Protokoll der Sitzung vom 08.03.2007

Denn die Ausgangsvoraussetzungen im Ruhrgebiet sind grundsätzlich gar nicht so schlecht.

Wir haben eine dichte Siedlungsstruktur im Herzen Deutschlands und Europas. Wenn wir jetzt in die Verkehrsinfrastruktur investieren, was Sie jahrelang nicht wollten und blockiert haben, dann ist das eine wichtige Standortvoraussetzung für Neuansiedlungen.

Wir haben eine Vielzahl guter Unternehmensadressen mit einer weltweiten Vernetzung. Das wollen wir ausbauen – auch als Säule für wirtschaftliche Stärke. Deshalb investieren wir in marktwirtschaftliche Erneuerungskräfte.

Wir haben ein sehr dicht geknüpftes, enges Netz von Bildungseinrichtungen, die wir jetzt mit einer Qualitätsoffensive aus der rein quantitativen Betrachtung auch qualitativ weiterentwickeln, um so Zukunftschancen mit nachhaltiger Wirkung für die Region aufzubauen. Sie wären gut beraten, uns auf diesem Weg der Zukunft und der Erneuerung tatkräftig zu unterstützen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Witzel. – Frau Thoben, bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen tatsächlich von einem Ende des Strukturwandels. Denn 40 Jahre Ruhrgebietspolitik waren mit dem Begriff Strukturwandel inhaltlich immer nur in dem Sinne verbunden, dass es eine schrecklich benachteiligte Region war, die ihren Zustand auch besonders schlecht darstellen musste, um besonders viele Fördermittel zu bekommen.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Tho- mas Eiskirch [SPD])

Diese Phase ist mit der Verabredung zum sozialverträglichen Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlebergbau beendet.

Wir können uns ganz auf die Zukunft der Region konzentrieren. Deshalb ärgern Sie sich offensichtlich, dass wir nicht nur die „Initiative Zukunft Ruhr“, sondern zeitgleich auch die Clusterstrategie, auf die sich die Landesregierung verständigt hat, vorstellen.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Herr Groschek, Sie behaupten wider besseres Wissens, dass das Ruhrgebiet finanziell benachteiligt war. Das wissen Sie auch. Die 50 % sind nicht reserviert, sondern Brüssel verlangt, dass

wir über die gesamte Förderperiode hinweg mindestens 50 % in benachteiligten, strukturschwachen Gebieten verwenden. Ich wiederhole es heute noch einmal: Das Ruhrgebiet wird mit guten Ideen deutlich mehr als 50 % für sich einwerben können. Dafür steht das Ruhrgebiet.

(Beifall von CDU und FDP – Michael Gro- schek [SPD] meldet sich zu einer Zwischen- frage)

Nein, tut mir leid, Herr Groschek.

In dem Antrag der SPD steht nun einmal – das habe ich nicht geschrieben –:

„Die vorhandenen Flächen beinhalten ein großes Zukunftspotenzial für die Ansiedlung von Unternehmen. Sie dürfen nicht kurzfristig zu Schleuderpreisen an den Markt gebracht werden.“

Da steht nichts von anderen Flächen, und deswegen habe ich darauf rekurriert und habe gesagt, dass wir davon eigentlich reichlich besitzen.

Aber eine sehr praktische Unterstützung würde ich mir von Ihnen wünschen: Sprechen Sie doch einmal mit der SPD in Waltrop. Bei dem großen Entwicklungsprojekt „newPark“ wären wir ein ganzes Stück weiter, wenn die das nicht blockieren würde. Wenn die das nicht blockieren würden, dann wären wir an einem wichtigen Standort ein ganzes Stück weiter. – Danke.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von SPD und GRÜNEN)

So, liebe Kolleginnen und Kollegen, das mit den Zwischenrufen erübrigt sich ja jetzt.

