Es ist auch nicht verboten, sich der Subunternehmer aus Osteuropa zu bedienen, denn in Europa gilt die Dienstleistungsfreiheit. Von daher können sich die Kontrollen des Arbeitsschutzes und der Hauptzollverwaltung nur auf die Fragen konzentrieren: Werden die Arbeitszeiten eingehalten, wird der Gesundheitsschutz eingehalten, sind die Wohnbedingungen der Menschen akzeptabel oder nicht? – An all diesen Fronten sind wir natürlich tätig.
Wenn man die Entlohnungssituation auf den Schlachthöfen – soweit ich das weiß – in den Griff kriegen will, müsste man sich in der Tat für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns aussprechen.
Aber: Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes werden Sie dann nicht nur auf die Fleischbranche beschränken können, sondern dann müssen Sie springen und sagen: Wir führen in Deutschland einen generellen gesetzlichen Mindestlohn ein. Dann jedoch entsteht die Debatte um eine Frage, die ich bis heute nicht beantworten kann: Wie hoch soll er denn sein?
Ein gesetzlicher Mindestlohn, der in einer Stadt wie Düsseldorf eine Wirkung in Sachen Lohndumping entfalten würde, hätte im Eichsfeld – davon sind alle, die sich dort auskennen, überzeugt – mit der dort ganz anderen Lohnsituation eine verheerende Wirkung. Andersherum hätte ein Mindestlohn, der im Eichsfeld helfen würde, in Düsseldorf und in den meisten Regionen Nordrhein-Westfalens überhaupt keine steuernden Wirkungen. Das ist die Wahrheit.
Deswegen ist auch die Rede über den Mindestlohn eine sehr einfache, aber die konkrete Frage, wie hoch er anzusetzen und wie auszuschließen wäre, dass andere Branchen ihren Geschäftsbetrieb noch stärker nach Osteuropa verlagern, ist nicht zu beantworten.
Gut, das ist wahr. Aber Sie wissen auch, dass es selbst innerhalb des DGBs verschiedene Meinungen gibt. Die Antwort ist nicht einfach.
Deswegen glaube ich, dass es wichtig ist, bei einer branchenbezogenen Betrachtung dieser Problematik zu bleiben. Und dafür stehen uns bewährte Instrumente zur Verfügung, die heißen: Allgemeinverbindlichkeit und – was die europäische Dimension anbelangt – Entsendegesetz, welches uns von der Europäischen Union bewusst als ein nationales Mittel in die Hand gegeben wird. Die Landesregierung bekennt sich zu dem, was im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht, dass dieses Branche für Branche überprüft und umgesetzt werden muss.
Ich glaube, dass wir uns hinsichtlich der Fleischindustrie und der Situation der Schlachthöfe mit den Sozialpartnern der großen Schlachthöfe Nordrhein-Westfalens zusammensetzen sollten – ich will in den nächsten Wochen gemeinsam mit Eckhard Uhlenberg dazu einladen –, um auch diese Punkte einmal zu besprechen und in den die Beschäftigten tangierenden Fragen zu bestimmten Standards zu kommen.
Ich sage Ihnen voraus: Dabei werden wir die zwei Seiten dieser Medaille sehen. Wir werden nämlich in Teilbereichen sehen, dass eine ausschließliche Beschäftigung inländischer Arbeitnehmer auf Schlachthöfen manchmal daran scheitert, dass sie nicht in dem Umfang zur Verfügung stehen, wie sie zu bestimmten Zeiten gebraucht werden. Auch das gehört dann mit zu einer vernünftigen Beratung über diese Situation. Dem müssen wir uns gemeinsam annehmen.
In diesem sensiblen Bereich geht es auf der einen Seite aus meiner Sicht – ich bin nun einmal in einem landwirtschaftlichen Betrieb groß geworden – um einen vernünftigen Umgang mit den Tieren und mit Tierschutz sowohl bei den Transporten als auch auf einem Schlachthof, unter anderem beim Töten der Tiere. Das steht nach meiner Meinung ganz am Anfang der Debatte.
Auf der anderen Seite geht es natürlich für die Verbraucherinnen und Verbraucher um einen fachlichen Umgang mit einem der wichtigsten Lebensmittel für die Menschen in unserem Land. Dies bedingt auch, dass akzeptable Standards für die dort arbeitenden Menschen vorhanden sind.
Ich werde als Arbeitsminister auf jeden Fall den Arbeitsschutz weiterhin entsprechend aufstellen und ihn immer wieder dazu ermutigen, auf diesem
Feld sehr genau hinzuschauen. Zwischen den Kontrollen dürfen keine zu großen Pausen liegen. Die Ministerien haben eine ressortübergreifende Zusammenarbeit veranlasst, sodass unser Arbeitsschutz mit den Hauptzollämtern eng zusammenwirkt, damit Informationen selbstverständlich von Behörde zu Behörde weitergeleitet werden. Das ist das, was man jetzt wirklich ganz praktisch und ganz pragmatisch tun kann, um diese Situation vernünftig im Griff zu behalten.
