Protokoll der Sitzung vom 22.08.2007

Ich hatte jedenfalls in den letzten Wochen den Eindruck, dass die Bundesbildungsministerin, Frau Schavan, gerne etwas Konkretes machen würde, dass aber der Bundesfinanzminister in dieser Frage täglich auf der Bremse stand.

Lassen Sie mich abschließend noch auf einen Punkt eingehen, der im Antrag genannt ist und den ich als wirklich bemerkenswert empfinde, nämlich den Vorschlag, die Studienbeiträge abzuschaffen, ohne den Hochschulen andere Mittel zur Verfügung zu stellen. Dann könne man allerdings den Ausfallfonds noch irgendwie für ein Stipendienprogramm in Anspruch nehmen.

Der Ausfallfonds dient dazu, dass wir die sozialverträglichste BAföG-Regelung bezogen auf Studienbeitragszeiten in ganz Deutschland auch verantwortungsvoll über lange Zeiträume absichern können und dass wir sicherstellen können, dass jeder unabhängig von seiner Herkunft und von seiner Einkommenssituation die Chance erhält, einen Studienbeitrag auch so finanzieren zu können, dass er ihn dann erst zurückzahlt, wenn er im Berufsleben steht und über ein eigenes Einkommen verfügt.

Wenn Sie jetzt schon auf den Ausgleichsfonds zurückgreifen wollen, belasten Sie die Finanzsituation der Hochschulen in der Zukunft. Wenn der Fonds nicht mehr zur Verfügung stünde, müssten die Hochschulen Defizite ausgleichen. Ich halte eine solche Vorgehensweise für unverantwortlich. Das ist Politik von der Hand in den Mund, ohne nachhaltig angelegt zu sein, damit in Nordrhein

Westfalen endlich mit hoher Qualität die Bildung möglich wird, die es uns erlaubt, gegenüber den anderen Ländern den Aufholprozess zu gestalten und unser Ziel zu erreichen, bis 2015 – daran halten wir fest – Innovationsland Nummer 1 zu werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die Fraktion der SPD hat noch einmal Kollege Schultheis das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Ursprünglich wollte Kollege Eumann die Auswertung der Wortbeiträge vornehmen. Da er erkrankt ist, will ich einige Sätze zu dem sagen, was von den einzelnen Fraktionen und dem Minister vorgetragen worden ist.

Herr Minister, was die Positionierung im Bildungsmonitor angeht, beziehen sich die Aussagen auf den Referenzzeitraum, der 2004 beginnt. Sie sind seit Mai 2005 maßgeblich für diesen Bereich zuständig. Wir sind, wenn man diesen Monitor ernst nimmt – ansonsten setzen Sie in der politischen Debatte auch Statistiken ein –, auf den vorletzten Platz gerückt. Das war 2004 nicht der Fall; da lagen wir in der Mitte. Jetzt liegen wir vor Mecklenburg-Vorpommern. Die Zahlen sind so, wie sie sind, und ich bitte zu berücksichtigen: Sie haben nichts mit der Regierungspolitik im Vorfeld zu tun.

Zu den Studiengebühren: Wenn die SPD hier federführend die Regierung stellen und die Studiengebühren abschaffen würde, müsste sie die Mittel, die ausfallen, als zusätzliche Mittel an die Hochschulen geben – gar keine Frage. Das als klare Aussage.

Aber gerade Ihre Frage macht deutlich, was Sie eigentlich mit den Studiengebühren getan haben: Sie haben einen Teil der Hochschulfinanzierung privatisiert und auf die Studierenden umgelegt. Es ist eben nicht so, dass dieses Geld on top an die Hochschulen gegangen ist.

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Doch, natürlich!)

Nein, ein Teil der Finanzierungsnotwendigkeiten unserer Hochschulen haben Sie auf die Studierenden selbst verlagert. Das ist eine Privatisierung, die wir grundsätzlich ablehnen, weil sie tendenziell zu mehr Privatisierung in der Hochschulfinanzierung führen wird.

Zur BAföG-Initiative: Es in der Tat so, dass dort SPD und CDU regieren, obwohl das in der Debat

te heute Morgen sehr oft negiert wurde; ich finde das immer toll. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird abgelehnt, um Frau Kraft vorzuführen. Aber die Einnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung – das sind 800 Millionen € – für Ihre Politik zu verwenden, das machen Sie gerne. Wenn Sie als FDP dieses zusätzliche Plus durch die Mehrwertsteuererhöhung nicht wollen, geben Sie es bitte der Bundesregierung zurück!

(Christian Lindner [FDP]: Lächerlich!)

Wir haben hier eine politische Debatte. Mir geht es nur darum, dass Sie hier nicht über die Mehrwertsteuer lamentieren können. Ich weiß, dass das eine schwierige Debatte ist. Sie wollten die Erhöhung nicht. Wir haben dazu auch eine Wahlkampfaussage gemacht. Aber bitte, Sie können doch nicht die SPD damit vorführen und gleichzeitig das Geld für Ihre Politik einsetzen. Sie können nicht beides haben. Entweder nehmen Sie das Geld und setzen es ein, um staatliche Aufgaben zu erfüllen – dafür ist die Mehrwertsteuer erhöht worden –, oder Sie geben es zurück.

Zu dem Ausfallfonds: Der Ausfallfonds, den wir mit 20 % der eingenommenen Studiengebühren angelegt haben, ist eine kalkulatorische Vorgabe. Es ist deutlich geworden, dass zurzeit wesentlich weniger Darlehen in Anspruch genommen werden, als wir alle – die Gegner und die Befürworter der Studiengebühren – gedacht haben. Das ist Fakt.

Nun stellt sich doch die Frage: Ist es sinnvoll, das Geld bei der NRW.BANK zu belassen und sie damit arbeiten zu lassen oder zumindest einen Teil des Geldes, der zur Absicherung nicht erforderlich ist, an die Studierenden zurückzugeben, und zwar sowohl unter sozialen als auch unter Leistungsgesichtspunkten?

Herr Lindner, wir waren erst kürzlich in den Vereinigten Staaten. Dort werden Stipendien unter sozialen und unter Leistungsgesichtspunkten vergeben. Denn Studierende, die vom ersten Tag an Geld bekommen, können noch gar keine Leistungsnachweise erbracht haben.

Noch einmal zur Bildungskette: Frau Seidl, Sie haben absolut recht. Aber ich bin der Meinung gewesen, dass die anderen Aspekte – Elementarbildung, Schulbildung – heute reiflich diskutiert worden sind. Deshalb wollten wir die Hochschulbildung aufgreifen.

Wir sehen den Stellenwert von Elementarbildung und Schulbildung in der Bildungskette. Wenn man noch mehr von unten mobilisieren will, damit diejenigen, die von den Abschlüssen her in der Lage

wären, eine Hochschulausbildung aufzunehmen – ich habe eben auf die auseinanderklaffenden Zahlen hingewiesen: Von den Besten wollen 81 %, wenn sie aus Akademikerfamilien kommen, aber nur 68 %, wenn sie aus Nichtakademikerfamilien stammen, studieren –, dies auch tun, muss man gefälligst für diese Mobilisierung sorgen, ohne das andere zu lassen. Das ist gar keine Frage.

Herr Kollege, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Das war eine kurze Stellungnahme zu dem Punkt. – Herzlichen Dank für die Geduld.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Meine Damen und Herren, gibt es außer der Wortmeldung des Ministers weitere Wortmeldungen? – Im Augenblick nicht. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Schultheis, ich muss Ihnen noch einmal ganz deutlich widersprechen. Hier findet keine Privatisierung von Aufwendungen für die Hochschulen statt. Das wissen Sie ganz genau. Denn mit der Verabschiedung des Studienbeitragsgesetzes – ich danke noch einmal der Mehrheit des Hauses – ist der Zukunftspakt verabschiedet worden, der Finanzierungssicherheit bis 2010 bringt – eine Qualität, die es in der Vergangenheit nicht gab.

Das heißt, die Mittel fließen zusätzlich an die Hochschulen und dienen dort dazu, die Qualität von Studium und Lehre zu verbessern und zum Beispiel Mentoren-, Tutorenprogramme einzuführen. Das erleichtert es Studierenden gerade aus den Bevölkerungskreisen, die Sie besonders fokussieren, überhaupt in ein Studium hineinzufinden, zu dem sie ansonsten aufgrund ihres familiären Erfahrungsumfelds eben keine Nähe haben.

Das kann mit den zusätzlichen Einnahmen jetzt tatsächlich gelingen. Wenn Sie die den Hochschulen nicht mehr zugänglich machen wollen –denn diese haben selbst das Recht, sie einzuführen –, bräuchten Sie eine Alternative oder die Studierenden ständen da, wo sie unter Ihrer Regierungsverantwortung standen: Sie ständen nämlich mit den schlechten sozialen Ergebnissen, die Sie heute selbst beklagen, da. Dagegen verwahre ich mich.

(Beifall von CDU und FDP)

Zur Mehrwertsteuer muss ich sagen: Ich glaube, dass Sie bei der Rede des Ministerpräsidenten und auch bei der Rede von Herrn Papke, wenn ich mich richtig erinnere, den Zusammenhang nicht richtig verstanden haben.

(Karl Schultheis [SPD]: Doch, den habe ich verstanden! – Norbert Killewald [SPD]: Wo war der Zusammenhang?)

Hier ist doch etwas ganz anderes geschehen. Sie haben als Partei im Landtagswahlkampf doch in einer der zentralen Fragen der Auseinandersetzung etwas versprochen, was Sie nach der Wahl mit Wucht gebrochen haben, sprich: zu dem Sie nach der Wahl diametral entgegengesetzt gehandelt haben. Ich komme noch einmal auf die Studienbeiträge zurück: Sie mögen mich korrigieren, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass SPD oder Grüne mit Verve mit der Forderung in den Landtagswahlkampf 1999/2000 gezogen wären, Langzeitstudienkonten einzuführen, um das Geld beim Finanzminister abzuliefern. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir darüber debattiert hätten.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie haben es aber nach der Wahl gemacht. Deswegen hatten Sie damals 30.000 Demonstranten vor der Tür stehen, die gesagt haben: Das hätten wir liebend gern vor der Wahl gewusst.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Das ist der Qualitätsunterschied in der Glaubwürdigkeit der Politik. CDU und FDP haben vor der letzten Landtagswahl ganz klar angekündigt: Wir wollen die Bedingungen für die jungen Menschen verbessern. Dazu ist es notwendig, dass der Staat mehr tut, aber auch, dass der Einzelne einen gewissen Beitrag leistet. Damit sind wir in die Hörsäle gegangen. Wir haben die Debatten selbst geführt und uns der Kritik gestellt. Daraufhin haben wir ein Mandat bekommen. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Demokratie in einer Bevölkerung auf Dauer akzeptiert werden kann. Deswegen markieren wir den Unterschied zu dem, was Sie zu verantworten haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hat ihre Redezeit um drei Minuten und 13 Sekunden überzogen. Die anderen Fraktionen mit Ausnahme der SPD haben noch reguläre Redezeit übrig. Wird noch einmal das Wort ge

wünscht? – Das ist nicht der Fall. Damit sind wir am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung des Ältestenrates, den Antrag Drucksache 14/4865 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Überweisungsempfehlung ist mit Zustimmung aller Fraktionen beschlossen.

Ich rufe auf:

3 Drittes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (Abgeordnetengesetz – AbgG NRW)

„Transparenz für alle Bürgerinnen und Bürger über Nebeneinkünfte der Abgeordneten“

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/4851 – Neudruck

erste Lesung

Zur Einbringung erteile ich für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Remmel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren erneut über eine Fragestellung, mit der sich der Landtag schon 2005 bei der letzten Änderung des Abgeordnetengesetzes befasst hat. Es geht um die Frage, ob Abgeordnete, ob wir unsere Nebeneinkünfte transparent und offen darstellen.

Warum diskutieren wir heute erneut? – Zwischenzeitlich hat das Bundesverfassungsgericht – wenn auch knapp – entschieden, dass die Regelungen des Bundestages verfassungsgemäß sind. Der Bundestag hat in der Folge auch die entsprechenden Veröffentlichungen vorgenommen. Seinerzeit hatten wir angekündigt, dass auch der Landtag erneut darüber nachdenken muss, wenn diese Schritte sowohl vom Bundesverfassungsgericht als auch vom Bundestag getan worden sind. Insofern ist es folgerichtig, dass meine Fraktion diesen Gesetzentwurf mit kleinen Änderungen erneut einbringt.

(Beifall von den GRÜNEN)