Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

(Beifall von FDP und CDU)

Es wundert mich sehr, dass die SPD für die heutige Sitzung die Behandlung dieses Themas beantragt hat, nachdem sie, sechs Jahre kontinuierlich in Regierungsverantwortung stehend, keine Anpassung an die allgemeine Kostenentwicklung hinbekommen hat.

Mich wundert auch, was Sie alles unter den Begriff Zukunftsinvestitionen subsumieren. Das zeigt, dass Sie noch viel zu sehr in den Strukturen des Verteilens verharren.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Deshalb verweise ich Sie ausdrücklich auf die Debatte im Deutschen Bundestag, zumal wir es hier auch mit Bundesgesetzgebung zu tun haben. Dort sind Sie nämlich anders aufgestellt. So hat

Ihr Bundestagsabgeordneter Rossmann in der Plenardebatte des Bundestages am 17. März 2006 klar gesagt:

„Es ist wichtiger, in die Strukturen zu investieren als in den Transfer.“

Von daher fordern wir auch von Ihnen hier eine andere Gesamtsicht all der Maßnahmen und Notwendigkeiten ein, die es im Bereich von Bildung und Innovation gibt.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das müssen gerade Sie sagen!)

Für unser Gesamtkonzept darf ich feststellen: Wir versetzen unsere jungen Menschen zunächst einmal überhaupt in die Lage, BAföG-Empfänger werden zu können. Das heißt, dass wir am Anfang unseres Bildungssystems anfangen, Chancengerechtigkeit herzustellen, damit insbesondere auch Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern die Chance zum schulischen Erfolg bekommen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Nein, nur Kinder von Besserverdienenden!)

Wir sorgen dafür, dass zukünftig weniger Kinder sitzenbleiben. Durch mehr individuelle Förderung stellen wir sicher, dass weniger junge Menschen auf der Strecke bleiben.

Weil Sie unsere Hauptschuloffensive angesprochen haben, Frau Gebhard: Ja, wir investieren gerne Geld ins System, damit die Kinder eine optimale Förderung bekommen, die hier besonderer Unterstützung bedürfen.

(Beifall von der FDP)

Die Erfolge unserer Hauptschuloffensive sind in der Stabilisierung des Übergangsverhaltens klar sichtbar. Deshalb setzen wir diese Politik dort auch fort.

(Karl Schultheis [SPD]: Massiver Stellenab- bau!)

Ich darf ergänzen: Wir haben schon heute Vorkehrungen getroffen und vor allem die notwendigen Landesmittel gesichert, um die Kapazitäten an unseren Hochschulen weiter ausbauen zu können.

Des Weiteren darf ich sagen: Damit unsere Absolventen international mithalten können, setzen wir unseren Kurs fort, die Studienbedingungen zu optimieren. Dafür haben wir in dieser Legislaturperiode als Koalition der Erneuerung das Hochschulfreiheitsgesetz auf den Weg gebracht.

(Beifall von FDP und CDU)

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Ende, Herr Präsident.

Deshalb ist mir – als letzter Gesichtspunkt – der Hinweis sehr wichtig, dass es auf Studiendauer und Studienerfolg ankommt.

(Beifall von der FDP)

Dazu hat Ihnen unser Minister Andreas Pinkwart in den letzten Plenardebatten das Notwendige vorgetragen.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Das Ganze wird finanziell durch den Zukunftspakt abgesichert. Diesen Kurs sollten Sie unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Witzel. – Meine Damen und Herren, mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor. – Doch; Frau Dr. Seidl von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch gemeldet. Bitte schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Gerade nach dem Beitrag von Herrn Witzel sollten wir wieder zur Sachlichkeit zurückkehren – und auch zur eigentlichen Debatte, nämlich zur Hochschulpolitik.

Ich würde Herrn Minister Pinkwart in diesem Zusammenhang gerne fragen: Was bringt diese BAföG-Reform eigentlich für Nordrhein-Westfalen?

Ich möchte ihn auch noch einmal bezüglich der Entwicklung der Zahlen der Studierenden in Nordrhein-Westfalen ansprechen, die er uns eben vorgestellt hat.

In Nordrhein-Westfalen studieren – da sind wir uns inzwischen wohl alle einig – nicht zu viele, sondern zu wenige junge Menschen. Das ist übrigens in ganz Deutschland der Fall. Die Folgen sehen wir schon jetzt – Stichwort: Fachkräftemangel. Dieser Fachkräftemangel wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen. Deshalb müssen wir alles tun, damit möglichst viele junge Menschen ein Studium aufnehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns deswegen noch einmal gemeinsam einen Blick auf die Zahlen werfen – auch um einer gewissen Legendenbildung vorzubeugen, wie sie uns eben wieder von Ihnen demonstriert worden ist, Herr

Minister Pinkwart. Es reicht nämlich nicht aus, zu betrachten, wie viele Studienanfängerinnen und Studienanfänger wir in den letzten Jahren hatten.

Viel interessanter ist die Frage, wie viele junge Menschen kein Studium aufgenommen haben, obwohl sie die formale Berechtigung hierfür gehabt hätten.

(Ralf Witzel [FDP]: Sagen Sie einmal etwas zum Studienerfolg!)

Das sind in diesem Wintersemester – wir haben Ihre Zahlen eben gehört – über 45.000 und damit 8.000 mehr als noch im Wintersemester 2005/2006 – sprich: vor der Einführung der Studiengebühren durch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP.

(Zuruf von Jürgen Hollstein [CDU])

Deshalb bleibe ich dabei, Herr Pinkwart: Studiengebühren schrecken junge Menschen von der Aufnahme eines Studiums ab.

Die Studiengebühren sind es aber nicht alleine; das gebe ich gerne zu, Herr Dr. Sternberg. Es sind natürlich auch die hohen Kosten für den Lebensunterhalt während des Studiums. Viele junge Menschen gerade aus den sogenannten bildungsfernen Schichten wissen nicht, wie sie diese Kosten decken sollen. Durchschnittlich etwa 60.000 € gibt eine Studierende/ein Studierender bis zum Abschluss alleine für den Lebensunterhalt aus.

Sie können uns gerne vorrechnen, dass sich diese Investition im Laufe eines Lebens rechnet, liebe Kolleginnen und Kollegen. Für viele sozial Benachteiligte sind 60.000 € einfach furchtbar viel Geld – 60.000 €, zu denen jetzt auch noch 5.000, 6.000 oder 7.000 € Studiengebühren plus Zinsen hinzukommen.

Deswegen brauchen wir eine Ausbildungsförderung wie das BAföG. 2005 haben in NordrheinWestfalen – das haben Sie eben auch gesagt – durchschnittlich nur 72.000 von 450.000 Studierenden, also rund 15 %, von dieser Förderung profitiert. Das ist aus unserer Sicht definitiv zu wenig.

(Beifall von den GRÜNEN)

Von daher ist es sicher richtig, dass auch die Freibeträge mit der BAföG-Erhöhung angepasst werden sollen. Aber das kann nur ein Baustein sein, um die bestehenden Hürden abzubauen.

Wir Grüne haben in den laufenden Haushaltsverhandlungen beantragt, ein Stipendiensystem zu entwickeln, um Studierende aus benachteiligten Familien zu unterstützen. Nun werden Sie sagen,

Herr Minister Pinkwart, das hätten Sie eben ja auch vorgeschlagen. – Das stimmt. Aber wissen Sie, was der Unterschied ist? – Sie haben ein solches Stipendienprogramm vorgeschlagen und gleichzeitig andere aufgefordert, es zu finanzieren. Sie haben von privaten Sponsoren, Spendern und Stiftern gesprochen und von der Bundesebene, Herr Minister. Kein Wort von Ihrer Verantwortung, von der Verantwortung des Landes.

(Zuruf von Minister Prof. Dr. Andreas Pink- wart)

Und wo finden wir das jetzt im Haushalt? Wir haben unseren Antrag gestellt. Wir haben diesen konkreten Vorschlag gemacht, der auch mit Landesmitteln unterfüttert wird. Diesen Antrag hat Ihre Koalition des „Privat vor Staat“ nun leider abgelehnt. So sieht es doch aus, Herr Minister Pinkwart. Sie bauen Luftschlösser und stellen tolle Forderungen auf, aber wenn es dann ans Eingemachte geht, dann kneifen Sie. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Seidl. – Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann schließe ich die Aussprache zur Aktuellen Stunde zu dem Thema „Zukunftsinvestitionen in Bildung stärken – BAföG wird erhöht“.

Ich rufe auf: