Protokoll der Sitzung vom 05.12.2007

(Beifall von den GRÜNEN)

Zweitens. Sie stellen stereotyp dar, Sie könnten nicht anders, Sie müssten um der Zukunft willen sparen. Es ist und bleibt so, dass dieser Haushalt für Kinder, Jugendliche und Familien das Paradebeispiel für das Brechen von Versprechen, für Täuschungen und Enttäuschungen ist, die diese Landesregierung den Menschen in NRW bereitet.

(Beifall von den GRÜNEN)

An dieser Stelle sage ich, Herr Lindner: Lieber Gutmenschentum als neoliberale Abzocke.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Wider- spruch von Ralf Witzel [FDP])

Der Haushalt für Kinder, Jugend und Familien ist das Paradebeispiel dafür, dass Sie trotz Rekordeinnahmen – 8 Milliarden € haben wir gehört – Ihre Prioritäten überall anders setzen – beim Straßenbau, bei Flughäfen, bei den Landwirtschaftskammern – aber nicht dort, wo Sie es versprochen haben, nicht bei den Kindern, bei den Jugendlichen und bei den Familien in diesem Land.

Trotz Rekordeinnahmen stocken Sie den Landesjugendplan wiederum nicht mit den versprochenen 96 Millionen € auf. Trotz Rekordeinnahmen schreiben Sie die Kürzungen für die Kindertagesstätten aus 2006 fort. Sie täuschen die Öffentlichkeit mit den angeblich 150 Millionen € mehr. Herr Lindner, das wird immer mehr. Jetzt steht angeblich schon eine Milliarde im Haushalt. Wo denn? Sie können es nicht nachweisen.

(Christian Lindner [FDP]: Ich habe gesagt: Mit den Bundesmitteln!)

Diese Zahl steht nirgendwo in diesem Haushalt.

(Minister Armin Laschet: Natürlich!)

Aber Sie sind schmerzfrei. Sie addieren einfach mal für 2008 verschiedene Haushaltstitel, die 2007 noch getrennt waren. Sie vergleichen Äpfel mit Birnen und sagen dann: Das ist mehr Geld für Kinder.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie finanzieren angeschlagene Kirchengemeinden über Ihr 23 Millionen-€-Programm für Kinder und sagen: Das ist mehr Geld für Kinder. – Sie reden von einem höheren Schuletat, zählen aber die Lehrerpensionen hinzu und sagen dann: Auch das ist mehr Geld für Kinder. Meine Damen und Herren, Herr Minister Laschet, Sie stellen keinen einzigen Cent mehr ein, der bei den Kindern auch tatsächlich ankommt. Das lassen sich auch die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen nicht so einfach gefallen.

Herr Lindner, noch einmal: Man fragt sich wirklich, mit welcher Form von Realitätsverleugnung Sie überhaupt durchs Leben laufen,

(Beifall von den GRÜNEN)

wenn Sie sagen, wir hätten in den letzten zwei Jahren ruhige Haushaltsverhandlungen gehabt. Blenden Sie derartig aus? Wir hatten zwei große Volksinitiativen,

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

die 250.000 Unterschriften gegen Ihre Familienpolitik gesammelt haben. Sie behaupten, wir hätten ruhige Haushaltsberatungen gehabt.

(Christian Lindner [FDP]: Dieses Jahr!)

Aber das ist Ihre Form von Realitätsverleugnung, die die Bürger auch spüren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Auch Herr Laschet stellt ja all die Menschen, die gegen seine Politik auf die Straße gehen, immer als von der Opposition Verblendete, Getäuschte

und Irregeleitete dar. Aber wir haben es ja beim Kinderbildungsgesetz gesehen, als die Fraktionen von CDU und FDP massive Korrekturen daran vorgenommen haben, wer hier eigentlich der Irregeführte ist.

(Lachen von Dr. Gerhard Papke [FDP])

Herr Minister Laschet, Ihr Pipi-Langstrumpf-Prinzip „Ich red’ mir die Welt, wie sie mir gefällt“ hat gründlich versagt. In NRW wird dieses Pipi-LangstrumpfPrinzip langsam zum „Armin-Laschet-Prinzip“. Bezeichnend ist, dass Ihre Schönrednerei inzwischen sogar die Kolleginnen und Kollegen Ihrer eigenen Fraktion ziemlich nervt.

(Beifall von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Nun ist es leider so, dass das KiBiz weder durch Schönrednerei noch durch die Änderung der Fraktion ein gutes Gesetz geworden ist. Sie schaffen es, dass selbst gut gemeinte Ziele durch schlechte Umsetzung, miserables Handwerk und fehlende Fachlichkeit zu einem Negativpunkt werden. Angeblich gibt es mehr Geld für Kinder, aber die Realität ist überall eine ganz andere: weniger Personal für die Kinder unter drei Jahren, weniger Sprachförderung, Unterfinanzierung von Familienzentren trotz eines riesigen zusätzlichen Leistungskataloges, endlos lange Wartezeiten bei Erziehungsberatung, weniger Zeit für Förderung und Bildung von Kindern.

Zu all dem kommt es, weil für die Kinder weniger Geld zur Verfügung steht, weil die Mittel seit dem Streichhaushalt 2006, in dem sie massiv gekürzt wurden, nicht mehr vollständig für die Kinder zur Verfügung stehen. Das Geld fließt nämlich in die Kassen der Kirchengemeinden. Es fließt in Hochglanzbroschüren, die Sie durch die Lande verschicken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es fließt in eine ausufernde Bürokratie, und es fließt in Unternehmensberatungen wie PädQUIS oder Kienbaum & Partner.

Apropos: Sie verweigern ja nach wie vor die Antwort auf meine Kleine Anfrage, was die übrigens vollkommen fehlgeschlagene Beratungstätigkeit bei KiBiz durch die Firma Kienbaum denn eigentlich gekostet hat. Aber, es ist ganz egal, ob 100.000 € oder 1 Million € – das Geld der Steuerzahler hatte der Landtag für die Kinder gedacht, Herr Minister, und nicht für Ihre Berater. Das müssen wir hier einmal festhalten.

Aber – jetzt kommen wir zu einem interessanten Punkt – beim Lesen von Haushaltsplänen haben Sie ja ohnehin Schwächen, Herr Minister Laschet,

wie wir inzwischen alle hier im Hause erfahren haben; denn Sie haben erst durch meine Kleine Anfrage entdeckt, dass Sie mal eben 40 Millionen € in diesem Haushalt vergessen haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dabei gehen doch auch die Haushaltspläne genauso wie die Kleinen Anfragen durch Ihre Hände. Oder täusche ich mich da? Ich kann Ihnen einen Tipp geben: Vielleicht sollten Sie sich nicht nur den Haushaltsplan anschauen, sondern auch das dazugehörige Haushaltsbegleitgesetz.

(Minister Armin Laschet: Es gibt kein Haus- haltsbegleitgesetz!)

Für 2008 standen nämlich Ihre alljährlichen Mittelkürzungen für die Kindergärten nicht darin. Da haben Sie glatt das Kürzen vergessen. Ich dachte mir immer: Das Kürzen bei den Kurzen, das ist das, was er auf gar keinen Fall vergisst, der Herr Minister Laschet. – Und jetzt das.

Ich wollte mit meiner Kleinen Anfrage eigentlich wissen, warum Sie im KiBiz zur Berechnung der Kopfpauschale sehr wohl die gekürzten Sachmittel zugrunde legen, obwohl Sie diese Mittel für 2008 gar nicht gekürzt haben. Wissen Sie, ich habe dann Folgendes vermutet: Ich dachte, Sie wollten vor Inkrafttreten des KiBiz den Einrichtungen doch noch einmal etwas Gutes tun – 42 Millionen € extra, das wäre ja was gewesen, um die kommenden mageren KiBiz-Jahre vorher noch einmal etwas abzupuffern – und lösen jetzt endlich das Versprechen ein, das CDU und FDP den Wählerinnen und Wählern vollmundig gegeben haben, nämlich diesen Konsolidierungsbeitrag endlich zu beerdigen.

Durch diese Fehlleistungen, Herr Laschet, wird nicht nur deutlich, dass Sie Ihr Haus nicht im Griff haben:

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Er hat sich selbst nicht im Griff!)

Wie immer kümmern Sie sich nicht um die Alltagsarbeit.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Der Fisch stinkt immer vom Kopf! Das ist das Problem!)

Wie immer kümmern Sie sich nicht um das Handwerk. Das interessiert Sie einfach nicht, und Sie können es offensichtlich auch nicht. Nein, es zeigt auch insgesamt Ihren schlampigen und unseriösen Umgang mit Zahlen und mit Geld. Es zeigt, Sie rechnen nicht wirklich seriös, sondern Sie lavieren sich wie immer durch.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: In dem Haus wird überhaupt nicht gerechnet!)

Das ist genauso, wie Sie es mit dem 150-Millionen-€-Schwindel gemacht haben. Sie können bis heute in diesem Haushalt nicht nachweisen, wo diese angeblichen 150 Millionen € herkommen, weil sie nämlich nirgendwo stehen, weil sie frei erfunden sind. Das kann jeder ohne Taschenrechner im Kopf nachrechnen. Und dann kommt es zu solchen Fehlleistungen. Sie müssen sich erst durch mich, durch die Opposition darauf hinweisen lassen, was da schiefgegangen ist, und dann liegt Ihr Haus tagelang lahm. Mir haben nachgeordnete Behörden und Verbände erzählt, dass alle Termine für die gesamte Woche gecancelt worden sind, weil Sie fieberhaft nach dem Sündenbock gesucht haben.

(Minister Armin Laschet: Quatsch! Danach brauche ich nicht lange zu suchen!)

Herr Laschet, ich kann Ihnen zur Vermeidung solcher Pannen anbieten, dass ich Sie in meinen Newsletter-Verteiler aufnehme. Ich habe nämlich bereits im Oktober darüber informiert, dass die Sachkostenpauschale nicht gekürzt wird. Jetzt wollen die Regierungsfraktionen das offenbar doch tun. Ich kann Ihnen aber voraussagen, meine Damen und Herren von CDU und FDP: Das wird kein leichter Gang werden,

(Beifall von den GRÜNEN)

um den Kindertagesstätten nach dem KiBizDesaster jetzt klarzumachen, dass sie noch einmal mit 40 Millionen € zur Ader gelassen werden.

Fatal und bedauerlich ist es, dass das kein Versehen ist, meine Damen und Herren, sondern das passt in das Muster der unzulänglichen Amtsführung des Ministers Laschet. Das Muster setzt sich zusammen aus dem verkorksten Kindergartengesetz, dem ganzen untauglichen Verfahren der Sprachstandserhebung, dem rechtlich nicht haltbaren Zertifizierungsverfahren bei Familienzentren, Ihrer inszenierten Show-Veranstaltung zur Instrumentalisierung von Kindern. All das ist das Muster Ihrer Amtsführung und zeigt: Sie können es einfach nicht. Sie sind offenbar den Anforderungen, die dieses Amt mit sich bringt, nicht gewachsen. Schöne Worte allein sind nicht ausreichend, um ein Ministeramt zu füllen.

(Die Rednerin hält einen Lottoteilnahme- schein hoch.)