(Marc Jan Eumann [SPD]: Herr Breuer, könnten Sie noch einmal Ihre Bemerkung zur Präsenz in den Reihen der CDU wiederho- len? – Minister Michael Breuer: Nachher, bei der Abstimmung! – Claudia Nell-Paul [SPD]: Ja, da kommen immer alle; das stimmt! – Gi- sela Walsken [SPD]: „Glashaus“ lautet das Stichwort!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine spannende Diskussion. Jetzt sollten wir aber Frau Nell-Paul zuhören. – Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach all den Monaten der Ankündigung können wir heute endlich über etwas Konkretes diskutieren. Endlich liegt nämlich ein Gesetzentwurf vor, den wir heute debattieren.
Die Koalitionsfraktionen weigern sich wieder einmal – das wird hier deutlich sichtbar –, den großen medienpolitischen Fragestellungen dieser Zeit nachzugehen. Sie haben zum Thema Medienpolitik einfach nichts beizutragen – außer Abschaffung und Abbau.
Wo bleiben – auch in diesem Entwurf – denn die Antworten auf die vielen Fragen, die wir in dieser Debatte gehört haben? Selbst Herr Jarzombek hat hier ja einige wichtige und richtige Fragestellungen angesprochen, zum Beispiel die Frage, wie in Zeiten der Digitalisierung eine Regulierung aussehen kann und soll. Der Markt wird eben nicht schon alles regeln, sondern wir brauchen neue Instrumente.
Was ist mit der Frage des Rundfunkbegriffes in Zeiten von Triple Play? Wie gehen wir auf rundfunkrechtliche Notwendigkeiten ein, wenn Netzbetreiber nicht nur verbreiten, sondern auch Inhalte produzieren und vermarkten? – Es gibt sehr viele Fragestellungen, die man auch im Rahmen dieses Gesetzentwurfes neu diskutieren könnte.
Man könnte natürlich sagen, dass Sie das von der alten Landesregierung mit den Koalitionsfraktionen von Rot und Grün verabschiedete Gesetz so gut finden, dass Sie keinen Änderungsbedarf sehen. Das ist wahr. Es gibt aber natürlich Fragestellungen, die im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung neu aufgegriffen werden müssten.
Zunächst zum Bürgerfunk: „Der Bürgerfunk“ – so heißt es in Ihrer Koalitionsvereinbarung – „hat sich in seiner jetzigen Form überwiegend nicht bewährt. Wir werden zusammen mit den Beteiligten ein neues Konzept entwickeln“. Das haben Sie angekündigt. Da kann ich nur sagen: Versprochen, gebrochen!
Denn Sie haben nichts mit den Beteiligten abgesprochen, im Gegenteil. In weiser Voraussicht haben die aktiven Bürgerfunkerinnen und -funker schon in den vergangen Wochen mit Dutzenden von Zuschriften ihrer Sorge Luft gemacht, dass der Bürgerfunk aufs Abstellgleich geschoben wird.
Auch die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege haben ihre Bedenken und Anregungen vorgetragen. Sie kritisieren insbesondere, dass der Rechtsstatus des Bürgerfunks abgeschafft wird. Eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, wollten Sie doch diese Anregungen und Bedenken aufnehmen und in Ihren Gesetzesentwurf hineinnehmen.
Sie wollten sich intensiv mit diesen Argumenten der Beteiligten auseinandersetzen, Gespräche führen und Lösungsansätze aufnehmen. Wenigstens – das muss ich zugeben – hat die CDUFraktion eine kleine Anhörung durchgeführt. Doch ein Blick ins Gesetz zeigt: Nichts, was Ihnen dort gesagt worden ist, haben Sie aufgenommen.
Das sehen die Bürgerfunkgruppen übrigens selbst so. Vor allem aber die Landesmedienanstalt – Herr Witzel hat darauf hingewiesen – hat sich durch die Volpers-Studie mit dem Thema „Bürgerfunk in Nordrhein-Westfalen“ einer breiten Debatte gestellt. Diese Studie bietet hervorragende Analysen und Ausblicke. Sie kommt – das möchte ich zitieren – zu dem Ergebnis:
„Das Programmangebot des Bürgerfunks ist vielfältig und als Ganzes betrachtet besser als sein Image.“
Hört, hört! Die Studie gibt auch Hinweise, wie diese Fehlentwicklungen und Schwächen behoben und die Entwicklungsmöglichkeiten des Bürgerfunks aussehen könnten.
Auch die Landesmedienkommission hat sich selbst mit dieser Frage beschäftigt und eine Stellungnahme abgegeben, die Ihnen vorliegt. Dort werden Qualitätsverbesserungen und eine Neuausrichtung in der Finanzierung des Bürgerfunks vorgeschlagen. Auch hier zeigen sich die Koalitionsfraktionen beratungsresistent.
Warum haben die Vorschläge nicht wenigstens ansatzweise Widerhall in Ihren Beratungen gefunden? Bezweifeln Sie die Kompetenz der Landesmedienkommission in dieser Frage?
Nichts von all den Debatten finden wir wieder. Sie haben kein neues Konzept entwickelt, sondern Sie rufen zur Beerdigung des Bürgerfunks auf.
Wir alle wissen doch, dass zu dieser Primetime kein Sender eine Chance hat. Das wissen übrigens auch die vernünftigen Teile in der CDUFraktion. So wird der Kollege Tenhumberg in den „Westfälischen Nachrichten“ zitiert, er könne die Sorgen der Radiomacher verstehen, hätte persönlich auch einen Sendetermin um 19 Uhr favorisiert,
(Zurufe von der SPD: Ah! Oh! – Marc Jan Eumann [SPD]: Da wackelt der gelbe Schwanz mit dem schwarzen Hund!)
Wiederum ein Kniefall der großen stolzen CDU vor dem kleinen Partner FDP. Finden Sie nicht, liebe Kollegen der CDU, dass sich das langsam häuft? Gemeindeordnung lässt grüßen.
Ich sage nur: Mit uns kommt dieses Gesetz nicht zustande. Wir kämpfen mit den Bürgerfunkgruppen für ein attraktives Programm zu attraktiven Sendezeiten.
Das ist unser Thema, und zwar nicht erst seit heute, sondern wir haben mit der Novellierung des alten Landesrundfunkgesetzes ein modernes Landesmediengesetz geschaffen, das bürgerschaftliches Engagement gesetzlich verankert. Kinder, Jugendliche, Schülerinnen und Schüler, Senioren, Migranten, Frauengruppen, Mitglieder aus Vereinen, aus Sportvereinen und anderen Bürgervereinen – das alles ist heute Bürgerfunk. Das ist gelebte Partizipation in einer Medienwelt, die so undurchschaubar in dieser globalisierten Welt geworden ist.
Meine Damen und Herren, es ist eine Sache, in Sonntagsreden mehr Medienkompetenz zu fordern, etwas anderes ist, sie wirklich zuzulassen. Es ist scheinheilig, sich über Videospiele aufzuregen und ein aufgeklärtes Verhältnis zu den neuen Medien zu fordern, im gleichen Atemzug aber die Strukturen von Medienkompetenz zu zerschlagen. Da hilft auch kein Verweis auf die sogenannten Schulprojekte oder auf – wie es bei Ihnen heißt – „Radio in der Schule“.
Natürlich, Medienkompetenz muss Kernaufgabe von Schule sein. Eine schöne Aufgabe für Frau Sommer, die ich eben noch hier gesehen habe. Von ihr hat man bisher dazu wenig gehört.
Aber das aufzurechnen – übrigens: finanzielle Mittel des Gebührenzahlers – gegen Finanzierung von Pflichtaufgabe Schule oder das etwa mit dem Bürgerfunk aufzurechnen, finde ich schon dreist.