Protokoll der Sitzung vom 06.07.2005

(Beifall von der SPD)

Sie wissen ja anhand der Zahlen, die Herr Sodenkamp im Ministerium abgefragt hat - die ZVS war ja immer etwas Sozialistisches in Ihren Augen -, dass zum Beispiel der Stellenbestand rapide zu

rückgegangen ist, nämlich bis auf 135 Stellen, und dass die ZVS heute sogar weniger kostet als vor zehn Jahren.

Sie wollen ja immer den Beweis führen, dass das irgendein Monster ist. Das ist es nicht. Wir brauchen die ZVS. Die Hochschulexperten und die Hochschulrektorenkonferenz haben Sie ja darauf hingewiesen, dass man die ZVS für wichtig und richtig hält, allerdings auch für reformbedürftig. Dahinter stehen wir.

Nun ist Ihre Redezeit leider abgelaufen.

Das tut mir sehr Leid, Herr Präsident. - Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, wofür die SPD steht.

Wir wollen die Beibehaltung der bestehenden Rechtslage und - einen Alleingang sollten wir nicht machen - die Zusammenarbeit mit den anderen Bundesländern in dieser Frage.

Wir wollen das Abitur in seinem Wert erhalten. Das ist, was die Verlässlichkeit angeht, ein ganz wichtiger Punkt.

Aber jetzt müssen Sie zum Schluss kommen.

Wir wollen den Stellenwert bei der Vergabe der Studienplätze behalten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön. - Das Wort hat Herr Dr. Brinkmeier von der CDU.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ja heute unsere erste hochschulpolitische Debatte in dieser 14. Wahlperiode. Darum dürfen wir sicherlich etwas grundsätzlicher werden, wenngleich man das nicht in fünf Minuten abarbeiten kann.

Wir sollten festhalten, dass die CDU und die FDP im Landtagswahlkampf klare Aussagen zur Hochschulpolitik getätigt haben. Ich stelle fest, dass wir die Wahl gewonnen haben, und ich behaupte, wir haben sie deswegen gewonnen und nicht trotzdem.

(Beifall von CDU und FDP)

Die grundlegende Aussage lautet: Es muss grundlegend etwas anders werden, damit es

grundlegend besser wird. Das gilt auch für die Hochschulpolitik.

Wenn wir das Thema ZVS unter diesem Aspekt betrachten, dann ist es einfach so, dass die Koalition will, dass sich die Studierenden demnächst ihre Hochschule frei aussuchen können und umgekehrt.

Es ist glasklar, dass dann ein System der regulierten Verteilung, wie es die ZVS darstellt, einfach nicht mehr notwendig ist. Wir brauchen sie dann nicht mehr. Das ist eine ganz klare Aussage. Wenn wir in dem neuen System arbeiten - das streben wir an -, dann brauchen wir keine ZVS mehr, dann haben die Hochschulen die Freiheit.

Die Mitarbeiter brauchen keine Angst zu haben. Wir werden die ZVS nicht von heute auf morgen abschaffen und die Leute auf die Straße schicken. Natürlich streben wir Gespräche mit den beteiligten Ländern und den Hochschulen an. Wir werden aber unsere eigenständige nordrhein-westfälische Meinung deutlich kundtun und Verbündete suchen.

Wenn nun, wie Sie es in Ihrem Antrag formuliert haben, Experten - mir sind die Hochschulen am wichtigsten - sagen, dass man die ZVS in irgendeiner Form erneuert gebrauchen könnte, damit sie für ihre internen Auswahlverfahren Hilfestellung bekommen, dann ist das okay und fair. Das können die gerne haben. Das unterstützen wir auch gerne.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Was wollen Sie denn?)

Aber das muss dann bitte auf deren Rechnung gehen. Wir werden das natürlich dann auch begleiten. Wenn die Hochschulen sagen, die könnten etwas mit der ZVS anfangen, dann können wir gerne darüber ins Gespräch kommen. Darüber werden wir sicherlich auch im Ausschuss sprechen. Wir brauchen es als staatliches System nicht mehr.

Herr Kollege Schultheis, Sie haben in Ihrer Rede bekundet - das steht auch in Ihrem Antrag -, wir bräuchten mehr Studenten. Das ist richtig. Aber wir sollten da präzise sein: Wir brauchen mehr Studenten mit qualifizierten Abschlüssen. Das ist der Punkt.

(Beifall von CDU und FDP)

Eine wesentliche Qualitätssteigerung - das ist unsere klare Aussage - erreicht man vor allem mit wettbewerblichen Elementen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Eumann?

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das kann ich ver- stehen!)

