Claudia Nell-Paul

Sitzungen

14/12 14/15 14/16 14/18 14/19 14/27 14/28 14/31 14/37 14/43 14/47 14/49 14/50 14/51 14/58 14/65 14/67 14/76 14/83 14/86 14/109 14/112

Letzte Beiträge

Herr Präsident! Das vierte Mal in Folge können wir gemeinsam die Steigerung des Kulturhaushalts feiern.
Herzlichen Glückwunsch! Das finde ich toll. Darüber freue ich mich. Dazu kann ich mich hier ganz klar und offen bekennen. Jede Mark, die mehr in die Kultur fließt, ist eine gut angelegte Mark.
Wie bitte?
Ja, Euro. Genau. Habe ich Mark gesagt? – Da sehen Sie, wie einem die Mark doch noch im Blut liegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Klarheit und Wahrheit gehört eben auch – das muss man sehen, wenn man die Zahlen nimmt –, dass von den 19,5 Millionen €, die wir nun mehr im Kulturhaushalt haben, 12 Millionen € in den Erweiterungsbau der Kunstsammlung K20, in Projekte wie RUHR.2010 oder in die Kunststiftung fließen. Es ist also eine ganze Menge Geld, das zwar auch in die Kultur fließt, aber nicht direkt der Kulturförderung vor Ort zugute kommt.
Es bleiben immerhin noch 7 Millionen €, die wir hier feiern sollten – die anderen feiern wir natürlich auch, aber in anderem Zusammenhang –, und von diesen 7 Millionen € fließt fast die Hälfte in die Musikpflege. Das finde ich sehr beachtlich und auch sehr begrüßenswert, insbesondere deswegen, weil ein Großteil dieser Gelder in „JeKi“ fließt, ein Projekt, das sich die neue Landesregierung hier gerne selbstlobend ans Revers heftet.
Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es ein Projekt ist, das von der Stadt Bochum ausging, dort viel Lob erfuhr und erst mit der Bundeskulturstiftung in Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas 2010 ermöglicht wurde. Es ist ein Projekt, das wir alle gemeinsam begrüßen und tragen können. Insofern können wir uns alle freuen, wenn hier ein Fortschritt erzielt wird; wir werden darüber in den nächsten Tagen mit einem Antrag der Koalitionsfraktionen beraten. Es gibt natürlich auch ein paar Probleme und Fragezeichen; darauf möchte ich schon jetzt hinweisen.
Das Vorzeigeprogramm der Landesregierung, nämlich „Kultur und Schule“, tritt mit Blick auf den Haushalt dagegen etwas auf der Stelle. Hier haben wir – in Anführungszeichen – „nur“ einen Zuwachs um 100.000 € bei einem Volumen von 4,4 Millionen €. Ich sage Ihnen: Sie werden in Zukunft keine großen Zuwächse realisieren können, wenn Sie nicht konkretisieren, wie denn hier konzeptionell weiter vorzugehen ist.
Wir haben immer wieder warnend gesagt: Es ist ein gutes Projekt, das aus der offenen Ganztagsschule entstanden ist. Es ging darum, Künstler, Musikschulen, Kunstschulen an Schule zu bringen und zu einem gemeinsamen kulturellen Bildungsprojekt zu kommen.
Inzwischen stellt sich die Sache allerdings so dar, dass ein Großteil der Kinder und Jugendlichen von diesen Projekten nichts mitbekommen, während andere Kinder, die in gut situierten Kommunen leben, davon mehr mitbekommen. Wir haben es eigentlich immer als kulturelle Bildung für alle und nicht nur für einen Teil von Kindern und Schülerinnen und Schülern und insbesondere nicht nur für einen Teil von Kommunen, Städten und Gemeinden, die sich die Kofinanzierung leisten können, verstanden; das können sich nämlich nicht alle Kommunen leisten, wie wir wissen; aber darauf werde ich gleich noch an anderer Stelle zu sprechen kommen.
Wenn wir weiter in den Haushalt schauen, dann finden wir auch Bereiche, die überhaupt nicht im Fokus der Landesregierung stehen. Ich will hier nur das Thema Integration nennen: bedauerlicherweise seit Jahren ein gleich bleibender Zuschuss, keine Erhöhung zu verzeichnen, eine kleine Summe von 500.000 €. Wer die letzten Tage Zeitung gelesen und mitbekommen hat, was für ein enormes Problem sich nach wie vor in Nordrhein-Westfalen gerade beim Thema Integration abzeichnet, kann nur sagen: Diese Summen sind kulturpolitisch betrachtet ein Offenbarungseid, was das Thema „Kultur und Integration“ angeht.
Aber all das ist von geringer Dramatik, wenn man zu den wirklichen Problemen kommt: die Schere zwischen dem Anspruch der Landesregierung zur Kulturpolitik auf der einen Seite und der katastrophalen finanziellen Situation der Kommunen auf der anderen Seite. Das gehört auch zur Wirklichkeit.
Wir müssen uns vor Augen halten, dass wir uns, wenn wir von der Kulturförderung des Landes sprechen, in etwa in der Größenordnung des Kulturhaushalts der Stadt Düsseldorf oder der Stadt Köln bewegen. Sie sind nur ein wenig niedriger. Das heißt, wir haben ein eklatantes Auseinandergehen von Anspruch und Wirklichkeit. Wir in NRW rühmen uns doch zu Recht unserer breiten, vielfältigen Kul
turlandschaft in den Kommunen. Wie in keinem anderen Bundesland – das betonen wir doch in jeder Rede – findet unser kulturelles Leben auf hohem Niveau in unseren Städten und Gemeinden statt. Selbst die Landesregierung schreibt das auf ihrer Internetseite – ich zitiere –:
Die kulturelle Landschaft Nordrhein-Westfalens zeichnet sich aus durch Vielfalt, Kreativität und Weltoffenheit. Theater und Orchester, Museen, Bibliotheken, Freie Szene, vor allem aber die etwa 30.000 hier lebenden Künstlerinnen und Künstler bestimmen das Klima des Landes mit.
Ja, richtig. Aber all das passiert aus den Kommunen heraus. Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Veranstaltungen und Termine auf engem Raum. Hinzu kommen die herausragenden Events in Nordrhein-Westfalen: RuhrTriennale, Ruhrfestspiele, Musikfestspiele, große international bedeutende Ausstellungen der Museen, um nur einiges zu nennen.
„Stadt macht Kultur“ müsste die Überschrift für diese Highlights und Aktivitäten heißen und nicht: „Staat macht Kultur“. Da haben wir in NordrheinWestfalen eine völlig andere Tradition, und wir sollten sehr stolz darauf sein. Denn es sind die Kommunen selbst, die hier aktiv werden. Es sind aber in den Kommunen auch die unzähligen Stiftungen, Sponsoren, Freundeskreise der Museen und Theater, Kulturvereine und Initiativen – kurz: das ganze Spektrum von gemeinnützigem und bürgerschaftlichem Engagement. Darauf sollten wir bauen, wenn wir die weitere Kulturförderung im Blick haben. Hier liegen die Kreativität und die Substanz von Kunst und Kultur in NRW. Diesem Aspekt von Vielfalt und Verantwortung wird die Landesregierung nicht gerecht. Ganz im Gegenteil: Auf die katastrophale Situation in den Kommunen reagiert die Landesregierung mit Ignoranz und Arroganz.
Das sage ich auch nach dem Verfolgen der Debatte heute Morgen zum Gemeindefinanzierungsgesetz. Ich hatte eine Frage, die Herr Engel nicht zugelassen hat, und musste mir anhören, dass sich eine Kommune – er hat die Kommune nicht genannt; er meinte Oberhausen – „sich ein defizitäres Theater ans Bein bindet“. So Herr Engel von der FDP wörtlich,
im Protokoll nachlesbar. Das zeigt doch auch Ihr Denken. Das heißt, dass den Kommunen in ihrer Not und bei ihren kommunalen Problemen, was die Finanzsituation angeht, nicht geholfen wird, sondern in Kauf genommen wird, dass Theater vor dem Aus stehen und auf der kommunalen Seite Kulturinitiativen und Kultureinrichtungen dichtgemacht werden müssen. Das passiert doch im Moment in unserem Land.
Es gibt Hilferufe genug, nicht nur aus Oberhausen. Wir wissen zum Beispiel aus der Anhörung zu unserem Antrag zum Bibliotheksgesetz, dass es in Nord
rhein-Westfalen Bibliothekssterben gibt. Vor all dem verschließt die Landesregierung die Augen und verweist auf das tolle Ergebnis der Verdoppelung des Kulturförderhaushalts im Lande. Ich glaube, dass sich da eine Riesenschere auftut, die der Kultur in Nordrhein-Westfalen langfristig nicht gut tut.
