Protokoll der Sitzung vom 25.05.2007

Auch die Landesregierung strebt eine Erhöhung des Frauenanteils in leitenden Positionen an. Wir wollen die Chancen der Frauen in allen Lebensbereichen weiter verbessern, und wir wollen die Talente unserer hervorragend qualifizierten Frauengeneration für die Gesellschaft nutzen, allerdings, meine Damen und Herren, auf anderem Wege als über die mit dem Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen.

Lassen Sie mich kurz zunächst noch einmal die von Frau Abgeordnete Freimuth bereits angesprochenen Maßnahmen der Landesregierung ansprechen. Das Mentoring-Projekt Personal Partnership fördert inzwischen 190 Tandems und ist damit, wie Sie bereits sagten, eines der erfolgreichsten Programme der Bundesrepublik.

Das Ziel, mehr Frauen in die Ingenieurwissenschaften zu bringen bzw. den Anteil der Frauen in der industriellen Forschung zu erhöhen, das mit zwei weiteren Projekten des Ministeriums für Generationen, Familie und Frauen gefördert wird, greift gerade eines der grundlegenden Probleme an: Zu wenige Frauen studieren karriererelevante Fächer. Hier muss ein Bewusstseinswandel geschaffen werden. So wird über die vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung für die Förderung von Frauen gedachten Projekte auch gerade die Förderung von Wissenschaftlerinnen an Hochschulen und Universitäten in den Mittelpunkt der Arbeit gestellt.

Auch in den Unternehmen selbst wächst die Einsicht, dass die Potenziale von Frauen besser genutzt werden. Immer mehr Unternehmen werden für ihre gleichstellungsorientierte Personalpolitik ausgezeichnet wie kürzlich die Deutsche Post.

Meine Damen und Herren, mit einem Anteil von 10 % Frauen in den Aufsichtsgremien börsennotierter Unternehmen liegt Deutschland genau im europäischen Mittelfeld.

(Helga Gießelmann [SPD]: Dank der Mitbe- stimmungsrechte!)

Verschiedene europäische Länder wollen den Frauenanteil durch Gesetze zur verpflichtenden Beteiligung von Frauen erhöhen, zum Beispiel Norwegen und Finnland. Andere Länder wie Großbritannien setzen auf freiwillige Maßnahmen. Die Landesregierung beobachtet diese Initiativen mit Interesse. Allerdings wurde die von der französischen Regierung im letzten Jahr beschlossene 20-%-Quote für Frauen in den Aufsichtsräten zwischenzeitlich als nicht verfassungskonform verworfen. Das zeigt, dass hier eine genaue Prüfung erforderlich ist. Ich teile die Bedenken gegen

eine starre Quote in verfassungsrechtlicher Hinsicht.

Eine starre Quotenregelung, die keine Rücksicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls und auf das Prinzip der Bestenauslese nimmt, könnte die Hauptversammlung der Aktionäre zwingen, eine weniger geeignete Frau in den Aufsichtsrat zu berufen, weil im Einzelfall keine besser geeignete Kandidatin zur Verfügung steht. Folge wäre, dass die Quotenregelung die Bestellung eines besser qualifizierten männlichen Kandidaten verhindern würde. Das ist nicht nur unter wirtschaftspolitischen Aspekten nicht wünschenswert, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich.

Dies gilt gleichermaßen für den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion; denn mit dem Ziel, im Jahre 2012 einen Anteil von 40 % zu erreichen, und der Festlegung, ansonsten eine Quote einzuführen, entscheidet man sich praktisch schon jetzt für die Einführung der Quote. Denn glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren von der SPD, dass es in nur fünf Jahren gelingen wird, den Frauenanteil in den Aufsichtsräten von 11 auf 40 % zu steigern?

(Frank Sichau [SPD]: Mal sehen!)

Meine Damen und Herren, Studien und Statistiken der EU belegen, dass ein hoher Anteil von Frauen in Führungspositionen vor allem durch eine hohe Frauenerwerbsquote erreicht wird. Schweden und Slowenien haben zum Beispiel ähnlich hohe Anteile von Frauen in den höchsten Entscheidungsgremien der Top-50-Unternehmen wie Norwegen, ohne dass dort bisher eine entsprechende Quotenregelung implementiert worden ist. In beiden Ländern ist die Frauenerwerbsquote aber überdurchschnittlich hoch.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Frau Löhrmann, bereits in seiner Regierungserklärung vom 13. Juli 2005 hat Ministerpräsident Rüttgers deutlich gemacht, dass die Landesregierung die Frauenerwerbsquote in NordrheinWestfalen steigern will.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Im Kabinett sieht man davon nicht so viel!)

Dabei setzt die Landesregierung auf ein Bündel von Maßnahmen und Projekten, die in den einzelnen Geschäftsbereichen der Landesregierung breit verankert sind. Hierdurch wird die Basis dafür geschaffen, den Anteil von Frauen in Führungspositionen nachhaltig zu erhöhen.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Glauben Sie ei- gentlich selber, was Sie hier erzählen?)

