Protokoll der Sitzung vom 20.09.2007

Das werden rund 300 Stellen sein, die zu verlagern sind. Die Verteilung des Personalpools auf die 54 Kreise und kreisfreien Städte erfolgt nach aufgabenbezogenen und sachgerechten Parametern.

Wir berücksichtigen die berechtigten Interessen der Beschäftigten. Kraft Gesetzes soll das Personal übergehen. Das gilt für die Beamtinnen und Beamten. Tarifbeschäftigte werden den Kommunen vom Land gestellt. Eines ist ganz klar: Kündigungen sind ausgeschlossen. Wir werden die Personalverlagerungen verantwortungsvoll und sozialverträglich umsetzen.

Meine Damen und Herren, neben der umfassenden Neuordnung der Umweltverwaltung schafft der Gesetzentwurf auch ein Novum im Bereich des Verbraucherschutzes. Ab 1. Januar 2008 besteht für die kommunalen Träger der Untersuchungsämter die Möglichkeit, sich mit den staatlichen Veterinäruntersuchungsämtern als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts zu integrierten Untersuchungsanstalten zusammenzuschließen. Eine solche Bündelung führt zu einer besseren Auslastung der Einrichtungen und stärkt den Verbraucherschutz.

(Beifall von der CDU)

Des Weiteren, meine Damen und Herren, enthält der Gesetzentwurf eine Erweiterung des Feuerschutzhilfegesetzes. Die geregelte Kostenersatzregelung soll den Kommunen die Möglichkeit geben, Feuerwehreinsätze auch gegenüber anderen Behörden abzurechnen, wenn diese etwa aufgrund eigener Verkehrssicherungspflicht zur Abhilfe verpflichtet sind. Damit ziehen wir Konsequenzen aus einem OVG-Urteil vom Februar 2007 zur Ölspurbeseitigung durch kommunale Feuerwehren auf öffentlichen Verkehrsflächen.

Meine Damen und Herren, ein derartig komplexes und unterschiedliche Interessen berührendes Gesetzeswerk bedarf intensiver Abstimmungen. In einem langen Prozess mit allen Beteiligten, auch den kommunalen Spitzenverbänden, ist dieses Werk erarbeitet worden. Es ist klar, dass das nicht auf einhellige Zustimmung trifft. Der Industrie, den Umweltverbänden und den Gewerkschaften geht

es zu weit, den kommunalen Spitzenverbänden nicht weit genug. Wir haben einen guten Kompromiss gefunden, der in der Mitte liegt. Ich denke, wir haben auch den entsprechenden finanziellen Bedenken Rechnung getragen, die gerade auch von der kommunalen Seite in das Verfahren eingebracht worden sind.

Ich wünsche mir, dass wir uns im Ausschuss engagiert mit diesem Thema beschäftigen. Ich bin sicher, dass wir am Ende einen weiteren Schritt zu einer noch leistungsfähigeren Verwaltung gemacht haben werden. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Becker das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz zur Kommunalisierung des Umweltrechts steht in der Tat nicht im luftleeren Raum. Es ist schon vor dem Hintergrund des Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur zu sehen, das Ende letzten Jahres diskutiert und beschlossen wurde. Schon damals hat sich die schwarz-gelbe Koalition gegen den einvernehmlichen und guten Rat von Sachverständigen und Experten gestellt und das Gesetz durchgepeitscht. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass die wohl 26 Experten alle in der Anhörung am 8. November 2006 vor dieser Straffung der Behördenstruktur gewarnt haben. Das hat Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, so gestört wie der berühmte Sack Reis, der irgendwo in China umfällt. Mit Ihrer Mehrheit haben Sie das Gesetz am 6. Dezember 2006 so beschlossen.

Vor diesem Hintergrund verstehen Sie sicher meine erheblichen Zweifel an Ihrer Fähigkeit, aus Anhörungen Konsequenzen zu ziehen.

(Beifall von der SPD)

Diese erheblichen Zweifel treiben mich jetzt schon um, wenn ich an die Anhörung zum vorliegenden Gesetz denke, die der Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform heute Morgen – natürlich unter Vorbehalt des gleich zu fassenden Überweisungsbeschlusses – für den 7. November 2007 beschlossen hat. Ich fürchte, dass diese Anhörung wie viele vor ihr für die Katz ist. Denn das Ganze, auch die Sondersitzung des AKV heute Morgen, riecht doch wieder einmal danach, dass hier ein Gesetz durchgepeitscht werden soll, ohne Rücksicht auf die Meinung der Sachverständigen und Experten, ohne die Betrof

fenen mitnehmen zu wollen, kurz und mit anderen Worten: ohne Rücksicht auf Verluste.

Deshalb sage ich schon heute, dass die Gesetze der Mathematik in der Politik nicht immer gelten. Ein schlechtes Gesetz wird durch ein weiteres schlechtes Gesetz nicht zum guten Gesetz.

(Beifall von der SPD)

Minus mal minus ergibt in dem Fall nicht plus.

Eigentlich, meine Damen und Herren von der Landesregierung und von den sie tragenden Fraktionen, wissen Sie schon heute, dass Sie das Gesetz zur Kommunalisierung des Umweltrechts in der vorliegenden Fassung in die Tonne kloppen können. Das Einzige, was Sie mit diesem Gesetz erreichen werden und schon heute erreicht haben, ist eine breite, ja eine breiteste Front der Ablehnung sowie die Schaffung eines Bündnisses aus Beschäftigten aus Städten und Gemeinden, aus Naturschutzverbänden und aus der Wirtschaft in Form der Industrie- und Handelskammern gegen die Landesregierung. Eigentlich – das ist anzuerkennen – ist die Schaffung eines solchen Bündnisses eine „historische“ Leistung.

Dabei muss Sie doch nicht nur das Bündnis als solches beeindrucken, es muss Sie doch eigentlich noch mehr beeindrucken, dass die Argumente der Bündnispartner auffallend gleich sind. In der Stellungnahme der nordrhein-westfälischen Industrie- und Handelskammern heißt es:

Die vorgesehene weitgehende Kommunalisierung der Zuständigkeiten trägt jedoch nach Einschätzung der IHKs nicht zu einer Erhöhung von Effektivität und Effizienz in der Verwaltung bei.

In der Stellungnahme der Naturschutzverbände hört sich das so an:

Ziel des Gesetzes ist eine Straffung der staatlichen Verwaltung und eine effektivere Aufgabenerfüllung. Beide Ziele werden jedoch verfehlt. Durch die geplante Kommunalisierung wird nämlich mittelbar der effektive Vollzug des Umweltrechts verhindert.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich könnte das Wechselspiel der Zitate aus den Stellungnahmen von Industrie- und Handelskammern einerseits und Umweltverbänden andererseits fortsetzen. Ich will es uns allen ersparen.

Nicht ersparen kann ich uns allerdings die zusammenfassende Feststellung, dass Wirtschaft

und Umwelt die Kommunalisierung des Umweltrechts in der vorliegenden Form ablehnen.

(Beifall von der SPD)

Sie lehnen es ab, weil beide den Verlust von Fachkompetenz befürchten. Sie lehnen es ab, weil beide die Gefahr des kommunalpolitischen Einflusses sehen, die ja in der Tat gegeben ist, wenn sich kommunalisierte Umweltverwaltungen besonders in strukturschwachen Gebieten den Interessen der Wirtschaftsförderung kaum entziehen können. So sehen es die Umweltverbände. Die IHKs sehen es genau anders herum. Und sie lehnen es ab, weil beide bestenfalls eine bloße Kostenverschiebung vom Land auf die Städte und Gemeinden sehen, eher aber mit steigenden Kosten rechnen.

Letzteres ist ein sehr interessanter Punkt, den es sich aus Sicht der kommunalen Familie näher anzugucken lohnt. In der Tat: Ein Milchmädchen müsste erkennen, dass die Rechnung der Landesregierung gar nicht aufgehen kann. Ein Milchmädchen mag noch schönrechnen können, dass es zu Einsparungen kommen kann, wenn die Arbeit von elf Umweltämtern auf fünf Regierungspräsidien verteilt wird. Aber selbst ein Milchmädchen scheitert daran schönzurechnen, dass die Arbeit von fünf Regierungspräsidien bei gleichen Standards kostenneutral auf 54 Kreise und kreisfreie Städte übertragen werden soll.

Das Kalkül der Landesregierung kann nur aufgehen, wenn man zulasten der Kommunen einige Fallen aufbaut, wenn man zum Beispiel beim Personalaufwand Kosten kalkuliert, die viel zu niedrig angesetzt sind. Ein solches Kalkül kann nur aufgehen, wenn man den Kommunen von vornherein eine Einsparungsverpflichtung in Abzug bringt. Es kann nur aufgehen, wenn man die Gebühreneinnahmen nach dem Gebührengesetz sofort in Abzug bringt, statt sie sich nach einer Abrechnung am Ende eines Kalenderjahres von den Kommunen erstatten zu lassen.

Mit diesen Fallen und anderen Kautelen, dass man zum Beispiel weniger Planstellen berücksichtigt, als de facto benötigt werden, kann eine solche Rechnung aufgehen, sie berücksichtigt aber keinesfalls ausreichend den Grundsatz der Konnexität.

(Beifall von der SPD)

Eine solche Rechnung verfolgt eher das Ziel, sich auf Kosten der Kommunen finanziell zu entlasten, und das darf nicht sein.

Ich sage daher für meine Fraktion noch einmal wie schon in den vorherigen Debatten: Kommuna

lisierung von Aufgaben ist kein Selbstzweck. Sie sollte dann vorgenommen werden, wenn die Aufgabenerledigung fachlich kompetent, rechtskonform und effizient vor Ort erfolgen kann. Eine Kommunalisierung muss vorrangig eine Verbesserung der Leistungserbringung für die Bürgerinnen und Bürger zum Ziel haben. Wir sind uns mit der Wirtschaft und den Umweltverbänden darin einig, dass dies mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht erreicht wird.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich habe eingangs bereits auf die Beratungsresistenz dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen hingewiesen. Von daher ahne ich, wie es mit der Kommunalisierung des Umweltrechts jetzt weitergeht.

