Ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss. Ich darf darauf verweisen, dass vor wenigen Tagen eine Expertentagung am Oberstufenkolleg der Universität Bielefeld stattgefunden hat, die von der Universität Bielefeld und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ausgerichtet worden ist. Sie hat genau dieses Thema in den Mittelpunkt gestellt. Ich möchte anregen, dass wir diese Erkenntnisse in den Ausschüssen aufnehmen.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Der Titel des Antrags ist gut, aber das ist leider auch das Einzige. Jeder Oberstufenschüler hätte Ihnen bessere Vorschläge machen können. Wenn Sie mit Schülerinnen und Schülern sprechen, hören Sie, dass vor allem die Abi-Messen, die in Köln sehr erfolgreich laufen, gut ankommen. Hier gibt es wirklich gute, interessante und wertvolle Informationen. Sie werden hören, dass es wichtig ist, junge Lehrer in den Schulen zu haben, die aus ihrer eigenen akademischen Erfahrung einiges dazu beitragen können. Auch die gibt es mittlerweile zum Glück wieder in größerer Zahl.
Vielen Dank, Herr Kollege Hollstein. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Dr. Seidl das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schultheis, an dieser Stelle muss ich Herrn Hollstein Recht geben. Irgendwie hat die SPD-Fraktion ausgeblendet, dass wir zu diesem Thema bereits einen entsprechenden Antrag ins Plenum eingebracht haben. Über ihn diskutieren wir eigentlich schon ein ganzes Jahr.
Dennoch freue ich mich, dass Sie mir an dieser Stelle die Gelegenheit geben, zum zweiten Mal über das Thema Übergang von der Schule zur Hochschule im Plenum sprechen zu dürfen. Ich gehe davon aus, dass Sie Ihren Antrag als konstruktiven Beitrag zu der Debatte ansehen, die wir bereits seit einem Jahr führen.
Ihre Forderungen empfinde ich deshalb als sinnvolle Ergänzung zu dem, was schon in unserem Antrag „Reformprozesse in Schule und Hochschule aufeinander abstimmen“ zu lesen ist. Ich freue mich auch, dass unsere Vorschläge in der Anhörung am 1. Februar dieses Jahres von den Expertinnen und Experten überaus positiv bewertet wurden.
Nicht so gut, liebe Frau Sommer, kam das inzwischen von Ihnen vorgelegte Konzept der Landesregierung an. Dieses sogenannte Konzept greift, so die Fachleute, nicht weit genug und bleibt an vielen Stellen Stückwerk. Sie liefern zwar Vorschläge für interessante und erfolgreiche Einzelprojekte, die wir an den Hochschulen zum Teil schon haben – das sind etwa Schüleruniversitäten und Schnupperstudien –, oder für lokale Beratungsbündnisse; aus unserer Sicht fehlt aber eine ressortübergreifende konzeptionelle Abstimmung. Der Hochschulbereich, um den es natürlich auch immer gehen muss, kommt im Papier der Ministerin viel zu kurz bzw. so gut wie gar nicht vor.
Das ist aber aus meiner Sicht auch ein Problem des vorliegenden SPD-Antrags. Er beleuchtet hauptsächlich die Schulseite, auch wenn im letzten Forderungspunkt die Notwendigkeit von Propädeutika angesprochen wird. Selbst bezogen auf die Schule enthält Ihr Antrag letztlich nur einige Einzelvorschläge zur Verbesserung einer gezielten Vorbereitung von Schülerinnen und Schülern
Studentenpaten und Programme sind sicherlich konkrete und greifbare Vorschläge, die wir auch gerne unterstützen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, bei Ihnen fehlt aber ein verbindliches Konzept, in das diese Vorschläge eingebettet sein müssen. Mit unserem Antrag waren wir schon ein Stück weitergekommen.
Die gezielte Vorbereitung auf ein Studium muss doch mehr sein als ein Internetportal und ein Assessmentverfahren. Wenn wir die Forderung eines besseren Übergangs zwischen Schule und Hochschule wirklich ernst nehmen, müssen wir grundsätzlich an die Curricula und an die Frage heran, was Schule und Hochschule neben verbindlichen Beratungsstrukturen auch inhaltlich vermitteln sollen.
Die Zeit für Reformen ist längst reif; das zeigen alle internationalen Untersuchungen. Die Zeit ist auch günstig, denn wir befinden uns zurzeit in einer Studienreform an unseren Hochschulen, die in vollem Gange ist. Wenn diese Studienreform wirklich Erfolg haben soll, muss sie auch an die Schulen rückgekoppelt werden und Auswirkungen auf das haben, was an den Schulen getan wird, um die Schülerinnen und Schüler auf diese neuen Strukturen und Inhalte an den Hochschulen vorzubereiten.
Das niederländische Modell, das wir in unserem Antrag bereits erwähnt und vorgeschlagen haben – auch vonseiten des Wissenschaftsrats wurde es vorgeschlagen –, kann ein Vorbild dafür sein. Dort wird nicht nur in der Schule durch gezielte Module auf die Hochschule und auf bestimmte Studiengänge vorbereitet; es gibt eben auch die von Ihnen angesprochenen Propädeutika.
Lieber Herr Schultheis, ich werte Ihren Antrag einfach als Beitrag zu einer Diskussion, die wir derzeit auf der Grundlage unseres Antrags bereits führen. So sind Ihre vielleicht etwas zu kurz gegriffenen Vorschläge sicherlich sinnvoll. Ich kann mir dennoch vorstellen, dass wir Ihrem Antrag zustimmen werden, weil er unsere Vorschläge praktisch ergänzt. Im Wissenschaftsausschuss können wir darüber weiter beraten und dem SPDAntrag möglicherweise zustimmen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Sozialdemokraten sprechen ein wichtiges Thema an, dem ihr oberflächlicher und schlecht recherchierter Antrag aber in keiner Weise gerecht wird. Wer einen Antrag vorlegt, der auf zwei Seiten allein fünf Schreibfehler enthält und mit keinem einzigen Wort aktuelle Initiativen der Landesregierung auf dem Gebiet erwähnt, dem geht es nicht darum, ein Problem zu bearbeiten. Ihm geht es darum, ein Thema politisch zu besetzen, aber nicht darum, die Interessen junger Menschen beim Übergang von der Schule in die Hochschule zu vertreten, meine Damen und Herren.
Es ist offensichtlich schlecht gearbeitet und mit heißer Nadel gestrickt worden. Mindestens die Orthografie hätten Sie mit wenig Aufwand korrigieren können.
Sie übersehen zudem, was in diesem Land bereits passiert und im Rahmen der letzten Anhörung im Fachausschuss dargelegt worden ist. Ich will es in nur einigen Bemerkungen zusammenfassen.
Erstens. Zahlreiche Akteure engagieren sich dafür, junge Menschen über Studien- und Berufswahlmöglichkeiten zu unterrichten. Das wurde uns am 1. Februar in der genannten Anhörung dargelegt. Neben Schulen, Universitäten und Studentenwerken sind es vor allem die Arbeitsagenturen, die über das Internet mit Standardangeboten auf die Nachfrage der Studienbewerber reagieren.
Zweitens. Hier besteht gewiss noch Optimierungsbedarf, denn nach der von der SPD zitierten HIS-Studie fühlen sich lediglich 41 % der Studienanfänger gut bzw. sehr gut auf ein Studium vorbereitet.
Allerdings: Obwohl diese Zahl zweifelsohne zu niedrig ist, ist sie in den letzten Jahren gestiegen, während Sie den Eindruck erwecken, sie sei zurückgegangen. Sie ist aber von 27 % im Wintersemester 1994/95 auf jetzt immerhin 41 % der Studienbewerber gestiegen, die sich gut und sehr gut informiert fühlen.
Zum Dritten. Richtig ist zudem, dass die Betreuung der Studienanfänger an den Hochschulen intensiviert werden muss. Deshalb haben wir Studienbeiträge eingeführt, die insbesondere auch dafür verwendet werden können, Vorkurse, Orien
tierungsphasen und personalintensivere Unterstützung während der ersten Semester zu finanzieren. Das machen wir, damit das Studium wieder attraktiver wird und damit sich mehr junge Menschen für eine planbare akademische Ausbildung entscheiden.
Im Übrigen füge ich als Fußnote hinzu, dass das Verwaltungsgericht Minden, lieber Herr Schultheis, am 26. März dieses Jahres nicht nur die Rechtmäßigkeit der Studienbeiträge bestätigt, sondern insbesondere ihre Sozialverträglichkeit in Nordrhein-Westfalen hervorgehoben hat.
Na ja. – Fraglich ist, warum im Übrigen gerade die SPD ein von Landesseite vorgegebenes Propädeutikum beim Übergang von der Schule in die Hochschule fordert, hat doch die SPD die Finanzierung der Tutorenprogramme im Rahmen des Aktionsprogramms „Qualität der Lehre“ Ende 2000 auslaufen lassen und die Einführung propädeutischer Maßnahmen in die Verantwortung der Hochschulen gestellt. Hat sich Ihre Haltung innerhalb der letzten sechs Jahre verändert?
Lesen Sie doch einmal die Antwort Drucksache 13/3276 auf die Kleine Anfrage 1035. In der letzten Legislaturperiode haben Sie darin als Regierung etwas ganz anderes vertreten als das, was Sie als Opposition uns etwas billig vorschlagen.
Zum Vierten. Kennzeichen unserer Politik ist, vorhandene Ressourcen besser nutzbar zu machen und sie gegebenenfalls qualitativ zu verbessern. Hingegen streben Sie von der SPD ebenso wie die Grünen an anderer Stelle an, fortwährend Neues zu etablieren, ohne bereits einen Blick auf die vorhandene Beratungsstruktur zu werfen. Das ist auch an vielen anderen Stellen so. Im Land gibt es eine Vielzahl von Doppelstrukturen. Denken Sie nur an die Regionalstellen Frau und Beruf, an das Landesinstitut Soest usw. Sie haben immer Doppelstrukturen aufgebaut, statt die bisherigen Strukturen zu optimieren und so veränderten Bedarfen Rechnung zu tragen.
Fünftens. Die SPD hat nicht erkannt, dass es unzureichend ist, bloß über mathematische, ingenieur- und naturwissenschaftliche sowie technische Studiengänge zu informieren. Darauf haben Sie sich lange Zeit beschränkt. Das Ergebnis ist offensichtlich: unterausgelastete Studienkapazitäten
Weitere Informationsprogramme aufzulegen, wie Sie fordern, wird deshalb nicht zum Erfolg führen. Die neue Landesregierung geht durch ihre Initiative „Zukunft durch Innovation“ deshalb einen Schritt weiter. Wir informieren nicht nur, sondern wir haben zum Ziel, Naturwissenschaften für junge Menschen erfahrbar zu machen, durch verschiedene Angebote Brücken zwischen Schule und Hochschule zu schlagen.
Wir wollen uns nicht auf Schüler beschränken, sondern wir wollen eine Sensibilisierung für technisch-naturwissenschaftliche Phänomene bereits früher erreichen. Deshalb gibt es, um nur ein Beispiel zu nennen, ein Programm MINIPHÄNOMENTA, mit dem Kindergartenkinder schon auf naturwissenschaftliche Fragen und Sachverhalte hingewiesen werden, zum Beispiel darauf, dass ein Holzscheit im Wasser oben schwimmt.
Der letzte Punkt. Bei aller notwendigen Anstrengung, die wir unternehmen müssen, um junge Menschen besser über Studien- und Berufswahlmöglichkeiten zu informieren, reden wir über die Bildungselite von morgen. Wenn jemand mit Abitur vielleicht auch mit Unterstützung der Eltern nicht in der Lage ist, sich über die Studienangebote zu informieren, muss er oder sie sich fragen, ob die Studierfähigkeit überhaupt schon hinreichend entwickelt ist. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Sommer. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Schultheis, Sie haben eben bemängelt, dass so wenig Schule präsent ist. Jetzt gedenke ich, fünf Minuten über das Thema zu reden. Ich hoffe, damit mache ich ein bisschen wett.
Die HIS-Studie, meine Damen und Herren, vom Januar 2007 stellt fest, dass die Studierbereitschaft und die Studienanfängerzahlen über einen längeren Zeitraum von Schwankungen gekennzeichnet sind.