Ein weiterer Aspekt, den ich noch ansprechen will: Man verabschiedet sich wohl ein bisschen von der Verantwortung auf der kommunalen Seite und nimmt stärker in den Fokus, sich selbst mit großen Events zu schmücken. Denn man hat eine Kulturkommission, eine Expertenkommission beauftragt, Vorschläge zu machen. Siehe da, die Vorschläge heißen: Staatstheater, Staatsorchester, Staatsoper. Der Staat, das Land, will sich also selbst die schmückende Kultur aneignen, die im Moment noch unter der kommunalen Familie blüht und gedeiht.
Um auf das eben Gesagte zurückzukommen: Das ist nicht unser Weg. Unser Weg ist die Stärkung der kommunalen Familie, damit sie die Kulturaufgabe, die sie in der Vergangenheit in dieser Vielfalt und Produktivität erbracht hat, auch weiterhin wahrnehmen kann. In diesem Sinne wollen wir gerne offen und streitig diskutieren. Wir hoffen sehr, dass diese Diskussion irgendwann im politischen Raum ankommt.
Ich höre sofort auf. – Wir haben den Eindruck, dass sich die Landesregierung dieser Diskussion entzieht. Sie sagt nicht, welche Ergebnisse des Expertenberichts sie umsetzen will. Wir hoffen, dass wir irgendwann zu diesen Debatten kommen werden. Wir werden natürlich weiterhin dafür sorgen, dass die Kommunen ihre Aufgaben …
… im Kulturbereich lösen können. – Danke, Herr Präsident, für Ihre Geduld.
Frau Präsidentin! Meine Kollegen sagen, ich soll uns einmal wach machen. Dabei ist der Antrag sozusagen in Hektik entstanden. Man müsste also eigentlich wach und hektisch sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen, wir haben uns wirklich gefragt, was Sie veranlasst hat, zum jetzigen Zeitpunkt einen solchen Antrag zu stellen. Vielleicht ist er politisch motiviert – dazu komme ich gleich noch –, von der Sache her ist er aber unerklärlich und nicht akzeptabel. Es handelt sich im wahrsten Sinne des Wortes um einen Schnellschuss, und zwar insoweit, als eine Debatte über den Inhalt, nämlich über die Zukunft der Theaterlandschaft in NordrheinWestfalen, offensichtlich gar nicht erwünscht ist.
Sie stellen hier einen Antrag mit direkter Abstimmung. Noch nicht einmal der Fachausschuss hat die Gelegenheit, zu einer solchen doch von der Tragweite her bedeutenden Frage, wie wir in Zukunft unsere Theaterlandschaft gestalten, zu diskutieren. Der Vorsitzende des Fachausschusses sitzt in unseren Reihen. Der Fachausschuss hätte sicherlich sogar eine Sondersitzung dazu gemacht,
um dieses Thema kompetent und mit sachkundiger Unterstützung der Beteiligten, der Kulturschaffenden und derjenigen, die diese Kultur betreiben, zu beraten. Aber das ist alles nicht erwünscht. Wir diskutieren hier plenar, und zwar abschließend.
Lieber Vizepräsident Keymis, da verstehe ich auch die Grünen nicht, die diesen Schnellschuss heute durch einen Entschließungsantrag mitmachen. Für dieses Verfahren haben wir kein Verständnis.
Es ist auch ein Schnellschuss – wenn man in die Inhalte geht –, dass wir uns heute, eine Woche vor Weihnachten 2008, darüber unterhalten, dass uns eine Jury im Jahre 2012 Vorschläge macht. Da kann ich nur sagen: Welche Ignoranz und Arroganz! Im Jahre 2012 ist dieser Landtag nicht mehr im Amt.
Da werden möglicherweise ganz andere Entschlüsse gefasst und wird, so hoffe ich natürlich, auch eine andere Regierung hier sitzen.
Auch das ist reine Hektik, reiner Schnellschuss.
Drittens ist es ein Schnellschuss – das haben ja beide Redner eben auch deutlich gemacht –, weil Sie eine Diskussion über den Expertenbericht vorwegnehmen. Sie führen eine Kurzdebatte und erledigen damit sozusagen im Schnellverfahren die Diskussion über diesen Expertenbericht.
Ich kann das ja insoweit ein bisschen nachvollziehen, als der Expertenbericht öffentlich sehr, sehr viel Kritik geerntet hat. Ich habe das alles gesammelt. Ich könnte Ihnen das vernichtende Urteil über diesen Expertenbericht im Detail nahebringen. Aber Sie haben das ja wohl alle gelesen. Das heißt, alle fassen diesen Expertenbericht mit spitzen Zähnen an. Keiner traut sich so richtig, ihn inhaltlich zu diskutieren.
Wir haben deswegen vernünftigerweise im Kulturausschuss miteinander besprochen, dass wir erst einmal abwarten wollen, welche Schlüsse denn die Landesregierung – die hat ja den Expertenbericht in Auftrag gegeben – zieht, um das dann im Kulturausschuss zu debattieren. Aber diese Zeit wollen Sie sich nicht nehmen. Diese Zeit geben Sie auch den Beteiligten nicht.
Genauso verfahren ist übrigens – Sie waren ja dabei, Herr Sternberg – die Situation im Kuratorium der Kunststiftung. Auch dort sollte der Expertenbericht eigentlich diskutiert werden. Aber man hat sich vertagt. Es hat also bisher keine Debatte stattgefunden, jedenfalls keine öffentliche politische Debatte. Es hat lediglich eine Einladung zu einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem WDR und dem Kulturrat am 5. November im Theater an der Ruhr in Mülheim gegeben. Oliver Keymis war da. Ich war auch da. Nicht anwesend waren die regierungstragenden Fraktionen. Aber das muss ja nichts heißen.
Sie wollten sich der Diskussion da wohl nicht stellen. Dort wurde sehr heftig diskutiert, übrigens auch um die Frage der Theaterförderung. Dort wurde auch sehr kritisch diskutiert, auch zu den Vorschlägen der Expertenkommission.
Auch Herr Grosse-Brockhoff, unser Staatssekretär, hat sich dort sehr differenziert – ich will es einmal so benennen – geäußert. Er hat angekündigt, dass er eine breite Debatte im Lande initiieren will und dafür auch Raum und Zeit geben möchte. Ich würde sehr gerne hören, was Herr Staatssekretär GrosseBrockhoff, der wieder nicht anwesend ist,
dazu sagen würde. Das passt nicht zusammen, auf der einen Seite der Umgang mit diesem Antrag und auf der anderen Seite sein Plädoyer, mit den Betroffenen, mit den theaterführenden Kommunen, mit
den Theaterintendanten, mit der Öffentlichkeit und der Politik, der Kulturpolitik, eine Debatte zu führen. Nichts davon ist geblieben. Da kann ich nur sagen: Das, was Sie hier mit dem Antrag machen, ist ein Affront gegen Ihren eigenen Staatssekretär. Anders kann ich das nicht interpretieren.
Geäußert hat sich dort auch Herr Schaumann. Das ist wohl jetzt der Einzige im Land, der den Expertenbericht noch wirklich als Errungenschaft zur Schau stellt, im wahrsten Sinne des Wortes: zur Schau. Aber auch Herr Schaumann ist ja keiner, der hier heute reden kann und darf. Das heißt, wir sind wieder einmal in einer Situation – ich nehme an, Herr Minister Krautscheid wird gleich sprechen –, mit den Verantwortlichen, die hier mit diesen Sachen zu tun haben, keine Auseinandersetzung, keine Diskussion führen zu können. Ich kann das nach wie vor nur bedauern. Auch der Ministerpräsident, der eigentlich unser Kulturminister ist, ist nicht anwesend. Das zeigt, wie hier miteinander umgegangen wird.
Meine Damen und Herren, ich will nicht darauf verzichten, noch etwas zum Inhalt und zu den Themen, die hier angesprochen sind, zu sagen.
Gern.
Herr Sternberg, das sehe ich völlig anders. Ich komme auch gleich dazu. Ich sehe, dass der Text, den Sie uns vorgelegt haben, 1:1, wenn auch in den Worten zum Teil etwas abgemildert, aus dem Expertenbericht abgeschrieben ist.
Sie haben nur ein Einziges verändert – da danke ich Frau Kollegin Freimuth für die klaren und offenen Worte –, nämlich dass Sie nicht nach Staatstheatern rufen. Der Begriff „Staatstheater“ ist fallen gelassen worden, offensichtlich auf Druck der FDP. Dafür sind wir herzlich dankbar, weil auch wir meinen, dass das ein völlig falscher Weg ist.
