kämpfe auch dafür, dass die Bioschule Haus Riswick erhalten bleibt. Sie ist nicht gefährdet, weil wir sie nicht wollen, sondern weil sich bedauerlicherweise – das hängt auch mit dem Strukturwandel zusammen – zu wenige junge Menschen angemeldet haben.

Meine Damen und Herren, keine Kürzungen gibt es in wichtigen umweltpolitischen Bereichen dieses Einzelplans 10. Das ist der Umgebungslärm – ein wichtiges Thema in den Großstädten unseres Landes –, das ist die große Feinstaubproblematik, bei der wir vor einer Riesenverantwortung stehen, und das ist die große Aufgabe des Hochwasserschutzes in Nordrhein-Westfalen.

Ich bin sehr froh – dafür hat es eine breite parlamentarische Unterstützung gegeben –, dass wir die Landesgartenschauen in Nordrhein-Westfalen wieder einführen.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Meine Damen und Herren, dieses Ministerium wirkt mit an einer Verwaltungsstrukturreform, die dazu beitragen wird, dass die Umweltstandards – darum geht es letztlich – nicht abgesenkt werden. Dies sind Entscheidungen, die von der neuen Regierung auf den Weg gebracht werden und die schlicht und einfach überfällig sind. Dies sind auch Entscheidungen, die im Interesse der Bediensteten der Umweltverwaltung in NordrheinWestfalen sind, weil sie auch langfristig einen sicheren Arbeitsplatz haben müssen.

Diese Umstrukturierungen finden in allen Bundesländern statt. Sie finden jetzt auch in NordrheinWestfalen statt, und sie finden sozialverträglich statt. Es wird keiner entlassen. Und wer kann das in anderen Wirtschaftsbereichen sagen, wenn er dort einen Arbeitsplatz hat?

Ein Wort noch zur integrierten Verkehrsplanung, weil das Thema angesprochen worden ist. Mein Haus hat sich bei der Frage der integrierten Verkehrsplanung inhaltlich durchgesetzt. Wir haben eine gemeinsame Kabinettsvorlage erarbeitet. Sie ist verabschiedet worden. Ich habe kritisiert, dass die Zeit für uns etwas kurz war. Es gibt Übereinstimmung, dass das in Zukunft nicht mehr ge

schieht. Aber in der Sache haben wir dieser Kabinettsvorlage zugestimmt, weil es zu verantworten war.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich am Ende dieser Haushaltsplanberatungen zum Einzelplan 10 ein herzliches Wort des Dankes sagen. Ich möchte mich sehr herzlich bedanken bei den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses. In den letzten Monaten wurden im Umwelt- und Landwirtschaftministerium folgende Arbeiten geleistet – ich will nur einige Stichpunkte nennen:

Es ging um die Frage: Wird in Zukunft noch Kohle unter dem Rhein abgebaut, ja oder nein? Eine Riesenaufgabe, kurz nachdem wir im Amt waren. Wir waren im Grunde noch gar nicht im Amt, da mussten wir schon eine Entscheidung treffen.

Es ging um Gammelfleisch. Das war kein Fleisch, das nach dem 22. Mai eingelagert war. Wir haben die risikoorientierte Überwachung umgesetzt.

Das Thema Vogelgrippe hat uns in den letzten Wochen eingeholt; dabei sind Hunderte Betriebe insbesondere in Ostwestfalen gefährdet.

Thema Schweinepest: Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Umweltministeriums und der nachgeordneten Behörden in den letzten Wochen, auch über Ostern, als viele aus diesem Haus in den Urlaub gefahren sind, auch übers Wochenende geleistet haben, war hervorragende Arbeit.

Deswegen möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diese Arbeit sehr herzlich bedanken.