Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

Deshalb nun der Antrag der SPD-Fraktion, der der Landesregierung aufgibt, nach vielen Ankündigungen, wie wir sie bereits aus vielen Bereichen der Gesetzgebung kennen, zu handeln und eine echte Strategie zur Biomassenutzung in Nordhrein-Westfalen aufzulegen. Andere waren schneller, Herr Uhlenberg.

(Beifall von den GRÜNEN)

Neben der Verringerung der Treibhausgase gibt es einen weiteren Grund, der Druschba genannt werden muss. „Druschba“ steht hierbei allerdings nicht für Freundschaft, Kolleginnen und Kollegen, sondern für die ungesunde Abhängigkeit der Industrieländer von Öleinfuhren gerade aus solchen Ländern, die nicht unbedingt als politisch stabil anzusehen sind. Auch Deutschland hängt zu stark an diesem Ölhahn.

Vor diesem Hintergrund ist in einem Energiemix, wie ihn die SPD-Fraktion hier schon häufig beschrieben hat, die Biomassenutzung eine wichtige Zutat, verringert sie doch – wie ich gerade ausgeführt habe – Treibhausgase. Sie führt zu Diversifizierung und setzt den Energiemarkt unter Preisdruck. Außerdem birgt sie, Kolleginnen und Kollegen, ein erhebliches wirtschaftliches Potenzial gerade in dem von Ihnen so anerkannten Mittelstand.

Die EU-Kommission hat dies bereits vor mehr als einem Jahr erkannt und einen Aktionsplan vorgelegt. Mir persönlich ist vor diesem Hintergrund schleierhaft, warum die Landesregierung und das zuständige Ministerium völlig untätig geblieben sind. NRW wird immer wieder als Energieland Nummer eins beschrieben, und wir haben die besten Voraussetzungen dafür.

Meine Fraktionsvorsitzende, Frau Kraft, hat heute Morgen ausgeführt, dass Projekte vor 2005 im REN-Programm deutlich aufgezeigt haben, wo beschäftigungsintensive und energiesparende Techniken angesiedelt waren, in dem REN-Programm, das Sie gekürzt haben.

Die Ziele der EU sind ehrgeizig, aber machbar. Und nach Berechnungen der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe hat Deutschland die Chance – ich wiederhole: die Chance –, 17 % des Anteils am Energieverbrauch durch Biomasse zu ersetzen. Das ist nur mit konzentrierter strategischer Förderung dieses Potenzials machbar.

Die Phantasielosigkeit, mit der die Landesregierung die Biomassetage 2006 gestaltet hat, steht dem, was hier notwendig wäre, völlig entgegen. Es gab nur einen einzigen Tag der Holzpellets, an dem Holzpelletanlagen besucht werden konnten. Das ist eine Technik, die ich sehr schätze, die aber bei Weitem nicht die Bandbreite der Biomassetechnologie abdeckt.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Ich glaube, Sie haben nicht alles mitgekriegt!)

Ich habe sehr viel mitbekommen, Herr Uhlenberg. – Die Bürgerinnen und Bürger sind viel weiter als die Landesregierung. Sie brauchen praktische Beispiele, damit der sogenannte Funke überspringt und sie auch bereit sind, auf Biokraftstoffe und Stromerzeugung aus Biomasse umzusteigen. Wir haben acht konkrete Punkte genannt, die für uns wichtig sind, um einen Aktionsplan aufzustellen. Wir freuen uns auf die Beratungen.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Es muss etwas passieren. Wir können nämlich nicht mehr unbefangen über das Wetter reden. Das Wetter hat sich geändert. Wer dann, wie Herr Dr. Berger vorhin, noch Witze über die Solarforschung macht, zeigt deutlich, was er von diesen Technologien hält. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Stinka. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Josef Wirtz das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDULandtagsfraktion sieht in der Biomasse einen besonders aussichtsreichen und verlässlichen Energieträger der Zukunft. Die Biomasse hat in Land- und Forstwirtschaft einen zunehmend wichtigen Stellenwert und stärkt damit unter anderem auch den ländlichen Raum. Letztlich können mit der Biomasse bis zu 15 % – Herr Kollege Stinka sprach von 17 %; da liegen wir nicht weit auseinander – unseres Primärenergiebedarfs gedeckt werden. Dieser Energieträger ist aber, anders als Windkraft und Sonnenenergie, nicht vom Wetter abhängig. Herr Stinka, das Wetter ändert sich be

kanntlich immer. Sie haben ja eben vom Wetter gesprochen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Damit leisten die nachwachsenden Rohstoffe einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Hierzu darf ich Ihnen ein Beispiel aus meiner Region nennen. Seit zwei Jahren gibt es im Raum Düren, Aachen und Heinsberg einen Zusammenschluss von 100 Landwirten, die Biogasanlagen bauen und betreiben.

