Das wollte ich gerade sagen. – Wer glaubt, dass er das mit der Grundmandatsklausel regelt, dem möchte ich zunächst einmal entgegenhalten, dass das natürlich nicht über die Grundmandatsklausel
zu regeln ist, weil das Grundmandat in den großen Städten – auch das Grundmandat 1 – nur mit einer Sperrklausel von etwas über 1 % wirkt. Umgekehrt ist es aber so, dass das zum Beispiel in Räten mit 20 Ratsmitgliedern wieder eine 5%Klausel bedeutet.
Nun taucht aber das Problem der extremistischen Kandidaten, das beschrieben worden ist, hauptsächlich in den großen Räten und in den großen Kreistagen auf. Genau da greift Ihre Regelung des Grundmandats nicht. Ganz im Gegensatz dazu greift sie im ländlichen Raum.
Ich sage Ihnen voraus: Das wird zur Folge haben, dass Sie, wenn zum Beispiel, wie beim letzten Mal, die ÖDP oder einzelne unabhängige Wählergemeinschaften klagen, dem Verfassungsgericht – das einen besonderen Anspruch an die Darlegungspflicht hatte – schlechterdings nicht werden darlegen können, warum Sie ausgerechnet mit einer differenziert wirkenden Sperrklausel arbeiten, die dort, wo die Probleme vorhanden sind, nicht wirkt, und dort, wo keine Probleme vorhanden sind, nahezu wie eine 5%-Klausel wirkt.
Das ist sozusagen eine Aufforderung zur Klage. Ich sage Ihnen voraus, dass wir in zwei oder drei Jahren hier sitzen und an dem Punkt sein werden, dass auch diese Regelung des Grundmandats gescheitert ist. Sie scheitert deswegen, weil Sie wider besseres Wissen, aber wieder einmal diesem Innenminister folgend etwas einführen, was ohne Sinn und Verstand ist, anstatt mit einer gleichmäßigen, niedrigen Sperrklausel zu arbeiten, egal ob sie bei 3 % liegt, wie die SPD das will, oder bei 2 %, wie wir das vorschlagen.
Meine Damen und Herren, das wird geradezu ein Stück aus dem Tollhaus. Daher muss ich in der Tat noch einmal auf die Gemeindeordnungsdebatte von heute Morgen eingehen. Hinzu kommt, dass Sie diese Bewerberinnen und Bewerber als Gruppen im Verhältnis 2:3 zur kleinsten Fraktion mit Finanzmitteln ausstatten und dann auch noch den Einzelbewerbern, je nach Ratsbeschluss möglicherweise bis zur Hälfte dieser Gruppen, etwas zugute kommen lassen.
Das heißt, entweder sorgen Sie durch die Hintertür letztlich für immense Mehrkosten, die teilweise Extremisten zugute kommen, oder es führt dazu, dass die anderen Fraktionen demnächst auf erhebliche Mittel verzichten müssen. Auch darauf will ich zumindest einmal hingewiesen haben. Ich halte dies unter anderem auch vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Rechtsstatus von Gruppen und Fraktionen und des unterschiedli
Bei dem Thema Sperrklausel hätte dieses Parlament die Chance gehabt, quer über die Fraktionen hinweg vernünftig zu handeln. Wir hatten mit Absicht dazu lange keinen Antrag gestellt. Erst für heute haben wir ihn gestellt. Wir haben bei der Anhörung darauf hingearbeitet, dass deutlich zum Ausdruck kam, wo die Probleme liegen. Die Experten haben sie alle genannt. Aber Sie haben die Chance nicht ergriffen. Stattdessen haben Sie die Zahl der Grundmandate erhöht.
Lassen Sie mich mit wenigen Sätzen auf das Kumulieren und Panaschieren kommen, auf einen Punkt, an dem wir uns früher nur von einer Fraktion unterschieden haben, nämlich von der Fraktion der SPD.
Zwei Fraktionen waren immer dafür. Mir liegt ein Antrag des Ministerpräsidenten Rüttgers vor, den er in der letzten Wahlperiode gestellt hat. Dort hat er – „Demokratie jetzt!“ – die Einführung des Kumulierens und Panaschierens deutlich gefordert. Wenn die CDU gewählt werde, werde das eingeführt. Mir liegen entsprechende Anträge und Äußerungen der FDP vor. Ich kenne Äußerungen von Vertretern beider Parteien – auch von der CDU – aus dem Landtagswahlkampf.
