Protokoll der Sitzung vom 05.12.2007

Die Aufnahme von betroffenen Frauen außerhalb der Büroöffnungszeiten ist nahezu unmöglich ge

worden. Das bedeutet: Frauen, die geprügelt werden, müssen bis zum nächsten Tag warten, weil in der Nacht keine Aufnahme stattfinden kann.

Allein im letzten Jahr sind in den Frauenhäusern rund 100 Plätze weggefallen. Das zeigen uns der Bericht und die Stellungnahme der autonomen Frauenhäuser.

In den Ballungsräumen ist eine Notaufnahme heute nicht mehr möglich. Betroffene Frauen werden auf ländliche Räume verwiesen oder müssen ihre Bedrohung ganz einfach weiter erdulden.

Aber Frauenhäuser brauchen keine Wartezimmer. Wir brauchen eine auskömmliche Finanzierung der Frauenhäuser, und zwar flächendeckend.

Einzig und allein die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist noch ein Thema in der Frauenpolitik. Es bleibt alles wie gehabt: Bewährte Strukturen werden zerschlagen und nicht, wie von Minister Laschet zugesagt, konzeptionell weiterentwickelt. Die neuen Angebote lassen auf sich warten. Das ist von den Koalitionsfraktionen politisch so gewollt. Alibianträge sollen davon ablenken, dass Frauenpolitik nicht mehr auf der Agenda steht. Das ist die Koalition der Täuschung und Enttäuschung.

Für die sogenannte „Hotline W“ werden von der Landesregierung gerade einmal 200.000 € veranschlagt. Meine Befürchtungen, die ich im letzten Jahr geäußert habe, bestätigen sich. Die „Hotline W“ ist und bleibt ein Placebo. Den Wiedereinstieg in den Beruf kann diese Hotline den Frauen nicht erleichtern; denn mit diesen 200.000 € kann wohl kaum im ganzen Land eine qualifizierte Beratungsarbeit geleistet werden. Es bleibt eine Koalition der Täuschung und Enttäuschung.

Dass der Frauenminister keine Übersicht der frauenrelevanten Haushaltsstellen aus anderen Einzelplänen mehr vorlegt, ist bezeichnend; denn die Kürzungen würden sonst deutlich. Beim Innenminister werden die gleichstellungsbezogenen Fortbildungsmaßnahmen um mehr als 10 % gekürzt, und auch bei Schule und Weiterbildung finden wir diese Kürzungen.

Dass den Hochschulen wie bereits im Vorjahr keine Mittel für die Frauenförderung zur Verfügung gestellt werden, das hatten wir schon erwartet. Aber dass Existenzgründungskredite für Frauen von dieser Regierung, die in ihren Sonntagsreden immer die Privatinitiative preist, weiter zurückgefahren werden, das ist doch wohl mehr als ärgerlich.

(Beifall von der SPD)

Formal wurde der Gleichstellungshaushalt gegenüber 2007 überrollt. Das ist wahr. Angesichts der gerade geschilderten Einschnitte der letzten Jahre rate ich Ihnen aber jetzt schon dringend davon ab, das gleich als frauenpolitischen Erfolg zu feiern.

Allerdings gibt es zwei Bereiche, in denen mehr Mittel für Frauen zur Verfügung gestellt werden. Das möchte ich hier nicht verschweigen. Im Zuständigkeitsbereich des Ministerpräsidenten gibt es eine moderate Ansatzerhöhung für Kulturförderung. Es gibt auch eine Aufstockung der Mittel für Kongresse und Workshops für Frauen im ländlichen Raum: um sage und schreibe 150 %. Ob es wohl ein Zufall ist, dass die frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion die Vorsitzende der Vereinigung der Landfrauen ist? Das frage ich mal.

(Carina Gödecke [SPD]: Großer Zufall! – Zu- rufe von der CDU)

Für die Frauen im Lande sind und bleiben Sie die Koalition der Täuschung und Enttäuschung.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Danke schön, Frau Kieninger. – Für die CDU-Fraktion spricht nun die Kollegin Westerhorstmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Frau Kieninger, ich wusste gar nicht, dass der Herr Minister mir solche Geschenke gemacht hat. Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. Wenn es denn so sein sollte, sage ich erst einmal: Herzlichen Dank!

(Minister Armin Laschet: Ist denn heute schon Weihnachten?)

Die Tatsache, dass die Frauen im ländlichen Raum auch einmal erwähnt werden, finde ich eigentlich gar nicht so schlecht.