In diesem Monat ging in Baesweiler die erste Anlage ans Netz, und die öffentliche Wahrnehmung dieses Projektes war sehr groß. Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist, und die Wärme wird ans Hallenbad in Baesweiler geliefert. Die Anlage wird ausschließlich mit Mais gespeist, der in unmittelbarer Nähe angebaut wird. Weitere Anlagen werden folgen, zum Beispiel zur Versorgung des zukünftigen Schwimmleistungszentrums in Jülich. Dieses Beispiel nenne ich Ihnen, um zu verdeutlichen, dass die Landwirte schon viel weiter sind, als wir manchmal glauben.

(Beifall von der CDU)

Sie sehen auch, dass sich nachwachsende Rohstoffe selbstständig am Markt etablieren.

In seiner Einführungsrede zum Haushaltsplanentwurf im September des vergangenen Jahres zeigte Minister Uhlenberg auf, dass wir erstens eine solide Ermittlung und Darstellung der Chancen in Form eines nationalen Biomasseplans benötigen und dass zweitens für Nordrhein-Westfalen eine Biomassestrategie entwickelt werden soll. Beides ist auf dem Weg. Von fehlendem Engagement kann also nicht die Rede sein.

(Beifall bei der CDU)

Aber ich darf noch einmal auf mein Beispiel zurückkommen. Die Landwirte – das betrifft nicht nur die aus meiner Region – müssen sich, um bestehen zu können, nach weiteren Einnahmequellen umsehen. Gleiches gilt selbstverständlich auch für die Energieversorgungsunternehmen. Bei der Entwicklung der Biomassestrategien in NordrheinWestfalen muss deshalb darauf geachtet werden, dass ein gesundes Gleichgewicht zwischen Produktionsmenge und Preis erreicht wird.

Gleichzeitig darf das nicht dazu führen, dass die Produktion von Nahrungsmitteln mit der Energieproduktion konkurriert. Deshalb ist es dringend erforderlich, die Verpflichtung der Landwirte zur Flächenstilllegung aufzuheben, wie wir dies im vergangenen Jahr in diesem Hohen Haus beantragt haben.

Die CDU-Landtagsfraktion tritt daher dafür ein, die Herausforderung der Energie- und Klimapolitik anzunehmen und die Entwicklungschancen in Nordrhein-Westfalen zu nutzen. Dieses Thema muss im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz intensiv beraten werden. Deswegen stimmen wir der Überweisung an die vorgesehenen Ausschüsse zu. Der Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie wird mitberatend tätig. – Ich bedanke mich.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wirtz. – Für Bündnis 90/Die Grünen erhält der Abgeordnete Priggen das Wort.

Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Wirtz, wenn ich mir angucke, worüber zurzeit in diesem Bereich diskutiert wird, angestoßen von der Europäischen Union, nämlich über den Aktionsplan Biomasse; über die Beiträge der EUKommission zur verstärkten Anstrengung im Klimaschutz und über die EU-weiten Zielsetzungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien, wenn ich in den Zeitungen lese, dass im Moment internationale Konzerne dabei sind, zum Beispiel deutsche Windkraftunternehmen wie Repower komplett aufzukaufen, wenn ich den ganzen Boom sehe und heute höre, dass US-Präsident George Bush in seiner gestrigen Rede gesagt hat, die Amerikaner sollten den Benzinverbrauch um 20 % reduzieren und die erneuerbaren Energien deutlich ausbauen, muss ich sagen: Ich habe, ehrlich gesagt, den Eindruck, dass diese Debatte an Ihnen, an den Regierungsfraktionen und der Landesregierung, völlig vorbeigeht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann muss ich auch ganz klar sagen, dass Sie keine Koalition der Erneuerung sind, sondern, gerade was die Biomasse betrifft, eine Koalition der Enttäuschung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die absurdesten Beiträge kommen von der FDP. Der Kollege Ellerbrock hat hier gesagt – ich zitiere –: „Es gibt kein Grundrecht auf ein konstantes Klima.“

(Holger Ellerbrock [FDP]: Richtig!)