Meine Damen und Herren, wenn ich das richtig sehe, haben wir im Augenblick keine weiteren Wortmeldungen. Die Redezeiten sind auch so gut wie erschöpft. Also schließe ich die Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 14/3839 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie – federführend – und zur Mitberatung an den Ausschuss für Bauen und Verkehr. Die abschließende Beratung wird im federführenden Ausschuss, also im Wirtschaftsausschuss, in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wenn Sie damit einverstanden sind, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf:

6 Kosten der Deichunterhaltung und bergbaubedingte Anliegerbeiträge sind Ewigkeitskosten des Bergbaus!

Eilantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/3901 – Neudruck

Die Fraktion der Grünen hat mit Schreiben vom 5. März 2007 fristgerecht einen Eilantrag eingebracht. Die SPD-Fraktion ist inzwischen diesem Antrag beigetreten. Ich weise außerdem darauf hin, dass es hierzu einen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/3940 gibt.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die SPDFraktion als eine der beiden antragstellenden Fraktionen Herrn Abgeordneten Römer das Wort. Bitte schön, Herr Römer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es bemerkenswert – herzlichen Glückwunsch an die Regierungsfraktionen –, dass Sie zehn Minuten vor der Beratung des vorliegenden Eilantrags einen gemeinsamen Entschließungsantrag zustande gebracht haben. Das ist ja eine „große“ Leistung. Seit Dienstag steht dieses Thema auf der Tagesordnung. Sie haben offensichtlich viel Zeit gebraucht, um sich darauf zu verständigen, etwas zu tun, was in der Sache mit dem zu tun hat, was wir vorgelegt haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Chris- tian Weisbrich [CDU])

Herr Weisbrich, beim ersten Überfliegen des Entschließungsantrages habe ich feststellen können, dass er handwerklich schludrig ist, denn zu dem wichtigen Punkt der Anliegerbeiträge steht dort überhaupt nichts. Sie hatten offensichtlich alle Mühe zu verhindern, unserem vernünftigen Antrag beizutreten. Ich bin deshalb auf Ihre Ausführungen gespannt, warum Sie unserem Antrag nicht beitreten können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zur Sache: Wir haben den vernünftigen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen gemeinsam weiterentwickelt und so zu einem gemeinsamen Eilantrag gemacht, indem wir ihn präzisiert haben, weil wir gemeinsam auf die wichtigen Punkte aufmerksam machen wollen.

Dieser vorliegende gemeinsame Antrag beleuchtet ein Spezialproblem im Zusammenhang mit den am 7. Februar 2007 in Berlin gefundenen Verein

barungen zur Zukunft des deutschen Steinkohlebergbaus. Die Faktenlage hierzu ist vergleichsweise klar: Bergbau führt zu großflächigen Oberflächenabsenkungen. Das bedingt gegebenenfalls die Notwendigkeit, Hochwasserschutzanlagen anzupassen, und – das will ich überhaupt nicht verleugnen – es kann auch zu neuen Betroffenheiten führen.

Hierzu hat es in den vergangenen Jahren eine bewährte Praxis gegeben. Mit den bergbaubedingten Mehrkosten wurden die betroffenen Bürgerinnen und Bürger nicht belastet. Diese Kosten hat der Bergbau getragen. Meiner Kenntnis nach hat es in der Vergangenheit über diese Kostenfrage unabhängig von sonstigen politischen Auseinandersetzungen über den Bergbau keine grundsätzliche Kontroverse gegeben.

Jetzt haben wir eine neue Situation. Der Bergbau wird diese Zahlungen langfristig nicht mehr leisten. Die Ewigkeitskosten sollen aus den Rückstellungen und dem Börsenerlös bedient werden. Hierzu soll die besagte Stiftung gegründet werden. Für uns ist klar: Die betroffenen Menschen dürfen zukünftig nicht schlechter gestellt werden als bisher. Das muss unser gemeinsames Anliegen sein. Ich lade die Regierungsfraktionen herzlich ein, dies mit herbeizuführen.

Das bedeutet, sie dürfen nicht mit gegebenenfalls erforderlichen zusätzlichen Kosten der Deicherhöhung und nicht mit Anliegerbeiträgen, die nur auf Bergbaueinwirkungen zurückzuführen sind, belastet werden. Hierfür ist eine Lösung erforderlich, die den neuen rechtlichen Gegebenheiten nach der Gründung der Stiftung Rechnung trägt. Hieraus leiten sich unmittelbar zwei Feststellungen und eine Forderung ab:

Erstens. Erhöhte Unterhaltungskosten für bergbaubeeinflusste Deichanlagen gehören zu den Ewigkeitskosten des Steinkohlenbergbaus; Herr Weisbrich, das fehlt in Ihrem Antrag.

