Protokoll der Sitzung vom 23.08.2007

(Beifall von Peter Kaiser [CDU])

Ich muss sagen: Wenn man den Begriff ernst nimmt, ist das eigentlich eine sehr positive Würdigung der Handlungsweise dieses Umweltministers.

Frau Fasse, ich möchte auf Ihren Beitrag eingehen. Ich teile im Ergebnis Ihre Darstellung, es bedürfe keiner an die Landesregierung gerichteten Aufforderung, weil sie das Geforderte schon in vielen Fällen realisiert hat und es selbstverständlich von den Berichtspflichten der Landesregierung umfasst werde.

Stutzig geworden bin ich als Parlamentarier allerdings bei einer Ihrer Äußerungen: Sie haben gesagt, Sie hätten das Energiekonzept der Landesregierung vorgestellt. – Zwischen Legislative, Judikative und Exekutive möchte ich gern trennen.

(Zuruf von Marie-Luise Fasse [CDU])

Das war sicherlich eine falsche Wortwahl. Wir haben darüber gesprochen, aber die Darstellung der Exekutive wollen wir doch der Exekutive überlassen.

Meine Damen und Herren, Sie von der SPD haben diesen Unterausschuss beantragt. Der Antrag ist an den Ältestenrat überwiesen worden.

(Bodo Wißen [SPD]: Sonderausschuss!)

Mehrheitlich wollte der Ältestenrat dem nicht zustimmen. Wir schließen uns dem an. Deswegen ist dieser Programmpunkt obsolet.

Den inhaltlichen Strauß, der auch von Ihnen, Frau Fasse, hier vorgetragen wurde, möchte ich gar nicht kommentieren. Denn er greift der in Aussicht stehenden Anhörung unterschiedlicher Anträge aus unterschiedlichen Fraktionen vor.

Allerdings möchte ich eines noch einmal betonen: Wir haben im Zusammenhang mit Energiepolitik, mit Umweltpolitik öfter Problemkreise angesprochen, die uns in Nordrhein-Westfalen in besonderem Maße angehen. Das ist unter anderem der Problemkreis Energiewirtschaft. Wir in NordrheinWestfalen wollen, Frau Ministerin, nach wie vor Energieherz der Bundesrepublik Deutschland bleiben.

Einer der zentralen Punkte dabei ist Emission Trading, der Emissionshandel. Wir haben schon oft gefordert, dass man die Instrumente in dem Instrumentenkasten aufräumt. Wir müssen deutlich machen, dass die Gesetze, an denen die Bundesregierung noch festhält, wie das EEG, Erneuerbare-Energien-Gesetz, oder das KWK, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, in diesen Instrumentenkasten bei Anwendung von Emission Trading überhaupt nicht mehr hineinpassen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie noch einmal darstellen, wie Sie sich hier das weitere Vorgehen vorstellen.

Ein zentraler Punkt in diesem Zusammenhang ist nach wie vor die beim Emission Trading geforderte Integration von Clean Development Mechanism, CDM, und Joint Implementation – auch Instrumente, die wichtig für Nordrhein-Westfalen sind. Das möchte in den gesamten Bereich Klimadiskussion mit einbringen und will es damit in der ersten Runde bewenden lassen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Priggen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich mache es kürzer und präziser. Ich finde den SPD-Antrag in allen Punkten richtig. Ich fände es auch richtig, einen solchen Unterausschuss einzurichten, denn wir wissen, dass sich die Klimaschutzproblematik durch alle Bereiche zieht. In der Sache finde ich es gut begründet.

Ich würde den Antrag höchstens insofern erweitern, dass man sinnvollerweise aufnimmt, dass die Bundesregierung jetzt in Meseberg und in der Folge dabei ist, ihre konkrete Umsetzung des 40Prozent-Reduktionsziels zu benennen. Das ist das, was wir brauchen.

Darüber, wie wir das in Nordrhein-Westfalen in den Bereichen Kraft-Wärme-Kopplung, Fernwärmeausbau, Gebäudesanierung und im Verkehrsbereich und, und, und umsetzen, in einem Sonderausschuss miteinander zu diskutieren, zeitlich befristet, aber auch ganz konkret zu wissen, was wir machen, das wäre eine vernünftige Sache. Insofern könnte man das ergänzen.

Das Thema ist sehr umfassend, was wir an vielen Stellen merken. Wenn man fair ist, dann muss man einräumen: Das, was die Landesregierung vorgelegt hat, hat sie vorgelegt, bevor der IPCCBericht auf dem Tisch lag. Sie hat es vorgelegt, bevor die Bundesregierung ihre Punkte mit den 40-Prozent-Zielen genannt hat. Das muss alles erst noch kommen. Ich wüsste gar nicht, wie die konkrete KWK-Strategie der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen aussähe, um Klimaschutzziele zu erreichen. Das steht in den bisherigen Papieren überhaupt nicht drin. Insofern ist der Vorstoß vernünftig.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir werden dem Antrag zustimmen.

Ich glaube auch, dass es vernünftig wäre, wenn wir uns in einer Anhörung mit solchen Themen, die wirklich relevant sind, befassen würden. Ich nenne den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, den Ausbau der Fernwärme, ein Punkt, der in Nordrhein-Westfalen ein erhebliches Beschäftigungspotenzial hat. In den 75er-, 80er-Jahren fingen wir mit ZIP 1, ZIP 2 – dem Zukunftsinvestitionsprogramm – mit der Fernwärmeschiene Ruhr und der Fernwärmeschiene Niederrhein an.

Wir wissen heute: Anders als mit einem massiven Ausbau dieser Möglichkeiten bekommen wir die Klimaschutzproblematik im Gebäudebereich, verbunden mit Sanierung, überhaupt nicht in den Griff. Das ist ein elementarer Bestandteil.

Wenn der Bund ein Gesetz macht und das umlagefinanziert wird – in diese Umlage wird Nordrhein-Westfalen mit seinen 18 Millionen Einwohnern einbezahlen –, dann sind wir nur gut beraten, wenn wir eine Umsetzung in Nordrhein-Westfalen aktiv vorantreiben, und zwar ein Stück vor BadenWürttemberg und Bayern, weil wir denen sonst mit unserer Umlage den Fernwärmeausbau und die Kraft-Wärme-Kopplung bezahlen. Darüber

könnten wir reden. Da könnten wir uns positionieren, und zwar ruhig kurz bevor die Bundesregierung tätig wird, damit in den Prozess eingeht, was Nordrhein-Westfalen möchte.

Ehrlich gesagt, ich glaube, dass bei der Frage Kraft-Wärme-Kopplung und bei der Frage Fernwärme/Nahwärme unsere Differenzen nicht so sind, wie sie bei THTR oder in anderen Fragen sind. Da müssten wir weitgehend konsensual sein. Aber wir haben daran bisher nicht gearbeitet. Insofern gibt es eine Reihe von ganz konkreten Feldern.

Ein anderes Beispiel, die Verkehrspolitik: Wir können über ein paar Punkte reden. Wir können über Tempolimit reden, wir können darüber reden, dass es notwendig wäre, den Treibstoffverbrauch zu beschränken. Mit unseren großen Mercedessen, mit unseren großen BMWs werden wir das Problem nicht in den Griff bekommen. Aber das ist nicht allein Landessache. Dazu können wir lediglich eine Meinung haben.

Was konkret in NRW im Verkehrsbereich mit dem Ausbau unserer Nahverkehrssysteme gemacht werden könnte, das wäre wieder ein Punkt, über den wir miteinander reden müssten, der weitreichende Auswirkungen hat.

Wir könnten dies alles sinnvollerweise in einem Sonderausschuss tun, weil sich unsere Ausschüsse immer nur mit jeweils einer Facette der Klimaschutzproblematik befassen. Von daher enthält der Antrag viel Vernünftiges.

Wenn der Ältestenrat in seiner Weisheit zu dem Beschluss gekommen ist, dem Antrag nicht zu folgen, werden wir einen solchen Ausschuss nicht bekommen. Wichtig ist aber: Alles zusammen wird in der Anhörung auftauchen und uns weiter beschäftigen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die Landesregierung hat jetzt Frau Ministerin Thoben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, hat der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs am 9. März des Jahres anspruchsvolle Ziele sowohl für den Klimaschutz als auch für den Ausbau erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz beschlossen.

Als Klimaschutzziel der Europäischen Union wurden, bezogen auf 1990 bis 2020, mindestens 20 % Reduktion beschlossen. Unter der Voraussetzung, dass andere Industrieländer vergleichbare Anstrengungen unternehmen und auch Schwellenländer einen Beitrag leisten, der ihren Möglichkeiten entspricht, will die EU die Emissionen der Treibhausgase bis 2020 um 30 % senken. Weiterhin soll die Energieeffizienz bis 2020 um 20 % steigen. Der Anteil der erneuerbaren Energien soll bis 2020 ebenfalls auf 20 % angehoben werden. Für Biokraftstoffe soll bis 2020 ein verbindliches Ziel von 10 % am gesamten Benzin- und Dieselverbrauch gelten.

Auf nationaler Ebene setzt die Bundesregierung die europäische Richtungsentscheidung mit zahlreichen Maßnahmen um, die inzwischen in einem Entwurf zu Eckpunkten für ein integriertes Energie- und Klimaprogramm zusammengefasst sind.

Sie enthalten zum Beispiel Maßnahmen für die Erneuerung des Kraftwerksparks, den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, für die Energieeinsparung beim Stromverbrauch und im Gebäudebereich sowie auch für Wärme aus erneuerbaren Energien und der Nutzung internationaler Projekte für Klimaschutz und Energieeffizenz.

