Protokoll der Sitzung vom 28.03.2007

Ich sprach eingangs davon, dass der Antrag grundsätzlich nachvollziehbar sei. An dieser Stelle sage ich aber auch: Er ist im Prinzip überflüssig, weil die Landesregierung auf diese Gesichtspunkte mindestens genauso achtet wie Sie. Berücksichtige ich, wie jetzt die Verfahrensabläufe sind, so kann ich feststellen, dass bereits im Dezember 2005 im Kraftwerk Frimmersdorf der erste 150MW-Block dauerhaft außer Betrieb gegangen ist.

Vor Inbetriebnahme der BoA 2 in Neurath, die nach heutiger Planung erst Ende 2009 erfolgen soll, werden im Kraftwerk Frimmersdorf weitere fünf 150-MW-Blöcke dauerhaft stillgelegt. Spätestens zwei Jahre nach Inbetriebnahme der BoA 3 in Neurath, die für Mitte 2010 geplant ist, werden in Frimmersdorf bzw. Niederaußem mindestens weitere vier 150-MW-Blöcke dauerhaft außer Betrieb genommen. Dies wurde im Genehmigungs

bescheid für den BoA-2/3-Doppelblock durch die Bezirksregierung so festgelegt, und alle übrigen 150-MW-Blöcke gehen spätestens bis Ende 2012 dauerhaft vom Netz.

Die Stilllegung der beiden 150-MW-Blöcke im Kraftwerk Niederaußem ist bis spätestens 31.12.2012 vorgesehen und wurde gegenüber der Genehmigungsbehörde bereits schriftlich erklärt. RWE betrachtet, soweit ich informiert bin, diese Erklärung als unwiderruflich. Ich glaube also, wir sind hier auf dem richtigen Weg.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Die Landesregierung achtet akribisch darauf, dass die notwendige Reduzierung von CO2-emittierenden Anlagen im derzeit gültigen Rechtsrahmen zügig erfolgt, und deshalb sage ich noch einmal: Dieser Antrag hat sich eigentlich überholt, weil der Sachverhalt aufgeklärt ist.

Im Übrigen haben Sie zu dem gleichen Thema eine Kleine Anfrage gestellt; zusammen mit Herrn Becker, denke ich. Die Antwort auf diese Kleine Anfrage wird dann belegen, dass es tatsächlich obsolet ist, diesen Antrag weiter zu verfolgen. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Weisbrich. – Für die SPD-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Römer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen setzt im Jahr 2002 an. Das ist ein wichtiges Datum, da in diesem Jahr – darauf ist gerade Bezug genommen worden – die Inbetriebnahme des Braunkohleblocks BoA 1 am Standort Niederaußem erfolgte.

Zum Verständnis der Zusammenhänge möchte ich an zwei entscheidende Etappen vor 2002, nämlich in den 90er-Jahren, erinnern. Im Oktober 1994 hat die SPD-Landesregierung mit RWE das sogenannte 20-Milliarden-DM-Kraftwerkserneuerungsprogramm verabredet. Und damit wurde der Aufschluss des Tagebaus Garzweiler II mit der grundlegenden Modernisierung des Kraftwerksparks im rheinischen Braunkohlenrevier verbunden. Im Kraftwerkserneuerungsprogramm hat sich RWE 1994 verpflichtet, Zug um Zug die vorhandenen Braunkohlekraftwerksblöcke durch Anlagen mit jeweils bester zur Verfügung stehender Technik zu ersetzen.

Die verschiedenen politischen Positionen hierzu waren in der Vergangenheit klar; gerade ist darauf schon einmal Bezug genommen worden, und ich möchte es noch einmal verdeutlich. – Bündnis 90/Die Grünen waren immer gegen den Braunkohlentagebau, gegen Braunkohlekraftwerke – und damit auch gegen Garzweiler II – und gegen das Kraftwerkserneuerungsprogramm. Hieran hat sich – das ist gerade deutlich geworden – bis heute nichts geändert.

Die CDU, Herr Weisbrich, hat bei dem Thema wie bei so vielen anderen Themen auch – auch das ist gerade deutlich geworden – bisher die Oppositionsrolle nicht verlassen. Bei allgemeinen Reden wird selbstverständlich inzwischen die Bedeutung des subventionsfreien Energieträgers Braunkohle hervorgehoben. Wenn es allerdings konkret wird – ich erinnere an das GEP-Änderungsverfahren im Regionalrat Köln –, taucht die CDU ab. Die Distanz, Herr Weisbrich, die Ablehnung, ja sogar der Widerstand gegen Garzweiler II und die Braunkohleverstromung ragte bis tief in die Reihen der CDU hinein und ist längst nicht verschwunden. Auch deshalb sollten sich manche in den Reihen der CDU – auch Sie, Herr Weisbrich – in ihrem plötzlichen Eifer für die Braunkohle besser etwas zurückhalten.