Dann schwiemeln Sie sich hier mit einem Prüfauftrag weg, und Herr Engel erklärt allen Ernstes – das ist in einer Plenardebatte passiert –, der Prüfauftrag sei abgearbeitet worden, indem die Koalition zusammen nach Stuttgart gefahren sei und sich dort erkundigt habe, wie das ist.
Meine Damen und Herren, halten Sie die Menschen nicht für blöder, als die Politik manchmal ist. Die Menschen sind nicht so blöde. Sie können ganz genau wahrnehmen, ob sie im Einzelfall in einer Liste Veränderungen herbeiführen wollen oder nicht. Sie haben nämlich immer die Möglichkeit, auch eine Liste anzukreuzen.
Die Menschen, die das machen und die damit auf die Aufstellung der Kandidatinnen und Kandidaten in den Parteien Einfluss nehmen wollen, möchten wir stärken. Denen möchten wir ein demokratisches Recht geben. Denen möchten Sie das aber – inzwischen mit drei Fraktionen – vorenthalten. Das finden wir bedauerlich.
Wir finden das auch deshalb bedauerlich, weil wir glauben, dass, wenn Sie das so handhaben, eine Chance zum Abbau von Demokratieverdrossen
heit vertan sein wird, die gerade auf der kommunalen Ebene prima hätte ergriffen werden können, eine Chance, zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern ein Stück weit nach einem urdemokratischen Prinzip zu handeln, wie es übrigens in 13 von 16 Bundesländern gang und gäbe ist und ohne Probleme läuft. Deswegen bedauern wir das.
Wir fordern Sie auf, doch noch einmal darüber nachzudenken und zu Ihren alten Wahlkampfaussagen und Ihren alten programmatischen Aussagen zurückzukehren. – Schönen Dank.
Im Rahmen der Anhörung zum Kommunalwahlgesetz sind tiefgreifende Rechtsbedenken nicht geäußert worden. Es ist deswegen erstaunlich, mit welchen Bedenken Herr Bovermann uns hier konfrontiert hat, insbesondere was den Machterhalt betrifft. Herr Bovermann, ich glaube, Sie sind Experte dafür, denn die SPD hat gerade wegen dieses Arguments immer die Entkoppelung der Bürgermeisterwahlen verhindert.
Wir zeigen sehr deutlich, dass wir uns auf einem Boden bewegen, der ausschließlich sachlich geprägt ist. Das beginnt zunächst einmal mit dem Thema „Abschaffung der Stichwahlen“. Vom Abgeordneten Becker ist versehentlich vorgetragen worden, dass auch die Entkoppelung hier geregelt ist. Die kommt aber aus der Gemeindeordnung, nicht aus dem Kommunalwahlgesetz.
Hier geht es schlichtweg um die Frage, inwieweit es verfassungsrechtlich zulässig ist, auf einen solchen Wahlgang zu verzichten, der in der Regel keine durchgreifenden Auswirkungen hat. Es ist dargestellt worden, dass 75 % im ersten Wahlgang gewählt werden.
Es ist auch festgestellt worden – Herr Kollege Wilp hat das dankenswerterweise dargelegt –, dass die demokratische Legitimation durch den zweiten Wahlgang eher nicht größer ist, weil die Wahlbeteiligung im zweiten Anlauf normalerweise
Das neue Divisorverfahren SLS hat große Anerkennung gefunden, weil es gerechter ist, unabhängig von der Größe der Partei. Der Sachverständige hat es euphorisch ein Juwel genannt. Ich glaube, dass es sich auf allen Ebenen von Bund und Ländern durchsetzen wird.
Wir haben noch eine Änderung vorgenommen, die diskutiert worden ist, das Thema Mindestsitzanteil. Dazu möchte ich die geschätzten Kollegen der Opposition auf die Verfassungsgerichtshofsentscheidung aus dem Jahre 1999 hinweisen. Wenn Sie sich die anschauen, liegen die Hürden für eine Sperrklausel so hoch, dass wir nicht erkennen können, wie wir das Gericht guten Gewissens mit einer schlüssigen Begründung überzeugen können.
Es bedarf eben mehr als des Wunsches, der deutlich artikuliert worden ist, einige nicht dabei haben zu wollen. Es reicht für eine dem Gesetzgeber obliegende nachvollziehbare Prognose nicht aus, dass bei abstrakter Betrachtung die theoretische Möglichkeit nicht auszuschließen ist, dass bei Wegfall einer Sperrklausel zahlreiche Einzelvertreter in das Parlament einziehen könnten.
