Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte es schon befürchtet: „Kyrill“ ist Synonym Klimawandel. – Ich mag es einfach nicht mehr hören. Ich werde morgen noch einen Satz dazu sagen.

(Svenja Schulze [SPD]: Da müssen Sie durch! Das ist die Realität!)

Herr Kollege Priggen, es gibt genug Meteorologen, die das alles infrage stellen. Kyrill ist ganz normales Wetter. Schauen Sie einfach nur einmal in die Statistik: „Lothar“ war viel schlimmer.

(Horst Becker [GRÜNE]: Der nächste Sturm heißt Ellerbrock!)

Es ist sehr bedauerlich, was in NordrheinWestfalen passiert ist. Aber lasst uns dennoch eine rationale Politik machen!

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das Grauen hat einen Namen!)

Ganz vorsichtig! Dazu kann ich gerne was sagen.

Herr Priggen, ich bin sogar bereit, zu sagen: Unbeschadet der Diskussion über den anthropogenen Einfluss auf das Klima gibt es sicherlich Bereiche, wo wir zusammenarbeiten können. Ich gebe sofort zu: Ich vertrete beim Klimawandel nicht den wissenschaftlichen Mainstream. Aber ich betone immer noch: 1450 war der wissenschaftliche Konsens, die Erde sei eine Scheibe.

Aber wir haben ja Bereiche, wo wir letztlich vielleicht auf einer Wellenlänge schwimmen könnten. Wenn wir unsere fossilen Energieträger als endlich ansehen und vernünftig damit umgehen wollen, werden wir sicherlich unbeschadet des wissenschaftlichen Streites über den anthropogenen Einfluss auf das Klima sagen können: Wärmedämmmaßnahmen, Geothermie, Wärmenutzung, auch Kernkraft können sinnvoll sein. – Über all das können wir uns einigen. Da haben wir sicherlich eine ganz vernünftige Schnittmenge. Auch was den Einsatz von Biokraftstoffen angeht, kann man einer Meinung sein – wobei ich gegen die Quotenregelung bin. Nur: Was bringt der Antrag der Grünen, den Sie eben so gelobt haben, denn Neues?

Herr Kollege Ellerbrock, darf ich Sie eine Sekunde unterbrechen? – Ihr Kollege Stinka würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Bitte schön, Herr Stinka.

Herr Ellerbrock, Sie haben gerade bei einigen Leuten, die sich mit dem Wetter beschäftigen, von mangelnder Rationalität gesprochen. Würden Sie mir denn zustimmen, dass der Wirtschaftsökonom Stern ein sehr rationaler Mensch ist, wenn er davon spricht, welche Lasten wir zu tragen haben, wenn wir nichts tun, um das Klima zu schützen?

Herr Kollege, das ist eine Meinung unter 1.936.

(Lachen von der SPD)

Wir können das sofort diskutieren, schaffen das hier aber leider nicht. Sie können darüber lachen. Ein paar Grundkenntnisse von Physik und Chemie sind wirklich nicht von vornherein schadhaft.

(Svenja Schulze [SPD]: Es hilft auch, mehr als ein Buch zu lesen!)

Meine Damen und Herren, was bringt der Antrag der Grünen? Darin steht: Biomasse ist ein regenerativer Energieträger, ist unendlich nutzbar, hat auch gegenüber Wind und Sonne Vorteile, ist speicherbar, senkt die Importabhängigkeit, ist vielfältig einsetzbar – für Wärme, Strom und Kraftstoffe –, kann dezentral eingesetzt werden und bietet für die Landwirtschaft Einkommensmöglichkeiten. – Das alles wussten wir doch vorher. Deswegen so ein Antrag? Das kann doch nicht wahr sein!

Ein weiterer Punkt ist, dass wir die Effizienz des Mitteleinsatzes nicht außer Acht lassen dürfen. Wir gehen hier mit dem Geld des Steuerzahlers um. Wir hatten – meinte ich wenigstens – doch einen relativ breiten Konsens, als wir gesagt haben: Bei diesen additiven – nicht alternativen – Energien wollen wir Forschung und Entwicklung, die degressiven Abschreibungen sollen zeitlich begrenzt sein. – Aber dann muss es sich doch irgendwann einmal am Markt rechnen! Das vergessen Sie! Und bei der Haushaltspolitik, die Sie die letzten Jahre betrieben haben, kann ich das auch nachvollziehen.

Meine Damen und Herren, wenn wir Biomasse jetzt auch für Kraftstoffe hochrechnen; Kollege Kemper hat das noch einmal dargestellt: Der Deutsche Bauernverband hat nachgerechnet. Wenn ich 5 % des deutschen Energieverbrauchs für Kraftfahrzeuge über Biomasse regeln will, muss ich 50 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche dafür einsetzen. Wollen wir das? Wollen wir Monokulturen? Wollen wir diese Rapsfelder? Ich finde wiegende gelbe Rapsfelder in MecklenburgVorpommern wunderschön. Ist das aber unsere Zukunft überall? Nein. Das kann es doch nicht sein.

Sie sagen immer: Die Vielfalt muss es bringen. Dann können Sie dort aber doch keine Einfalt wollen. Dann müssen Sie sich entscheiden.

Dann müssen wir auch akzeptieren, dass wir eine Konkurrenzsituation zu Anbaufläche für Nahrungsmittel bekommen. Das sehe ich mit großer Ruhe. Der heutige Holzpreis zeigt es. Die Erlöse für Brennholz und Pellets steigen. Die Holzindustrie beklagt das schon. Für die Landwirte ist es positiv. Ich freue mich darüber, weil es zusätzliche

Einkommen sind. Dann muss der Marktpreis das regeln.

Wenn die Grünen dem Landwirt vorspiegeln, er sei der Energiescheich des 21. Jahrhunderts, dann stellt sich die Frage, wo die Rahmenbedingungen für ihre Biodiversität sind. Es ist nichts da.

Lassen Sie mich noch einmal zurückkommen. Wir müssen klar machen, welche Rahmenbedingungen wir wollen. Für uns heißt das: Ja zu Forschung und Entwicklung, und eine zeitlich begrenzte degressive Anschubfinanzierung ist in Ordnung.

Mir kam es darauf an, noch einmal zu sagen: Man muss von dieser Einäugigkeit wegkommen. Es gibt auch noch die Diskussion über Feinstaub. Bei allem, was wir über die Holzpellets- und Holzheizungen gesagt haben, wird deutlich: Den positiven Eigenschaften, die wir dort haben, stehen auf der anderen Seite erhebliche Probleme im Bereich Feinstaub gegenüber. Die dürfen wir nicht ausblenden.

Morgen wird es sicherlich noch Gelegenheit geben, grundlegende Erkenntnisse der Opposition zum anthropogenen Einfluss auf das Klima zu gewinnen. Darauf bin ich gespannt. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Herr Minister Uhlenberg, Sie haben jetzt das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Politik für Bioenergie ist daran ausgerichtet, die sehr ehrgeizigen Ausbauziele der Europäischen Union und der Bundesregierung in Nordrhein-Westfalen sicher zu erfüllen. In einem dicht besiedelten Industrieland und bei der in Nordrhein-Westfalen vorhandenen Struktur ist dies eine echte Herausforderung.

Der Biomasseaktionsplan der Europäischen Union sieht vor, den Anteil der energetischen Biomassenutzung in Europa innerhalb von nur fünf Jahren bis zum Jahr 2010 auf 8 % zu verdoppeln. Bei den Biokraftstoffen strebt die Europäische Union bis zum Jahre 2010 einen Anteil von 5,75 % am Gesamttreibstoffverbrauch an. Deutschland hat dieses Ziel schon nahezu erreicht und die Zielmarke deshalb bis zum Jahr 2015 auf 8 % erhöht.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, der Bund bereitet momentan einen nationalen Biomasseaktionsplan vor, der auch für Strom und Wärme aus Biomasse konkrete Ausbauziele setzen soll. Dieser nationale Biomasseaktionsplan wird auch deshalb von vielen mit Spannung erwartet, weil er Aussagen dazu treffen soll, wie die Gesamtstrategie bei der energetischen Biomassennutzung künftig aussehen soll.

Biomasse ist die einzige erneuerbare Energie, die sowohl für den Wärme- als auch für den Kältesektor, für den Treibstoffbereich und die Stromerzeugung genutzt werden kann. Jeder Hektar kann aber auch nur einmal genutzt werden.

Die Herausforderung für uns besteht deshalb darin, die Ausbauziele und die politischen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Biomasse mit der höchstmöglichen energetischen und volkswirtschaftlichen Effizienz eingesetzt wird. Sie sollte aus meiner Sicht auch so eingesetzt werden, dass für die Land- und Forstwirtschaft neue Chancen durch eine Teilhabe an der energetischen Wertschöpfungskette geboten werden.

Im Rahmen der Landesinitiative Zukunftsenergien – seit dem 1. Januar 2007 Energieagentur NordrheinWestfalen – haben wir die von Ihnen geforderte Informationsstrategie schon lange umgesetzt.

Herr Abgeordneter Stinka, wir haben wesentlich mehr konkrete Punkte angefasst, als Sie es möglicherweise mitbekommen haben.

Die Energieagentur ist die strategische Plattform für den Bereich der Zukunftsenergien, also auch für die Biomasse. Sie ist zugleich Beratungsform, Handlungsrahmen, Informations-, Kontakt- und Kooperationsbörse. Darüber hinaus unterstützt sie unter anderem mit der Aktion „Holzpellets“, dem Kompetenznetzwerk „Biomasse“ sowie dem Kompetenznetzwerk „Kraftstoffe der Zukunft“ konkrete Formen der Bioenergie. Ich darf auf das verweisen, was von Haus Düsse auf den Weg gebracht worden ist und in der letzten Zeit verstärkt wurde.

Meine Damen und Herren, fahren Sie durchs Land und schauen sich speziell an, wie viele Biogasanlagen in dieser Zeit in Nordrhein-Westfalen gebaut werden!

Dass wir in den ländlichen Räumen eine intensive Diskussion darüber haben, wie die Flächen in Zukunft genutzt werden sollen, hat heute schon konkrete Auswirkungen auf den Pachtmarkt in Nordrhein-Westfalen. Man kann sich dann doch nicht hierher stellen und sagen, es tue sich in Nordrhein-Westfalen nichts.

(Beifall von der FDP)

Ich bin als Landwirtschaftsminister froh über diese Entwicklung. Die Landwirte haben jetzt die Perspektive, mit einem zweiten Standbein im Bereich der Bioenergie neben der Erzeugung von Nahrungsmitteln Einkommen zu erwirtschaften. Deswegen haben wir auch ein positives Klima innerhalb der Landwirtschaft. Es gibt wieder Perspektiven für die Landwirtschaft.

Wir spielen die Bereiche Ernährungswirtschaft und Bioenergie nicht gegeneinander aus, wie es die Vorgängerregierung getan hat. Wir verbinden beides sinnvoll miteinander.

Ich darf daran erinnern, dass die regionalen Cluster für Forst und Holz, die Landesarbeitsschule des Landes und der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen begleiten und unterstützen. Sie fördern die Dendromasseerzeugung, -nutzung sowie den -vertrieb zum Zweck der Bioenergieerzeugung. Gerade im Bereich Holz ist viel auf den Weg gebracht worden.

Im Haus Düsse werden wir die Ausstellung „Energie für die Landwirtschaft“ durchführen. Mit dem Fraunhofer-Institut Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT fand am 2. und 3. Februar die Veranstaltung „Bioraffiniert III. Von der Vision zur Machbarkeit“ in Gelsenkirchen statt.

Wir haben im Rahmen des Kompetenznetzwerks Kraftstoffe im August des letzten Jahres ein Fachgespräch zum Thema synthetische Kraftstoffe auf den Weg gebracht. Ich könnte Ihnen noch eine Vielzahl weiterer Beispiele nennen,

(Zurufe von der SPD)

die wir im Laufe des letzten Jahres in NordrheinWestfalen auf den Weg gebracht haben, um bei dem Thema Biomasse weiterzukommen.

Von daher ist das Einzelbeispiel, das im Antrag der SPD steht, völlig unzureichend. Es gibt nicht die reelle Situation in Nordrhein-Westfalen wieder. Ich könnte Ihnen jetzt noch weitere fünf Minuten etwas über die Aktivitäten der Landesregierung erzählen.

Die Zeit haben wir leider nicht.

Richtig, Herr Präsident, die Lampe leuchtet schon auf. – Aber um was geht es denn? Es geht Ihnen doch schlicht und einfach um die Frage: Wann

kommt der Biomasseaktionsplan der Landesregierung? Das ist der entscheidende Punkt.