Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

Der Medienrat, der ja auch, wie zu hören ist, auf der Kippe steht, spricht in seinem Bericht davon, es gebe einen gefühlten Bedeutungsverlust für das Land Nordrhein-Westfalen. Das war zugegebenermaßen der Bericht, der überwiegend die Zeit vor dem Mai 2005 beschreibt. Das ist völlig richtig.

(Minister Michael Breuer: Aha!)

Aber ich sage Ihnen, Herr Kollege Breuer: Im nächsten Bericht müsste stehen, dass aus dem gefühlten Bedeutungsverlust ein faktischer Bedeutungsverlust geworden ist.

Heute Morgen habe ich in meinen Mails die Losungen der Herrnhuter Brüder Unität vorgefunden. Die erinnern in einer Losung daran – Epheser 4, 23-24 –:

„Erneuert euch in eurem Geist und Sinn und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.“

Das schaffen Sie heute mit diesem Etat nicht mehr. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Eumann. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Dr. Brinkmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Jung auf der Tribüne als einzige Vertreterin der Öffentlichkeit! Vorab möchte ich wegen meiner kurzen verbliebenen Redezeit sagen, dass meine Rede auf meiner Homepage nachzulesen ist. Ich möchte jetzt nur kurz auf die Argumente insbesondere des Kollegen Eumann eingehen.

Auch hier kommt das gleiche Procedere zum Zuge, das wir auch gehabt haben. Herr Eumann hat gerade eben sehr emphatisch vor unserem Publikum gesprochen. Auch das kennen wir. Das übt sich. Ich sollte das vielleicht auch einmal versuchen. Als Westfale ist man aber nüchterner angelegt.

Aber zur Sache: Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Kürzungen im MTK-Bereich in der vergangenen Legislaturperiode um ein Vielfaches höher waren als das, was jetzt vorgesehen ist. Dass wir Kürzungen vornehmen, haben wir gesagt. Auch in diesem Bereich müssen Einsparun

gen erbracht werden. Wenn Sie davon sprechen, dadurch werde Hand an Strukturen angelegt, weise ich darauf hin, dass es in der alten Wahlperiode noch große Ideen gegeben hat, die gesamte Medienpolitik in der Medien GmbH, die jetzt in Liquidation ist, zusammenzufassen. Deshalb, so denke ich, fehlt Ihnen das Recht, über unser Vorgehen in dieser Weise zu urteilen.

Wir hätten gern mehr Geld für diesen Bereich, auch für die Filmstiftung als herausragendes Beispiel. Das Geld dafür fehlt uns jetzt. Wir haben deshalb in dem Bereich leider schmerzlich kürzen müssen. Ich weise aber darauf hin, dass diese Kürzungen nicht im kulturellen Bereich geschehen, sondern nur im Bereich der wirtschaftlichen Filmförderung. Aber auch in dem Bereich kann man noch einiges erreichen. Dazu können wir ebenfalls im Bericht des Medienrates nachlesen, dass bei der wirtschaftlichen Filmförderung nicht der Weisheit letzter Schluss erreicht worden ist. Wir haben darüber auch schon im Hauptausschuss gesprochen. Ich denke, wir werden in diese Thematik noch tiefer einsteigen.

Ich erhalte die Ermahnung, dass meine Redezeit vorbei ist. Ich würde gern noch mehr darüber sprechen. Ich bin gern für Rückfragen – auch für die Medienszene – nicht nur via Internet, sondern auch leibhaftig erreichbar. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke schön. – Als Nächster spricht Herr Keymis für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Oliver, darf ich dir eine Stützfrage stellen?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Die Filmförderung ist angesprochen worden. Das halte ich in diesem Etat für das Hauptproblem. Die Kürzungen insgesamt sind natürlich auch ein Problem. Meine Kollegin Löhrmann hat gerade noch einmal darauf hingewiesen, dass es schon so ist, dass es unterschiedliche Wahrnehmungen im Hause des Ministerpräsidenten gibt. Eine besteht eben darin, dass der Medienanteil am meisten gelitten hat.