Herr Minister Dr. Wolf, Sie haben gerade das Verfassungsgerichtsurteil angesprochen und nun selbst ein Verfahren zu einem Mindestsitzanteil eingeführt. Das Verfassungsgericht hat damals gesagt, eine Sperrklausel von 5 % ist in der Form nicht zulässig. Bei den Wahlen zu einer Bezirksvertretung in meiner Heimatstadt Bochum, im Bochumer Süden, hat diese Bezirksvertretung 19 Sitze. Das heißt, es würde bei der Mindestsitzanteilsregelung, die Sie vorschlagen, eine faktische Sperre oberhalb von 5 % eingezogen. Sind Sie sich sicher, dass dies einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten wird?
Herr Abgeordneter Eiskirch, Sie unterliegen einer Fehleinschätzung. Unser Vorschlag gilt für den Mindestsitzanteil beim Rat, nicht bei den Bezirksvertretungen. Uns geht es ausschließlich darum, dass der Verfas
sungsgerichtshof eine hohe Hürde gelegt hat. Zu behaupten, dass eine Schwerfälligkeit bei der Meinungsbildung der Kommunalvertretung vorliegt, reicht allein nicht aus. Es reicht nicht aus, dass einem das ein bisschen unangenehm ist, wenn Einzelbewerber auftauchen, wie das beim Kollegen Becker anklang. Man muss schon die Funktionsunfähigkeit darstellen. Bei 16.800 Mandaten und 195 Einzelmandatsträgern ist es schon schwierig, das jemandem auch nur im Ansatz zu erklären.
Es ist auch – das muss man wissen – aus den Kommunen nicht vorgetragen worden, dass es eine durchgreifende Erschwernis gäbe, zu demokratischen Entscheidungen zu kommen. Von daher glauben wir –das ist auch von den Sachverständigen so gesehen worden –, dass es schwer ist, wieder eine solche Sperrklausel einzuführen.
Nein, ich trage jetzt weiter vor. – Etwas anderes ist die Grundmandatsklausel im Bundeswahlgesetz. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der Gesetzgeber die Aussagekraft dieser Klausel aus dem Wahlerfolg ableiten darf. Das Gericht erachtet die sich im Wahlerfolg widerspiegelnde Integrationskraft politischer Parteien als legitime Differenzierung bei der Zuteilung der Mandate. Das, Herr Dr. Bovermann, hat dann auch zur Folge, dass hierbei auf die Größenrelation abgestellt wird. Es ist klar, dass die Auswirkungen bei kleinen und bei großen Kommunalvertretungen unterschiedlich sind.
Damit politische Gruppierungen in die Kommunalvertretung einziehen können, kann somit das Wahlergebnis als Maßstab dafür genommen werden, ob sie mit Ihrem Anliegen eine hinreichende Verankerung in der Wahlbevölkerung bewirkt haben. Wenn der Gesetzgeber annimmt, dies sei bei einer Zahl unter 1,0 nicht der Fall, übt er damit das ihm zustehende Abwägungsermessen in zulässiger Weise aus.
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, das Anliegen weitgehender integrativer Repräsentanz und die Gebote der Wahlrechtsgleichheit sowie der Chancengleichheit der politischen Parteien zum Ausgleich zu bringen. Damit wird deutlich, dass das – das ist auch von den Sachverständigen so gesehen worden – ein zulässiger Weg ist, um den Mindestrückhalt in der Bevölkerung auch bei der Erstsitzzuteilung mit einzubringen.
Ich glaube, das ist ein richtiger und verfassungsmäßiger Weg, und bitte, dem Gesetz zuzustimmen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Ich habe noch zwei weitere Wortmeldungen: zunächst von Herrn Kollegen Jäger für die SPD-Fraktion und dann von Herrn Jarzombek für die CDU.
Keine Angst, Herr Kollege Orth. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Vizepräsident! Herr Sportminister Wolf, ich würde Ihnen dringend empfehlen, den Gesetzentwurf, den Sie heute einbringen, dahin gehend zu überprüfen, ob Ihnen nicht ein technischer Fehler unterlaufen ist und der Faktor 100 nicht auch für die Bezirksvertretung in NordrheinWestfalen gilt. Das ist ein kollegialer Hinweis an Sie, damit Sie morgen in der dritten Lesung nicht unter Umständen einem Irrglauben erliegen.
Da mich die Zeit etwas einschränkt, möchte ich mich auf das Thema „Abschaffung der Stichwahl“ konzentrieren. Es ist bemerkenswert, wie der nordrhein-westfälische Sportminister heute argumentiert. Die Abschaffung der Stichwahl wird im Wesentlichen mit zwei Argumenten begründet: