Protokoll der Sitzung vom 27.09.2006

und trägt damit unseren Forderungen Rechnung, dass nur die Beibehaltung der bestehenden Rechtsform einen fairen Wettbewerb bei der Aus

wahl der Studierenden durch die Hochschulen ermöglichen wird.

(Christian Lindner [FDP]: Das ist doch nur ein Zwischenstand!)

Wir brauchen mehr Studierende in Deutschland. Das hat auch die jüngste Pisa-Studie noch einmal bekräftigt. Wir werden sie aufgrund stärkerer Schulabgängerjahrgänge in den nächsten Jahren auch haben. Vor gerade einmal zwei Wochen haben wir an dieser Stelle darüber diskutiert. Zumindest darüber bestand Einigkeit: Eine weitere Öffnung der Hochschulen und eine noch stärkere Koordination des Zugangs werden die Folge sein. Dafür brauchen wir eine ZVS.

Das sehen auch die Hochschulen mehrheitlich so, wie die Anhörung zu diesem Thema gezeigt hat. Das gilt offensichtlich ebenfalls für die anderen Bundesländer.

Nun hat also auch die schwarz-gelbe Landesregierung den Staatsvertrag unterschrieben, egal, ob aus später Einsicht oder unter Druck. Willkommen in der Realität, liebe Kollegen und Kolleginnen von FDP und CDU!

(Beifall von der SPD)

Unser Antrag zur ZVS steht weiterhin zur Beratung im Ausschuss an. Es geht nicht nur um die Beibehaltung der ZVS, sondern auch um ihre mögliche Reformierung. Da sind wir durchaus offen. Auf diese Diskussion darf man jetzt gespannt sein.

Heute sind wir zunächst mit dem vorliegenden Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen sehr zufrieden und stimmen ihm deshalb zu. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Apel-Haefs. – Für die Grünen spricht Frau Dr. Seidl.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte es kurz machen, weil die Zeit fortgeschritten ist. Dennoch möchte ich die Landesregierung nicht so ganz aus der Verantwortung lassen und an erster Stelle die FDP ansprechen. Werfen Sie einmal einen Blick in das Wahlprogramm der FDP zur Landtagswahl 2005. Dort findet sich die klare und unmissverständliche Aussage: „Die ZVS wird abgeschafft.“

Das war zwar platt und zeugte von wenig Sachkenntnis über die rechtlichen Rahmenbedingun

gen unserer Hochschulen, aber immerhin war es konsequent. Denn in den Beratungen zu den Haushalten 2002, 2003, 2004 und 2005 hat die FDP-Fraktion mal mit der CDU, mal alleine, immer denselben Antrag gestellt, nämlich „Streichung der Landesmittel für die ZVS“ mit der schlichten Begründung: Die ZVS wird abgeschafft.

(Christian Lindner [FDP]: 2008 wird das so kommen!)

Damals haben wir Ihnen zu erläutern versucht, Herr Lindner, dass es so einfach nicht geht

(Christian Lindner [FDP]: Das werden Sie sehen!)

und dass es die totale Freiheit des Marktes bei der Vergabe von Studienplätzen nicht geben kann und verfassungsrechtlich auch nicht geben darf. Das ist immer noch die Situation.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber so ist das eben mit der glaubwürdigen Politik: Solange Sie in der Opposition waren, haben Sie den populistischen Unsinn über den angeblichen Staatsdirigismus der ZVS überall verbreitet, und Sie haben auch nicht locker gelassen. Wie sieht es heute aus? – Heute beraten wir im Plenum auf Antrag der Landesregierung und Ihres FDP-Ministers einen Staatsvertrag, der diese ZVS, die Sie so konsequent abschaffen wollten, erneut bestätigt, weiterentwickelt und für die Zukunft fit macht.

Dabei sind wir uns, wie es scheint, über Inhalte einig. Die Hochschulen sollen einen Anteil ihrer Studierenden selbst auswählen können. Aber das können sie auch schon heute. Das haben wir nicht Ihnen, Herr Pinkwart, zu verdanken. Die Grundlage hierfür ist vielmehr das Auswahlverfahrensgesetz, das wir im Dezember 2004 bereits im Landtag beschlossen haben, und zwar – hören Sie gut zu! – gegen die Stimmen der FDP.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Lind- ner [FDP]: Och!)

Das ist doch merkwürdig. Wenn die Hochschulen heute mehr Freiheiten und Möglichkeiten haben, liegt das also nicht an Ihnen, sondern an uns. Damit soll es mit dem Rühren in alten Wunden genug sein. Freuen wir uns lieber, dass diese Landesregierung offensichtlich doch lernfähig ist und sich zumindest punktuell die Erkenntnis durchsetzt, dass sich die öffentliche Aufgabe Hochschule nicht nach dem liberalen Prinzip „Der freie Markt wird es schon richten“ organisieren lässt. Es wäre zu hoffen, dass sich diese Erkenntnis möglichst bald auch auf andere Bereiche der

Hochschulpolitik überträgt, möglichst bevor sie das Kind mit Ihrem sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz endgültig in den Brunnen gestoßen haben.

Wir stehen jederzeit zu Gesprächen zur Verfügung. Ich habe in der letzten Ausschusssitzung den Eindruck gewonnen, als ob auch in den Regierungsfraktionen das letzte Wort über dieses Gesetz noch nicht gesprochen ist. Vielleicht gelingt es uns beim Hochschulfreiheitsgesetz zumindest in Teilbereichen zu einer ähnlichen Einigkeit hinsichtlich der Verantwortung des Landes für die öffentliche Aufgabe Hochschule zu kommen wie heute beim Staatsvertrag über die ZVS. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Seidl. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Lindner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Auch ich werde keine langen Ausführungen machen, sondern mir namens meiner Fraktion das zu eigen machen, was Kollege Jostmeier zu Protokoll gegeben hat – eine gemeinsame Positionsbestimmung der Koalitionsfraktionen.