(Christian Weisbrich [CDU]: Herr Römer!)

Glaubwürdig ist das nicht.

Die Position der SPD in diesem Prozess ist klar und war klar: Wir stehen zur Braunkohle – wie im Übrigen auch zur Steinkohle – als heimischem Energieträger, und dabei wissen wir, dass die Verstromung von Braunkohle mit spezifisch höheren CO2-Emissionen als die Verstromung von Steinkohle und Gas verbunden ist.

Gerade heute zeigt sich, wie wichtig und richtig es war, die Genehmigung von Garzweiler II an die Verpflichtung zu knüpfen, den Kraftwerkspark grundlegend zu erneuern. Die Verbesserung der Wirkungsgrade von 31 % – Herr Priggen hat es gerade schon benannt – auf ca. 43 % bedeutet praktisch, dass ca. 27 % weniger CO2 pro Kilowattstunde emittiert werden.

Ressourcenschonung und Klimaschutz werden durch diese Effizienzsteigerung vernünftig und erfolgreich miteinander verbunden. Auch deshalb ist es vernünftig, diese erfolgreiche Energie- und Umweltpolitik früherer SPD-geführter Landesregierungen fortzusetzen; ich hoffe, das wird die Ministerin gleich deutlich machen.

Dieser Hinweis auf die Historie ist mir wichtig, um die Ausgangsposition der SPD und der SPD

Landtagsfraktion auch für die weiteren Beratungen zu verdeutlichen: Alte Braunkohlekraftwerksblöcke mit niedrigen Wirkungsgraden – ich wiederhole das – müssen Zug um Zug durch Anlagen mit jeweils bester zur Verfügung stehender Technologie ersetzt werden. Die Notwendigkeit, dieses Kraftwerkserneuerungsprogramm umzusetzen, ist also aktueller denn je. Es ist ja keine neue Forderung.

An den getroffenen Vereinbarungen – da bin ich nahe bei Herrn Priggen – ändert auch der Emissionshandel grundsätzlich überhaupt nichts, und hieran halten wir auch weiter fest, Herr Weisbrich. Das müsste auch gemeinsame Position hier im Landtag sein.

Wir werden also jetzt den Antrag an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Wir schlagen vor, dort im Wirtschaftsausschuss – das ist der geeignete Ort – mit dem betroffenen Unternehmen die Sach- und Rechtslage in aller Ruhe zu diskutieren. Herr Weisbrichs Erklärungen reichen nach meinem Verständnis dafür überhaupt nicht aus.

RWE wird dort erklären können und im Übrigen auch erklären müssen, warum die Zusage, die dem Regionalrat Köln Anfang 2004 gegeben wurde, aufgrund vermeintlich oder tatsächlich geänderter Rahmenbedingungen aus Sicht des Unternehmens nicht mehr einzuhalten war. Danach werden wir – das sage ich für die SPD zu – unsere Position abschließend beraten und entscheiden.

Ich fasse zusammen: Für die SPD-Landtagsfraktion bleibt klar, dass die Zukunft des heimischen Energieträgers Braunkohle für NordrheinWestfalen von besonderer Bedeutung ist. Gleichzeitig müssen wir alles daransetzen, dass alte, ineffiziente Kraftwerksblöcke so schnell wie möglich durch neue Anlagen ersetzt werden. Das sichert langfristig eine preisgerechte Energieversorgung, Arbeitsplätze im rheinischen Braunkohlenrevier und ist im Übrigen der beste Beitrag zum Klimaschutz.

Deshalb, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, stimmen wir selbstverständlich der Überweisung entsprechend der Überweisungsempfehlung zu. – Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Römer. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt zu diesem Tagesordnungspunkt Herr Abgeordneter Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Großteil der in NordrheinWestfalen betriebenen Kraftwerke ist bereits wirtschaftlich abgeschrieben und läuft am sogenannten goldenen Ende. Aus der Altersstruktur des Kraftwerksparks ergibt sich ein dringend erforderlicher Modernisierungsbedarf, dem die Versorger in Nordrhein-Westfalen mit dem Kraftwerkserneuerungsprogramm in den kommenden Jahren nachkommen werden.

Derzeit basieren rund 87 % der nordrheinwestfälischen Kraftwerkskapazitäten auf Braun- und Steinkohle. Während alte Braunkohlenblöcke noch einen Wirkungsgrad von 33 % aufweisen, sind die hochmodernen BoA-Kraftwerke mittlerweile bei 43 %. Bei Steinkohlenkraftwerken fällt das Verhältnis von alt zu neu mit 35 % zu 46 % ähnlich positiv aus.

Durch die Erhöhung des Wirkungsgrades um 30 % steigt die Energieeffizienz des nordrheinwestfälischen Kraftwerksparks in den kommenden Jahren spürbar. Gleichzeitig können durch den Einsatz moderner Kohlekraftwerke, die dem besten verfügbaren Stand der Technik entsprechen, gewaltige CO2-Einsparpotenziale gehoben werden.

Meine Damen und Herren, hierzu ist es allerdings erforderlich, dass die alten Anlagen sukzessive vom Netz genommen werden. Um dies gewährleisten zu können, hat die Bezirksregierung Düsseldorf die Genehmigung zur Inbetriebnahme der BoA 2 im Jahre 2009 bzw. 2010 davon abhängig gemacht, dass gleichzeitig sechs alte Braunkohlenblöcke dauerhaft außer Betrieb genommen werden. Dies ist die aktuelle Rechtslage, und daran wird sich RWE halten müssen.

(Beifall von der FDP)

Insofern können wir dem Grundanliegen dieses Antrags zustimmen. Frau Ministerin Thoben wird sicherlich gleich ausführen, dass weiterhin scharf kontrolliert wird, dass dies auch eingehalten wird.

(Beifall von der FDP)

Aber, meine Damen und Herren, worum geht es den Grünen mit diesem Antrag tatsächlich? Das ist am vorletzten Wochenende auf dem kleinen Parteitag in Essen deutlich geworden. Herr Priggen, Ihre soeben gemachten Ausführungen sind etwas anders als das, was Sie am vergangenen Wochenende beschlossen haben. Dort haben die Grünen einen Beschluss zum sofortigen Stopp sämtlicher Kohlekraftwerksneubauten in diesem Lande herbeigeführt, meine Damen und Herren.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Hört, hört!)

Damit wird die alte Position aus Regierungszeiten weiterverfolgt: die Strategie der Deindustrialisierung Nordrhein-Westfalens. Dabei spielt es keine Rolle, dass hierdurch Milliardeninvestitionen in Nordrhein-Westfalen verhindert werden.

(Beifall von der FDP – Johannes Remmel [GRÜNE]: Märchenerzähler!)

Herr Kollege Priggen, Herr Kollege Remmel, mit diesem Beschluss

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Genau zitie- ren!)

haben Sie einmal mehr Ihre wirtschafts- und energiepolitische Inkompetenz bewiesen.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Kernenergie raus, Steinkohle raus, Braunkohle raus – aber keine Aussage darüber, wie der Grundbedarf an Strom zukünftig gedeckt werden darf! Das ist grüne Realpolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Johannes Remmel [GRÜNE]: Die Hamster hast du vergessen!)

Anstatt dafür zu kämpfen, dass das angekündigte CO2-freie Kohlekraftwerk schnellstmöglich gebaut werden kann, wird auch diese zukunftsweisende Technologie generell infrage gestellt. Daran sehen Sie, meine Damen und Herren: Es geht den Grünen nicht um die Sache, sondern um die Umsetzung grüner Ideologie. Das werden wir so nicht mittragen.

(Beifall von der FDP)

In der Sache selbst werden wir das Thema in den weiteren Ausschussberatungen entsprechend begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Brockes. – Für die Landesregierung spricht jetzt Frau Ministerin Thoben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Weisbrich hat schon den aktuellen Stand der Planungen und auch der Stilllegungen vorgetragen. Nun kann man sich auf den Standpunkt stellen, Herr Priggen: Das, was 2002 und 2004 richtig war und verabredet wurde, darf nicht mehr infrage gestellt werden, egal was sonst um uns herum passiert.

Erste Anmerkung: Wir sind der Auffassung, dass sich ein paar Rahmenbedingungen so geändert haben, dass ich Verständnis dafür habe, dass die RWE ihre Stilllegungsplanung nunmehr quasi gerichtsfest formuliert überarbeitet hat. Sie können sagen: Das ist immer noch nicht ehrgeizig genug. Aber aus dem Plan können sie nicht mehr heraus.