In der jetzt vorgelegten Fassung beinhaltet unser Entschließungsantrag „Innenstädte stärken – Kaufkraft in NRW binden – Vertrauensschutz gewährleisten“ fünf Punkte.
Erstens. Wir begrüßen die Absicht der Landesregierung, die Zentren als Handels-, Arbeits- und Wohnstandorte zu stärken. Gerade um landesweit ausgewogene Versorgungsstrukturen zu erhalten und einen schonenden Umgang mit Flächen zu gewährleisten, sind einheitliche Vorgaben für die Regional- und Bauleitplanung erforderlich. – Im Ziel sind wir uns also einig.
Zweitens. Die zweite Ziffer unseres Entschließungsantrages haben wir den Erkenntnissen aus der Anhörung angepasst. Dies ist auch der Grund für unseren Neudruck. Die parlamentarischen Beratungen haben nämlich gezeigt, dass der vorgelegte Gesetzentwurf der Landesregierung dem gemeinsamen Ziel nicht genügt. Die Stellungnahmen in der Anhörung am 18. April haben unsere Sorge bestätigt, dass mit diesem Gesetz keine Planungssicherheit für Investoren und Kommunen erreicht wird.
Hierzu verweise ich auf zwei maßgebliche Stellungnahmen aus der Anhörung. Frau Dr. Susan Grotefels vom Zentralinstitut für Raumplanung ist auf die rechtliche Frage eingegangen, ob das LEPro der richtige Regelungsort sei. Diese Frage war für sie entscheidend. Sie wies auf die Gefahr hin, dass der Versuch, dies im LEPro regeln zu wollen, der Rechtsprechung nicht standhalte. Es gäbe eine Verwaltungsgerichtsentscheidung und auch Stimmen in der Literatur, die sagen, dass im LEPro keine Ziele der Raumordnung stehen können, wie sie im Raumordnungsgesetz und im Landesplanungsgesetz definiert sind.
Diese Bedenken hat Herr Kuschnerus, Richter am Oberverwaltungsgericht, bestätigt. Er geht an einem anderen Punkt sogar noch weiter: Er kommt zu dem Ergebnis, dass ein Grund für die Zulässigkeit von Factory-Outlet-Centern nur in Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern nicht erkennbar sei. Eines solchen Grundes bedürfe es aber mit Blick auf das Grundgesetz.
Ebenfalls schwere Bedenken wurden zur Frage geäußert, ob auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder auf eine Öffentlichkeitsbeteiligung verzichtet werden dürfe. Beides hat die Landesregierung trotz eines über zweijährigen Vorlaufs versäumt. Die Landesregierung war mit ihrem Gesetzentwurf also offensichtlich auf dünnem Eis. Die Koalitionsfraktionen gehen ohne Not hinterher.
Sehr geehrte Damen und Herren, auch außerhalb des Regelungsbereichs, der sich dem Landesgesetzgeber erschließt, sind weitergehende Maßnahmen erforderlich, um die Innenstädte Nordrhein-Westfalens zu stärken. Die dritte Ziffer unseres Entschließungsantrags weist auf diesen wichtigen Umstand hin: „Großflächiger Einzelhandel macht nicht an den Landesgrenzen NordrheinWestfalens halt.“ Investoren dürfen nicht ermutigt werden, großflächigen Einzelhandel außerhalb Nordrhein-Westfalens an den Landesgrenzen zu errichten und auf diesem Wege Kaufkraft aus Nordrhein-Westfalen abzuziehen. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, jetzt zeitnah geeignete verbindliche Vereinbarungen mit benachbarten Bundesländern bzw. Regionen zu treffen.
Sehr geehrte Frau Ministerin Thoben, vielleicht können Sie an dieser Stelle einmal berichten, welche Bemühungen Sie zwischenzeitlich unternommen haben, um Innenstädten und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen weiterzuhelfen.
Ich komme zum vierten Punkt: „In Einzelfällen sind Planungen bereits sehr weit voran geschritten; einige kostspielige und zeitaufwändige Verfahren stehen kurz vor dem Abschluss.“ Klar ist: Wir wollen nicht, dass der Landtag in die zu treffenden Einzelfalleinscheidungen eingreift. Wir erwarten allerdings, dass die Bezirksregierungen zeitnah entscheiden, damit die unsägliche Hängepartie für die Betroffenen endlich ein Ende hat. Dann können sie entweder investieren oder den Rechtsweg beschreiten. Dann werden wir sehen, ob Ihr dünnes Eis trägt.