Aber einen Antrag zu stellen, der von uns verlangt, uns für etwas einzusetzen, obwohl es dafür zurzeit nun einmal an der Rechtsgrundlage fehlt, da die Tarifstrukturen die Herstellung der Allgemeinverbindlichkeit nicht zulassen, bringt uns nicht weiter.
Herr Schmeltzer, Sie lächeln so. Mit Blick auf die deutsche und damit die nordrhein-westfälische Fleischindustrie die Einführung eines generellen gesetzlichen Mindestlohns zu fordern, das würde als Antrag selbst auf einem Landesparteitag der SPD in Nordrhein-Westfalen, wenn sie noch Regierungsverantwortung hätte, keine Mehrheit finden.
In der Opposition finden viele Anträge eine Mehrheit, weil natürlich die Ablehnung durch die Mehrheit der Regierungsparteien gesichert ist. Das kenne ich auch.
Aber wenn man wirklich regieren muss, muss man sich natürlich am in der Realität Machbaren orientieren. Sie wissen genau, dass das Problem mit einem so einfachen Spruch wie Mindestlohn nicht lösbar ist. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Schmeltzer das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wenn der Minister schon zur Kenntnis nimmt, dass ich beim Zuhören nett lächle, dann hat das sicherlich etwas damit zu tun, dass er gerade praktische und
pragmatische Lösungsvorschläge eingefordert hat. – Da gebe ich ihm hundertprozentig Recht. Insofern freue ich mich auf die Ausschussberatungen, insbesondere im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, wo wir über die Arbeitsbedingungen sehr intensiv reden werden.
Das Lächeln bezog sich auch darauf, dass Sie dann doch wieder die Kurve gekriegt haben, um festzustellen, dass das, was wir wollen und was Sie in vielen Punkten eben bekräftigt haben, irgendwie doch nicht machbar ist.
Gestatten Sie mir auch diesen „lächelnden“ Einwurf: Natürlich wissen Sie, wie das in der Opposition mit vielen schnellen Beschlüssen ist. Ich erinnere nur an Ihr Wahlprogramm vor der Landtagswahl 2005. Wir sind diesbezüglich insofern in der Wirklichkeit angekommen, als Sie jetzt sagen, dass vieles davon nicht umgesetzt werden könne oder auch nicht umgesetzt wird, weil Sie es nicht wollen.
Lassen Sie mich aber zu der in Rede stehenden Problematik noch einiges ausführen. – Die Anhörung im Mai dieses Jahres mit vielen Experten, die wir im Übrigen sehr ernst nehmen, hat doch sehr deutlich gemacht, worum es geht.
Es geht um viele widrige Arbeitsbedingungen in den fleischproduzierenden Betrieben. Es geht um die eindeutig nachlässige betriebliche Eigenkontrolle. Diese nachlässige betriebliche Eigenkontrolle hat natürlich etwas damit zu tun, dass sich Niedrigentlohnte häufig unter Wert bezahlt fühlen und somit auch viel weniger bewusst dort arbeiten, mangelnde Konzentration und überhaupt nicht die Sorgfaltspflicht und die Leistungsbereitschaft mitbringen, wie es das Stammpersonal tun würde und leisten würde.
Natürlich führt diese mangelnde Leistung durch Subunternehmen, durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus anderen Ländern vor Ort zu einem feststellbaren Qualitätsverlust. Dieser Qualitätsverlust bei der fleischverarbeitenden Industrie, bei den Fleischproduzenten vor Ort geht zu unseren Lasten, nämlich zulasten der Endverbraucher.
Denn wir sind letztendlich diejenigen, die das Stück Fleisch auf dem Tisch haben und verzehren. Von daher müssen wir in der Tat diese Arbeitsbedingungen im Auge behalten. Denn diese Arbeitsbedingungen sind Grundlage für ordentliches Fleisch, das bei uns als Endverbraucher auf dem Tisch liegt.
Die Fremdfirmen sehen das ganz anders. Denn die Fremdfirmen, wenn sie dort tätig sind und eben diese mangelnde Leistung erbringen, leiden letztendlich überhaupt nicht unter einem Imageschaden. Wofür sollten sie dort auch einen Imageschaden erleiden? Denn sie sind ja nur die Subunternehmer.
Die Niedrigentlohnten – ich freue mich, dass der Kollege Kaiser von der CDU das aufgeführt hat – sind in der Tat die unmotivierten Beschäftigten. Sie sind die mit der mangelnden Sorgfalt. Sie sind die mit der mangelnden Leistungsbereitschaft.
Bei all der Zustimmung durch den Kollegen Kaiser insbesondere bei diesem Punkt haben wir, denke ich, den Nagel auf den berühmten Kopf getroffen. Von daher müsste das auch Zustimmung finden.
