Protokoll der Sitzung vom 25.01.2007

Meine Damen und Herren, ich will nicht missverstanden werden. Bei geeigneter Ausgestaltung kann der Emissionshandel grundsätzlich ein wirkungsvolles Instrument zur Reduzierung der Abgasemissionen im Luftverkehr darstellen. Er sollte allerdings so gestaltet sein, dass sowohl eine ökologische Wirkung erzielt als auch Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.

Sie haben von einer Berechnung berichtet, bei der es darum ging, wie stark der Preis eines Tickets bei der Einbeziehung des Flugverkehrs in den Zertifikatehandel steigen soll. Wenn ich es richtig gehört habe, waren das 1,90 bis 4,00 €. Welcher Anreiz soll denn hier für technologische Entwicklung im Flugzeugbau geschaffen werden? Was rechnen Sie sich denn da zwischen Weihnachten und Neujahr zusammen? Die Abhängigkeiten sind an dieser Stelle mit Sicherheit andere.

(Svenja Schulze [SPD]: Für andere An- triebsarten, habe ich gesagt!)

Ja, aber bei 1,50 € pro Ticket? Sie wissen, dass die Preissensibilität beim Luftverkehr sicherlich in anderen Größenordnungen liegt als bei 1,50 €. Die Überwälzungsmöglichkeiten sind bei dieser Summe überhaupt kein Problem.

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Machen Sie dasselbe aber einmal bei energieintensiven Industrien, denen Sie dann vorhandene Zertifikate für den Luftverkehr abjagen, wenn Sie

den Luftverkehr einfach einbeziehen! Diese Industrien haben solche Überwälzungsmöglichkeiten nicht. Reden Sie einmal mit ihnen und fragen Sie sie, was sie von Ihren Überlegungen halten! Das muss man schon im Zusammenhang sehen, glaube ich.

(Beifall von CDU und FDP)

Die Einbeziehung des Flugverkehrs ist nicht unproblematisch. Übrigens sowohl Bundesverkehrsminister Tiefensee als auch Bundeswirtschaftsminister Glos befürchten Wettbewerbsnachteile für die europäischen Luftverkehrsunternehmen sowie gravierende Konflikte.

Tatsächlich ist kaum anzunehmen, dass bei der ab 2012 vorgesehenen Einbeziehung aller auf europäischen Flughäfen startenden und landenden Flugzeuge in den Emissionshandel sich die Luftverkehrsgesellschaften aus nicht EU-Staaten den Restriktionen dieser Regelung unterwerfen werden.

Frau Ministerin, Ihre Redezeit ist vorbei.

Tut mir leid, es ist zu wichtig.

(Heiterkeit)

Vielmehr würden die weltweiten Luftverkehrsströme künftig um das Gebiet der EU herumgeleitet, wann immer dies möglich wäre. Wollen wir das tatsächlich? Wir können keine neuen Insellösungen gebrauchen, sondern wir müssen solche Regelungen weltweit verabreden. Und das geht eben nach Kyoto.

Wenn man bei den direkten Emissionen des Luftverkehrs schnell etwas erreichen will, habe ich einen anderen Vorschlag: Unmittelbar hilfreich wäre nämlich ein verbessertes Luftverkehrsmanagement auf europäischer Ebene. Dieses als einheitlicher europäischer Luftraum benannte Instrument Single European Sky der Europäischen Kommission würde Verbindungen optimieren und Warteschleifen verhindern. Die Emissionen könnte man dadurch um 8 % bis 12 % reduzieren. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Einschätzung teilen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Wir kommen zur Abstimmung über den Inhalt des Antrages Drucksache 14/3490. Liebe Kollegin

nen und Kollegen, die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Das sieht man.

(Der Plenarsaal ist besetzt. – Heiterkeit)

Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – Die Fraktionen von CDU und FDP. Wer enthält sich? – Die SPD-Fraktion. Meine Damen und Herren, damit ist dieser Antrag mit der Stimmenmehrheit von CDU und FDP abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

8 Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Landesentwicklung (Landesentwicklungs- programm – LEPro)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/3451

erste Lesung

Ich weise darauf hin, dass es hierzu einen Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/3587 – Neudruck – gibt. Dieser Entschließungsantrag wird erst nach Abschluss der Beratungen zur Abstimmung gestellt.

Zur Einbringung des Gesetzentwurfes erteile ich für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Attraktive Innenstädte stehen für eine prosperierende Wirtschaft in den Städten und Gemeinden unseres Landes. Innenstädte, in denen wir gerne wohnen, arbeiten und investieren sind ohne Handel nicht denkbar. Deswegen wollen wir die Innenstädte stärken. Das hat sich auch die Bundesregierung vorgenommen.

Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir eine starke Landesplanung, denn leider wollen sich nicht alle Kommunen kooperativ mit ihren Nachbarn auf zentrenverträgliche Einzelhandelsentwicklung verständigen. Das hat die Diskussion um die Erweiterung von CentrO, Oberhausen, eindrucksvoll gezeigt.

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster gilt die wichtigste Vorschrift für den Einzelhandel, § 24 Abs. 3 des Gesetzes zur Landesentwicklung, allerdings nicht mehr als verbindliches Ziel der Raumordnung. Das heißt, die Gemeinden können sich bei der Bauleitplanung

über landesplanerische Belange hinwegsetzen, die dem Schutz der Zentren und dem Schutz der Nachbargemeinden dienen.

Deswegen hat die Landesregierung beschlossen, die Initiative für eine Gesetzesänderung zu ergreifen. Unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände und der Institutionen der Wirtschaft wurde im letzten Jahr eine neue landesplanerische Regelung für den großflächigen Einzelhandel ausgearbeitet, die § 24 Abs. 3 ersetzen soll.

Die neue Regelung sieht vor, dass Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe nur noch in den Zentren, das heißt, in den Innenstädten, Ortsmitten oder Statteilzentren, entstehen dürfen, wenn sie hauptsächlich zentrenrelevante Waren anbieten. Für großflächige Betriebe, die kaum zentrenrelevante Ware führen, wie zum Beispiel Bau- und Möbelmärkte, kommen auch weiterhin Standorte außerhalb der Zentren in Betracht.

Einschränkungen sind vorgesehen, wenn Handelsflächen in Verbindung mit Freizeitgroßprojekten oder Hersteller-Direktverkaufszentren geplant werden. Damit setzt Nordrhein-Westfalen Empfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung um.

Wenn solche Projekte in der Nähe der Landesgrenze entstehen, können sie unsere Politik der Stärkung der Innenstädte konterkarieren. Deswegen habe ich die Raumordnungsminister von Hessen und Niedersachsen kürzlich mit der Bitte angeschrieben, an ihrer bisherigen restriktiven Ansiedlungspolitik für Hersteller-Direktverkaufszentren festzuhalten.

In unseren Nachbarländern wird die weitere Entwicklung in Nordrhein-Westfalen aufmerksam verfolgt. Wenn wir nicht wollen, dass jenseits der Landesgrenze Einzelhandelsprojekte entstehen, die unseren Kommunen schaden, müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen.

(Beifall von der CDU)

Sie, meine Damen und Herren, setzen dafür heute ein wichtiges Signal, indem Sie das parlamentarische Verfahren für die Änderung des Gesetzes zur Landesentwicklung eröffnen.

Die neue Regelung für den großflächigen Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen, die Ihnen nun vorliegt, beschränkt sich auf das Wesentliche. Sie bietet Kommunen und Unternehmen wieder eine verlässliche Planungsgrundlage. Außerdem trägt sie zur Beschleunigung von Verwaltungsverfahren bei. Davon profitieren vor allem mittelständische Betriebe. Neue Aufgaben oder Kosten für die Kommunen sind damit nicht verbunden.

Wir brauchen eine neue landesplanerische Regelung für den großflächigen Einzelhandel, um die Kommunen zu stärken, die auf ihre Nachbarn Rücksicht nehmen. Und wir brauchen diese neue Regelung so schnell wie möglich, damit Investoren buchstäblich darauf bauen können.

Deswegen freue ich mich, dass der Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie die Gesetzesinitiative der Landesregierung ebenso wie die damit verbundene Zielsetzung fraktionsübergreifend begrüßt und die Beratung des Gesetzentwurfs nach Möglichkeit noch in der ersten Hälfte dieses Jahres abschließen möchte. Dafür bitte ich um Ihre Unterstützung.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die SPD-Fraktion erhält das Wort Frau Kollegin Hammelrath.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade in NordrheinWestfalen prägt Urbanität Orte und Menschen. Ihr Verlust ist Verlust von Identität. Mit der Verödung von Innenstädten, in denen ein Geschäft nach dem anderen unter dem Druck der Giganten auf der grünen Wiese schließt, gehen nicht nur Arbeitsplätze verloren. Eine ganze Wirtschaftskultur geht zugrunde und ein für die Stadt mit ihrer sozial und ethnisch gemischten Bevölkerung essenzieller Kommunikationsraum verschwindet.

Seit geraumer Zeit versucht die SPD-Fraktion im Landtag von NRW, Bewusstsein für die Probleme des Einzelhandels in den Innenstädten zu wecken. Der Erfolg freut uns.

(Lachen von Dietmar Brockes [FDP])

Wir begrüßen es, dass die Landesregierung nun einen Gesetzentwurf vorlegt, mit dem der Einzelhandel in den Stadtzentren gestärkt werden soll. Es ist höchste Zeit dafür. Mittlerweile sind es ja nicht mehr nur die Fachgeschäfte in den Innenstädten, sondern auch die zentrumsnahen klassischen Supermärkte, die dem Preisdruck der Discounter am Stadtrand weichen. Ein Gesetz, das dem im Interesse lebendiger und wirtschaftlich starker Stadtzentren entgegensteuert, ist mit uns jederzeit zu machen.

(Ministerin Christa Thoben: Danke!)

In der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 17. Januar hat Staatssekretär Baganz angeregt, dass alle Fraktionen den Gesetzentwurf der Landesregierung mit einem gemeinsamen Entschließungsantrag unterstützen sollten. Die SPD hat

hierzu einen Vorschlag vorgelegt. Wir hoffen auf die Zustimmung der anderen Fraktionen.

Angesichts der Dringlichkeit des Gesetzesvorhabens ist Kooperation geboten. Wir haben auch keinen Zweifel, dass die Landesregierung mit ihrem Entwurf das richtige Ziel verfolgt. Wer zwischen Aachen und Bielefeld will schon leere Ladenlokale an ausgestorbenen Innenstadtstraßen?