(Beifall von der CDU)

Das habe ich in all den Jahren immer vermisst. Es ging immer nur um die Ballungsräume. Wir haben in Düsseldorf immer in der Tür gestanden und versucht, auch für diese Frauen mal etwas auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren, der Haushalt für die Frauenpolitik wurde im Wesentlichen überrollt. Das ist – das kann man nicht oft genug sagen – in Zeiten der Haushaltskonsolidierung, angesichts der abzutragenden Schuldenberge ein großer Erfolg. Zusammen mit den in der Frauenpolitik getroffenen Maßnahmen und den hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln – Kollegin Kastner hat es

vorhin schon dargelegt –, von denen insbesondere Frauen profitieren, sind wir in diesem Politikfeld gut aufgestellt.

Frau Kieninger, irgendetwas scheint an Ihnen vorbeigegangen zu sein, wenn Sie behaupten, dass Frauenpolitik nicht mehr stattfindet. Frauenpolitik ist für die nordrhein-westfälische Landesregierung und für die sie tragenden Koalitionsfraktionen aber nicht nur ein eigenständiges Politikfeld, sondern auch eine Querschnittaufgabe, die es in allen Politikfeldern zu berücksichtigen gilt.

Lassen Sie mich kurz auf die wichtigsten Schwerpunkte der nordrhein-westfälischen Frauenpolitik eingehen: Ein wichtiger und bedeutsamer Schwerpunkt ist der Bereich der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Nordrhein-Westfalen verfügt auf diesem Politikfeld über ein sehr gutes Netz an Beratungseinrichtungen, in denen von Gewalt bedrohte Frauen qualifizierte Hilfe und Unterstützung erhalten. Es ist nicht so, dass auf dieser Ebene nichts getan wird.

(Widerspruch von der SPD)

Ein im Fokus der Landesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen stehendes Anliegen ist die Bekämpfung von Zwangsheirat. Gemeinsam mit der Fraktion der FDP haben wir das Thema im vergangenen Jahr über eine parlamentarische Initiative angestoßen. Die Landesregierung hat daraufhin ein umfangreiches Handlungskonzept zur wirksamen Bekämpfung von Zwangsheirat erarbeitet und dem Landtag vorgelegt. Hierzu gehört auch die Weiterführung der erfolgreichen Kampagne „ihre Freiheit – seine Ehre“, mit der die Landesregierung diese Thematik in die Öffentlichkeit gebracht hat. Die Menschen sind hierfür mittlerweile sehr sensibilisiert.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil dieses Handlungskonzeptes ist die vom Mädchenhaus Bielefeld durchgeführte Onlineberatung, welche von der Landesregierung in 2008 mit insgesamt 170.000 € finanziert wird. Die Onlineberatung ist dabei eine gut geeignete erste Anlaufstelle, die jungen Frauen und Mädchen durch die Anonymität des Angebots den notwendigen Schutz bietet. Wir sollten den jungen Frauen nicht unterstellen, dass sie damit nicht umzugehen wissen.

Bei der Zwangsheirat haben die Koalitionsfraktionen im Rahmen der Haushaltsberatungen zudem in einer eigenen Titelgruppe einen eigenen Akzent gesetzt: Mit 250.000 € unterstützen wir die Träger der Jugendhilfe und ihre besonderen Angebote, die speziell den Mädchen, die von Zwangsheirat bedroht sind, zugute kommen. Die hierfür bereitgestellten Mittel sollen im von der Landesregie

rung geplanten Dialog mit der Jugendhilfe und der Fraueninfrastruktur für Projekte zur Sensibilisierung, zur besonderen pädagogischen Betreuung und zur bedarfsgerechten Unterbringung von Mädchen und jungen Frauen eingesetzt werden.

Im Bereich der beruflichen Gleichstellung setzen wir besondere Schwerpunkte. Wir wollen mehr junge Mädchen und Frauen für technische und naturwissenschaftliche Berufe sowie für Wissenschaft und Forschung gewinnen. In diesen Berufssegmenten haben junge Mädchen und Frauen sehr gute Zukunftschancen und sind leider nach wie vor unterrepräsentiert. Wir wollen den Frauenanteil in Führungspositionen deutlich erhöhen. Hierfür setzen wir insbesondere auf Mentorenprogramme, die entsprechend qualifizierte Frauen gezielt fördern.

Wir wollen den Anteil an Unternehmerinnen erhöhen. Hierzu gehört auch, die Existenzgründung von Frauen mit Zuwanderungsgeschichte zu fördern.

In diesem Zusammenhang lassen Sie mich ein Wort zu den Kleinkrediten sagen, die demnächst das Haus Thoben gewähren wird. Das kommt Frauen zugute; dadurch haben insbesondere Frauen mehr Möglichkeiten, sich selbstständig zu machen.

Und wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern.

Das Beste, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, was Frauen passieren kann, ist, dass der Arbeitsmarkt floriert und dass die Wirtschaft floriert. Dann ist auch die Chance von Arbeitsplätzen eher gegeben.

Junge Mädchen und Frauen wollen bei der Berufswahl und Berufsvorbereitung zielgerichteter unterstützt werden. Auch hier haben wir uns im vergangenen Jahr mit einer parlamentarischen Initiative positioniert: Schulministerium und Generationenministerium arbeiten dabei eng zusammen. Mit diesen Maßnahmen tragen wir schließlich auch dazu bei, die Frauenerwerbstätigkeit in Nordrhein-Westfalen zu verbessern. Nicht zuletzt setzen wir daher auch auf den Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige. Nur wenn es die entsprechenden Betreuungsplätze gibt, haben Frauen und Männer, haben junge Familien Wahlfreiheit. Nur dann können sie wirklich wählen, ob sie Familienarbeit, Erwerbsarbeit oder auch beides leisten wollen.

Ich freue mich, dass die Frauenpolitik heute ein deutlicher Schwerpunkt ist.

(Carina Gödecke [SPD]: Ein deutlicher Schwerpunkt?)

Dies ist eine echte Unterstützung von Frauen und hebt sich signifikant von Rot-Grün ab, die stattdessen lieber frauenpolitische Scheindebatten führen.

Auch wenn es Ihnen, meine Damen und Herren, nicht gefällt: Es ist nach wie vor die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die für Frauen elementar wichtig ist. Daher ist es richtig, dass eine familienfreundliche Politik im Fokus der Arbeit der Landesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen steht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Westerhorstmann. – Für die FDP spricht nun Frau Pieper-von Heiden.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Blick auf die hier in Nordrhein-Westfalen leider immer noch vorhandenen Schuldenlage, die uns die alte, rotgrüne Landesregierung vor zweieinhalb Jahren hinterlassen hat, begrüßt die FDP-Landtagsfraktion ausdrücklich, dass mit dem Haushaltsentwurf 2008 im Bereich der Frauenpolitik Kontinuität gewahrt wird und neue Akzente gesetzt werden können.

FDP und CDU stellen die Frauenpolitik hiermit auf ein sehr modernes Fundament. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit sind Maßnahmen zur beruflichen Gleichstellung von Frauen sowie zur Förderung von Frauen in Führungspositionen. Ich möchte hier kurz auf die aktuelle Studie der OECD verweisen, die den Handlungsbedarf noch einmal unterstreicht. In Deutschland ist die Differenz zwischen Frauen- und Männergehältern größer als in fast allen anderen Industriestaaten. Hier gibt es Aufholbedarf.

Bezogen auf den Haushaltsentwurf sind verschiedene Projekte zu diesem Themenkomplex hervorzuheben:

Für Maßnahmen zur Verbesserung der Chancen für Frauen in der industriellen Forschung werden Mittel in Höhe von insgesamt 220.000 € zur Verfügung gestellt. In diesem Feld gibt es einen großen Handlungsbedarf, da Deutschland mit einem Frauenanteil in der industriellen Forschung von 12 % immer noch auf einem der hinteren Plätze liegt. Das wollen wir verändern; da setzen wir

ganz besondere Schwerpunkte in Industrie und Technik.

Für die Förderung der beiden erfolgreichen Programme „Kompetenz im Management (KIM)“ und „Personal-Potenziale nutzen (PePon)“ gibt es insgesamt 300.000 €.

Darüber hinaus betreiben wir die Fortführung des Unternehmerinnenbriefes NRW zur Unterstützung von Existenzgründungen von Frauen mit einem Haushaltsvolumen von 180.000 €.

Vor dem Hintergrund, dass es in Deutschland immer noch eine besondere Herausforderung ist, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, wollen FDP und CDU den qualifizierten Wiedereinstieg in das Erwerbsleben erleichtern. Das Generationenministerium arbeitet hier sehr eng mit dem Arbeitsministerium zusammen. Außerdem bringen Fachleute aus den ehemaligen Regionalstellen „Frau und Beruf“ ihr Know-how in den Aufbau der Angebote mit ein. So sollen sich Frauen und Männer über die zentrale Telefonhotline und ein Internetportal umfassend über den beruflichen Wiedereinstieg informieren und auf regionale Dienstleistungs- und Beratungsangebote sowie Netzwerke zurückgreifen können. 200.000 € sind hierfür auch im kommenden Jahr veranschlagt.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. 2008 sind hierfür wieder Mittel in Höhe von rund 11,7 Millionen € vorgesehen. Wir erhalten die vorbildliche Infrastruktur. Auf dem Niveau der beiden Vorjahre werden die 62 Frauenhäuser, die 55 allgemeinen Frauenberatungsstellen sowie 48 Frauennotrufe weiter gefördert.