Aber im Duktus, nämlich herauszustellen, dass die Theater in Nordrhein-Westfalen zwar eine vielfältige, eine breite und eine Fülle guter Arbeit leisten, aber nach außen nicht wahrgenommen werden, 1:1 Expertenbericht.
Auf die Frage, welche Theater denn in NordrheinWestfalen förderungswürdig sind, heißt es: Essen und Köln – 1:1 Expertenbericht.
Das, was Sie mit diesem Antrag vorlegen, ist Ihre Konsequenz aus dem Abschnitt des Expertenberichts mit der Überschrift „Theaterförderung“. Davon wollen Sie sich doch bitte hier nicht verabschieden. Ich könnte Ihnen das sozusagen passagenweise vorlegen.
So steht im Expertenbericht:
… fehlt in der Mitte Deutschlands dieses gewachsene Selbstverständnis für das Engagement in Kunst und Kultur. Nur so ist zu erklären, dass NRW einen im Verhältnis zu vergleichbaren Bundesländern sehr geringen Kulturetat hat und die Aufgabe der Finanzierung der Kultureinrichtungen zum überwiegenden Teil den Kommunen überlässt.
Das haben Sie eben hier ähnlich formuliert. Wir sagen ganz im Gegenteil: Wir wollen, dass die Kommunen hier die Kulturhoheit haben.
Das ist der einzige Bereich, in dem die Kommunen noch wirklich frei gestalten können.
Die Kommunen tragen mit über 87 % zu den Kulturausgaben in diesem Land bei. Wir würden alles unterschreiben und alles unterstützen, was zum Ziel hat, die Kommunen in ihrer Aufgabenstellung Kultur zu stärken.
Aber Sie machen alles andere als das: Sie nehmen den Kommunen die Finanzkraft, um diese Aufgaben zu erfüllen. Mit Ihrer Finanzpolitik in NordrheinWestfalen sind Sie im Moment auf dem Weg, die Kommunen auszuhungern. Sie stärken die Kommunen nicht. Das wäre ein Signal für die Kultur und auch für die Theaterlandschaft in NordrheinWestfalen.
Ich komme noch einmal zu dem Inhalt, nämlich zu der Frage, warum jetzt ausgerechnet das Schauspielhaus Essen und das Schauspielhaus und die Oper Köln. Das ist auch aus dem Expertenbericht abgeschrieben. Der Expertenbericht hat es bei den Bühnen Essen damit begründet, dass sie so erfolgreich sind und dass Essen Kulturhauptstadt wird. Bei Köln wird es damit begründet, dass sie so schlecht waren und dass in den letzten Jahren so furchtbar gekürzt worden ist. Denen müsse man jetzt einmal ein bisschen unter die Arme greifen, denn sie sollten schließlich international in Konkurrenz treten.
Beide Aussagen sind so nicht falsch, aber auch nicht mehr zeitgemäß. Wir wissen heute, dass der so gelobte und auch von mir sehr wertgeschätzte Anselm Weber von Essen nach Bochum geht. Die Arbeit, die Essen so herausragend gemacht hat, ist ja ein Verdienst von Personen, hier auch in Person von Herrn Weber. Herr Weber geht aber nach Bochum. Müssen wir jetzt den Antrag schnell umschreiben und erklären: „Wir meinen gar nicht Essen, sondern wir meinen jetzt eigentlich Bochum“?
Oder Köln: Die Arbeit in Köln ist im Expertenbericht noch als ganz schrecklich, als inhaltlich qualitätslos usw. beschrieben worden. Wir wissen aber, dass inzwischen Karin Beier dort ist
und eine hervorragende Arbeit macht. Da stimmt wenigstens das Ergebnis, wenn auch die Begründung nicht mehr stimmt. Sie sehen, wie schnelllebig das in Theatern ist.
Sie finden immer wieder herausragende, international beachtete Stücke, mit denen weltweit auf Tournee gegangen wird, und Sie finden Flops. Das ist das Leben von Theatern: Es ist einmal top, und dann gibt es wieder einen Flop. Meistens hat das etwas damit zu tun, dass man einen guten Regisseur findet, ein gutes Händchen für ein bestimmtes Thema hat, konsequent inhaltliche Diskussionen führt und dem Theater ein Gesicht gibt. Es hat auch etwas mit Personen zu tun.
Lassen Sie uns darüber diskutieren, wie man das stärken kann und den Kommunen die Kraft gibt, diesen manchmal schwierigen und auch manchmal schräg stehenden Personen Raum zu geben, um etwas entwickeln zu können. Ich glaube, das ist der
viel bessere Ansatz, als im Schnellschuss zwei Theatern Geld zu geben.
Wenn man es im Vergleich zu dem sieht, was die Theater haben, stellt man fest, dass das Peanuts ist, um einmal dieses Wort zu bemühen. Wir reden hier über 300.000 € für Köln. Köln hat einen Theateretat von 47 Millionen €. Was machen da 300.000 € aus? Ich meine, man muss auch einmal auf dem Teppich bleiben. Das ist ein großes Gewitter, eine große Aufregung, und am Schluss ist das, was wir hier vorfinden, ein Papiertiger.
Wir möchten eine solide, eine gute Diskussion über die Zukunft der Theaterförderung in NordrheinWestfalen. Wir wollen die Diskussion auch anhand des Expertenberichts mit denen führen, die Theater machen. Das sind die Intendanten, das sind die Kommunen. Wir wollen die Diskussion mit denen führen, die die Kultur genießen und auch einmal kritisch betrachten. Das sind die Zuschauerinnen und Zuschauer. Das sind die Organisationen, zum Beispiel der Kulturrat und andere.
Mit denen würden wir uns gerne auf einen Weg machen. Aber wir werden nicht bereit sein, hier einfach einmal kurz vor Weihnachten solche Schnellschüsse zu beschließen. Sie sind uns auch noch schuldig, zu sagen, woher eigentlich die Deckung kommt.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Schluss. Sie können gerne einen Antrag zum Haushalt stellen. Wir sind auch bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Aber hier so zu tun, als sei das ein Grundsatzantrag zur Zukunft der Förderung der Theaterlandschaft in Nordrhein-Westfalen, das ist wirklich zu klein-klein und zu provinziell. Da müssen Sie noch ein bisschen nacharbeiten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute einen sehr umfangreichen Antrag zum Thema Bibliotheken in den Landtag eingebracht, weil wir die Arbeit der Bibliotheken einmal würdigen und sie auch ins Licht der Öffentlichkeit setzen wollen.
Bibliotheken leisten eine Arbeit, die nicht in den Feuilletons der großen Zeitschriften vorkommt. Sie sind nicht eventgeeignet. Aber sie sind, was die Bedeutung für die Kultur und für die Menschen in diesem Lande angeht, ganz herausragend.
„Bibliotheken sind allein das sichere und bleibende Gedächtnis des menschlichen Geschlechts“, so hat es einmal Arthur Schopenhauer formuliert. Dieser Maxime folgend, dokumentieren die drei Landesbibliotheken in NRW die Literatur aus unserem Land und über unser Land. Diese Aufgabe ist seit 1993 im Pflichtexemplargesetz geregelt.
Nicht geregelt ist dagegen die auskömmliche Finanzierung dieser kulturellen Gedächtnisse. Den diesbezüglichen Hilferuf vonseiten der Landesbibliotheken, der vor einigen Wochen bei uns im Kulturausschuss des Landtags deutlich geworden ist, nehmen wir jetzt zum Anlass, einen weitreichenden Antrag zum Erhalt des leistungsstarken Bibliothekssystems in Nordrhein-Westfalen zu stellen.
Neben den Landesbibliotheken sind es die rund 300 Büchereien – ich betone: 300! – in kommunaler Trägerschaft und unzählige ehrenamtlich geführte Bibliotheken der Kirchen, der Wohlfahrtsverbände, von Vereinen, die praktisch jeden Tag den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes offenstehen.
Mit 26 Millionen Besucherinnen und Besuchern pro Jahr – Tendenz steigend – sind die öffentlichen Bibliotheken ohnehin seit Jahren die meistbesuchten Kultur- und Bildungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen. 66 Millionen Ausleihen im Jahr belegen, wie intensiv diese Einrichtungen genutzt werden. Keine andere Kultureinrichtung – weder Museen noch Theater noch große Konzerthäuser – kann einen solchen Erfolg und eine solche Anerkennung verbuchen.
Trotz alledem ist die Existenz vieler Büchereien bedroht. Vielen Städten und Gemeinden, insbesondere bei denen mit Haushaltssicherung, bleibt kaum eine Chance, ihre Bibliotheken als freiwillige Aufgabe zu halten. Wenn sie auch nicht überall in
der Existenz bedroht sind, so geraten sie doch immer mehr an den Rand des Existenzminimums – personell und in der Ausstattung. Hier zeigt sich der Skandal der Unterfinanzierung unserer Kommunen ganz besonders deutlich.
