Es geht nicht an - und das werden wir Ihnen auch nicht durchgehen lassen -, dass Sie auf dem Rücken der jungen Menschen durch Desinformation etwas erreichen wollen, was durch unser Modell eben nicht erreicht wird.
Im Übrigen möchte ich mit Genehmigung des Präsidenten den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Herrn Wowereit, zur Frage der sozialen Gerechtigkeit von Studienbeiträgen zitieren. Herr Wowereit hat vor der Jahresversammlung der
„Aber wenn wir Spitzen-Unis wirklich wollen, dann müssen wir auch eine heilige Kuh schlachten: Ich meine den Gedanken, dass Studiengebühren sozial ungerecht sind. Dieser Irrglaube hält sich leider hartnäckig … Sozial gerecht ist es jedenfalls nicht, dass ein Arbeiter mit seinem Lohn die Ausbildung von später Besserverdienenden finanziert... Ich bin sicher: Die Vorbehalte gegen Studiengebühren werden schwinden.“
(Dr. Michael Vesper [GRÜNE]: So neu ist die gar nicht mehr! Sie sieht ziemlich alt aus! - Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers: Aber neuer, als ihr je wart!)
hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass Grundvoraussetzung für Studienbeiträge deren sozialverträgliche Gestaltung ist. Jeder, der in Nordrhein-Westfalen die Zugangsvoraussetzungen zur Hochschule erfüllt und ein Studium aufnehmen möchte, muss unabhängig von seiner sozialen Herkunft und dem Einkommen der Eltern die Möglichkeit dazu haben.
Dieses Ziel haben CDU und FDP vor der Wahl formuliert. Dieses Ziel ist im Koalitionsvertrag verankert. Dieses Ziel hat der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung bekräftigt. Und dieses Ziel wird mit unserem Beitragsmodell voll erfüllt.
Erstens. Jeder Studierende hat die Möglichkeit, die Studienbeiträge erst nach Abschluss des Studiums und bei hinreichendem Einkommen zurückzuzahlen. Hierzu erhält jeder Studierende unabhängig von seiner persönlichen Einkommens- und Vermögenssituation, unabhängig von seiner Bonität und ohne Stellung von Sicherheiten ein zinsgünstiges Studienbeitragsdarlehen der NRWBank. Entscheidend für die Aufnahme eines Studiums ist also nicht das Einkommen der Eltern vor oder während des Studiums, sondern das Einkommen des Akademikers nach erfolgreichem Studienabschluss.
Zweitens. Die Höhe des Rückzahlungsbetrags, der sich aus der Summe von Darlehensanteil der Ausbildungsförderung nach dem BAföG und Studienbeitragsdarlehen ergibt, ist auf einen Gesamtbetrag von 10.000 €, wie er schon heute im BAföG-Recht verankert ist, begrenzt.
Ganz wichtig ist auch: Wer weniger als zehn Semester studiert, für den greift eine zweite Kappungsgrenze von 1.000 € pro Semester. Wer also als BAföG-Empfänger sein Bachelor-Studium nach sechs Semestern abschließt, kommt durch Studienbeiträge und BAföG-Darlehen auf maximal 6.000 € Rückzahlungsverpflichtung, sofern er nicht allein durch sein BAföG-Darlehen bereits höher liegt.
Damit belohnen wir diejenigen, die schnell studieren, und erreichen im Ergebnis, dass etwa zwei Drittel der BAföG-Empfänger faktisch von Studienbeiträgen befreit sind.
Das restliche Drittel der BAföG-Empfänger allerdings - etwa der Student mit 11 € BAföG im Monat - wird sich nach seiner Leistungsfähigkeit an den Studienbeiträgen beteiligen.
Wir hatten im Koalitionsvertrag gedacht, dass für das Ziel der Sozialverträglichkeit eine Ausnahme aller BAföG-Empfänger das richtige Instrument sei. Wir haben aber festgestellt: Das würde neue Ungerechtigkeiten hervorrufen und von den Gerichten nicht akzeptiert. - Deshalb haben wir den Mut gefunden, noch vor der Bundestagswahl in diesem Punkt öffentlich nachzujustieren und die Gerechtigkeitslücke zu schließen.