Die Eckpunkte sollen morgen in der Kabinettsklausur beschlossen werden. Ich begrüße es, dass sich die Bundesregierung mit ihren Eckpunkten für ein integriertes Energie- und Klimaprogramm der Herausforderung des weltweiten Klimawandels stellt und ein Beispiel für andere geben will.

Auch kann ich es als Klimaschutz- und Energieministerin nur unterstreichen, wenn die Bundesregierung einleitend zu ihren Eckpunkten ausführt, dass das klimapolitisch Notwendige gleichzeitig energiepolitisch sinnvoll sein sowie Wachstum und Beschäftigung Rechnung tragen müsse. Dazu gehöre – so die Bundesregierung ebenfalls –, dass die Energiewirtschaft und die Industrie verlässliche und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für ihre Investitionen und die Verbraucher transparente Rahmenbedingungen für ihre Konsum- und Investitionsentscheidungen vorfänden.

Ich sage für die Landesregierung ganz deutlich, dass wir in Nordrhein-Westfalen unseren Beitrag leisten werden, damit die Klimaschutzziele für Deutschland bis zum Jahr 2020 erreicht werden können. Das gilt auch und insbesondere für die Nutzung von internationalen Projekten für Klimaschutz und Energieeffizienz. Durch klimaschützende internationale Projekte können Emissions

zertifikate kostengünstig generiert und im Inland eingesetzt werden.

Zurzeit hat Deutschland zum Beispiel nur einen geringen Anteil von rund 3 % am Markt für projektbezogene Mechanismen nach dem KiotoProtokoll. Das ist für uns nicht akzeptabel, weil die hiesige Industrie in vielen klima- und effizienzrelevanten Bereichen Technologieführer auf den Weltmärkten oder in der Spitzengruppe der weltweiten Anbieter ist.

Die Forderung nach dem Export klimaschonender und energieeffizienter Produkte ist für uns ein besonderes Anliegen. Ich freue mich daher – und unterstreiche es heute –, dass auf unsere Initiative die Höchstmenge von sogenannten GI- und CDM-Zertifikaten, die die Betreiber zur Deckung ihrer Reduktionsverpflichtung einsetzen dürfen, im Rahmen der Beratungen zum Gesetz zur Änderung der Rechtsgrundlagen im Emissionshandel von ursprünglich 12 % auf 22 % angehoben und damit fast verdoppelt wurde.

(Beifall von der CDU)

Das bedeutet nämlich, dass wir in Zukunft bei dem, was wir klimapolitisch gemeinsam wollen, die Reduzierung möglichst preiswert organisieren. Das bedeutet, dass wir erkennen müssen – wir müssen es auch anwenden –, dass diese internationalen Projekte eine große Chance sind, unser technologisches Know-how damit zu verbinden und preiswert mit für eine massive CO2Reduzierung weltweit zu sorgen.

(Beifall von der CDU)

Wir sind entschieden – und werden das mit Nachdruck betreiben –, unseren Mittelstand zu ermutigen, die Kioto-Mechanismen stärker zu nutzen, um Technologie made in Nordrhein-Westfalen in die entsprechenden Zielländer zu bringen und dort zu vermarkten. Hierzu ist bereits eine Kontaktstelle bei der Energieagentur NRW eingerichtet.

Ebenso wird das Land den Bund bei der Umsetzung der GI- und CDM-Initiative und bei der Exportinitiative Energieeffizienz unterstützen und dafür sorgen, dass möglichst viele – gerade auch kleine und mittlere – Unternehmen diese wirtschaftliche Chance ergreifen und eine preiswerte und nachhaltige CO2-Reduzierung mit betreiben.

Das integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung ist ein nationales Konzept, welches nach unserer Überzeugung nicht 1:1 auf Nordrhein-Westfalen heruntergebrochen werden kann. So dürfte es zum Beispiel in NordrheinWestfalen aufgrund der industriellen und land

schaftlichen Struktur schwierig sein, die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2020 auf 20 % zu steigern.

Große Potenziale sehen wir auf der anderen Seite bei Energieeinsparung und effizienterer Nutzung gerade auch im privaten Bereich. Deshalb werden wir als Vertreter des Landes uns auch die einzelnen Maßnahmenfelder des Bundes im Detail ansehen und danach über eigene landesspezifische Schwerpunkte und ergänzende Maßnahmen entscheiden.

Das heißt nicht, dass die Landesregierung bisher noch nichts tut. Wir haben der Öffentlichkeit bereits vier Bausteine vorgestellt. Unsere Zielhierarchie ist: erstens Energieeinsparung, zweitens effizienzsteigernde Nutzung nicht zuletzt durch alternative Energiekonzepte und drittens Kraftwerkserneuerung. Auf eines dieser Felder zu verzichten schadet dem Wirtschaftsstandort NordrheinWestfalen.