Deshalb lassen Sie mich zum Schluss einen letzten, wenn Sie so wollen, verzweifelten Versuch starten, Sie zum Umdenken zu bewegen. Wenn Sie uns nicht glauben, wenn Sie der gemeinsamen Front aus Wirtschaft und Umweltverbänden nicht glauben, dann glauben Sie doch bitte wenigstens Ihren eigenen Parteifreunden. In der Poststelle der Landesregierung gehen sicher jeden Tag Hunderte von Briefen ein. In unserer Frage empfehle ich Ihnen die Lektüre des Briefes des Duisburger Oberbürgermeisters Sauerland. Wenn ich mich nicht irre, vertritt er die Meinung, dass die Reform zu einem Zuwachs an Bürokratie mit unklaren Regelungen für Verantwortlichkeiten und Doppelarbeiten, zu erheblichen Mehrkosten für die Kommunen und zu erheblichen Vollzugsdefiziten führen wird.

Wenn Sie dem Rheinland mehr trauen als dem Ruhrgebiet, was insbesondere dem Chef der Landesregierung bisweilen unterstellt wird, dann schauen Sie sich den Brief des Kölner Oberbürgermeisters an, der Ihnen – wenn ich mich nicht irre – geschrieben haben soll, dass er bei der Realisierung der Reform einen Zuwachs an Bürokratie sowie ernste Probleme für die wirtschaftliche Entwicklung in Nordrhein-Westfalen befürchtet.

Meine Damen und Herren, ich bin bei diesem Tagesordnungspunkt in der Situation, sagen zu können: Glauben Sie, wem Sie wollen, aber glauben Sie irgendjemandem, und hauen die vorliegende Fassung des Gesetzes in die Tonne. Finden Sie eine Lösung mit den Kommunen, mit den Umweltverbänden, mit der Wirtschaft, mit den Mitarbeitern und nicht gegen sie im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als nächste Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Löttgen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Becker, ich will zu Beginn aus dem Plenarprotokoll 14/39 zitieren. Damals haben Sie zum Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur Folgendes gesagt: „Die Maßstäbe für Entscheidungen dürfen nach unserer Überzeugung“ – also Überzeugung der SPD – „allein Bürgernähe, Qualität und Effektivität sowie Wirtschaftlichkeit sein.“

Das vorliegende Gesetz zur Kommunalisierung von Aufgaben des Umweltrechts bringt genau das, nämlich maßgebliche Verbesserungen für Bürger, mit sich. Wir beenden mit diesem Gesetz unklare Zuständigkeiten, wir greifen im Sinne des Bürgers da ein, wo die Menschen nicht mehr wissen, mit welcher Behörde sie denn nun sprechen müssen, und durch die Zuständigkeiten nach dem sogenannten Zaunprinzip wird es nur noch einen Ansprechpartner geben. Das heißt, die lokal zuständige Behörde bleibt auch für die Anlage des Betriebs außerhalb des Verwaltungsbezirks zuständig.

Wir wollen, dass Genehmigung und Kontrolle bei nur einer Behörde angesiedelt sind; denn nur so erreichen wir eine bürgerfreundliche und serviceorientierte Verwaltung. Wir wollen den Bürger, den Mittelständler, den Handwerksmeister, den Unternehmensgründer nicht länger von Amt zu Amt laufen lassen. Gerade die mittelständische Wirtschaft wird uns diese Entlastung danken. Es ist nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich, dass quasi nebenbei auch noch Arbeitsplätze entstehen werden. Wir glauben, weniger Bürokratie ist gleichzusetzen mit mehr Arbeitsplätzen und besseren Wettbewerbschancen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch die Kommunalisierung der Zuständigkeiten im Umweltrecht wird das Vorhandensein von Fachwissen entgegen Ihrer Auffassung, Herr Becker, in den Kommunen gestärkt. Warum? – Das Personal der Bezirksregierungen, das von der Verlagerung seiner Aufgabe betroffen ist, wird zusammen mit den Aufgaben in die entsprechenden Kreise und kreisfreien Städte wechseln. Dadurch wird nicht nur die hohe Qualität der Kontrollen aufrechterhalten und transportiert, hier werden auch Fachwissen und Wissen vor Ort um lokale Zusammenhänge zum Wohle des Antragstellers oder aber des Überprüften miteinander verbunden.

(Zuruf von Frank Sichau [SPD])

Insofern ist es unsinnig zu behaupten, dass wir durch die Kommunalisierung die Kontrollen schwächen würden.

(Beifall von der CDU)

Darüber hinaus gibt es auch Ausnahmen, die beispielsweise wegen ihrer Gefahren oder Komplexität staatlich kontrolliert werden müssen oder aber bei denen eine angemessene Kontrolle auf kommunaler Ebene nicht möglich ist. Innenminister Dr. Wolf hat es vorhin angesprochen – und ich möchte mich dieser Meinung explizit anschließen –: Es soll im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens einen breiten Konsultationsprozess geben.