Protokoll der Sitzung vom 01.09.2005

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 14/117 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie. Die abschließende Beratung und Abstimmung erfolgt dort in öffentlicher Sitzung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ist jemand dagegen? - Enthaltungen? - Dann ist die Überweisung des Antrags einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf:

12 Kontinuität der Förderpolitik sichern - Förderinstrumente bei der NRW.Bank optimieren

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/121

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende SPD-Fraktion Frau Hammelrath das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie fördern wir kleine und mittlere Unternehmen? Wie

schaffen wir verlässliche Perspektiven für den Mittelstand in Nordrhein-Westfalen? Vor diesen Fragen standen wir, als wir die Strukturen der Mittelstandsförderung, die Architektur des Förderinstrumentariums, geschaffen haben. Wirtschaftsförderung sollte die Überschrift dieser Aktivitäten sein, die wir bereits vor Jahren begonnen haben und die wir mit dem vorliegenden Antrag fortsetzen.

Zur Erinnerung: Das Land Nordrhein-Westfalen hatte bereits vor Ihrem Amtsantritt eine sehr gut funktionierende Förderbank. Die ehemalige Landesregierung und mit ihr die ehemaligen Koalitionsfraktionen haben hier bereits die wichtigsten Weichenstellungen vorgenommen.

Neben und mit der Ausrichtung der NRW-Bank zur Förderbank des Landes wurde ein spezieller Schwerpunkt auf die Förderung des Mittelstandes gelegt. Hierfür legte die NRW-Bank dann im Januar 2005 - also noch unter der sozialdemokratisch geführten Landesregierung - einen sogenannten Venture-Capital-Fonds mit 40 Millionen € auf, der sich speziell an junge Unternehmen in der Expansionsphase richtet.

Es ist schon erstaunlich, dass die Abwicklung von Förderprogrammen über die Landesbank bzw. die NRW-Bank von Ministerin Thoben so lautstark angekündigt wird, wo diese doch bereits Beschlusslage im sogenannten Düsseldorfer Signal, dem Koalitionspapier der SPD-geführten Regierung, war.

(Zuruf von der CDU: Altpapier!)

Ich zitiere:

Die Förderprogramme des Landes sollen in einer Hand gebündelt werden. Außerdem sind die Förderprogramme mit dem Ziel zu überprüfen, wenige, für die Zielgruppen aber brauchbare und verständliche Angebote zu schaffen.

Diese Marschroute wurde von der Leitung der NRW-Bank bereits Mitte 2004 intensiv verfolgt. Es verwundert doch sehr, dass die neue Ministerin für diese überall öffentlich zugänglichen Informationen eine Bestandsaufnahme benötigt, wie sie jedenfalls kürzlich öffentlich erklärt hat.

Unsere Unternehmen unterliegen ständig neuen Herausforderungen. Sie sind diesen Herausforderungen zum Teil nur mit staatlicher Hilfe gewachsen. So vielfältig die Märkte, Branchen und Unternehmen sind, sind mithin auch die Finanzierungserfordernisse und damit die Förderinstrumente und -programme. Wirtschaftsförderung ist kein einfaches Feld. Die Ministerin sollte nicht in die Falle ihrer eigenen Rhetorik laufen. Sie sollte nicht

so tun, als könnten Fördermaßnahmen simpel strukturiert werden.

Natürlich ist es richtig, öffentliche Mittel sparsam einzusetzen. Es geht aber auch darum, sie intelligent und klug einzusetzen. NRW ist seit Jahren in Sachen Unternehmensgründungen sehr erfolgreich. Die Zahl der Gründungen stieg von 108.900 1997 auf einen Höchstwert von 118.600 Gründungen 2004. Im Saldo liegt die Zahl der Nettogründungen nach 19.000 im Jahre 1997 bei 22.300 im Jahr 2004. Daher sind Gründungsgewinne mit aktuell steigender Tendenz zu verbuchen. Daran müssen Sie anknüpfen.

Die genannten Zahlen zeigen die hohe mittelstandspolitische Kompetenz der bisherigen Landesregierung. Die Mittelstandspolitik in NRW muss nämlich nicht neu erfunden werden. Wir müssen den eingeschlagenen Weg der Konzentration von Maßnahmen der Wirtschaftsförderung bei der NRW-Bank fortsetzen. Ich denke, zumindest in diesem Punkt werden Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, unserem Antrag sicher zustimmen können.

In unserem Antrag geht es zudem darum, von Frau Thoben konkret zu erfahren, an welcher Stelle die bisherige Landesregierung mit der Gießkanne Fördermittel verteilt haben soll, ein Vorwurf, den sie in der „Westfalenpost“ vom 1. August 2005 verlautbaren ließ. Die SPDFraktion erwartet insbesondere Auskunft darüber, welche Unternehmen nach dem Gießkannenprinzip bedient worden sein sollen.

Darüber hinaus ist es sicher für uns alle von Interesse, einmal offiziell von der neuen Landesregierung zu erfahren, welche Instrumente der Wirtschaftsförderung sie bei der NRW-Bank zu platzieren gedenkt.

Wir wollen von Ihnen konkret wissen, was Sie tun wollen, oder ob Sie uns alten Wein in neuen Schläuchen verkaufen wollen. Legen Sie die Fakten auf den Tisch! Ich fordere Sie auf: Stellen Sie Ihre parteipolitische Kritik beiseite! Der Landtagswahlkampf ist längst vorbei. Handeln Sie im Interesse der Wirtschaft und des Mittelstandes! Handeln Sie im Interesse unseres Landes! Stimmen Sie unserem Antrag zu! - Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hammelrath. - Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Knieps das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD war in wechselnden Kombinationen 39 Jahre Regierungspartei in Nordrhein-Westfalen. Sie hat der neuen CDU/FDP-Landesregierung einen Scherbenhaufen hinterlassen, angefangen bei der Zahl der Arbeitslosen über die Staatsverschuldung bis hin zu einem unterdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum unseres Landes. Gerade in der Wirtschaftspolitik hinterlässt die SPD ein Trümmerfeld.

Die CDU-Landtagsfraktion hat genau vor einem Jahr ein Gutachten vorgestellt, das das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung in ihrem Auftrag angefertigt hat. Ziel war es, die Zukunftspotenziale unseres Landes auszuloten. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass es in Nordrhein-Westfalen eine unüberschaubare Vielzahl von Initiativen gibt. Für jeden findet sich etwas. Ich zitiere Seite 155 dieses Gutachtens:

(Zuruf von der SPD: Nicht die ganze!)

Es gibt in der Programm- und institutionellen Förderung eigentlich keinen Ansatz des förderpolitischen Instrumentariums, der in NRW nicht in irgendeiner Weise existent ist. So lässt sich der Eindruck nicht vermeiden - hierauf weisen auch einzelne Gesprächspartner hin -, dass die Vielzahl in den politischen Förderansätzen ein Maß an Unschärfe erreicht hat und zu geringe Fokussierung des Mittelstandes vermittelt. Philosophie der Landespolitik schien es bislang zu sein, für jedes Problem eine konkrete Maßnahme und damit Antwort formulieren zu wollen und nicht wie beispielsweise in BadenWürttemberg stärker durch die Setzung von Rahmenbedingungen und damit indirekte Maßnahmen Politik zu betreiben.

Der zurzeit noch bestehende Gemischtwarenladen von Rot-Grün wird von Rot-Grün verantwortet. Insofern ist es zumindest eigenartig, jetzt einen solchen Antrag zu stellen. Es ist zwar immer gut, wenn ein Sünder Reue zeigt und endlich zu besseren Einsichten gelangt. Aber so zu tun, als ob man selbst immer den Pfad der Tugend beschritten hätte, ist einfach scheinheilig und frech.

(Beifall von CDU und FDP)

So hat die Ministerin in der Ausschusssitzung bereits klargestellt, dass an der Umsetzung der Forderungen bereits gearbeitet wird. Ihr jetzt vorzuhalten, dass sie NRW nicht innerhalb von zwei Monaten saniert hat, kann nicht von den politischen Verantwortlichkeiten ablenken.

Natürlich werden wir die Förderinstrumente optimieren. Es freut mich übrigens, dass auch die Opposition schon die Notwendigkeit gesehen hat, die Instrumente der alten Landesregierung zu optimieren. Deshalb werden wir besonders darauf achten, dass die Instrumente hinsichtlich des bürokratischen Aufwandes und des dazugehörigen Beratungsangebots den Bedürfnissen der kleineren Betriebe und der Existenzgründer gerecht werden. Der Antrag selbst entbehrt damit jeder Grundlage.

Die Fördermaßnahmen werden bei der NRWBank konzentriert. Zurzeit wird an der Entwicklung neuer Instrumente gearbeitet. Die Landesregierung baut zum Beispiel ein Fördercontrolling auf, um ineffiziente Programme zu identifizieren und einzustellen. Klar ist, dass es eine Förderung für alles und jeden wie bisher nicht weiterhin geben kann. Die Mittel sollen auf Gründungen und auf kleine und mittlere Betriebe konzentriert werden.

Mit der Erhöhung der Mittel für die Meistergründungsprämie trotz angespannter Haushaltslage gehen wir einen konkreten Schritt zur Stärkung gerade dieses Förderbereichs und zeigen, dass wir bereit sind, funktionierende Förderansätze der alten Landesregierung fortzusetzen und damit die im Antrag gewünschte Kontinuität der Förderpolitik zu gewährleisten - allerdings zu besseren und effizienteren Konditionen.

Auch deshalb hat die neue Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen mit dem Koalitionsvertrag die Unterstützung und Förderung des Mittelstandes in Nordrhein-Westfalen in einer nie da gewesenen Eindeutigkeit in den Mittelpunkt ihrer Wirtschaftspolitik gestellt.

(Beifall von CDU und FDP)

Dieser Leitlinie wird die Politik in NordrheinWestfalen ohne Wenn und Aber folgen. Aber nicht nur im Bereich der Förderpolitik, sondern in der gesamten Landespolitik sind die kleinen und mittleren Unternehmen auf dem Weg von den Sonntagsreden in den Mittelpunkt des praktischen Handelns. Denn die Landesregierung weiß um die Bedeutung gerader dieser Unternehmen, wenn es um Ausbildungs- und Arbeitsplätze geht, wenn es um das Zahlen von Steuern und nicht zuletzt um die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung geht.

Auch wenn die von Rot-Grün hinterlassene desolate Haushaltslage die Gestaltungsspielräume erheblich einengt, wird die Landesregierung dem Mittelstand die Basis für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zukunft in Nordrhein-Westfalen geben. Im Zusammenwirken von effizienten Förderin

strumenten und besseren Rahmenbedingungen wird der Mittelstand in Nordrhein-Westfalen eine neue Chance bekommen. Mit einer guten Entwicklung des Mittelstandes werden wir unser Bundesland vom letzten Platz der westlichen Flächenländer bei den wirtschaftlichen Rahmendaten zu den Erfolgen, die wir aus den südlichen Bundesländern kennen, führen. Unser Land hat es einfach nicht verdient, immer den letzten Platz einzunehmen.

(Beifall von CDU und FDP)

Frau Ministerin Thoben und die gesamte neue Landesregierung haben bei der Umsetzung der notwendigen Schritte die absolute Unterstützung der Koalition. Konstruktive Vorschläge der Opposition nehmen wir gerne entgegen. Wir werden dieses Gespräch mit Freuden im Wirtschaftsausschuss fortführen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Knieps. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Priggen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Irgendwann ist man es ja auch leid. Dies ist ein verzweifelter Versuch der SPD-Fraktion, mit einem vernünftigen Antrag herauszukriegen, was Sie konkret wollen. Alles, was wir im Moment tun können, ist, aus Pressemitteilungen sowie aus Äußerungen von Frau Thoben und Herrn Wittke zu erahnen, was denn gemacht werden soll. Was wir dann hören - das trifft auch auf den Beitrag vor mir zu -, sind dieses mittelstandspolitische Vaterunser und die Versatzstücke aus Ihren Wahlkampfreden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Antrag ist in der Substanz doch ganz einfach - und das ist nur vernünftig -, darüber informiert zu werden, was Sie konkret vorhaben. Wenn Sie Verbesserungsvorschläge haben, ist das ja legitim. Sie sind gewählt worden. Dann nennen Sie diese Vorschläge im Detail. Und wenn die Ministerin sagt, die Gießkanne sei eingesetzt worden, dann sollten Sie doch einmal im Konkreten sagen, in welchem Förderprogramm wo die Gießkanne eingesetzt worden ist, was geändert werden soll und was Sie streichen wollen. Mehr will der Antrag überhaupt nicht. Das wollen wir im Wirtschaftsausschuss hören.

Die Ministerin ist jetzt verhindert. Das ist auch in Ordnung. Es geht aber nicht, dann jetzt hier eine

solche allgemeine Rede zu halten und das zu sagen, was wir schon seit Wochen hören. Irgendwann ist auch Schluss mit Wahlkampf. Dann werden Sie konkret werden müssen. Deswegen gehe ich davon aus, dass wir das Ganze dann dort hören werden.

Gestatten Sie mir noch eine kurze Bemerkung in der Sache. Wir haben ja die Frage der Konzentration der Förderinstrumente bei der NRW-Bank diskutiert. Wir haben sie in Teilen auch strittig diskutiert. Schließlich macht es unter Umständen ja Sinn, alles, was finanzpolitisch abgewickelt werden muss, dorthin zu geben, wenn es günstiger ist. In Ihrem Bereich gibt es aber auch Förderprogramme - als Beispiel nenne ich die Holzabsatzförderrichtlinie -, bei denen die fachliche Beratung und auch die Vergabe der Bescheide in Ihrem Haus erfolgen muss; denn keine Bank kann mit kompetenten Mitarbeitern das machen, was Ihre Leute da leisten. Das geht gar nicht. Es gibt auch andere Bereiche, zum Beispiel bei REN und Ähnlichem, wo man Detailwissen und Erfahrung haben muss. So etwas kann eine Bank nicht, jedenfalls nicht zu vernünftigen Konditionen, es sei denn, Sie geben ganze Abteilungen von Ihren Mitarbeitern in diese Bank herüber. Dann gewinnen Sie aber ökonomisch nichts.

Insofern ist es sinnvoll, das Ganze zu diskutieren und zu sagen: Dort, wo eine Bank das, was sie kann, nämlich Banktechnisches abwickeln, besser und effizienter machen kann, gibt man es herüber. Letztendlich müssen aber doch die Politik und die Häuser dort, wo Sachkompetenz und politische Entscheidung notwendig sind, noch das Sagen haben. Sie selber können doch auch nicht alle Förderprogramme abgeben und im Prinzip von einer Bank abwickeln lassen wollen. Insofern macht es Sinn, das zu diskutieren.

Ich meine, dass die NRW-Bank eine Reihe sehr vernünftiger Instrumente hat. Wir sind ganz gespannt darauf, was Sie denn konkret sagen werden.

Wir werden der Überweisung in den Ausschuss natürlich gerne zustimmen und dann schauen, was dort von Frau Thoben konkret kommt. - Danke schön.