Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Als nächster Redner hat Innenminister Dr. Wolf für die Landesregierung das Wort.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Warum sagt denn Herr Laumann nichts dazu?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich kann nur noch einmal zur Verdeutlichung für das Lager, dem Frau Düker sich angeblich nicht zugehörig fühlt, dem gegenüber sie sich aber immer sehr verbunden verhält, sagen: Es handelt sich um einen abgestimmten Gesetzentwurf, Frau Düker. Damit Sie ganz ruhig bleiben: Er ist zwischen den Regierungsfraktionen abgestimmt. Vielleicht erinnern Sie sich noch düster aus Ihrer eigenen Regierungszeit daran, dass man solche Gesetzentwürfe abstimmt und dann auch gemeinsam vertritt. Wir tun das jedenfalls.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Mit den von Ihnen angesprochenen Begriffen haben wir es nicht so. „Missbrauchskultur“: Wollen Sie behaupten, dass es im Bund, in BadenWürttemberg oder in Bayern eine Missbrauchskultur gibt?

(Monika Düker [GRÜNE]: Aber bei Ihnen!)

Es ist einfach irrwitzig. Wenn Regelungen, die an anderer Stelle problemlos laufen, mit solchen Worten gegeißelt werden, zeigt das, dass Sie nur der Spaltpilz sein wollen.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Dann sagen Sie das doch hier ganz deutlich. Dann sagen, dass Sie der Spaltpilz sein wollen,

und dann sage ich Ihnen, dass wir das einmütig so beschlossen haben.

Wenn Sie dann nach einem eigenen Vorschlag gefragt werden, fällt Ihnen nichts anderes ein, als sich auf die im Landesrechnungshofbericht als Endergebnis aufgeworfene Frage zurückzuziehen, ob eine Reduktion von Freistellungen erreicht wird.

(Monika Düker [GRÜNE]: Nein, es geht um Strukturreform!)

Ob man dabei den Schulformbezug aufhebt oder nicht, ist eine politische Entscheidung, die wir und Gott sei Dank nicht mehr Sie zu treffen haben. Wir erreichen jedenfalls, dass wieder mehr Lehrer in die Schule kommen, und das ist die Botschaft, die wir senden.

(Beifall von der FDP)

Wenn Sie sich Sorgen um die Diskussionskultur machen, kann ich Ihnen nur sagen: Sie haben über zehn Jahre lang als Rot-Grüne nichts angepackt. Wenn man natürlich keine Reformen durchführt, wenn man nichts tut, dann braucht man sich auch mit niemandem auseinanderzusetzen. Wir hingegen verändern Nordrhein-Westfalen zu seinem Besseren, wir gehen nach vorne, wir verschlanken Einheiten. Das führt natürlich zu Widerständen.

Wir diskutieren jedes Mal im Vorfeld mit allen Betroffenen sehr offensiv, und wir ernten natürlich nicht immer Zuspruch, aber auch Zuspruch. Am Ende ist das Parlament gefordert, diese Entscheidung zu treffen, wenn es um gesetzgeberische Maßnahmen geht, ansonsten die Exekutive.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es uns gelungen ist – da sei all denen Dank, die uns unterstützt haben –, drei Polizeipräsidien weniger und in Kürze wahrscheinlich auch die fünf Bezirksregierungen polizeifrei gestellt zu haben werden. All das haben Sie in Ihrer zehnjährigen Regierungszeit nicht ansatzweise hinbekommen. Sie sind ein bisschen neidisch auf diese Erfolge; das gönnen wir Ihnen natürlich.

(Heiterkeit von SPD und GRÜNEN)

Deswegen können Sie sich hier gerne „aufpumpen“. Es ist am Ende so: Wir müssen eine Menge Dinge in Ordnung bringen, die Sie in Unordnung hinterlassen haben; das geht nicht immer ganz streit- und konfliktfrei. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aktuelle Stunde.

Wir kommen zu:

3 Kommunale Wirtschaftskraft erhalten – Lebensqualität der Menschen in NRW sichern

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/3837

In Verbindung damit:

Bundesweit einmalige Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung in NRW stoppen – Reform des § 107 nicht weiterverfolgen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/3850

Ich eröffne die Beratung und gebe zunächst für die antragstellende Fraktion der SPD dem Kollegen Jäger das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der letzten Wortmeldung zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt ist es schön festzustellen, dass es in diesem Hause doch noch FDP-Politiker gibt, die eine freie Rede halten können. Aber, Herr Wolf, ob das wirklich eine gute Idee war, lasse ich mal dahingestellt.

Wir sind bei der Verschärfung des § 107 und der Frage, warum zurzeit rund 15.000 Menschen draußen vor dem Landtag demonstrieren.

(Zuruf von der SPD: Weit mehr!)

Es können auch noch deutlich mehr sein.

(Zuruf von den GRÜNEN: 20.000!)

Umso schöner, umso besser, dass wir es auch hier im Hause diskutieren. – Wie sieht heute die Realität aus? Es gibt einen fairen Wettbewerb zwischen privaten und kommunalen Unternehmen in der öffentlichen Daseinsvorsorge und Versorgung. Es gibt aber auch einen Referentenentwurf der Landesregierung von Herrn Minister Wolf zur Reform dieser Gemeindeordnung, der einzig und allein das Ziel „Privat vor Staat“ verfolgt. Zulasten der Kommunen soll ein Vorrang für private Leistungserbringer im Gesetz festgeschrieben werden.

Es gibt für die kommunale wirtschaftliche Betätigung an zwei Stellen eine drastische Verschärfung:

Erstens. Kommunen dürfen nur dann selbst wirtschaften, wenn ein dringender öffentlicher Zweck begründet ist. Eine solche Verschärfung gibt es in keinem der 15 anderen Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland.

Zweitens. Wenn kommunale Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, müssen sie anders als private Unternehmen nachweisen, dass sie die Leistung ebenso gut und ebenso wirtschaftlich erbringen können. Faktisch bedeutet das, dass kommunale Unternehmen permanent belegen müssen, dass sie eine Aufgabe besser als jedes andere private Unternehmen wahrnehmen können.

Eine solche Behinderung, eine solche Verhinderung von fairem Wettbewerb und wirtschaftlicher Betätigung der Kommunen gibt es nirgendwo anders, hat es bisher nirgendwo anders gegeben und ist nirgendwo anders in der Bundesrepublik Deutschland geplant.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Eine derartig kommunalfeindliche Haltung gibt es nur in Nordrhein-Westfalen bei der schwarzgelben Landesregierung.

Das heißt, zukünftig sind kommunale Unternehmen von einem Wettbewerb mit privaten Anbietern ausgeschlossen. Das bedeutet langfristig, dass Strom, Gas, Wasser, Nahverkehr und Müllentsorgung, aber auch Projektentwicklung, Wirtschaftsförderung, Wohnungswirtschaft

(Lachen von Minister Dr. Ingo Wolf)

Sie lachen, Herr Wolf; auf Ihr Lachen komme ich gleich zurück – nur noch in den Händen privater Unternehmen liegen.

(Zuruf von der CDU: Alles Märchen!)

Märchen? Wenn Sie einen Hintern in der Hose hätten, wären Sie draußen bei den 15.000 und würden denen mal Ihre Politik erklären, Herr Kollege. –

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Dabei ignorieren Sie nämlich, dass kommunale Unternehmen längst in einem lokalen, regionalen, wenn nicht sogar europäischen Wettbewerb stehen. Wir wissen aus vielen Bereichen im europäischen Ausland, dass am Ende höhere Preise und schlechtere Qualität herauskommen, wenn Wettbewerb behindert, wenn Wettbewerb verhindert

wird, wenn öffentliche Daseinsvorsorge am Ende nur Oligopolen überlassen wird. Die Zeche dürfen die Bürger und die Unternehmen zahlen, die von Versorgung und Entsorgung abhängig sind.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Um es auf einen Nenner zu bringen, meine Damen und Herren von CDU und FDP: Nur wer vor diesem Wettbewerb Angst hat, verschärft § 107.