Zweitens. Beiträge von Anliegern zu Deichgenossenschaften, die hierzu nur aufgrund von Bergsenkungen veranlasst werden müssen, gehören ebenfalls zu den Ewigkeitskosten des Steinkohlenbergbaus.

So weit die Feststellungen unseres Antrages zum Sachverhalt.

Drittens. Wir gehen davon aus, dass dies bereits größtenteils beim KPMG-Gutachten berücksichtigt ist und die erforderlichen Beträge bei der Berechnung der notwendigen Finanzierungsbeiträge berücksichtigt wurden. Jetzt kommt es aber darauf an, diesen Berechnungen konkretes Handeln fol

gen zu lassen. Nun ist die Landesregierung am Zug. Sie muss nämlich im Rahmen der weiteren Verhandlungen um Kohleanschlussfinanzierung und um Gründung der Stiftung im Sinne der Betroffenen verhandeln und dafür Sorge tragen, dass die Kosten in die von der Stiftung zu tragenden Ewigkeitslasten des Bergbaus – darauf kommt es an – einbezogen werden, Frau Thoben.

Das fehlt in dem Antrag von CDU und FDP. Deswegen meine herzliche Bitte an die Regierungsfraktionen: Springen Sie über Ihren eigenen Schatten! Stimmen Sie unserem gemeinsamen Antrag zu! Dann werden Sie den Anliegen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger gerecht. – Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Für die zweite antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Priggen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mich hat Herr Römer mit der Feststellung überrascht, dass nach seiner Kenntnis diese Kosten größtenteils im KPMGGutachten enthalten sind. Das ist mir neu. Dies war ja auch Gegenstand der Diskussionen im Wirtschaftsausschuss. Bei meiner Lektüre des KPMG-Gutachtens habe ich nicht festgestellt, dass Deichmaßnahmen dort aufgeführt sind. Da warten wir ja noch auf die Antwort der Landesregierung. Das Ministerium konnte in der damaligen Ausschusssitzung nicht die Frage beantworten, ob diese Maßnahmen enthalten sind. Aber dazu werden wir ja noch etwas hören.

Der Grundsachverhalt ist grundsätzlich der, dass die Deiche bedingt durch den Bergbau erhöht wurden und dass für diese Kosten der Deicherhöhung irgendjemand in ferner Zukunft aufkommen muss, wenn nach 60, 70, 80 Jahren eine Totalsanierung der Deiche ansteht. Weil wir Rückmeldungen von einem Gespräch im Saarland hatten, dass die DSK das ablehnt, hatten wir den ersten Eilantrag formuliert.

Ich habe mich gefreut, dass die Kollegen von der SPD gesagt haben: Das ist im Prinzip ein richtiger Sachverhalt. Denn unabhängig davon, ob man Ende-Bergbau oder Sockelbergbau vertritt, muss geklärt werden, wer auf lange Sicht für diese Kosten zuständig ist.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Darüber kann man nicht streiten, unabhängig davon, welche Grundposition man hat. Das sind klassische Ewigkeitskosten des Bergbaus. Wir müssten alle ein gemeinsames Interesse haben, dass die Kosten dorthin verortet werden, wo die Ewigkeitskosten auch abzudecken sind. Ich bedauere es außerordentlich, dass wir nicht zu einem gemeinsamen Antrag kommen. Es wäre natürlich exemplarisch, wenn wir es im Konsens schaffen würden – auch wenn wir bei der Kohle sonst unterschiedlicher Meinung sind – zu sagen: Es gibt saubere Regelungen für die Ewigkeitskosten. Wir exerzieren es an der Frage. Und wenn wir weitere Dinge finden, stellen wir uns im Interesse des Landes und derjenigen, die betroffen sind, auch dort auf. Das wäre eine vernünftige Position.