Ich komme zum Schluss. Wir haben unseren Antrag um einen fünften Punkt ergänzt: Wir fordern die Landesregierung auf, den Ankündigungen des Koalitionsvertrages nun endlich konkrete Arbeiten zur Zusammenfassung von Landesentwicklungsplan und Landesentwicklungsprogramm folgen zu lassen und einen Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen. Wir möchten erfahren, wie Sie 39 Jahre im Wartestand und die erste Hälfte Ihrer Regierungszeit genutzt haben. Wir möchten, dass sich der Landtag mit Ihren Vorstellungen über ein modernes integriertes Landesplanungsrecht befassen kann. Dies bietet gleichzeitig die Gelegenheit, die sachgerechte Regelung zur Ansiedlung großflächigen Einzelhandels gesetzlich zu verankern. – Ich danke Ihnen.
Danke schön, Frau Hammelrath. – Meine Damen und Herren, nun hat Herr Priggen für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnnen, liebe Kollegen! Herr Lienenkämper, Sie haben es einleitend richtig angesprochen – das hat auch einen Teil der Diskussion im Ausschuss geprägt, auch wenn man jetzt in einzelnen Punkten unterschiedlicher Ansicht ist –: Der Ausgangspunkt war ein Problem, von dem alle Fraktionen gesehen haben, dass es gelöst werden muss und dass es schnell gelöst werden soll.
Wir sind sehr schnell mit dem Verfahren. Das ist aus meiner Sicht richtig, denn alle Unternehmen, die Anträge stellen und Planungen durchführen wollen, sollen wissen, woran sie sind. Sie sollen eine Entscheidung haben, damit es keine Fehlplanungen gibt und damit auch klar ist, was die Regierung will.
Deswegen ist der Grundsatz, das LEPro anzugehen, der Grundsatz, bei Factory-Outlet-Centern klare Linien haben zu wollen, richtig. Wir wollen keine Kaufkraftverlagerung aus den Innenstädten und keine Verödung der Innenstädte zugunsten autogerechter Trabanteneinrichtungen, die sich außerhalb befinden und den Innenstädten Probleme machen, weil die Leute abends nicht mehr dorthin gehen und dadurch Zonen entstehen, wo man praktisch nicht einkaufen kann und wo kein Leben ist. Das droht auch – das berührt diesen Punkt nicht unmittelbar –, wenn wir uns anschauen, was im Raum Neuss-MönchengladbachKrefeld zurzeit passiert. Denn dort gibt es eine massive Umwälzung der Einkaufsmöglichkeiten, die von den Kommunen geplant wird. Das droht in gleicher Weise auch draußen. Deswegen ist der Ansatz richtig.
Dazu kommt, dass der erhöhte benötigte Freiraumverbrauch – diese Thematik hat Herr Uhlenberg auch an anderer Stelle schon angesprochen – ein Problem ist ebenso wie der zusätzliche Verkehr, der außerhalb der Städte entsteht. Insofern geht der Gesetzentwurf in die richtige Richtung. Das will ich ganz klar sagen, auch wenn wir Einzelpunkte kritisieren. Er zielt auf eine Stärkung der innerstädtischen Zentren. Auslöser war das OVG Münster; dementsprechend musste gehandelt werden.
Aus meiner Sicht ist es auch richtig, Grenzwerte zu finden; über die Werte von 5.000 m2 oder von 100.000 Einwohnern kann man immer diskutieren. Das kennen wir aus anderen Verfahren. Wenn man versucht, Werte nach vernünftigen Kriterien zu finden, kann man auch auf Werte zwischen 98.000 und 102.000 Einwohnern kommen. Ich habe das beim Kampfhundegesetz erlebt: Wenn Sie den Wert von 40 kg diskutieren, kommen an
Also kann man nur Zahlen nehmen, die nach vernünftigem Ermessen das Problem so treffen, dass man damit umgehen kann. Ich finde die 100.000Einwohner-Grenze plausibel. Ich finde auch, mit dem Wert von 5.000 m2 hat man ein Maß, mit dem man vernünftig umgehen kann.
Wir sind als Fraktion ebenfalls dafür, dass das Gesetz jetzt kommt. Deswegen war auch das Verfahren, Anträge als Tischvorlage im Ausschuss zu stellen usw., aus meiner Sicht in Ordnung.
Die Ausnahmeregelung halte ich nicht für richtig; das trägt meine Fraktion nicht mit. Eine Ausnahmeregelung, die man ins Gesetz aufnimmt, ist sofort eine Einladung, damit umzugehen. Auszusuchen, ob man am Stadtrand von Dortmund nach Verständigung mit den drei umliegenden Gebietskörperschaften so etwas schafft, und danach mit den Gebietskörperschaften eine Verständigung zu finden, was sie dafür bekommen – Sie wissen, wie das im kommunalen Bereich manchmal geht –, ist unter Umständen eine Einladung, sich zulasten Dritter zu verständigen. Deswegen ist aus unserer Sicht die Ausnahmeregelung Gegenstand unseres Änderungsantrags. Wir beantragen, dass sie gestrichen wird. Wir halten sie für falsch.
Sie haben eben noch einmal die Befristung des Gesetzes bis zum 31.12.2009 erwähnt. Wir hatten diese Diskussion in der früheren Regierung auch. Hinsichtlich der Frage, ob man Gesetze befristen kann, bin ich skeptisch. Ich bin dafür, dass man Revisionsklauseln einbaut. Aber wenn ich etwas befriste und es dann verfällt, dann heißt das ja, dass ich einen Zustand schaffe, bei dem Leute genau auf diesen Punkt warten. Ob sie im Jahre 2010 noch handlungsfähig sind, ist eine andere Frage. Sie sind dann im Wahlkampf. Ich habe mich sowieso gewundert, dass die Freien Demokraten das Gesetz überhaupt mitmachen. Ich hatte den Eindruck, da waren einige im Kabinett unter Umständen nicht ganz wach.
Im Prinzip habe ich die Kollegen von der FDP immer nur so verstanden: Sie sind dafür, dass jeder ein Factory-Outlet-Center baut, wo immer er will. Denn dann läuft die Wirtschaft. Insofern Respekt vor dieser Entscheidung in der Sache!
Herr Kollege Priggen, Sie sind gerade auf die Befristung des Gesetzes eingegangen. Könnte nicht, wenn man weiß, dass die Koalitionsfraktionen im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, Landesentwicklungsprogramm und Landesentwicklungsplan zusammenzulegen – dazu hat die Kraft in den zwei Jahren noch nicht gereicht –, und jetzt ein Gesetz vorgelegt wird, das befristet ist und keine Revisionsklausel hat, der Eindruck entstehen, dass dieses Gesetz in der Kürze der Zeit nur gemacht worden ist, um die laufenden Verfahren, insbesondere das, was wir über Ochtrup hören, mit einem Spezialgesetz zu verhindern?
Ich erwarte, dass uns die Ministerin entsprechend der Umsetzung des Koalitionsvertrages gleich sagt, dass die Arbeiten, um die Einheitlichkeit herzustellen, jetzt beginnen und wir in Kürze – ich sage einmal: noch dieses Jahr – einen Entwurf für eine gemeinsame Regelung LEP und LEPro bekommen. Die Befristung auf zwei Jahre macht nur Sinn, wenn man sagt: Innerhalb dieser Zeit regeln wir es vernünftig.
Das Risiko ist dabei, dass Sie unter Umständen hinter das hier wieder zurückfallen. Das sehe ich jedenfalls.
Aber eine andere Sache: Herr Kollege Priggen, könnten Sie sich vorstellen, dass für die FDP die Baufreiheit zwar ein hohes Gut ist – Sie haben recht – und dass die FDP auch gerne die Städte in die Verantwortung nimmt, wir hier aber die Ausnahmeregelung deshalb befürworten, weil unsere Leitlinie auch in der Regierungserklärung lautet: Entfesselung für die Kommunen, Freiheit für die Kommunen, Subsidiarität ernst nehmen und den Kommunen mehr Verantwortung geben?
Ich will nicht ausschließen, dass das, was Sie befürchten, im Einzelfall einmal vorkommen kann. Auf der anderen Seite: Wer Verantwortung hat, hat auch das Recht zur Fehlentscheidung. Ich glaube allerdings, das wird nur im Einzelfall vorkommen. Können Sie das so nachvollziehen?
Herr Ellerbrock, wir hatten ja die Papiere der FDP-Fraktion mit dem Entwurf bekommen. Darin konnte man fragmentarisch noch Ihre Verhandlungslinie nachverfolgen. Sie hatten noch zwei Kreise drinstehen, während die CDU-Kollegen im Ausschuss die Papiere hatten, in denen drei Gebietskörperschaften aufgeführt waren.
Wir haben dann interpretiert, dass an der Stelle eine gewisse Absicht dahinter stand. Mich hat es überrascht. Ich hätte von Ihnen eine Position erwartet: Wer investieren will, der ist willkommen. Und wenn er mit der Investition die Innenstadt von Nottuln oder von Schöppingen ruiniert, dann schafft er draußen etwas Neues. Wer sich dem Wandel nicht stellt, muss gucken, wo er bleibt. – Das ist die Linie, die sonst immer von Ihnen kommt.
Insofern ist meine Sorge bei der Befristung, dass Sie ein Jahr vor dem Wahlkampf genau wieder die radikale Position einnehmen und wir dann wieder einen Zustand haben, in dem nichts mehr vernünftig geregelt ist.
Bei zwei Jahren Befristung bin ich sehr skeptisch. Sie hätten es durch eine Zusammenlegung von LEP und LEPro, auch wenn Sie uns jetzt dieses Gesetz vorlegen, in den nächsten beiden Jahren machen können. Wir werden das sehen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Priggen, das zeigt einmal mehr, dass Sie nicht verstanden haben, was sich hinter Liberalität verbirgt, dass dazu Freiheit und Verantwortung gehören. Ich gebe die Hoffnung allerdings nicht auf, dass wir es in den verbleibenden drei Jahren noch schaffen, Ihnen beizubringen, was Liberalität bedeutet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die heutige zweite Lesung der Novelle des Landesentwicklungsprogrammes ist das Ende einer langen und intensiven Beratung. Für die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP stand dabei stets die Zielsetzung im Vordergrund, die genannten zentralen Versorgungsbereiche, also die Innenstädte, die Ortsmitten und Stadtteilzentren, als Standorte des Einzelhandels zu erhalten und zu stärken.
Unser besonderes Augenmerk gilt hierbei dem gewachsenen mittelständischen Einzelhandel in den Zentren. Vor allem die kleinen inhabergeführten Betriebe in den Innenstädten würden durch eine ungesteuerte Ansiedlung und Erweiterung von großflächigen Einzelhandelsangeboten auf der grünen Wiese erheblich beeinträchtigt. Zugleich würden die Anstrengungen durchkreuzt, die das Land, die Kommunen und die Partner aus der Wirtschaft vor Ort bisher unternommen haben, um die Innenstädte zu revitalisieren.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund besteht fraktionsübergreifender Konsens darüber, dass wir landesplanerische Vorgaben für die Entwicklung des großflächigen Einzelhandels brauchen.
Die Landesregierung hat dem Parlament einen guten Vorschlag gemacht, wie die Ansiedlung von Einkaufszentren und großflächigen Einzelhandelsunternehmen so gesteuert werden kann, dass die Zentren nicht darunter leiden und die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung sichergestellt bleibt. Letzteres ist gerade mit Blick auf den zunehmenden Anteil älterer Menschen, die nicht mal eben mit dem Auto zum Einkaufen fahren können, von besonderer Bedeutung.
Meine Damen und Herren, im Rahmen des Anhörungsverfahrens zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung ist von den Kommunalen Spitzenverbänden, dem Einzelhandelsverband und den Kammern das Anliegen vorgetragen worden, im Fall einer interkommunalen Zusammenarbeit Abweichungen von den strikten Vorgaben des Gesetzes zu ermöglichen. Insofern, Frau Kollegin Hammelrath, haben wir sehr wohl die Ergebnisse der Anhörung mit berücksichtigt.