Meine Damen und Herren, die Maßnahmen der Landesregierung zielen auf einen umfassenden Ansatz. Dabei brauchen wir zwar einen etwas längeren Prozess, werden aber nachhaltigere Wirkungen erzielen und einen alle Bereiche umfassenden Bewusstseinswandel erreichen.

Vor diesem Hintergrund halten wir das im vorliegenden Antrag vorgeschlagene Einzelgesetz zur Mindestquote als isolierte Maßnahme für nicht zielführend. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Daher können wir jetzt abstimmen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Energie Drucksache 14/4190. In dieser Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, Antrag 14/3173 – Neudruck – abzulehnen. Wer folgt dieser Empfehlung? – Die Fraktionen von CDU, FDP und SPD. Wer folgt dieser Empfehlung nicht? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist diese Empfehlung mit den Stimmen der Landtagsfraktionen von CDU, SPD und FDP angenommen und der Antrag abgelehnt.

Nun folgt die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/3924. Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Die Fraktion der SPD. Wer lehnt ihn ab? – Die Fraktionen von CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen der drei genannten Fraktionen abgelehnt. – Vielen Dank.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

6 Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Transplantationsgesetzes Revision notwendig – Krankenhausgestaltungsgesetz muss Organspenden organisatorisch und finanziell absichern

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4347

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 13/4403

Ich eröffne die Beratung und erteile das Wort für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Garbrecht. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zum vorgelegten Antrag komme, möchte ich aus aktuellem Anlass eine Vorbemerkung machen. Die Ermittlungen der Essener Staatsanwaltschaft – unter anderem wegen des Verdachts auf illegalen Organhandel und Vorteilsnahme – sind eine schwere Belastung für unser gemeinsames Bemühen, für die Bereitschaft zur Organspende zu werben.

(Beifall von SPD und Minister Karl-Josef Laumann)

Daher glaube ich, hier im Namen des gesamten Parlamentes sagen zu können: Wir brauchen eine rückhaltlose Aufklärung dieses Sachverhaltes in Essen. – Bei der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 6. Juni dieses Jahres hat die Landesregierung unter Tagesordnungspunkt 1 hierzu auch Gelegenheit. Im Interesse der Sache wird sie diesem Erfordernis sicherlich auch nachkommen.

Nun zum Antrag selber: 1997 wurde das Transplantationsgesetz verabschiedet, von dem man sich erhoffte, dass es die Bereitschaft zur Organspende und die Zahl der transplantierten Organe merklich steigern würde. Zehn Jahre später muss man nun feststellen, dass sich diese Erwartungen nicht erfüllt haben. Insgesamt ist die Zahl der Organspender nicht deutlich gestiegen. In den alten Bundesländern ist sie seit Anfang der 90er-Jahre sogar um fast 20 % zurückgegangen. Dies wird nur durch eine gestiegene Spendenbereitschaft in den neuen Bundesländern aufgefangen.

In NRW ist die Spendenmüdigkeit der alten Bundesländer besonders ausgeprägt. Obwohl wir von 2005 auf 2006 eine Steigerung von 10,9 auf 12 Organspenden je 1 Million Einwohner zu verzeichnen hatten, tragen wir im bundesweiten Ländervergleich immer noch die rote Laterne – trotz zahlreicher, durchaus anerkennungswerter Bemühungen vieler Beteiligter einschließlich des Gesundheitsministers.

Bei einem deutschlandweiten Durchschnitt von 15,3 Organspenden je 1 Million Einwohner liegen die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin sowie das Land Mecklenburg-Vorpommern mit Werten zwischen 22 und 30 im Ranking ganz vorn.

Insgesamt warten in Deutschland fast 12.000 Menschen auf ein Transplantat. Auch wenn die Erkrankungen nicht in jedem Fall lebensbedroh

lich sind – nur dann hat man in Deutschland heute eigentlich eine Chance, ein Transplantat zu erhalten –, schränken sie die Menschen doch so sehr in ihrem Lebensalltag ein, dass weitere Anstrengungen dringend geboten sind. Denken Sie nur an die vielen tausend Dialysepatienten.

Betrachten wir den europäischen Vergleich, müssen wir feststellen, dass Deutschland allenthalben einen Platz im Mittelfeld einnimmt. Allerdings sollten wir genügend Ehrgeiz entwickeln, uns nicht an Slowenien und damit am unteren Ende, sondern an Österreich und damit am oberen Ende zu orientieren und zu messen. Wenn wir die europäischen Länder im Spitzenfeld näher betrachten, können wir feststellen: Diese Länder, meine Damen und Herren, kennen alle eine Widerspruchsregelung.

Am 24. April gab der Nationale Ethikrat eine Stellungnahme mit dem Titel „Die Zahl der Organspenden erhöhen – zu einem drängenden Problem der Transplantationsmedizin in Deutschland“ heraus. Die wichtigste abschließende Empfehlung lautet, auch in Deutschland von der derzeitig gültigen Zustimmungsregelung zu einer modifizierten Widerspruchsregelung zu kommen.

Meine Damen und Herren, ich bin mir bewusst, dass das eine Angelegenheit des Bundesgesetzgebers ist. Auch wenn die CDU auf Landesebene und die CDU-Landtagsfraktion die Forderung des Ethikrates ablehnen, rufe ich dennoch an dieser Stelle alle politischen Entscheidungsträger auf, in dieser Frage einen offenen gesellschaftlichen Diskurs zu beginnen und in ihn einzutreten.

Die SPD-Fraktion will ihn auf jeden Fall mit Vertretern des Ethikrates, der Ärzteschaft, der Kirchen und mit weiteren Experten führen. Wir glauben zu einem großen Teil, dass wir nur mit einer Widerspruchsregelung zu einem Durchbruch in dieser Frage kommen werden.

Diese Einschätzung teilt im Übrigen auch die Ärztekammer Westfalen-Lippe, deren Präsident Dr. Windhorst auf dem Deutschen Ärztetag in der vergangenen Woche, der heute auch schon angesprochen wurde, einen dementsprechenden Beschlussantrag einreicht. Er verwies insbesondere darauf, dass die Bereitschaft der Bevölkerung, bei schwerer Krankheit selbst Organspenden in Anspruch zu nehmen, hoch sei. Trotzdem bestehe seit Jahren unverändert ein Missverhältnis zwischen Spendenaufkommen und Bedarf. Zudem sei es nicht nachvollziehbar – so Windhorst –, im eigenen Land die Widerspruchsregelung abzulehnen, aber Organe aus anderen Ländern mit Widerspruchslösung zu importieren und

zu transplantieren. Trotz weiterer, ähnlich lautender Anträge auf dem Ärztetag, meine Damen und Herren, war eine solche Position nicht mehrheitsfähig.

Ich möchte im Namen der SPD-Fraktion anregen, die im medizinischen Raum entstandene und durch die Empfehlungen des Ethikrates angestoßene Debatte im politischen Raum ideologiefrei zu führen und die Vor- und Nachteile abzuwägen. Die SPD-Landtagsfraktion jedenfalls wird sich in diesem Sinne an dieser Diskussion beteiligen.

Auf Landesebene sollten wir jedoch tun, was uns im Rahmen der Ausführungsgesetze möglich ist. Der Antrag zielt in erster Linie auf die verpflichtende Bestellung von Transplantationsbeauftragten in allen Krankenhäusern. Das Beispiel BadenWürttemberg hat uns gezeigt, dass die verpflichtende Bestellung von Transplantationsbeauftragten zu einer echten Verbesserung führen kann. Am 16. April diesen Jahres zog die Deutsche Stiftung Organtransplantation eine erste positive Bilanz zu Baden-Württemberg:

„Ein wichtiger Grund für diese Entwicklung ist die Ergänzung des Landeskrankenhausgesetzes seit Anfang Februar 2006 um die Bestellung von Transplantationsbeauftragten.“

Wenn Sie, meine Damen und Herren, Zahlen oder harten Fakten eher glauben, möchte ich folgenden Kurzvergleich anführen: Die durchschnittliche Zahl von Organspenden pro Universitätskrankenhaus im Jahre 2006 betrug in Baden-Württemberg 34 und in NRW 15.

In unserem Land wurden in den Unikliniken nicht einmal halb so viele Organspendegespräche geführt wie in Baden-Württemberg. Dieselbe Entschlusskraft wie beim dortigen Parlament würde ich mir auch für unser Land wünschen. Der eingereichte Entschließungsantrag der CDU geht in die gleiche Richtung, sodass ich mir relativ sicher bin, dass wir eine solche Ergänzung einvernehmlich beschließen können.

Insbesondere Vertreter von CDU und FDP könnten darauf verweisen, dass im seinerzeitigen Gesetzgebungsverfahren die damalige Mehrheit die verpflichtende Bestellung eines Transplantationsbeauftragten abgelehnt hat. – Das ist richtig. Wir wollten den Weg gehen, den auch der Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann seit 2005 gegangen ist, nämlich mit viel Werben und großem Engagement die Zahl der Organtransplantationen und der Organspender sowie die Spendenbereitschaft zu erhöhen. Denn sonst hätten Sie sicherlich schon viel eher eine Initiative ergriffen.

Es gibt aber auch heute – das will ich durchaus kritisch sagen – ernstzunehmende Stimmen, die darauf verweisen, dass es allein mit der Bestellung eines Transplantationsbeauftragten nicht getan ist. Eine Optimierung der Beauftragtentätigkeit wird als äußerst sinnvoll eingeschätzt. Dieser Meinung schließe ich mich gern an; sie wird auch durch unseren Antrag intendiert.

Darüber hinaus fordert unser Antrag die Überprüfung der pauschalen Erstattungen bei den Organspenden, um eine Kostendeckung bei den Krankenhäusern zu erreichen. Eine Unsicherheit dabei sollte auf keinen Fall zu zögerlichem Verhalten führen.

Zur Frage der Kostendeckung sagt der Antrag der CDU und der FDP nichts. Darin wird ein wenig kryptisch, wenn ich das so sagen darf, von der Erhöhung des Anreizes für die Krankenhäuser zur Organspende geredet. Wenn sich unsere Forderung dahinter verbirgt, meine Damen und Herren, bin ich sehr einverstanden.