Der Kollege Eumann hat engagiert und sehr leidenschaftlich darauf hingewiesen. Die Leidenschaft ist nachvollziehbar, weil wir in der früheren Koalition in den letzten Jahren immer bemüht waren, das Medienland NRW wirklich an die Weltspitze zu verhelfen. Das ist eh schwer genug. Aber wir haben den Anspruch so nie formuliert. Das ist übrigens der entscheidende Unterschied. Wir

haben es aber versucht. Bei Ihnen ist es umgekehrt. Ich erinnere mich gut daran, dass der Ministerpräsident auf dem letzten Medienforum in Köln bei der Eröffnung gesagt hat, NRW solle als Medienland Weltspitze werden. Seitdem beobachten wir, dass es bei diesen Bemühungen nicht so stark vorangeht, wie wir uns das wünschen würden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ein echtes Beispiel dafür ist die Filmstiftung Nordrhein-Westfalen. Das ist sicher das Erfolgsprojekt, das Wirtschaftsförderung und Kulturförderung miteinander in Nordrhein-Westfalen verbindet.

Herr Kollege Brinkmeier, Sie haben bezüglich der Medien GmbH Krokodilstränen geweint. Mit dieser GmbH haben wir uns sehr schwer getan. Aber bei der Filmstiftung haben wir uns alle überhaupt nicht schwer getan. Umso bedauerlicher ist es, dass Sie da so massiv hineingeschnitten haben und es politisch nicht mehr reparieren konnten, obwohl ich nach wie vor davon überzeugt bin, dass es in dem Haushalt, über den wir hier reden, Möglichkeiten gegeben hätte. Es gab ja auch die entsprechenden Änderungsanträge dazu.

Ich möchte noch gerne zwei Punkte ansprechen, die mir wichtig sind. Es ist darüber hinaus vom Etat abgesehen nicht erkennbar, wohin medienpolitisch die Reise im Land geht. Ich freue mich über die immer wieder öffentlich gemachten Bekundungen bezüglich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es ist gut so, dass auch die neue Mehrheit im Landtag das so sieht, wobei es, glaube ich, Nuancen zwischen den Koalitionsfraktionen gibt, aber die wollen wir jetzt hier nicht ausbreiten.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir überhaupt keinen Hinweis darauf haben, in welche Richtung es mit dem Landesmediengesetz geht, welche Bedeutung künftig die Medienkompetenztage haben, die der Landtag und die Landesregierung gemeinsam veranstalten, und welche Zukunft das Medienforum hat, wobei wir das nächste Jahr in Ruhe in Betracht nehmen wollen.

Ebenfalls keinen Hinweis gab es auf die Novelle des WDR-Gesetzes. Es wird davon gesprochen, aber niemand weiß, wohin die Reise geht. Es gibt also – das ist auch mein Eindruck, der Eindruck der Grünen-Fraktion – kein ausgegorenes Konzept, sondern zunächst einmal nur ein Hantieren mit dem vorhandenen Material. Das ist zu wenig. Es gab mehr Material; Sie haben sich ein Stückweit selber die Hände gebunden. Es ist traurig, Herr Breuer, dass Sie dazu auch noch einmal

Stellung nehmen müssen, wozu Sie jetzt die Gelegenheit haben.

Schade für die Medienpolitik in NRW. Weltspitze sieht anders aus. Da müssten wir eigentlich hin. Das ist ein hoher Anspruch. Dieser ist nicht von mir, sondern von Ihrem Ministerpräsidenten. Es wäre schön, wenn wir dies trotzdem gemeinsam anstreben könnten. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Keymis. – Für die FDP spricht Herr Witzel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist logisch, dass der Haushalt des Ministerpräsidenten nach einem historischen Politikwechsel eine gewisse Anpassung erfährt, weil strukturelle Anpassungen stattfinden und neue schwerpunktmäßige Akzentuierungen erfolgen. Wir haben in dem Gesamtkomplex, über den wir gesprochen haben, natürlich auch die Kulturpolitik mit herausgehoben.

Erfolgreiche Medienpolitik – das zu meinem Vorredner – macht sich aber ausdrücklich nicht nur an der Frage fest, wie viel Geld von staatlicher Seite aus verbrannt wird.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Wenn Sie von Weltspitze reden, dann mit Projekten wie HDO und anderen Rohrkrepierern kommen, wofür Sie in den letzten Jahren Geld des Steuerzahlers eingesetzt haben, diese als Weltspitze loben und uns auffordern, das in ähnlicher Weise fortzusetzen, dann sage ich Ihnen, dass wir andere Vorstellungen haben.