Auf eine Ergänzung will ich nicht verzichten. Ich stelle fest, dass es bei den Oppositionsfraktionen eine gewisse Ahnungslosigkeit gibt. Wir haben heute nicht einen Staatsvertrag zu billigen, der etwa das Ende des Reformprozesses der ZVS markieren könnte, wie Sie den Eindruck erweckt haben. Es gibt im Gegenteil nach wie vor eine Arbeitsgruppe der Staatssekretäre, die über eine ZVS als Servicegesellschaft berät, die möglicherweise in eine private Rechtsform überführt und von den Hochschulen getragen und finanziert werden wird.

Insofern haben wir nichts von dem zurückzunehmen, was wir in der Vergangenheit vertreten haben. Sie unterliegen einem Irrtum, wenn Sie glaubten, im Hochschulwesen könne alles so bleiben, wie es war. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Lindner. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Pinkwart. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich ergreife gerne noch einmal das Wort, um hier auf der einen Seite die Einigkeit zu dem, was heute vorliegt, zu begrüßen, aber gleichzeitig dann doch etwas Wasser in den Wein zu gießen, der hier von Frau Seidl und Frau Apel-Haefs serviert worden ist.

Dabei wollen wir es – das ist so – nicht bewenden lassen, sondern dies ist ein erster Aufschlag. Diese Reform der ZVS fußt auf den Änderungen des Hochschulrahmengesetzes vom 28. August 2004; sie ist dadurch notwendig geworden und führt in zwei Bereichen zu Neuerungen.

Zum einen wird mit diesem Staatsvertrag die Autonomie der Hochschulen bei der Auswahl der Studierenden gestärkt. Wir können das nur begrüßen; es ist auch sinnvoll.

Und das Zweite, das mit dem Staatsvertrag erreicht wird, zielt genau in die Richtung, die die Koalitionsfraktionen und diese Landesregierung anstreben, nämlich dass auf dem Wege der Umwandlung der ZVS in eine Serviceeinrichtung für die Studienbewerberinnen und Studienbewerber und für die Hochschulen ein erster wichtiger Schritt gegangen wird.

Durch diesen Staatsvertrag wird es erstmalig möglich, dass die ZVS für einzelne Hochschulen auch hochschulorientierte Dienstleistungen gegen vollständige Erstattung der entstehenden Kosten durch die Hochschulen übernehmen kann.

Allerdings bleibt es nicht dabei, Frau Seidl, sondern, wir gehen einen weiteren Schritt, den Sie aus gewissen Programmen und Beschlusslagen des alten Landtages vorgetragen haben. Ziel der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung ist es nämlich, tatsächlich zu einer weiteren Umwandlung der ZVS zu kommen.

Deswegen sieht dieser Staatsvertrag – anders als frühere Staatsverträge – für die ZVS auch keine Mindestlaufzeit mehr vor, sondern er ist, im Gegenteil, bewusst auf ein Jahr befristet worden, damit unter Federführung Nordrhein-Westfalens bis dahin in Abstimmung mit den anderen Ländern eine einvernehmliche Regelung ausgearbeitet werden kann, die es erlaubt, die ZVS in eine echte Serviceeinrichtung zu überführen, die – möglichst privatrechtlich oder in einer Stiftungsform – staatsfern organisiert sein wird und die künftig ganz von den Hochschulen getragen wird, damit diese auch in der Lage sind, mit einer dienstleistungsorientierten Serviceeinrichtung die Auswahl der Studierenden möglichst eigenverantwortlich wahrnehmen zu können.

Wir, meine Damen und Herren, lassen uns ganz zentral von einem Grundsatz leiten: Wir wollen erreichen, dass sich die Studierenden in Zukunft ihre Hochschule selbst aussuchen können. Und wir wollen umgekehrt, dass sich die Hochschulen ihre Studierenden selbst auswählen können, weil wir fest davon überzeugt sind, dass das die besseren Ergebnisse bringt.

(Beifall von CDU und FDP)

Dazu braucht man keinen Staatsapparat, der dies bürokratisch organisiert, sondern man benötigt eine funktionsfähige Dienstleistungseinrichtung. Wir arbeiten daran, dieses Ziel evolutorisch zu erreichen mit dem, was wir Ihnen als ersten Schritt heute zur Abstimmung vorlegen. Ein weiterer Schritt wird zeitnah folgen.

Genauso bin ich fest davon überzeugt, Frau Seidl, dass wir das Hochschulfreiheitsgesetz in der Ihnen bekannten Weise einführen werden, weil es ein weiterer wichtiger Schritt sein wird, um die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen zu besseren Ergebnissen führen zu können, als es in der Vergangenheit der Fall war. – Herzlichen Dank!

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Pinkwart. Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen damit zum Schluss der Beratung.

(Zuruf von der SPD)

Der Hauptausschuss empfiehlt einstimmig in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/2596, dem Antrag der Landesregierung auf Zustimmung zum Staatsvertrag Drucksache 14/2304 zu entsprechen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Einstimmig so beschlossen, auch wenn das Abstimmungsverhalten von Herrn Müller ein wenig interpretationsfähig war,

(Heiterkeit von der CDU)

und dem Staatsvertrag zugestimmt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt