Protokoll der Sitzung vom 25.05.2007

Ich konnte in der kurzen Redezeit naturgemäß nur einige Aspekte andeuten, möchte aber schließen mit meinem ausdrücklichen Hinweis und meiner Einschätzung, dass sich vieles in Kürze – da bin ich sicher – bewähren wird, dass sich Kritikpunkte, die heute noch gesehen werden, genauso wie das bei Ihrer letzten Reform, der von Rot-Grün im Jahre 2002, war, schon nach kurzer Zeit als obsolet erweisen werden.

Wir werden eine Qualitätsoffensive für den Bürgerfunk bekommen. Wir werden insbesondere vorankommen, was schulische Projekte angeht, was die Qualifizierung der Medienschaffenden angeht, und eine handhabbare Lösung haben, die insgesamt Nordrhein-Westfalen nach vorne bringt und den nordrhein-westfälischen Sonderweg der Vergangenheit bereinigen wird.

Ich bitte Sie herzlich um Unterstützung. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der SPD Kollege Eumann das Wort.

Verehrte Damen, meine Herren auf der Zuschauertribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nordrhein-Westfalen war mit seinen medienpolitischen Gesetzen und Initiativen über viele Jahre hinweg medienpolitischer Motor Deutschlands. Kreativ und phantasievoll wurden Potenziale genutzt, kreativ und engagiert haben Parlament und Regierung eines der

erfolgreichsten Kapitel im Strukturwandel Nordrhein-Westfalens mitgeschrieben.

Viele medienpolitische Elemente, die hier in Nordrhein-Westfalen entwickelt wurden, sind längst medienpolitischer und medienrechtlicher Standard, beispielsweise in Rundfunkstaatsverträgen.

Gerade jetzt, wo sich durch die Verknüpfung von Digitalisierung und Globalisierung Konvergenzprozesse vollziehen, gerade jetzt, wo deutlich wird, dass die Antworten aus der analogen Welt für die digitale Welt nicht ausreichen, wäre Nordrhein-Westfalen gefragt und gefordert, sich an die Spitze einer innovativen Medienpolitik zu setzen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wie sichern wir ein vielfältiges und bezahlbares Medienangebot für die Menschen? Wie sichern wir Vielfalt, Pluralismus und Beteiligung? Wie verhindern wir, dass auf Ebenen, die bislang noch nicht von unserem Medienrecht erfasst sind, Meinungsmacht entsteht? Wie sichern wir diskriminierungsfreien Zugang von Inhalten zu allen Plattformen ebenso wie deren Auffindbarkeit?

Wir brauchen ein Medienrecht, das modern genug ist, um das Experimentelle zu erlauben und Entwicklungen zu befördern. Wir brauchen eine innovative Medienpolitik, die neue Wege zum Schutz geistigen Eigentums geht. Und wir brauchen Impulse für eine neue Medienordnung.

Herr Minister Breuer und Herr Staatssekretär Krautscheid, ich sage deutlich: Die sich abzeichnende Verständigung zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird Teilen dieser Anforderung leider nicht gerecht werden. Für das, was medienpolitisch geboten ist, springen Sie als Länder zu kurz, meine Damen und Herren von der Regierung.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Kollege Brinkmeier und Herr Kollege Witzel, diese Novelle hätte eine Vorreiterrolle spielen können. Was macht sie aber? Sie verharrt im analogen Steinzeitalter.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Keine der entscheidenden medienpolitischen Fragen – die Sie selbst an den Anfang Ihrer Rede gestellt haben, Herr Brinkmeier – findet sich in dieser Novelle wieder. Sie ist eine Enttäuschung und ein medienpolitischer Offenbarungseid.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Frau Scheithauer, eine der profiliertesten Medienjournalistinnen der Republik und aus diesem

Grund zu Recht als Expertin im Medienrat, hat dies in der Anhörung mit folgenden Worten auf den Punkt gebracht:

„Die von Ihnen vorgelegte Novelle insgesamt ersetzt mit ihrer Streichliste kein medienpolitisches Konzept. Sie sind meiner Meinung nach schlicht zu kurz gesprungen.“

Mit jedem Wort, das sie hier formuliert hat, hat Frau Scheithauer recht.

(Ralf Witzel [FDP]: Und was war mit Ihrer Streichliste?)

Das Stichwort Streichliste greife ich auf, Herr Witzel. Kritikfähigkeit ist offensichtlich keine Stärke der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen. Denn kaum hatte der Medienrat NRW seinen Bericht mit deutlichen Mahnungen an die Landesregierung vorgestellt, hatte er seine Zukunft schon verspielt. Die Regierungskoalition entledigt sich durch diese Novelle dieser viel geachteten, ja, in der Bundesrepublik einzigartigen Institution des Medienrechtes, die regierungskritisch ist.

(Zuruf von der SPD: Unerhört!)

Der Medienrat war im Übrigen auch schon regierungskritisch, als Ministerpräsident Peer Steinbrück dem Kabinett vorstand.

(Zuruf von Minister Michael Breuer)

Das ist richtig. Damals sprach er aber von dem gefühlten Bedeutungsverlust, Herr Kollege Breuer. Heute spricht der Medienrat von dem tatsächlichen Bedeutungsverlust.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Kollege Breuer, Sie müssen die Dinge lesen, wenn Sie sie hier schon kommentieren wollen.

Der Medienrat hält fest: Eine vorausschauende und strategisch gestaltende Medienpolitik ist erforderlich. Diese wird aber nicht praktiziert.

Auf alle Fragen, die der Medienrat zu Recht stellt, gibt diese Novelle keine Antwort. Die Antwort lautet schlicht: Solche Stimmen wollen wir in Zukunft nicht mehr hören.

Ich sage Ihnen im Namen der SPD-Fraktion: Sie verspielen Chancen. Das Medienland NordrheinWestfalen hat Besseres verdient als Ihr Streichkonzert und Ihre Fantasielosigkeit, mit der Sie hier einen medienpolitischen Kahlschlag anrichten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Der Medienrat wird mit dieser Novelle ersatzlos gestrichen.

Das gleiche Schicksal soll die Medienversammlung erleiden. Die Medienversammlung ist der Versuch, in einer komplexen Zeit komplexe medienpolitische und medienwirtschaftliche Fragestellungen mit gesellschaftlichen Zielen zu verknüpfen.

Richtig ist, dass es erfolgreiche und weniger erfolgreiche Veranstaltungen der Medienversammlung gab.

(Dr. Michael Brinkmeier [CDU]: Aha!)

Herr Kollege Brinkmeier, richtig ist aber auch Folgendes: In der heutigen Zeit wächst der Bedarf an Diskurs über die aktuellen Entwicklungen – Stichworte: User Generated Content, Web 2.0, neue Akteure, Verschlüsselung und RFID.

Der Bedarf an Diskurs ist riesengroß. Und was machen Sie? Sie schaffen diesen Diskurs im Gesetz ab. Das ist falsch.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir brauchen nicht weniger Beteiligung, sondern mehr Beteiligung, Herr Kollege Brinkmeier. Wir brauchen kein fantasieloses Streichen, sondern kreative, innovative, spannende Ideen und Vorschläge. Auch hier herrscht in Ihrer Novelle totale Fehlanzeige.

(Beifall von Wolfram Kuschke [SPD])

Herr Kollege Brinkmeier und Herr Kollege Witzel, bedrückend ist auch, dass Sie mit dieser Novelle das Engagement Tausender ehrenamtlicher Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen mit Füßen treten,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

indem Sie den Bürgerfunk mit einem Handstreich so weit demontieren, dass es kaum noch Spaß macht, sich daran zu beteiligen. Mit dieser Novelle läuten Sie das Sterbeglöckchen für den erfolgreichen Bürgerfunk in Nordrhein-Westfalen.

Die entsprechende Anhörung haben Sie – vor allem Herr Kollege Witzel – anschließend auf schäbige Weise missbraucht, indem Sie eine Pressemitteilung herausgegeben haben, die nun überhaupt nichts mit der Anhörung zu tun hat. Damit haben Sie einen aktiven Beitrag zur Politikverdrossenheit geleistet;

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

denn in der Tat haben Sie Meinungen falsch wiedergegeben.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das ist ja nichts Neues!)

So etwas trägt wirklich nicht zum Ansehen dieses Parlamentes bei.