minus 85 Millionen € durch den Ausfall der Erstattung nicht eingenommener Elternbeiträge in den Kindergärten,
Investitionen in den Kommunen sind für die örtliche Wirtschaft, insbesondere für das Handwerk, für den Mittelstand, unverzichtbar. Die würgen Sie ab. Ihre Begründung dafür ist geradezu abenteuerlich, Herr Finanzminister. Sie sagen, die Kommunen könnten Ihre Kürzung über die steigenden Steuereinnahmen kompensieren.
Was ist das für eine Logik? Haben Sie dem Innenminister vorher nicht zugehört? Der Schuldenstand der Kommunen in diesem Land betrage – so sagt er – rund 12 Milliarden €. Die Kommunen haben doch einen legitimen Anspruch auf ihren Anteil an den Steuern. Das Land gewährt die Mehreinnahmen nicht als Gnade, sondern sie stehen den Kommunen nach der Finanzverfassung zu, und sie haben sie auch bitter nötig.
Ich erinnere noch einmal daran: Das Land selbst wird Steuermehreinnahmen von rund 2,1 Milliarden € haben. Angesichts dessen ist es unverantwortlich, den Kommunen ihre dringend benötigten Steuermehreinnahmen wegzukürzen.
Herr Finanzminister, das ist doch „Linke Tasche, rechte Tasche“. Das hat nichts mit solider Finanzpolitik zu tun. Das ist Rechnen auf Pippi-LangstrumpfNiveau.
Ein weiterer Bereich, in dem radikal gekürzt wird, ist die Weiterbildung. In diesem Jahr schlagen Sie richtig zu und kürzen um mehr als 18 Millionen €. Das kommt einer Zerschlagung der Weiterbildungslandschaft gleich. Es geht nicht um neue veränderte Strukturen, sondern eine Zerschlagung ist angelegt.
Wir alle reden nämlich immer von lebenslangem Lernen und der Bedeutung, der Bereitschaft der Menschen, sich ständig weiterzubilden. Die Wahrheit ist: Sie zerstören die Strukturen, und das ist im ländlichen Raum besonders dramatisch. Dort sind 104 kleine Volkshochschulen angesiedelt. Mit Ihren Kürzungen ist der Landesan
teil an den Kosten von früher 50 % auf heute nur noch 15 % gesunken. Dabei reden wir nicht über Peanuts.
Beispiel: Volkshochschule Bielefeld mit einem Haushaltsansatz von 595.000 €. Sie kürzen um 155.000 €, also um rund ein Viertel.
Nein, aber im ländlichen Raum ist es noch schlimmer. Das haben Sie noch nicht verstanden, Herr Wüst. Das ist mir schon klar.
Sie müssen einmal dorthin fahren und sich das sagen lassen. Seien sie doch froh, dass ich den nicht ganz so schlimmen Bereich genommen habe!
Es ist deshalb besonders problematisch, weil durch diese Kürzungen die Angebote der Volkshochschulen im Bereich der schulischen Bildung bedroht sind. Das ist der eigentliche Skandal an diesen Kürzungen.
Wir wissen doch alle – Herr Laumann ist jetzt wieder da –, dass Jugendliche ohne Schulabschluss praktisch keine Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt haben. Es ist ein großer Verdienst der Volkshochschulen, dass sie vielen jungen Menschen die Möglichkeit bieten, diesen Abschluss nachzuholen. Aber diese Angebote werden kaum noch finanzierbar sein.
Gleiches gilt für die Integrationskurse. Ein Drittel wird von den Volkshochschulen durchgeführt. Wir sind uns alle einig, Herr Laschet, dass in diesem Bereich zukünftig mehr geschehen muss. Wie passt es dann zusammen, dass Sie diese Strukturen in der Fläche zerschlagen wollen? Es reicht nicht, dass Sie freundlich lächeln und gute Vorsätze haben. Ich halte es mit Adi Preisler: „… entscheidend ist auf’m Platz!“
Dort müssen Sie sich beweisen, Herr Minister. In diesem Fall sind das die konkreten Zahlen im Haushalt.
Die Lage der öffentlichen Haushalte ist weiterhin prekär. Das gilt auch für unseren Landeshaushalt. Darum ist es umso wichtiger, eine klare Schwerpunktsetzung vorzunehmen. Das haben Sie im Haushalt 2006 versäumt, und das verweigern Sie erneut für den Haushalt 2007. Sie glauben vielleicht, der Haushalt sei sorgfältig, mutig und zielgerichtet. Ich sage: Die Einnahmen sind sorgfältig
verschleiert, die Lasten werden mutig abgeschoben, und die Inhalte sind zielgerichtet schwerpunktfrei.
Wir werden unsere Alternativen zu Ihrem Haushalt formulieren, damit deutlich wird: NordrheinWestfalen braucht eine andere Politik, und diese andere Politik ist solide finanzierbar. Wir sagen: Das letzte Kindergartenjahr muss verpflichtend und damit beitragsfrei werden. Das ist notwendig, um den Bildungsauftrag zu stärken. Wir müssen es jetzt tun, um alle Kinder mit unseren Angeboten zu erreichen, gerade die, die vor der Schule einen besonderen Förderbedarf bei der Sprache haben.
Wir müssen uns verstärkt um den Bereich der unter Dreijährigen kümmern. Hier muss das Angebot kontinuierlich, Jahr für Jahr, ausgeweitet werden. Ich denke, da sind wir uns doch einig. Das heißt aber auch: In jedem Jahr müssen Sie im Haushalt eine Schippe drauflegen. Und das tun Sie nicht. Hier geht es um einen weichen Standortfaktor, und wir dürfen hier im Wettbewerb der Länder den Anschluss nicht verpassen.
Die Kommunen sollen nicht die Zeche für die Sanierung des Landshaushalts bezahlen. Wer glaubt, es würde dadurch den Menschen im Land einen Deut besser gehen, der irrt gewaltig. Land und Kommunen sitzen in einem Boot. Unsere Kommunen haben eine unverzichtbare Funktion bei der Daseinsvorsorge und im sozialen Bereich. Wer sie schwächt, wer sie überfordert, trifft damit die Bürgerinnen und Bürger ganz direkt.
Ich darf daran erinnern: Vor Ort in den Kommunen erleben wir gerade genau das, was wir prognostiziert haben. Die Elternbeiträge werden aufgrund Ihrer Kürzung angehoben. Den Ärger haben Sie wunderbar in die Kommunen verlagert. Aber die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger werden ausgedünnt, die Preise gehen hoch. Das ist das Ergebnis Ihrer Haushaltspolitik im Lande, meine Damen und Herren.
Bleiben wir bei unseren Vorschlägen. Mit realistischen und keineswegs überzogenen Einnahmeansätzen und durch Umschichtung werden wir zeigen: Die zusätzlichen Belastungen der Kommunen wären vermeidbar. Ein noch stärkerer Ab
bau der Verschuldung ist möglich. Für Kinder, Jugend und Bildung kann mehr getan werden. Das bleibt unser klarer politischer Scherpunkt.
Alle Anstrengungen des Staates und der Gesellschaft müssen sich auf diese Bereiche konzentrieren. Dort entscheidet sich, ob wir die Zukunft erfolgreich gestalten können oder ob wir sie verspielen. Sie haben in der Bildungspolitik den Weg zurück in die 50er-Jahre eingeschlagen.