Natürlich gilt, dass diejenigen, die beispielsweise aufgrund von Schwangerschaft, Wehrpflicht oder Auslandsaufenthalt keine Leistungen der Hochschule in Anspruch nehmen, für diese Zeit keine Beiträge zahlen müssen. Darüber hinaus können die Hochschulen - das wollen wir so vorsehen - in ihren Satzungen Beitragsbefreiungen für jene bestimmen, die die Leistung nur eingeschränkt in Anspruch nehmen können wie zum Beispiel bei Pflege und Erziehung minderjähriger Kinder, bei Mitwirkung in der Hochschulselbstverwaltung oder bei Behinderung oder schwerer Erkrankung.
Ganz entscheidend für die Sozialverträglichkeit und die Beitragsgerechtigkeit des Modells ist der Ausfallfonds, in den jede Hochschule etwa 23 % ihrer Einnahmen aus Studienbeiträgen einzahlen wird. Aus diesem Fonds werden zwei Fälle abgedeckt, in denen das Studienbeitragsdarlehen später nicht zurückgezahlt werden muss:
Erstens. Aus diesem Fonds werden die Darlehen derjenigen BAföG-Empfänger zurückbezahlt, die aufgrund der Kappung der maximalen Rückzahlungsverpflichtungen keine Studienbeiträge oder nur einen Teil der eigentlich angefallenen Studienbeiträge bezahlen müssen.
Zweitens. Aus diesem Fonds werden die Darlehen derjenigen Studierenden zurückbezahlt, die ihr Darlehen nach ihrem Studium aus wirtschaftlichen Gründen, wie es bereits beim BAföG vorgesehen ist, nicht zurückzahlen können.
Das bedeutet: Der Fonds ermöglicht eine Obergrenze der Darlehensbelastung nach Beendigung des Studiums und eine Unabhängigkeit von der Einkommenssituation während des Studiums. Der Aufbau des Fonds stellt sicher, dass diejenigen Hochschulen, an denen verhältnismäßig viele BAföG-Empfänger studieren, nicht benachteiligt werden. Ansonsten wäre die Gefahr gegeben, dass sich BAföG-Empfänger möglicherweise bei der Suche nach einem Studienplatz durch die jeweilige Hochschule diskriminiert fühlten. Wir schaffen durch diesen Ausgleichsfonds die Sicherheit: Alle können unabhängig von ihrer Einkommenssituation an jeder Hochschule nach ihrer Befähigung studieren.
Durch den Ausfallfonds ist gesichert, dass den Hochschulen auch die Beiträge derjenigen Studierenden sofort zur Verfügung stehen, die sich für eine nachgelagerte Studienbeitragsfinanzierung entscheiden.
Schließlich gilt: Studienbeiträge können nur in der Regelstudienzeit zuzüglich vier Semester darlehensfinanziert werden. Langzeitstudenten müssen also sofort zahlen und werden durch den Fonds nicht geschützt. Folgerichtig kann das Langzeitstudienkontenmodell der Vorgängerregierung mit Einführung der Studienbeiträge abgeschafft werden.
Ich habe mich sehr gefreut, dass Hochschulen in Nordrhein-Westfalen dieses Modell sehr positiv bewerten:
Erst gestern hat sich die Leitung der Universität Bonn in einem langen Interview im „Bonner General-Anzeiger“ geäußert. Fazit: Die Uni Bonn strebt 500 € Studienbeitrag an. Sie geht von substanziellen Verbesserungen der Lehre aus. Sie hält die Darlehensregelung für sozial gerecht und erwartet weniger Bürokratielasten als beim - ich zitiere - „unsäglichen Studienkontenmodell“. - Ich danke herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Dr. Pinkwart. - Für die SPD-Fraktion hat deren Vorsitzende, Frau Kraft, das Wort. Bitte schön.
Gut. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich das, was wir gerade als Unterrichtung der Landesregierung vernommen haben, noch einmal in einen größeren Zusammenhang stellen. Ich glaube, es ist ganz interessant, das einmal zu tun.