Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

Aber wir haben immer gemeinsame Positionen bezogen bei der Umsetzung dessen, was wir den Menschen in Nordrhein-Westfalen versprochen haben. Lieber Herr Stahl, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, das werden wir in den nächsten zweieinhalb Jahren genauso wie in der erfolgreichen ersten Phase unserer Zusammenarbeit halten.

(Beifall von FDP und CDU)

Wir haben das Land, meine sehr verehrten Damen und Herren, in gut zwei Jahren stärker verändert als die Vorgängerregierung in 20 Jahren. Und der Kontrast zu Rot-Grün fällt umso klarer aus, weil wir das Land in eine ganz andere Richtung führen.

(Michael Groschek [SPD]: Das kann man wohl sagen!)

Der Politikwechsel, den wir vollziehen, ist in der Tat ein fundamentaler Richtungswechsel. Unter Rot-Grün war Nordrhein-Westfalen bundesweit als Land der Bremser und Blockierer bekannt. Jetzt ist Nordrhein-Westfalen wieder ein Land des Aufbruchs geworden. Heute sind wir das Reformland Nummer eins: beispielhaft bei der marktwirtschaftlichen Erneuerung, beim Bürokratieabbau, bei der Modernisierung des Schul- und Hochschulwesens.

Frau Kollegin Kraft, das, was Sie hier vorgetragen haben, hat mich doch sehr erstaunt. Sie haben allen Ernstes dem Ministerpräsidenten vorgeworfen, er habe sich mit fremden, also Ihren Federn geschmückt.

(Frank Sichau [SPD]: Ja, das haben Sie rich- tig gehört!)

Welche Federn, mit denen man sich hätte schmücken können, haben Sie denn hinterlassen, als Sie 2005 von den Bürgerinnen und Bürgern abgewählt wurden?

(Beifall von FDP und CDU)

Die Wahrheit ist, Frau Kollegin Kraft: Sie haben uns zusammen mit den Grünen ein landespolitisches Trümmerfeld hinterlassen, das wir zunächst einmal aufräumen mussten.

(Beifall von FDP und CDU – Frank Sichau [SPD]: Was reden Sie denn da!)

Und Sie sind von den Bürgerinnen und Bürgern – ich darf daran noch einmal erinnern – wegen erwiesener Erfolglosigkeit abgewählt worden – da beißt die Maus doch wohl keinen Faden ab –,

(Beifall von FDP und CDU – Zurufe von der SPD)

weil Sie diesem Land die schlimmste Massenarbeitslosigkeit seiner gesamten 60-jährigen Geschichte beschert haben, weil Sie für die schlimmste Pleitewelle im Mittelstand gesorgt haben, weil Sie es in zehn Jahren Rot-Grün geschafft haben, die jährliche Nettokreditaufnahme mehr als zu verdoppeln, und weil Sie dieses Land auf Abstiegs

plätze bei den PISA-Bildungsstudien geführt haben.

(Ute Schäfer [SPD]: Seien Sie wenigstens redlich! – Frank Sichau [SPD]: Nennen Sie die Ursachen dafür!)

Deshalb, Frau Kollegin Kraft, sind Sie mit RotGrün abgewählt worden,

(Beifall von FDP und CDU)

und deshalb stünde Ihnen etwas mehr Bescheidenheit in einer solchen Debatte auch zweieinhalb Jahre nach Ihrem Desaster sehr gut zu Gesichte.

(Beifall von FDP und CDU)

Sie haben das vielleicht schlimmste Desaster Ihrer damaligen Regierung, an der auch Sie beteiligt waren, wieder einmal wohlweislich verschwiegen: dass es in der Bundesrepublik Deutschland nämlich kaum ein anderes Land gab, in dem die Bildungschancen der Kinder so sehr vom Portemonnaie der Eltern abhängig waren wie unter Ihrer Verantwortung in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von FDP und CDU – Ute Schäfer [SPD]: Das ist doch Quatsch!)

Das ändern wir. Und das nenne ich eine Politik der sozialen Gerechtigkeit, Frau Kollegin Kraft.

(Ute Schäfer [SPD]: Davon träumen Sie! Sie haben wohl nicht „Westpol“ gesehen!)

Unter Rot-Grün herrschten an unseren Schulen und Hochschulen Unterrichtsausfall und Mangelverwaltung.

(Ute Schäfer [SPD]: Und jetzt?)

Mit dem neuen Kinderbildungsgesetz, dem Schulgesetz, dem Hochschulfreiheitsgesetz und dem Studienbeitragsgesetz haben wir bundesweit Standards für eine moderne Bildungs- und Wissenschaftspolitik gesetzt. Denn wir wollen, dass alle Kinder in unserem Land eine Chance haben, dass alle Kinder in unserem Land die besten Chancen bekommen, um ihre unterschiedlichen Begabungen zu entwickeln, und zwar völlig unabhängig davon, ob es sich um ein besonders lernbegabtes oder um ein eher praktisch begabtes Kind handelt. Wir müssen uns um alle kümmern.

(Beifall von der FDP)

Im Schuljahr 2006/2007, meine Damen und Herren, haben von 53.000 Hauptschulabgängern 5.180 keinen Schulabschluss geschafft. Das ist eine erschreckende Zahl. Und die strukturelle Ursache liegt darin, dass die rot-grüne Vorgängerregierung die Hauptschule aus ideologischen Grün

den gezielt vernachlässigt und damit jedes Jahr Tausende von Kindern alleingelassen hat, die ohne Schulabschluss dastanden.

(Beifall von FDP und CDU)

Das ist die traurige Realität der Schulbilanz von Rot-Grün.

(Ralf Jäger [SPD]: Glauben Sie diesen Blöd- sinn selbst? Das kann doch nicht wahr sein!)

Das ändern wir jetzt mit unserer Hauptschuloffensive, nämlich mit mehr Lehrern, mit Sozialarbeitern, mit Ganztagsbetreuung. Glaubt denn irgendwer, meine Damen und Herren, dass wir mit Schulstrukturdebatten, wie sie von Rot-Grün geführt werden und die immer nur neue Unruhe in die Schulen tragen, auch nur einem dieser 5.180 Hauptschüler zu einem Abschluss verhelfen würden? – Nein. Diesen Schülern müssen wir helfen, und wir helfen ihnen jetzt mit der Schulpolitik der Koalition und der neuen Landesregierung.

(Beifall von FDP und CDU – Ralf Jäger [SPD]: Mit welcher?)

Deshalb schaffen wir trotz der desaströsen Haushaltslage, die uns hinterlassen wurde – das haben wir in der Koalitionsvereinbarung verabredet –, bis zum Ende der Wahlperiode insgesamt 6.400 zusätzliche Lehrerstellen für Maßnahmen gegen Unterrichtsausfall und für eine ausgebaute Ganztagsbetreuung. Deshalb haben wir als erstes Bundesland verbindliche Sprachtests für Vierjährige eingeführt. Denn Sprache ist selbstverständlich der Schlüssel für Bildung und Integration.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Gegen den Rat von Wissenschaftlern, die das nicht wollten! – Ute Schäfer [SPD]: Da waren Sie in der An- hörung nicht vertreten! Hören Sie mal, was die Experten dazu sagen!)

Mehr und gerechte Lebenschancen zu garantieren bedeutet für uns auch, denen zu helfen, die unserer Hilfe bedürfen. Deshalb lautet unser Credo: marktwirtschaftliche Erneuerung mit sozialer Sensibilität. Wir werden allerdings darauf achten, dass staatliche Hilfe den wirklich Bedürftigen und nicht den Faulen und Findigen zugute kommt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Das möchte ich für meine Fraktion auch klar sagen. Wer arbeiten kann, der muss auch arbeiten gehen. Eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre wird es sein – ich bin dem Ministerpräsidenten sehr dankbar, dass er diesem Problem in seiner Regierungserklärung sehr viel

Raum gewidmet hat –, sich stärker um alte und schwache Menschen zu kümmern, die häufig in Pflegeheimen leben, oft keine Ansprechpartner und schon gar keine Lobby in unserer Gesellschaft mehr haben.

Ich möchte nicht – ich bin mir sicher: wir alle wollen das nicht –, dass bei uns wie in Japan mit der Entwicklung von Sprachrobotern als Mittel gegen die Einsamkeit alter Menschen begonnen wird. Das ist eine Horrorvision. Wir sind stattdessen alle gefordert, persönlich dafür zu sorgen, dass das Miteinander der Generationen durch mehr menschliche Anteilnahme gesichert wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Unter Rot-Grün ist unser Land NordrheinWestfalen an Bürokratie fast erstickt. Wir verschaffen den Betrieben jetzt wieder Luft. Man kann – wir haben es ausprobiert, und ich kann Ihnen sagen, Frau Kollegin Kraft, das geht – als Parlament Gesetze auch einfach abschaffen, beispielsweise das Tariftreuegesetz. Sie haben vorhin noch beklagt, wir hätten es abgeschafft. Es war ein Gesetz, das einem bürokratischen Monstrum glich, welches die Entwicklung im Mittelstand in unserem Land massiv beeinträchtigt hat. Alle in den Betrieben in Nordrhein-Westfalen haben durchgeatmet, als wir mit einem Federstrich gesagt haben: Dieses Gesetz wird abgeschafft. Das hat uns im Landesgesetzblatt nur einen einzigen Satz gekostet: Das Tariftreuegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen wird aufgehoben. Und es war weg.

Ich glaube, das ist ein ermutigendes Beispiel dafür, dass wir Schluss machen müssen mit weiteren bürokratischen Gesetzen, Erlassen und Verordnungen, die die Freiheit in unserem Land, die weitere Entwicklung unserer mittelständischen Betriebe und die Bewegungsmöglichkeiten, die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger nur weiter einengen.

(Beifall von der FDP)

Die Koalition der Erneuerung ist angetreten, meine Damen und Herren, um Nordrhein-Westfalen zum Land der neuen Chancen zu machen.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Dabei kommen wir gut voran. NordrheinWestfalen wird deshalb auch erkennbar – und das ist wichtig – zum Land der neuen Freiheit. Die Menschen haben wieder Vertrauen gefasst in ihre eigene Stärke, in die Stärke unseres Landes und die Möglichkeiten, die es ihnen bietet. Das spiegelt sich auch in den aktuellen Meinungsumfragen wider.

Umfragen sind immer nur Momentaufnahmen; das ist völlig klar. Bis zur nächsten Wahl ist es noch lange hin. Dennoch ist es in solch einer Debatte zur Halbzeitbilanz erwähnenswert, dass die Koalition der Erneuerung nach allen drei aktuellen Umfragen, die wir dieser Tage erhalten haben, wenn jetzt Landtagswahl wäre, ihre parlamentarische Mehrheit verteidigen könnte, selbst dann im Übrigen, wenn die Linkspartei in den Landtag käme. Alle Umfragen besagen: Die Koalition aus CDU und FDP hätte, wenn jetzt Landtagswahl wäre, eine klare parlamentarische Mehrheit.

(Beifall von der FDP – Ralf Jäger [SPD]: Hät- te, wäre, Herr Papke!)

Ob diese sogenannte Linkspartei in den Landtag kommen wird, das wage ich zu bezweifeln.