Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

Das eigentliche Problem ist aber, dass Sie, Herr Dr. Sternberg, bestimmte Dinge jetzt so vorstellen, als ob es Ihre Arbeit wäre, die jetzt zum Tragen kommt. Beispiel ist der Antrag zur kulturellen Bildung. Mein Eindruck ist, dass der Antrag so gerade fertig war, als schon die Prospekte der Kulturabteilung im Druck waren, die den Antrag schon umgesetzt hatte. So wirkte das zumindest.

Es ist trotzdem richtig und gut; nur sollte man es nicht als großen politischen Erfolg verkaufen, weil vieles von dem, was Sie jetzt in Ihrer neuen Verantwortung aufgeschrieben haben, im Prinzip schon 15 Jahre vorher gedacht und mindestens fünf Jahre vorher gemacht wurde.

(Beifall von Claudia Nell-Paul [SPD])

Insofern ist das nicht alles völlig neu. Es wird nichts neu erfunden, auch im Haushalt 2006 und im Bereich Kultur nicht.

Von Ihnen wird immer wieder die Ruhr-Triennale mit der Beschreibung „sehr teuer“ erwähnt. Klar war das teuer; das war eine echte Anstrengung. Man könnte ja auch einmal darüber nachdenken, was die gebracht hat. Unter dem Strich haben wir doch gerade gestern – der Ministerpräsident hat es persönlich abgefeiert – die erfolgreiche Kulturhauptstadt-Bewerbung gemeinsam begrüßt. Das ist doch Ergebnis der Triennale.

(Ralf Witzel [FDP]: Nein!)

Ich bin fast fest davon überzeugt, dass Essen es ohne die Triennale nicht geworden wäre. Punktum.

(Ralf Witzel [FDP]: Nein, jetzt reden Sie aber die Region schlecht!)

Herr Witzel, Sie waren gar nicht daran beteiligt. Sie reden jetzt nur dazwischen, obwohl Sie von diesem Thema bisher überhaupt noch nichts verstanden haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Aber es ist schön, dass Sie sich jetzt als Essener dazu äußern und sich auch aufgewertet fühlen. Aber das Tolle ist doch, Herr Witzel, dass die gesamte Region und das gesamte Land durch die Entscheidung von Brüssel aufgewertet wurden.

Der Etat ist prima, Herr Kollege Sternberg. Wir von den Grünen haben das jedenfalls in unserer Fraktion sehr begrüßt, und wir freuen uns, dass Sie der Kultur damit ein ganzes Stück nach vorne helfen. Es ist zwar nicht das, was ursprünglich angekündigt war, nämlich die Verdoppelung des Kulturetats. Es ist die begonnene Verdoppelung des Kulturförderetats. Das ist etwas weniger, aber das ist auch absolut zu konzedieren, und es ist gut so.

Ich begrüße auch die Entscheidung zur Kunstsammlung NRW ausdrücklich; die haben Sie ja auch schon getroffen.

Was ich bedaure, ist, dass wir beim Thema Kultur die von Ihnen angekündigte Kulturministerpräsidentschaft fast nicht spüren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Heute Abend ist der Ministerpräsident leider nicht da; es ist sein Etat, und er ist nicht anwesend. Wir haben eben gehört, dass Herr Staatssekretär Große-Brockhoff auch nicht anwesend ist – entschuldigt oder nicht; er ist nicht da. Zudem gibt es ja jetzt Debatten darüber, ob er in beiden Funktionen bleibt, die er uns ja einmal als Schnittstellenfunktionen vorgetragen hat: Dann bin ich stark; als Chef der Staatskanzlei setze ich die Kultur quasi quer über alle Ressorts. Das ist klasse gedacht, aber jetzt wird es offenbar nicht weiter gemacht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Insofern ist manches davon golden begonnen worden, beginnt aber nun zu bröckeln. Jetzt wollen wir hoffen, dass es bei den Mitteln nicht so ist. Ich freue mich, dass die Kollegen Freimuth das ähnlich sieht und dass Sie das in Ihren Fraktionen gemeinsam vorantreiben. Beim Thema Kultur werden Sie an dieser Stelle die Unterstützung der Grünen-Fraktion weiterhin haben. Wir werden den Gesamtetat zwar ablehnen, aber wir haben – ich erinnere daran – im Ausschuss diesem Teiletat zugestimmt. Das ist der Kultur in NordrheinWestfalen geschuldet. Es ist gut, wenn es weitergeht mit der Kultur, und zwar in dem Sinne, wie wir das schon seit vielen Jahren tun. Wenn Sie diese Anstrengung verstärken, dann ist das umso besser. Unsere Unterstützung hätten Sie dabei.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Keymis. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Frau Freimuth.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Keymis, ich danke Ihnen erst einmal dafür, dass Sie auch bei den Beratungen im Ausschuss, aber auch im parlamentarischen Beratungsverfahren anerkennen, dass wir im Bereich der Kulturförderung die von uns in Aussicht genommene Verdoppelung des Kulturförderetats realisieren. Ich halte es allerdings für ein bisschen befremdlich, wenn von Ihrer Kollegin – ich meine, es war vorhin die Kollegin Löhrmann; aber auch bei Frau Nell-Paul gab es eine solche Andeutung, wenn ich mich recht erinnere – darauf hingewiesen wird, dass es doch eigentlich nicht zu vertreten sei, dass der Kulturförderetat angehoben werde und andere Bereiche des Haushaltes eben nicht.

Stringenz würde ich mir auch an der Stelle wünschen, zumal wir uns intensiv mit der Frage auseinander gesetzt haben, welche Bedeutung und welchen Stellenwert Kultur hat – gerade in einer Gesellschaft, die wegen Integration, wegen Globalisierung, wegen demographischer Entwicklung vor sozialen Brüchen und vor sozialen Wandlungen steht. Auch Kunst und Kultur sind ganz wichtige wertestiftende und wertebelebende Elemente für eine Gesellschaft.

Deswegen bin ich froh darüber, dass wir in der Kulturförderpolitik und der Kulturpolitik insgesamt Schwerpunkte gesetzt haben, die in Teilen schon erwähnt worden sind.

Ich möchte drei Punkte ganz besonders hervorheben. Der erste Aspekt ist der Bereich der kulturellen Bildung, insbesondere im Verhältnis Kultur und Schule, weil wir in dem Bereich besondere Anstrengungen unternehmen müssen; denn in der Vergangenheit haben wir eine Konzentration darauf vermisst.

Der zweite Aspekt ist der Substanzerhalt. Das, was wir in Nordrhein-Westfalen an Kultur haben, muss für nachfolgende Generationen erhalten bleiben.

Der dritte Aspekt ist die Zusammenarbeit mit den Kommunen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema „kulturelle Bildung, Kultur und Schule“ wird mit einer eigenen Haushaltsstelle in Höhe von 1 Million € ausgestattet. Dabei geht es um ein Programm, das Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturinstitute in die Schulen bringen soll. Das wurde in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert, aber niemals umgesetzt. Mit diesem Haushalt wird die Realisierung erster Schritte dahin ermöglicht.

(Beifall von der FDP)

Herr Kollege Sternberg hat schon einige weitere Punkte angeführt, die ich nur wiederholen kann: Wir haben Theaterförderung und Musikpflege auch mit Blick auf die Landesmusikakademie in Heek berücksichtigt, weil dort eine sehr wichtige Arbeit geleistet wird, die wir sicherstellen wollen.

Ich weise noch auf eine Forderung hin, die von den Kulturschaffenden und Kulturtreibenden in Nordrhein-Westfalen immer wieder erhoben wird – das ist ein Problem, das uns an vielen Stellen beschäftigt –: Wir müssen zu einer Planungssicherheit kommen. Wir haben deshalb in einem ersten Schritt Verpflichtungsermächtigungen – nicht für alle Bereiche, aber doch in erheblichem Umfang – in den Haushalt 2006 aufgenommen, die für die

Kulturschaffenden und die Institutionen eine dreijährige Planungssicherheit gewährleisten, und zwar auch für die freie Szene. Das ist ein wichtiger Beitrag, den wir für die Kultur in Nordrhein-Westfalen leisten müssen.

(Beifall von FDP und CDU)

Das ist um diese Uhrzeit im Plenum schon ein ganz besonderer Charme, der mir damit entgegengebracht wird.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es wird ein anstrengender Weg. Wir werden die Ausgaben für die Kulturförderung weiter erhöhen, bis wir eine Verdoppelung erreicht haben. Wir stehen alle gemeinsam vor der Herausforderung, aber auch der Chance, den Benefit, den Kultur für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, für unsere Kinder, für Integration, für das Miteinander der Kulturen leistet, aufzuzeigen. Ich bin der Meinung, dass wir darüber einen Konsens hier im Hause haben, und würde mich darüber freuen, wenn auch die beiden Fraktionen der Opposition diesen Weg konstruktiv mit uns gemeinsam gingen und die Anstrengungen, die wir unternehmen, auch anerkennen würden. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Frau Freimuth. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Eumann.

Verehrte Damen und Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mit einer – ich will es einmal so formulieren – eher fatalen Mischung aus einem gewissen Desinteresse, aus einer mangelnden Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Mediensektors und aus einer fehlenden Wertschätzung des kulturellen Beitrags der Medienszenerie für das Land heraus werden zurzeit Strukturen zerschlagen, ohne dass auch nur im Ansatz erkennbar wäre, mit welchem Sinn, mit welchem Verstand, mit welchem Konzept dies erfolgt.

(Beifall von der SPD – Wolfram Kuschke [SPD]: Wer hat das gesagt?)

Die FDP im Jahre 2003. Damals betrug der Medienetat der Staatskanzlei 34 Millionen € und 33 Milionen € Verpflichtungsermächtigung. Heute reden wir über 21,24 Millionen € und 14,8 Millionen € Verpflichtungsermächtigungen. Ich bin sehr gespannt, was die FDP zu den Strukturen und zur Bedeutung der Medienpolitik in diesem Lande vor dem Hintergrund dieses Haushaltsentwurfes sagt.

(Beifall von der SPD)

Die Medienpolitik und die Medienwirtschaft sind nämlich – das haben die Vorredner deutlich gemacht – Verlierer dieses Etats. Denn klar ist: Im Bereich des Ministerpräsidenten werden die Ausgaben erhöht, im Bereich der Kultur gibt es Erhöhungen, und es wird überproportional im Bereich MTK gekürzt, nämlich im Vergleich zum Vorjahr um fast 25 %.

(Ralf Witzel [FDP]: Seien Sie doch nicht so aufgeregt, Herr Eumann!)

Nein, ich bin gar nicht aufgeregt. Aber Sie, Herr Witzel, unterschätzen die Bedeutung der Medienpolitik für Nordrhein-Westfalen. Das kommt in Ihrem Haushaltsentwurf zum Ausdruck.

Sie kürzen bei der Filmstiftung um 2,4 Millionen € auf 9,7 Millionen €. Damit riskieren Sie einen Rutschbahneffekt und verspielen Chancen im Wettbewerb. Ich sage klar: Es gibt einen Wettbewerb zwischen Berlin, Bayern und NordrheinWestfalen. Wir verlieren diesen Wettbewerb durch die Politik, die Sie hier zu verantworten haben.

(Beifall von der SPD)

Es ist das falsche Signal, in diesem Bereich zu kürzen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Auch die Diskussion, die Sie über die Wertschöpfung der Filmstiftung begonnen haben, schadet dieser Einrichtung und schadet NordrheinWestfalen. Wenn man diese Diskussion anfängt, Herr Staatssekretär Kemper, dann muss man sich über die Währung verständigen. Man kann nicht die Währung von Bayern vergleichen mit der in Nordrhein-Westfalen. Auf diese Diskussion, die wir nicht hier im Plenum führen, freue ich mich außerordentlich.

Eine letzte Anmerkung – mein Kollege Kuschke hat es schon angesprochen –: es ist das falsche Signal, wenige Wochen vor dem Medienforum 2006 die VE noch einmal um mehr als ein Drittel zu kürzen. Ich sage nicht, dass man darüber nicht nachdenken kann, aber dafür müssen, so denke ich, zwei Kriterien erfüllt werden. Das erste Kriterium besteht darin, dass man diejenigen präsentieren muss, die dann sofort Ausfallbürge für das Land sind. Zweitens hätten Sie – das wäre redlich gewesen, Herr Kollege Brinkmeier, auch mit Blick auf Ihr Engagement im Bereich Kinder und Jugendliche – ein Zeichen setzen können, indem Sie dieses Geld nicht irgendwohin stecken, sondern in Bereiche wie Medienkompetenz, Jugendschutz und Medien. Auch dieses Signal ist nicht

erfolgt. Das reiht sich in den Bedeutungsverlust dieses Politikfeldes ein.

Der Medienrat, der ja auch, wie zu hören ist, auf der Kippe steht, spricht in seinem Bericht davon, es gebe einen gefühlten Bedeutungsverlust für das Land Nordrhein-Westfalen. Das war zugegebenermaßen der Bericht, der überwiegend die Zeit vor dem Mai 2005 beschreibt. Das ist völlig richtig.