Medienpolitik, Medienwirtschaft und Medienrecht haben für die Koalition der Erneuerung, anders als von der Opposition hier im Hause gerade behauptet, eine hohe Priorität. Wir wollen selbstverständlich die Attraktivität des Medienstandorts Nordrhein-Westfalen fördern, weiter ausbauen, auf vorhandene Stärken setzen, erfolgreiche Einrichtungen, die unser Land hat, unterstützen, den weiteren Übergang ins digitale Zeitalter gestalten und begleiten sowie die duale Rundfunkordnung mit Blick auf die Zukunft weiterentwickeln.

Herr Witzel, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Keymis?

Aber gerne.

Bitte schön.

Herr Kollege Witzel, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich in meinem Redebeitrag vorhin, den ich nicht aufgeschrieben habe, zweimal ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass der Begriff „Weltspitze“ von – in Anführungszeichen – „Ihrem“ Ministerpräsidenten und nicht von uns benutzt worden ist, gleichwohl wir uns bemüht haben, dieses Land medienpolitisch sehr weit nach vorne zu bringen?

Ich danke Ihnen für Ihren Hinweis, Herr Keymis. Der Anspruch, den wir mit unserer Politik verfolgen, richtet sich nach den Zielen, die der Ministerpräsident hier ausgegeben hat, entsprechend aus. Aber Sie haben ja einen direkten Vergleich zwischen Ihrer Politik, die Sie als besser kontrastiert haben, und dem, was die Koalition der Erneuerung plant, hergestellt. Deshalb hatte ich unterstellt, dass Sie auch Ihre Taten an diesem Anspruch messen wollen, wenn Sie sagen, nach Ihrer Auffassung seien sie besser gewesen als das, was wir neu zu bieten haben.

Herr Witzel, Herr Eumann möchte noch eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Nichts lieber als das.

Bitte schön, Herr Eumann.

Herr Witzel, ich hatte meine Rede damit begonnen, eine Einschätzung der FDP über das Zerschlagen von Strukturen aus dem Jahre 2003 zu formulieren. Haben Sie in Ihrer neuen Rolle von dieser Erneuerungsposition Abstand genommen?

Herr Eumann, Sie haben zu Recht festgestellt, dass sich die Koalition der Erneuerung auf wesentliche Eckpfeiler der Politik verständigt hat, die in unsere heutige Zeit passen, und dass das, was vor vielen Jahren in anderen Zusammenhängen andere handelnde Figuren für richtig hielten, heute nicht mehr das Gebot der Stunde sein muss. Das finden Sie im Koalitionsvertrag, Herr Eumann. Insofern hätten Sie das wissen können. Unser dominantes Leitbild „Privat vor Staat“ gilt selbstverständlich auch für die Medienwirtschaft. Deshalb müssen wir auch hier zu neuen Akzentuierungen kommen.

Da, Herr Eumann, um Ihre Frage zu beantworten, sehen wir als Koalition der Erneuerung selbstverständlich einen Unterschied zwischen der staatlichen Verpflichtung, sich auch investiv im kulturel

len Bereich zu beteiligen, und dem Bereich der Medienwirtschaft, der als Medienwirtschaft durchaus auf neue, andere tragfähige Strukturen zurückgreifen kann.

(Beifall von der FDP)

Ich danke Ihnen aber für Ihre Zwischenfrage, um das hier noch einmal zu präzisieren.

Die Landesregierung hat sich auch im Bereich der Medienpolitik viel für Nordrhein-Westfalen vorgenommen. Insofern stimmen wir dem Einzelplan 02 zu, halten ihn auch für richtig. Wir wollen den technischen Fortschritt und die mediale Vielfalt fördern, den Prozess der Digitalisierung beschleunigen, Investitionshemmnisse in NordrheinWestfalen abbauen, um den Innovationsgeist der Wirtschaft zu stärken, sowie Missbrauchsgefahren im Internet begegnen, nämlich primär durch eine stärkere internationale Zusammenarbeit, durch technische Schutzmaßnahmen und konsequente Selbstregulierung. Nach unserer Auffassung sind nationale Alleingänge meist wenig effektiv, da sie der Struktur des World Wide Web nicht gerecht werden.

Die digitale Welt braucht auch ein starkes Urheberrecht. Die Modernisierung des Urheberrechts muss deshalb zügig vollendet werden. Notwendig ist dabei vor allem ein besserer Rechtsschutz gegen die illegale Nutzung geschützter Werke. Außerdem muss das urheberrechtliche Vergütungssystem für individuelle Lizenzmodelle geöffnet werden.