Deswegen hat die Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages Folgendes festgestellt:
„Die Enquete-Kommission empfiehlt den Ländern, Aufgaben und Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken in Bibliotheksgesetzen zu regeln. Öffentliche Bibliotheken sollen keine freiwillige Aufgabe sein, sondern eine Pflichtaufgabe werden.
Alternativ zu Bibliotheksgesetzen der Länder kann die rechtliche Sicherung von öffentlichen Bibliotheken auch durch einen länderübergreifenden Staatsvertrag angestrebt werden.“
Bibliotheken können einen sehr großen Beitrag zur kulturellen Integration leisten. Bibliotheken eröffnen Welten, vermitteln Werte und Lebensqualität. Sie stehen allen Generationen offen und fördern den Austausch. Sie sind Orte des Lesens, der Lesekultur, der Lese- und Sprachförderung und der Medienpädagogik. Und sie sind vieles mehr, wenn man sieht, dass sich Bibliotheken dem Wandel öffnen, indem sie zum Beispiel die Themen „Computer“, „Kassetten“, „CDs“, „Computerprogramme“, „Filme“ mit in ihre Arbeit integrieren.
Die Bibliotheken sind Lernorte, an denen man unter anderem die auch im Hause zu Recht geforderte Medienkompetenz – wir hatten das eben bei einem anderen Tagesordnungspunkt – erwerben kann, ohne die heute kaum noch ein Jugendlicher auskommt. Sie sind Kultur- und Stadtteilzentren mit öffentlichen Lesungen, kulturellen Diskussionsforen und Ausstellungen von Künstlerinnen und Künstlern.
Die Zeit ist gekommen, die Landesbibliotheken, die kommunalen Büchereien sowie die Büchereien in ehrenamtlicher Trägerschaft nicht mehr länger nur in Sonntagsreden zu loben, sondern sie nachhaltig durch ein Bibliotheksgesetz zu stärken. Es reicht schon, die Empfehlungen der Enquetekommission ernst zu nehmen und auf NordrheinWestfalen hin zu überprüfen.
Wir sind froh, dass auch die CDU/FDP-Koalition einen Antrag vorgelegt hat. Wir sind allerdings der Meinung, dass eine reine Analyse der jetzigen Situation der Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen nicht ausreichen wird und Sie sich auch zu dem bekennen müssen, was die Enquetekommission
für die Bundesrepublik vorgeschlagen hat, aber auch für die Länder.
Ich hoffe, dass wir eine sehr gute Diskussion im Kulturausschuss haben werden und zu parteiübergreifenden Initiativen kommen. – Herzlichen Dank.
Herr Minister, vielen Dank dafür, dass ich Sie unterbrechen darf. – Ich war etwas irritiert. Ist uns entgangen, dass Herr Minister Krautscheid jetzt Kulturminister ist? Haben Sie eine Neuorganisation der Landesregierung vorgenommen, die die Oppositionsfraktionen noch nicht kennen?
Die Frage, ob Ihnen zu Ohren gekommen ist, dass im Kulturausschuss zwischen den Sprechern kein Einvernehmen hergestellt werden konnte, ist vorauseilend schon beantwortet worden.
Meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich vorschlagen, dass wir die Aktuelle Stunde beschließen; denn die CDU hat vorhin mit zwei und später mit drei Abgeordneten hier gesessen. Es ist die Fraktion, die diese Aktuelle Stunde immerhin beantragt hat. Ich finde das zu diesem Thema schon ein bisschen peinlich.
Das wollte ich einmal loswerden.
Nach der Rede der Schulministerin juckt es einen aber doch in den Fingern, zu fragen: Wo sehen Sie eigentlich Ihre Verantwortung, Frau Ministerin?
Es ist leicht, auf die Eltern und die Erzieherinnen und Erzieher zu verweisen. Sie machen sich hier einen schlanken Fuß. Das ist auch sicherlich alles richtig. Ich will jetzt nicht die Beispiele wiederholen, die Herr Jarzombek dankenswerterweise auch aufgeführt hat. Es gibt eine Vielzahl von Ratschlägen und Broschüren. Alleine von der LfM hat es schon mehrere Buchreihen zum Thema Medienkompetenz gegeben. Es gab unsere gemeinsamen Initiativen im Landtag. Ich könnte Ihnen von Elterninitiativen wie zum Beispiel FLIMMO berichten. Sie tun nichts anderes, als Eltern zu beraten, wie sie zu Hause die Medienkompetenz gemeinsam mit ihren Kindern nach vorne bringen. Das gibt es alles.
Eben wurde schon gesagt, wir haben kein Erkenntnisproblem. Wir haben ein Umsetzungsproblem. Dieses Umsetzungsproblem liegt dort, wo gelehrt und gelernt wird. Das ist die Schule, und das ist der Kindergarten.
Wir alle wissen: Es gibt in dieser Gesellschaft leider Eltern, die nicht in der Lage sind, ihren Kindern auf dem Weg zur Medienkompetenz das richtige Werkzeug mitzugeben. Wir wissen doch um die Probleme der Jugendhilfe. Wir können die schrecklichen Ereignisse der letzten Wochen, bei denen vernachlässigte Kinder aus Wohnungen geholt wurden, nicht ignorieren. Das wissen wir doch alles. Wir sind gegenüber den Kindern in der öffentlichen Verantwortung, tätig zu werden. Die öffentlichen Einrichtungen sind gefragt. Insbesondere die Schule ist gefragt, Medienkompetenz als ihr Thema zu begreifen und als integralen Be
standteil in den Unterricht einzubringen. Ich meine, eine Schulministerin hätte zu diesem Thema sprechen müssen.
Die Aktuelle Stunde kennt keine Beschlusslage und keine Antragsform. Ich hoffe, wir können darüber hinausgehen und bei dem Thema wieder zu Gemeinsamkeiten kommen. Dies muss handlungsorientiert geschehen im Hinblick darauf, welche Anforderungen wir an die Landesregierung stellen, die zur Lösung des sehr gravierenden Problems in diesem Lande erforderlich sind. Ich hoffe auf eine breite Unterstützung aller Kolleginnen und Kollegen im Landtag und in der Umsetzungsphase auch vom Ministerium. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem Kulturhaushalt – auf den ersten Blick betrachtet – muss auch eine Oppositionspartei Anerkennung zollen. Denn wir haben in diesem Bereich einen Zuwachs, der von uns natürlich begrüßt wird; gar keine Frage.
Ich sage allerdings deutlich „auf den ersten Blick“. Denn natürlich gibt es auch Punkte, die wir kritisieren und nicht in Ordnung finden.
Auf den ersten Blick – wie gesagt – stellen wir mit 145 Millionen € einen Zuwachs um 22 Millionen € fest. Schaut man es sich allerdings im Detail an, so sieht man, dass ein Großteil dieser Zuwächse für die Kunstsammlung NRW K20 reserviert ist, die einen Erweiterungsbau bekommt. Als Düsseldorferin darf ich mit Stolz sagen, dass wir uns sehr darüber freuen, dass es jetzt dazu gekommen ist. Dies sage ich allerdings mit einem weinenden Auge. Denn derjenige, der am meisten für den Erweiterungsbau der Kunstsammlung gekämpft hat, nämlich Prof. Armin Zweite, wird dieses Institut leider verlassen, und das finden wir sehr bedauerlich.
Des Weiteren müssen wir feststellen, dass fast alle Bereiche einen Zuwachs erfahren haben, allerdings nicht die kulturelle Integration und die den Kommunen zugute kommenden Kultursekretariate. Wir hoffen nicht, dass damit ein Politiksignal gesetzt worden ist. Denn wir meinen, dass in der kulturellen Integration mehr und nicht weniger getan werden muss. Von daher können wir nicht verstehen, dass hier eine Null steht, was die Zuwächse angeht.
Der Schwerpunkt, der von der Landesregierung immer wieder deutlich gemacht wird, ist die kulturelle Bildung und hier insbesondere Kultur und Schule und das Thema „jedem Kind ein Instrument“. Ich nehme an, dass Herr Sternberg gleich auch noch etwas dazu sagen wird. Wir hören in allen Reden immer wieder, dass dies das zentrale Thema der Landesregierung ist.
Wenn man in diesem Bereich allerdings etwas genauer hinsieht, muss man deutlich machen, dass das nur zu einem Bruchteil den Kindern in NRW zugute kommt. Wir haben in dem Bereich Kultur und Schule noch einen weiten Weg vor uns. Leider ist es so, dass die Bereiche Kultur und Schule eher nebeneinander als miteinander arbeiten.
Bedauerlicherweise ist es immer noch so, dass uns Briefe erreichen, die deutlich machen, dass sowohl im Musikunterricht als auch im Kunstunterricht Unterrichtsausfälle zu verzeichnen sind und dass viele Schulen nicht mehr – wir haben das früher immer stark gefördert, wir haben gehofft, dass Schulen das machen – in die Museen, in die Theater gehen – das hat rapide abgenommen –, weil der Druck in der Schule in Richtung anderer Themen und anderer Unterrichtsfächer so groß wird, dass die Lehrerinnen und Lehrer, so bedauerlich es ist, keine Zeit mehr finden, mit ihren Kindern in Kultureinrichtungen ihrer Städte und Kommunen zu gehen. Das, so finden wir, ist ein Weniger und nicht ein Mehr an kultureller Bildung. Da stimmt einfach etwas nicht im Verhältnis von Kultur und Schule.
Es kann nicht sein, dass Kultur sozusagen der Reparaturbetrieb für das ist, was im Schulbereich versäumt wird. Uns fehlt ein inhaltlich solides Konzept, wie langfristig das Thema kulturelle Bildung in diesem Land angegangen werden soll. Da kann sich die Schule nicht wegducken. Ich denke, da ist noch viel zu tun.
Ähnliches kann ich zu dem Thema „jedem Kind ein Instrument“ sagen. Heute beklagen alle, man habe weder die Musiklehrer noch die Zeit, noch die Unterrichtsstunden, um das sehr ambitionierte Programm umzusetzen. Ich hoffe, dass sich dazu im Schulbereich noch einiges ändert. Auch der Bereich Wissenschaft muss mehr darüber nachdenken, wie denn die Anzahl von Musiklehrern und Kunstlehrern vergrößert werden kann.
Einen letzten Beitrag möchte ich zum Thema Ausstattung der Kommunen leisten: Wir beglückwünschen uns hier, dass der Kulturhaushalt im Lande gestiegen ist. Gleichzeitig stellen wir fest, dass es nach wie vor sehr schwierige Finanzlagen bei den Kommunen gibt. Wir alle wissen aber, dass die Kommunen die Träger der kulturellen Vielfalt sind.
Wenn wir heute lesen müssen, dass eine Kommune wie Krefeld zum Beispiel aufgrund fehlender finanzieller Möglichkeiten, was die Sanierung von Museumsbauten angeht, ganze Kunstsammlungen verliert, wenn wir lesen müssen, dass das Thema Kulturhauptstadt jetzt im Fokus der Kritik steht, was die finanzielle Ausstattung angeht, dann ist das nur die Spitze des Eisberges.
In der Tat sind unsere Kommunen unterfinanziert. Gerade die Kommunen, die sich in der Haushaltssicherung befinden, haben nicht die freien Mittel, ihre Kultureinrichtungen adäquat zu unterhalten und zu fördern. Das ist das große Manko beim
ganzen Thema Kulturpolitik dieser Landesregierung. Es sind einzelne Highlights im Kulturhaushalt. Aber in der Breite und in der Fläche und insbesondere in der Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Kommunen fehlt es an einer Landeskulturpolitik, die die Stärken und die Vielfalt dieses Landes erhält und ausbaut. – Vielen Dank.
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Freimuth, gestatten Sie mir bitte eine Vorbemerkung, weil Sie gerade die gestrige Rede des Ministerpräsidenten angesprochen haben.
Es ist dringend erforderlich, dass man mit ihm einmal über die Erinnerungskultur und die Kultur des Erinnerns sowie über Geschichte und geschichtliche Sachverhalte spricht. Denn das, was er hier zur Rolle der SPD in der Weimarer Republik vorgetragen hat, war Geschichtsklitterung und keine Erinnerung.
Ich komme nun auf den Antrag „Ohne Vergangenheit keine Zukunft: Erinnerungskultur gestalten – kulturelles Gedächtnis bewahren und beschützen“ zu sprechen. Dieser Titel ist sehr sperrig. Ich habe darüber nachgedacht, ob ich das nicht schon irgendwo einmal gehört habe. Dies ist in der Tat so: Es ist der Einladungstext zu einem Werkstattgespräch, zu dem die CDU-Landtagsfraktion nach Münster eingeladen hat. Der Antragstext wiederum ist der Einladungstext, der von Herrn Kuhmichel unterschrieben wurde. Dies ist als solches nicht verwerflich, aber es ist natürlich eine Frage, ob wir jetzt CDU-Seminare im Düsseldorfer Landtag sozusagen nachholen. Das halte ich für ein Problem.
Was will man uns mit dem Antrag eigentlich sagen? – Wenn man den Antrag unter historischphilosophischen Aspekten betrachtet, dann ist er zu banal. Betrachtet man ihn aber als politischen Antrag im Sinne von Handlungsanleitung, dann ist er zu wenig konkret. Was ist es also? Ist es ein Besinnungsaufsatz, eine Standortbeschreibung der CDU-Fraktion? Was wollen Sie eigentlich mit diesem Antrag?
Ich kann Ihnen sagen: Die SPD-Landtagsfraktion könnte einen eigenen Text beitragen. Wir haben nämlich einen wunderbaren Leitantrag auf unserem nächsten Bundesparteitag mit dem Titel: „Kultur ist unsere Zukunft“. In diesem Antrag gibt es einen mehrseitigen Abschnitt zum Thema „Erinnerungskultur“ sowie zum Thema „Schutz und Erhalt kulturellen Erbes“. Ich verzichte darauf, diesen Antrag hier einzubringen, denn unser Parteitag ist erst im Oktober. Wir wollen das Thema von heute Morgen ja nicht wieder aufgreifen, dass wir im nordrhein-westfälischen Landtag bereits Anträge beschließen, bevor unser Parteitag überhaupt stattgefunden hat. Deswegen haben Sie von uns keinen Entschließungsantrag vorliegen.
Nun zu den einigen wenigen konkreten Aspekten, die Sie im Antrag ansprechen. Diesbezüglich möchte ich die hervorragende Arbeit – hierin sind wir uns sicherlich einig – der beiden Landschaftsverbände in diesem Bereich betonen.
Ich erinnere an die vielen archäologischen, bibliothekarischen, archivarischen Arbeiten, die dort geleistet werden, die Magazine, Werkstätten, Restaurierungsarbeiten. Das, was die Kommunen in den letzten Jahrzehnten auf diesem Felde getan haben, ist eine enorme Leistung gewesen, die wir nicht schmälern sollten. Sie selbst haben ja im Jahr 2005 die Bestandserhaltungsinitiative NRW angeregt. In Zusammenarbeit der beiden Landschaftsverbände werden historische Dokumente entsäuert, wie Sie eben beschrieben haben, und damit der Nachwelt erhalten. Es passiert also einiges auf diesem Feld.
Sie führen in Ihrem Antrag den Wettbewerb „Archiv und Jugend“ an und loben diesen als ein großes Erfolgsmodell. Hier muss ich ein bisschen Wasser in den Wein gießen, denn da sind Sie ein bisschen vorschnell. Die Bewerbungsfrist für diesen Wettbewerb läuft erst Ende dieses Monats aus. Man weiß also noch gar nicht, ob dieser Wettbewerb überhaupt das erreicht hat, was man will. Mein Büro hat einmal bei den Landschaftsverbänden nachfragen lassen mit dem Ergebnis, dass es leider noch nicht einmal ein Dutzend Anmeldungen gibt. Dafür stehen 100.000 € zur Verfügung, und es gibt keine Anmeldungen. Lassen Sie uns erst einmal solide das abarbeiten, was im Moment schon vorhanden ist. Wir sollten dabei helfen, dass das, was bereits vorgedacht und auf den Weg gebracht ist, sinnvoll umgesetzt wird.
Am Schluss Ihres Antrags findet ein Rundgang im Bereich der Bildungspolitik statt. Lassen Sie mich aufgrund der Kürze der Zeit nur auf das Thema Hochschulpolitik eingehen. Wir konnten in den letzten Tagen lesen, dass der Bereich der Geisteswissenschaften in unserer Republik nicht gerade ein Bereich ist, der besonders gefördert wird. Im Gegenteil: Was die Professorenstellen in diesem Bereich angeht, haben wir Abgänge zu verzeichnen.
Darüber hinaus gibt es die Klage der nordrheinwestfälischen Hochschulen, dass im Bereich der Geisteswissenschaften im Moment sehr stark gespart wird. Durch Ihre Hochschulpolitik, sich durch Ihr sogenanntes Hochschulfreiheitsgesetz aus der Mitgestaltung von Hochschulpolitik zurückzuziehen, haben Sie jegliches Instrument aus den Händen gegeben, in Zukunft die Geisteswissenschaften auch in der Konkurrenz zu den Naturwissenschaften zu stärken.
Es ist also ein ganz breites Feld, das Sie hier ansprechen. Lassen Sie uns im Kulturausschuss darüber diskutieren, wie wir mit den Landschafts
verbänden und den Kommunen gemeinsam diese Aufgaben angehen, die angepackt sind, aber die natürlich eine endlose und unendliche Aufgabe darstellen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sinn und Zweck einer Großen Anfrage ist es, dass man ein komplexes Thema beleuchten will und dass man zu Recht Antworten über den aktuellen Stand des Themas und zu den Perspektiven, die die Landesregierung aufzeigen soll, erwartet.
Unsere Große Anfrage zur Zukunft der dualen Rundfunkordnung hat nichts von dem erreicht. Im Gegenteil, das, was uns vorliegt, ist ein Papier der Enttäuschung.
Ich gehe noch weiter: Es ist geradezu peinlich. Und dass viele Damen und Herren der CDUFraktion den Saal verlassen, kann ich gut verstehen. Man kann sich nur mit Grauen abwenden, wenn man die Ergebnisse dieser Großen Anfrage vorliest.
Es ist von den Ergebnissen und Antworten her enttäuschend, aber auch nicht überraschend; denn wir wissen um die mangelnde Energie, die die Landesregierung außer in einigen Reden zur Medienpolitik und zum Medienstandort aufbringt.
Legen wir die Antworten neben den derzeitigen Entwurf zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, dann wird überdies deutlich: NordrheinWestfalen ist nicht mehr Spitze der medienpolitischen Bewegung in der Bundesrepublik, sondern ein ideen- und initiativloser Mitläufer.
Der Entwurf des Rundfunkänderungsstaatsvertrags ist an vielen Stellen nämlich deutlich konkreter als das, was uns die Landesregierung heute als Antwort verkauft.
Ich will Ihnen das kurz belegen: Einer der wesentlichen Diskussionspunkte innerhalb des 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrags ist bekanntlich die Neuorganisation der Medienaufsicht. Die Fragen 109 bis 114 befassen sich genau mit diesem Punkt.
Die Landesregierung ist immerhin in der Lage, auf die Frage 109 zu antworten, die Landesregierung sei dazu im Gespräch mit den anderen Ländern. Von eigenen Vorstellungen keine Spur, geschweige denn von eigenen Initiativen, die dazu beitragen, die Diskussion zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu beleben. Mein Eindruck ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, sie befindet sich nicht in Gesprächen, sondern ist Zuhörer dessen, was in anderen Staatskanzleien, z. B. in Mainz, Stuttgart, Wiesbaden und München, gedacht wird.
Wohin ist das Medienland Nordrhein-Westfalen gekommen, wenn wir keinerlei Perspektiven, keinerlei Antworten hören? Von dem Medienstaatssekretär habe ich, was diesen Punkt angeht, auch noch nichts gehört. Sie hätten bei der Antwort auf diese Große Anfrage genug Gelegenheit gehabt, sich dazu zu äußern.
Die Kunst des Unverbindlichen zeigt sich auch in den Antworten auf die Fragen 11 und 12, bei de
nen es um das Online-Angebot des WDRFernsehens geht. Nach dem enormen Erkenntnisgewinn, dass Jugendliche in größerem Maße online sind als Ältere – hört, hört! –, gibt es keinerlei Hinweise zu den Perspektiven. Hier wird ausschließlich auf die aktuelle Rechtslage verwiesen. Das hätten wir auch so gewusst.
Diese Fragen entbinden die Landesregierung nicht davon, Aussagen zu machen, wie sie die Online-Aufwendungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten bewertet. Wollen Sie noch Begrenzung, oder haben Sie andere Modelle im Kopf? Wenn ja, wie sehen sie aus? Aber auch hier ist die Antwort der Landesregierung eine reine Bleiwüste.
Ich komme noch einmal zu dem 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zurück, weil er, wie gesagt, wegweisender ist als die gesamte Antwort, die uns vorliegt. Eine der wesentlichen Diskussionen ist die Zusammensetzung der Mitglieder der KEK. Die Medienaufsicht KEK befasst sich insbesondere mit Wettbewerbsverfahren und ist bei dem Versuch der Übernahme der Fernsehgruppe ProSiebenSat.1 durch Axel Springer in die Diskussion geraten – so zumindest bei maßgeblichen Medienpolitikern in allen Ländern und im Bund.
Auch die 15 Länderanstalten drängten sehr danach, dass die KEK in eine neue Kommission für Zulassung und Aufsicht im bundesweiten Fernsehen integriert wird. Die Landesregierung ist offenbar der einzige medienpolitische Akteur, der das noch nicht registriert hat.
Auf die Frage 118, ob die Landesregierung Reformbedarf bezüglich der Stellung der KEK – wie gesagt, bundesweit diskutiert – sieht, antwortet die Landesregierung mit einem schlichten Nein. Das ist ausgesprochen überraschend, denn der Entwurf des 10 Rundfunkänderungsstaatsvertrags sieht sehr wohl eine Änderung der KEK vor, aber – ich wiederhole mich – das Land NordrheinWestfalen hat sich aus der Spitze der Bewegung zur Medienpolitik verabschiedet.
Was bedeutet das? Das wäre alles nicht so schlimm, politisch könnten wir gut damit leben. Aber was bedeutet das für den Medienstandort Nordrhein-Westfalen? – Nordrhein-Westfalen ist doch nach wie vor das wichtigste Medienland in Deutschland. Wir haben hier die größten und wichtigsten privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Wir haben in NordrheinWestfalen eine heterogene Zeitungslandschaft, eine vitale Hörfunksituation. Wir haben starke Produzenten, ein bemerkenswertes Netz von Freiberuflern, die in den Medien tätig sind. Und
wir haben die größten Telkos in Deutschland am Standort Bonn, und – das darf ich als Düsseldorferin sagen – in Düsseldorf. Gerade die Telekommunikation ist doch ein gutes Beispiel für die Untätigkeit des Landes.
Die Mobilfunkbetreiber erarbeiten derzeit Geschäftsmodelle für eine erfolgreiche Einführung des sogenannten Handy-TVs – wir wissen davon – auf der Basis von DVB-H-Standard. Für den erfolgreichen Einsatz ist neue Hardware, neue Software und schließlich eine Neuverteilung der Frequenzen notwendig. Die Landesregierung ist in ihrer Antwort auf unsere Große Anfrage nicht in der Lage darzulegen, ob und, wenn ja, wie sie den Standard DVB-H zu fördern gedenkt. Auch das zeigt, die stärksten und wichtigsten Zukunftsbranchen, hier vor der Türe sichtbar – Vodafone, E-Plus –, lässt die Landesregierung schlicht brachliegen, zumindest was ihr Entwicklungspotenzial Handy-TV angeht.
Auch Antworten auf sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Zukunft der Digitalisierung sind schlicht von Unkenntnis geprägt. Zur aktuellen Debatte über vertikale Distribution, nämlich über die Frage, was eigentlich passiert, wenn Kabelbetreiber auch Programmanbieter werden – eine völlig neue Debatte –, zieht sich die Landesregierung auf noch anstehende Beratungen zurück: keine Aussagen, keine Position.
Ich will mich kurz fassen: Die Landesregierung hat kein Interesse an einer aktiven Medienpolitik und vernachlässigt den Standort Nordrhein-Westfalen sowohl für den Kreis der audiovisuellen Medien als auch für die Anbieter der Telekommunikation.
Die Landesregierung hat kein Interesse an einer neuen Medienordnung, zumindest beteiligt sie sich nicht aktiv an der Debatte, und dies in einem Land, in dem Medienpolitik als Standortfaktor gilt. Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, wo wir nächste Woche im Medienforum von den Expertinnen und Experten hoffentlich weitreichendere Antworten als die erhalten, zu denen die Landesregierung in der Lage ist. Ich hoffe, dass Sie wenigstens daraus lernen, wenn Sie schon keine eigenen Positionen haben.
Die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zeigt: Die Landesregierung ist ein medienpolitischer Totalausfall. – Herzlichen Dank.
Lieber Kollege Keymis, würden Sie mir zustimmen, dass die Drucksache uns vom 11.12.2006 vorliegt, was sechs Monate zurückliegt, und dass es sicherlich nicht der Zeitraum der letzten sechs Monate war, in dem wir Digitalisierung, Medienordnung, KEG, OnlineAngebote, EU-Richtlinie diskutieren?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich Ihnen vorschlagen, dass wir es uns am heutigen Abend sparen, 25 Minuten über diesen Antrag zu sprechen, denn er ist es schlicht nicht wert. Darauf komme ich gleich noch.
Nach dem, was ich bisher gehört habe, muss ich doch ein bisschen intensiver auf den Antrag eingehen. Sie sehen, dass ich mich darauf nicht vorbereitet habe, denn ich glaube wirklich, dass wir unter dem nächsten Tagesordnungspunkt einen wunderbaren interfraktionellen Antrag zum Thema Medienkompetenz zustande bekommen haben.
Dieser Antrag hat wirklich inhaltliche Substanz. Ich freue mich, dass alle Fraktionen – wie es übrigens auch in den vergangenen Jahren üblich war – zu dem Thema Medienkompetenz gemeinsame Initiativen ergreifen. Also viel Glück für die nächste Debatte.
Aber dazu, dass wir uns jetzt über das auslassen müssen, was Sie den Tag der Medienkompetenz nennen, kann ich nur sagen: Der Knall, der, wie Sie vermuten, zu hören wäre, wenn wir das von Ihnen Geforderte umsetzten, muss von einem platzenden Luftballon mit viel heißer Luft stammen.
Was Sie hier vorschlagen, ist so etwas von unausgegoren und durcheinander, dass man es wirklich kaum fassen kann. Sie sprechen am Anfang von der Bedeutung der Medien und von den Chancen für die Gesellschaft. Man erwartet, dass dieser Einleitung der große Wurf folgen würde. Aber weit gefehlt: Im nächsten Absatz beschränken Sie sich auf die Abschrift eines kleinen Abschnitts aus dem folgenden Antrag Medienkompetenz. Das war auch sehr hilfreich, bis dann die Frage auftaucht, was denn bisher zum Tag der Medienkompetenz gelaufen ist.
Ich danke Herrn Witzel eigentlich, weil er sehr ausführlich beschrieben hat, welch gute Arbeit von den Jugendlichen und den Jugendgruppen bei diesem Tag der Medienkompetenz hier im Landtag geleistet worden ist und welch ausgiebige Debatten mit uns als Abgeordneten geführt worden sind.
Ich glaube, Sie haben den Sinn des Tags der Medienkompetenz überhaupt noch nicht begriffen.
Es war der Tag des Landtags. Es war nicht der Tag der Landesregierung und schon gar nicht der Tag des Medienforums. Es ging um die Auseinandersetzung mit Medienkompetenz und Projekten in Diskussionsrunden und Präsentationen von jungen Leuten, die in großer Zahl im Landtag zusammenkamen. Wenn Sie da von einer elitären Veranstaltung sprechen, kann ich nur den Kopf schütteln.
Ich glaube, Sie haben es noch nicht geschafft, 200 Jugendliche in diesen Raum zu bekommen, und zwar zu keinem Thema. Wir können sehr stolz darauf sein, dass es uns gelungen ist, mehr als 200 Jugendliche hierher zu holen. Die Säle waren voll; auch die Ausstellung draußen war gut besucht. Ich habe bisher niemanden gehört, der das kritisiert hätte. Alle Beteiligten haben im Gegenteil immer wieder betont, wie schön und gut dieser Tag der Medienkompetenz gelaufen ist.
Ja, gerne.
Die Landesregierung war beteiligt, auch an der Finanzierung. Das ist richtig. Das war eine Absprache mit dem damaligen Landtagspräsidenten, die auch mit der amtierenden Präsidentin im letzten Jahr getroffen wurde. Aber darauf hat man sich auch beschränkt. Die Ausführung wurde vom Europäischen Zent
rum für Medienkompetenz – ECMC – ausgeschrieben, das den Tag der Medienkompetenz vorbereitet hat. Dafür sind tatsächlich Mittel geflossen. Aber Ihre Frage ist vielleicht auch nicht weiterführend.
Ich hoffe es.
Damit komme ich zu meinem nächsten Punkt, zur angeblichen Konzeption. In Punkt 1 wird gefordert, dass der Hauptausschuss zum Medienforum soll. – Dazu sage ich nur: Herzlich willkommen! Die Medienpolitiker hätten sich in den vergangenen Jahren gefreut, wenn sie den einen oder anderen Kollegen dort getroffen hätten. Ich weiß nicht, Herr Jarzombek, ob Sie je auf einem Medienforum waren. Ich hoffe, dass es so ist. Aber ich befürchte, dass Sie da noch nicht aufgetreten sind. Ich kann nur wiederholen: Das Medienforum ist in Köln. Da gibt es Straßenbahnen, und Züge fahren dorthin. Herzlich Willkommen!
Ihr weiteres Vorhaben, aufgeführt unter Ziffer 2, auf dem Medienforum eine Anhörung machen zu wollen, ist mir nicht ganz klar. Ich verstehe es so, dass es sich um eine Anhörung des Hauptausschusses handeln soll. – Da kann ich mir nur an den Kopf packen! Das Medienforum als solches ist die größte Anhörung, die es überhaupt gibt.
Hunderte von Expertinnen und Experten kommen dort zusammen, um ihren Beitrag zur Medienpolitik und zur Medienentwicklung darzulegen. Ich glaube, das übersteigt die Möglichkeiten des Hauptausschusses bei Weitem. Lassen Sie uns das Medienforum als Anhörung nutzen. Wir können sehr viel von den Diskussionsprozessen, die dort stattfinden, lernen.
Mein dritter Punkt. Sie fordern lokale Aktionen. – Herzlich willkommen! Das haben wir in der Vergangenheit immer gemacht. Abgeordnete haben die Medieneinrichtungen besucht. Ich glaube, es war ein voller Erfolg für die Akteure zu erleben, dass sich Politik vor Ort um ihre Projekte kümmert und nicht nur verbal hier in irgendwelchen Anträgen. Von daher ist das mehr ein Aufruf zur Fortsetzung der bisherigen Konzeption, als dass man es abschaffen sollte.
Zusammengefasst heißt das: Der Tag der Medienkompetenz ist kein Beitrag für ein Medienforum, sondern ein Beitrag des Parlaments zum Thema Medienkompetenz. Dabei wollen wir es belassen. Wir begrüßen den Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen sehr, weil er genau das aufzeigt, was in der Vergangenheit hier im Landtag positiv zum Tag der Medienkompetenz passiert ist.
Wir würden diesem Entschließungsantrag zustimmen, weil er genau die Fortschreibung und Fortsetzung einer guten und positiv angenommenen Konzeption vorsieht. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach all den Monaten der Ankündigung können wir heute endlich über etwas Konkretes diskutieren. Endlich liegt nämlich ein Gesetzentwurf vor, den wir heute debattieren.
Wer erwartet hat, dass jetzt der große Wurf kommt, ist aber bitter enttäuscht.
Die Koalitionsfraktionen weigern sich wieder einmal – das wird hier deutlich sichtbar –, den großen medienpolitischen Fragestellungen dieser Zeit nachzugehen. Sie haben zum Thema Medienpolitik einfach nichts beizutragen – außer Abschaffung und Abbau.
Wo bleiben – auch in diesem Entwurf – denn die Antworten auf die vielen Fragen, die wir in dieser Debatte gehört haben? Selbst Herr Jarzombek hat hier ja einige wichtige und richtige Fragestellungen angesprochen, zum Beispiel die Frage, wie in Zeiten der Digitalisierung eine Regulierung aussehen kann und soll. Der Markt wird eben nicht schon alles regeln, sondern wir brauchen neue Instrumente.
Was ist mit der Frage des Rundfunkbegriffes in Zeiten von Triple Play? Wie gehen wir auf rundfunkrechtliche Notwendigkeiten ein, wenn Netzbetreiber nicht nur verbreiten, sondern auch Inhalte produzieren und vermarkten? – Es gibt sehr viele Fragestellungen, die man auch im Rahmen dieses Gesetzentwurfes neu diskutieren könnte.
Man könnte natürlich sagen, dass Sie das von der alten Landesregierung mit den Koalitionsfraktionen von Rot und Grün verabschiedete Gesetz so gut finden, dass Sie keinen Änderungsbedarf sehen. Das ist wahr. Es gibt aber natürlich Fragestellungen, die im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung neu aufgegriffen werden müssten.
Aber jetzt zum Thema, weswegen wir zusammengekommen sind: Bürgerfunk, Medienversammlung, Medienrat.
Zunächst zum Bürgerfunk: „Der Bürgerfunk“ – so heißt es in Ihrer Koalitionsvereinbarung – „hat sich in seiner jetzigen Form überwiegend nicht bewährt. Wir werden zusammen mit den Beteiligten ein neues Konzept entwickeln“. Das haben Sie angekündigt. Da kann ich nur sagen: Versprochen, gebrochen!
Denn Sie haben nichts mit den Beteiligten abgesprochen, im Gegenteil. In weiser Voraussicht haben die aktiven Bürgerfunkerinnen und -funker schon in den vergangen Wochen mit Dutzenden von Zuschriften ihrer Sorge Luft gemacht, dass der Bürgerfunk aufs Abstellgleich geschoben wird.
Auch die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege haben ihre Bedenken und Anregungen vorgetragen. Sie kritisieren insbesondere, dass der Rechtsstatus des Bürgerfunks abgeschafft wird. Eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, wollten Sie doch diese Anregungen und Bedenken aufnehmen und in Ihren Gesetzesentwurf hineinnehmen.
Sie wollten sich intensiv mit diesen Argumenten der Beteiligten auseinandersetzen, Gespräche führen und Lösungsansätze aufnehmen. Wenigstens – das muss ich zugeben – hat die CDUFraktion eine kleine Anhörung durchgeführt. Doch ein Blick ins Gesetz zeigt: Nichts, was Ihnen dort gesagt worden ist, haben Sie aufgenommen.
Sicherlich, man kann und muss über die Anforderungen und die Qualität des Bürgerfunks diskutieren.
Das sehen die Bürgerfunkgruppen übrigens selbst so. Vor allem aber die Landesmedienanstalt – Herr Witzel hat darauf hingewiesen – hat sich durch die Volpers-Studie mit dem Thema „Bürgerfunk in Nordrhein-Westfalen“ einer breiten Debatte gestellt. Diese Studie bietet hervorragende Analysen und Ausblicke. Sie kommt – das möchte ich zitieren – zu dem Ergebnis:
„Das Programmangebot des Bürgerfunks ist vielfältig und als Ganzes betrachtet besser als sein Image.“
Hört, hört! Die Studie gibt auch Hinweise, wie diese Fehlentwicklungen und Schwächen behoben und die Entwicklungsmöglichkeiten des Bürgerfunks aussehen könnten.
Auch die Landesmedienkommission hat sich selbst mit dieser Frage beschäftigt und eine Stellungnahme abgegeben, die Ihnen vorliegt. Dort werden Qualitätsverbesserungen und eine Neuausrichtung in der Finanzierung des Bürgerfunks vorgeschlagen. Auch hier zeigen sich die Koalitionsfraktionen beratungsresistent.
Warum haben die Vorschläge nicht wenigstens ansatzweise Widerhall in Ihren Beratungen gefunden? Bezweifeln Sie die Kompetenz der Landesmedienkommission in dieser Frage?
Nichts von all den Debatten finden wir wieder. Sie haben kein neues Konzept entwickelt, sondern Sie rufen zur Beerdigung des Bürgerfunks auf.
Das, was wir aktuell besichtigen können, ist ein gesetzlich verankerter Abschied auf Raten.
„Tod durch Bedeutungslosigkeit“ könnte man dem Bürgerfunk in die Traueranzeige schreiben.
Die Sendezeit um eine Stunde zu kürzen und das Bürgerprogramm auf die Zeit nach 21 Uhr abzu
schieben, kommt einer sukzessiven Abschaffung gleich.
Wir alle wissen doch, dass zu dieser Primetime kein Sender eine Chance hat. Das wissen übrigens auch die vernünftigen Teile in der CDUFraktion. So wird der Kollege Tenhumberg in den „Westfälischen Nachrichten“ zitiert, er könne die Sorgen der Radiomacher verstehen, hätte persönlich auch einen Sendetermin um 19 Uhr favorisiert,
aber man regiere nun einmal in einer Koalition mit der FDP.
Wiederum ein Kniefall der großen stolzen CDU vor dem kleinen Partner FDP. Finden Sie nicht, liebe Kollegen der CDU, dass sich das langsam häuft? Gemeindeordnung lässt grüßen.
Ich sage nur: Mit uns kommt dieses Gesetz nicht zustande. Wir kämpfen mit den Bürgerfunkgruppen für ein attraktives Programm zu attraktiven Sendezeiten.
Das ist unser Thema, und zwar nicht erst seit heute, sondern wir haben mit der Novellierung des alten Landesrundfunkgesetzes ein modernes Landesmediengesetz geschaffen, das bürgerschaftliches Engagement gesetzlich verankert. Kinder, Jugendliche, Schülerinnen und Schüler, Senioren, Migranten, Frauengruppen, Mitglieder aus Vereinen, aus Sportvereinen und anderen Bürgervereinen – das alles ist heute Bürgerfunk. Das ist gelebte Partizipation in einer Medienwelt, die so undurchschaubar in dieser globalisierten Welt geworden ist.
Meine Damen und Herren, es ist eine Sache, in Sonntagsreden mehr Medienkompetenz zu fordern, etwas anderes ist, sie wirklich zuzulassen. Es ist scheinheilig, sich über Videospiele aufzuregen und ein aufgeklärtes Verhältnis zu den neuen Medien zu fordern, im gleichen Atemzug aber die Strukturen von Medienkompetenz zu zerschlagen. Da hilft auch kein Verweis auf die sogenannten Schulprojekte oder auf – wie es bei Ihnen heißt – „Radio in der Schule“.
Natürlich, Medienkompetenz muss Kernaufgabe von Schule sein. Eine schöne Aufgabe für Frau Sommer, die ich eben noch hier gesehen habe. Von ihr hat man bisher dazu wenig gehört.
Aber das aufzurechnen – übrigens: finanzielle Mittel des Gebührenzahlers – gegen Finanzierung von Pflichtaufgabe Schule oder das etwa mit dem Bürgerfunk aufzurechnen, finde ich schon dreist.
Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen.
Meine Damen und Herren, Bürgerfunk – das muss auch mal deutlich gesagt werden – ist mehr als ein Schulprojekt. Ich empfehle Ihnen mal einen Blick auf die Internetseiten, auf die Solidarisierungskampagnen, die dort laufen. Aus diesen Protestschreiben wird deutlich, dass viele gestandene Radiojournalisten, die heute professionell für Private und auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeiten, ihren Berufsweg im Bürgerfunk gefunden haben. Diese Journalisten haben zunächst im wahrsten Sinne des Wortes Medienkompetenz erfahren und sind jetzt vor dem Mikrofon die Profis. Das heißt überspitzt formuliert: Diese Talentschmiede wollen Sie zerschlagen.
Dabei kann es nicht bleiben.
Das ist aber nicht das Einzige. Wir kommen zur Medienversammlung, die sehr nahe mit dem Thema verbunden ist: Wir reden alle über Partizipation, wir reden über Medienkompetenz, von notwendigen Diskussionen über Medienentwicklung in Zeiten der Digitalisierung. Wir sprechen von Medieninhalten. Wir regen uns jetzt gerade aktuell kollektiv über Dieter Bohlen auf und fragen uns, ob seine Auslassungen bei „Deutschland sucht den Superstar“ nicht die Grenzen des Erträglichen überschreiten oder gar jugendgefährdend sind. Wir kritisieren die Verrohung – nicht nur der Sprache – im Fernsehen.
Das alles, meine Damen und Herren, waren und sind Themen nicht nur in politischen Gremien und im Landtag, sondern das sind Themen der zuletzt abgehaltenen Medienversammlungen. Und dazu sagen Sie, meine Damen und Herren, das bräuchten wir nicht mehr.
Man kann darüber streiten, ob die Form der Medienversammlung die beste aller möglichen ist. Selbstkritisch hat sich das auch die Medienkommission der LfM gefragt. Wir führen eine sehr
konstruktive Diskussion und rufen zum Ideenwettbewerb auf. Aber das Instrument als solches, nämlich den öffentlichen Diskurs über die genannten Themen zu beenden und damit den Begriff „Medienversammlung“ zu beseitigen, der deutlich macht, dass es um eine öffentliche Beteilung geht, halten wir für falsch.
Wenn das Parlament als Gesetzgeber, also wir, auf dieses Forum verzichtet, ist das ein Signal in die falsche Richtung. Wir brauchen nicht weniger, sondern wir brauchen mehr öffentlichen Diskurs. Dazu müssen wir uns hier klar bekennen. Dann gehört das auch in den Aufgabenkatalog der LfM.
Lassen Sie mich zum Schluss noch zum Thema „Medienrat“ sprechen, der auch mit einem Federstrich beseitigt werden soll: Ich sage es ganz offen: Die letzten Wochen waren ein unwürdiges Verfahren für die Beteiligten des Medienrates.
Ihre Amtszeit war abgelaufen. Die LfM hatte die Landtagspräsidentin frühzeitig angeschrieben. Aber über Monate blieb die Wiederbesetzung eine Hängepartie. Der Medienrat konnte den aktuellen Sachstand – nämlich Abschaffung oder Neuwahl – nur über die Presse verfolgen. Die Landesregierung hätte ihre Abneigung nicht deutlicher dokumentieren können. Das nenne ich stillos.