Was die Chancengerechtigkeit angeht, sieht es im Hochschulbereich genauso aus wie im Schulbereich. Darüber haben wir heute auch schon diskutiert. Die Chancenungerechtigkeit ist in NordrheinWestfalen so groß wie in keinem anderen Bundesland. Diese Ungerechtigkeit wird durch unser wettbewerbliches System nicht größer, sondern geringer werden.

Sie haben in Ihrem Antrag ein bisschen mit der Kapazitätsverordnung gedroht. Wir werden sehen, wenn wir ein neues System errichten, ob ein Studierender klagt und ob Sie dann nicht die nächste Klatsche bekommen.

Wir sind bereit, mit Ihnen im Ausschuss über die einzelnen Aspekte Ihres Antrags zu sprechen. Seien Sie aber vorgewarnt: Wir wollen natürlich demnächst ein Hochschulfreiheitsgesetz beschließen. Die ZVS wird dann natürlich entsprechend mit berücksichtigt werden. In den nächsten Wochen und Monaten werden wir sicherlich noch öfters darüber sprechen. Ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss. - Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Nun hat Frau Kollegin Höhn von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Es ist schön, dass ich ihr auch einmal das Wort erteilen kann.

(Bärbel Höhn [GRÜNE]: Darauf hat er zehn Jahre lang gewartet!)

Herr Präsident! Herr Vesper, liebe Abgeordnete! Wenn wir über die Zukunft dieses Landes reden, dann reden wir über das Wissen in den Köpfen unserer jungen Menschen. Das müssen wir fördern. Das ist unser hohes Gut in diesem Land.

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es richtig, über diesen Antrag zu fragen: Wie sind die Zukunftsberechtigungen für die jungen Menschen, für die Studenten?

Herr Brinkmeier, da haben Sie nicht Recht. Sie haben zwar die Mehrheit in dieser Landtagswahl bekommen. Aber die Mehrheit bei den jungen

Leuten, die Mehrheit bei den Studenten haben Sie nicht bekommen, und zwar zu Recht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich habe es noch nicht erlebt, dass hier ein Ministerpräsident gewählt worden ist und draußen drei große Demonstrationen stattfanden - von Schülerinnen und Schülern, von Studentinnen und Studenten und von Frauen. Die Betroffenen haben vor diesem Landtag demonstriert, weil sie mit Ihren Vorstellungen von einem guten Bildungssystem für junge Leute nicht einverstanden sind, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das war der Punkt. Sonst wären die nicht gekommen.

Herr Brinkmeier, Sie wissen genau - wenn wir hier generell einmal über die Bildungspolitik reden -, dass das, was Sie hier versprochen haben, besserer Zugang für die Studentinnen und Studenten, eben nicht erreicht wird, wenn man Gebühren für das Erststudium einführt. Das ist für viele Studentinnen und Studenten in diesem Land ein Ausschlusskriterium. Das wissen Sie. Es wird nicht mehr Studenten geben, sondern es wird weniger geben. Das ist darauf zurückzuführen, dass Sie unbedingt Ihre Forderung nach Gebühren für das Erststudium durchsetzen wollen. Das, Herr Brinkmeier, ist nicht gut für dieses Land.

(Beifall von den GRÜNEN)

Jetzt komme ich zu diesem Antrag. Zu den Gebühren haben Sie klar gesagt, was Sie wollen. Da haben Sie Recht.

Wenn ich Ihren Koalitionsvertrag lese, Herr Brinkmeier, muss ich sagen: Das ist die eierlegende Wollmilchsau. Wissen Sie, was da zum Punkt Zugangsberechtigungen steht? Hochschulen sollen ihre Studenten selbst aussuchen und Studenten sollen an die Hochschulen ihrer Wahl gehen können. Das ist eine Null-Aussage. Wir befriedigen alle, aber wir sagen nicht, wie.

Deshalb ist es für junge Leute wichtig zu wissen, was mit der ZVS ist. Deshalb ist der zweite Punkt, den Sie zu Recht immer angeführt haben, der Bürokratieabbau.

Wenn Sie die ZVS abschaffen und das Ganze den Hochschulen übertragen, dann haben Sie ein Bürokratiemonster aufgebaut, das nicht in dieses Land passt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das wissen Sie auch. Was ist denn der Grund dafür, dass Hochschulen von ihrem Recht, Studenten auszusuchen, gar keinen Gebrauch machen? Was ist der Grund? Das ist ein Koordinierungsaufwand. Man weiß gar nicht, welcher Student sich an welcher Hochschule beworben hat. Das scheuen die Hochschulen.