Lassen Sie mich einiges zu den Kontrollen sagen, Herr Minister Laumann. Sie haben sich gerade bezogen auf das, was Sie in Ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage geschrieben haben, doch etwas widersprochen. Sie sagten nämlich eben ganz deutlich, wir dürften bei den Kontrollen keine größeren Pausen machen. – Da haben Sie meine volle Unterstützung. Es müssen permanente Kontrollen stattfinden.
Insofern verwundert mich dann doch die Antwort auf die Kleine Anfrage der Kolleginnen Svenja Schulze und Annette Watermann-Krass, als danach gefragt wurde, ob denn in der zweiten Jahreshälfte 2005 weitere Kontrollen durchgeführt wurden. Darauf haben Sie sinngemäß erwidert: Nein, wir haben keine weiteren Kontrollen durchgeführt, weil wir nicht in das schwebende Verfahren eingreifen wollten. – Das heißt, Sie haben ein halbes Jahr nicht kontrolliert. Eben haben Sie aber ganz deutlich erklärt, wir dürften keine größeren Pausen einlegen. Das widerspricht sich.
Von daher würde ich auch auf die Diskussion zur Verwaltungsstrukturreform Bezug nehmen. Denn gerade da wird auch über die Kontrollmechanismen, über die staatlichen Ämter, die dies durchführen, diskutiert. Wir haben eben vom Kollegen Ellerbrock gehört, dass er dort „Privat vor Staat“ – er hat es nicht so formuliert, aber es ist in jedem Redebeitrag der FDP zu hören – favorisiert.
Wir wollen definitiv echte Kontrollen vor Ort. Ich glaube, diese Aufgabe ist bei den staatlichen Ämtern, die für diese Kontrollen zuständig sind, richtig angesiedelt; denn wenn wir erst einmal private Kontrolleure haben, und diese von denen, die sie kontrollieren sollen, entlohnt werden, dann wage ich nicht ansatzweise zu vermuten, wie oberflächlich sie entgegen staatlichen Kontrollen sein könnten.
Lassen Sie mich zum Schluss zu dem kommen, was wir alles beantragt haben. Kollege Kaiser sagte: Eine Bundesratsinitiative ist nicht realisierbar. Warum nicht? Weil Sie das mit der FDP nicht hinbekommen oder weil sich Nordrhein-Westfalen nicht imstande sieht, die entsprechende Durchsetzungskraft auf Bundesebene herzustellen, oder aber – das glaube ich nicht, insbesondere nicht nach dem Wortbeitrag des Ministers Laumann – weil Sie die heimischen Arbeitsplätze im Rahmen von „Privat vor Staat“ als nicht so wichtig ansehen, wie wir das letztendlich tun, und nicht so sehr im Sinne der Endverbraucher handeln?
Herr Minister Laumann hat gesagt, dass eine solche Initiative – so zumindest habe ich Sie verstanden, Herr Laumann – nach einer Prüfung richtig wäre, dass der Missbrauch in dieser Branche ohne Weiteres vorhanden ist und wir deswegen kontrollieren müssen; es würde aber daran hapern, dass es keine Tarifverträge gäbe.
Nun unterstelle ich, dass Kollege Laumann den gleichen Wissensstand hat wie ich. Gemäß Tarifvertragsgesetz gehören zwei Partner dazu. Der eine Partner will. Das sind die Gewerkschaften. Wenn das Tarifvertragsgesetz tatsächlich ausgenutzt wird, wird man auch zu Tarifvertragsverhandlungen kommen. Wenn das Arbeitnehmerentsendegesetz Grundlage würde, bin ich mir dessen hundertprozentig sicher. Das Arbeitnehmerentsendegesetz ist für die Gebäudereiniger angewandt worden. Da war es keine große Problematik. Ich glaube, das kriegen wir hin.
Wir werden eine Debatte bekommen, haben Sie gesagt. – Dann debattieren wir mit, gerade beim Mindestlohn. Ihre Fraktion, die der CDU, hat einen Änderungsantrag in die Mindestlohndebatte eingebracht. Darin spricht man schon von einem branchenspezifischen Mindestlohn, wohingegen wir alles offen gelassen und Sie lediglich aufgefordert haben: Bringen Sie sich ein – Frau Präsidentin bringt sich gerade ein; ich komme zum Schluss – in die Diskussion zum Mindestlohn. Dann werden wir sehen, was am Ende steht. Mindestlohn ist ein Instrument; Sie haben es eben indirekt bestätigt.
Lassen Sie uns das im Ausschuss weiter diskutieren. Wir sind näher beieinander als Sie mit Ihrem Koalitionspartner. Bilden Sie mit Herrn Uhlenberg gemeinsam einen Arbeiter- und Bauernstab. Ich denke, dann erzielen wir eine gute Einigung.