Das ist wirklich, destilliert in einem Satz, die Ignoranz gegenüber diesen Problemen. Morgen früh reden wir über den Orkan und darüber, welche Schäden er verursacht hat: Personenschäden und Sachschäden. Niemand, der seine Sinne beisammen hat, kann diese Entwicklung ignorieren

und vor der Tatsache die Augen verschließen, dass wir so etwas jetzt unter Umständen zyklisch öfter erleben werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Dann kommen Sie mit einem derart zynischen Spruch. Bleiben Sie morgen früh unter Umständen besser dem Saal fern, damit Ihnen die Debatte nicht zu sehr wehtut. Das ist absurd.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber das ist gar nicht mein Hauptpunkt; ich will das ganz ehrlich sagen. Herr Wirtz hat eben angesprochen, dass erst ein nationaler Biomasseplan erstellt werden muss. Dann muss eine Erhebung in NRW gemacht werden. Beides ist auf dem Weg. Herr Wirtz, das reicht so, ehrlich gesagt, nicht.

Wir haben uns in den Jahren zuvor bemüht, gerade in den Bereichen – ich habe immer gedacht, da sei vieles, was man zusammen machen könnte –, wo die Bioenergien Einnahmepotenziale für die Landwirtschaft bieten, deutlich weiterzukommen. Wir erleben jetzt aber, dass trotz der Bedingungen, die so gut sind wie noch nie, um in diesem Bereich für investiertes Geld eine sichere Rendite zu bekommen, in NRW zu wenig passiert. Überall in der Bundesrepublik, in Niedersachsen, boomt es. Wir wissen allerdings, dass die Schweinepreise einem Auf und Ab unterliegen. Keiner weiß genau, was in einem Jahr ist. Diejenigen, die Biogas machen, haben eine Preiszusage für 20 Jahre. Eine so klare, konstante Garantie seitens des Staates hat es noch nie gegeben. Aber das, was wir innerhalb von fünf, sechs Jahren mühsam angeschoben haben, stagniert und unterliegt im Prinzip der Auseinandersetzung, die Sie landwirtschaftsintern haben: Konkurrenzen um Flächen. Hier wird verschlafen, diesen Zug weiter nach vorne zu bringen und das zu machen, was in anderen Bundesländern gemacht wird.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist enttäuschend. Man muss nicht erst auf einen nationalen Biomasseplan warten. Wer will das denn? Das ist wieder der Wettbewerb im Geleitzug, der Allerletzte zu sein.

Deswegen ist der Antrag, den die sozialdemokratische Fraktion eingebracht hat, richtig. Ich könnte jeden Satz aus diesem Antrag unterschreiben. Er ist richtig, Herr Stinka. Er ist auch in den Konsequenzen richtig.

CDU und FDP sind jetzt anderthalb Jahre an der Regierung. Sie haben für dieses Jahr einen Haushalt vorgelegt. Das Ganze umfasst also die

Hälfte der Legislaturperiode. Wenn dann im Bereich Biomasseenergie, wo Sie davon ausgehen können, dass es in allen Fraktionen – die FDP klammere ich aus, die interessiert das Problem nicht – weitestgehende Unterstützung gibt, nichts in der Sache kommt, ist das nur enttäuschend.

Nordrhein-Westfalen ist natürlich in erster Ausprägung Industrieland. Aber wir wissen, dass Nordrhein-Westfalen auch große agrarische Bereiche und erhebliche Biomassepotenziale hat. An der Stelle fallen wir aber weit, weit zurück und verlieren in der Tendenz gegenüber anderen Ländern statt aufzuholen.

Das, was wir in den Jahren vor allen Dingen von Rot-Grün angeschoben haben, mit einer Vorleistung – das ist zugestanden – der alten KohlRegierung in Form des Einspeisegesetzes im Bereich Windkraft – Exportanteile 70 %, ausländische Firmen, die deutsche aufkaufen, weil wir in der Technologie führend sind –, müssten wir auch für die Biomasse entwickeln, um das zu verkaufen. Wir wissen, dass gute Ingenieurbüros, die aus dem Agrarbereich kommen – Kreis Borken und anderswo –, nach Holland gehen, in Kanada angefragt werden. Wir bräuchten hier einen weiteren Schub. An der Stelle passiert mir einfach viel zu wenig. Das, was Sie oft angekündigt haben, ist bis jetzt jedenfalls nicht im Ansatz umgesetzt worden.

Deswegen ist der Antrag richtig. Wir warten darauf, dass Sie Ihre Planung endlich vorlegen, mindestens zur Hälfte der Legislaturperiode, damit man weiß, über was man beim nächsten Mal streiten kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. Zeitmäßig war das eine Punktlandung. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Ellerbrock das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte es schon befürchtet: „Kyrill“ ist Synonym Klimawandel. – Ich mag es einfach nicht mehr hören. Ich werde morgen noch einen Satz dazu sagen.