Protokoll der Sitzung vom 05.12.2007

Der Blick auf Seite 170 Ihres Haushaltsentwurfes zeigt, was Sie an einer Stelle gemacht haben.

Denn ein Haushalt weist nicht nur das aus, was Sie vorhaben, sondern auch das, was Sie gemacht haben. Im Kapitel 02 200 gibt es die Stelle 526 10 011 – Vergütung an die NRW.BANK für den Betrieb einer Kontaktstelle für Medienunternehmen. Das haben Sie 2006 für 2007 angekündigt. Herausgekommen ist, Sie geben 300.000 € zurück, weil Sie nichts damit gemacht haben. Jetzt geben Sie die 300.000 € in Ihr Clustermanagement – mit dem Ergebnis, dass wir wahrscheinlich Ende 2008 wieder hier stehen werden, und Sie haben an dieser Stelle wieder nichts gemacht und kein Signal gegeben.

Wir warten bei dem Thema: Was machen wir mit dem Lokalradio Nordrhein-Westfalen? Da ist Druck im Kessel. Keine Impulse von Ihnen! Wir reden über 331.641 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in NordrheinWestfalen. Die machen hier ihr Geschäft – ein gutes Geschäft, trotz Ihrer Politik.

(Beifall von der SPD)

Zum Schluss in 22 Sekunden eine Zwischenbilanz Ihrer Arbeit. Auf den Seiten 58 und 59 steht vieles. Nichts davon ist in Ihrer Zeit auf den Weg gebracht worden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie vergessen die Deutsche Welle, die ihren Sitz in Bonn und Berlin hat, als einen wichtigen Akteur in Nordrhein-Westfalen.

Aber toll ist: Wir warten jetzt auf den deutschen Kurzfilmpreis im Jahr 2008. Endlich eine Initiative von Ihnen.

(Zuruf von Minister Andreas Krautscheid)

Wunderbar! Ich bin nur sehr gespannt, Herr Kollege Krautscheid, wer da kommen mag. Denn das müssen Sie erklären. Sie haben diesen Preis mit dem Bundesminister für Kultur und Medien entwickelt. Mit ihm soll er verliehen werden. Wenn Sie mit dem Bundesminister für Kultur und Medien aufwarten, habe ich Respekt vor Ihnen. Aber das wird Ihnen nicht gelingen; denn dazu müssten Sie diesen Bundesminister erst erfinden. Das ist Ihre Halbzeit-, Ihre Zwischenbilanz, meine Damen und Herren. Das ist peinlich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Eumann. – Für die CDU spricht nun Herr Kollege Dr. Brinkmeier.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden über den Einzelplan 02, Teilbereich Medien. Wenn wir in den Einzelplan 02 schauen, sehen wir – das hat Kollege Eumann eben gesagt –, dass die Etatposten im Wesentlichen überrollt werden. Wir haben darüber im Ausschuss schon breit diskutiert. Ich will darauf gar nicht näher eingehen, sondern die Gelegenheit nutzen, um an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, einige persönliche Worte loszuwerden.

Sie wissen, dass ich heute zum letzten Mal als medienpolitischer Sprecher der CDULandtagsfraktion vor Ihnen stehe. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich für die vielen netten Briefe bedanken, die ich im Nachgang meiner Ankündigung bekommen habe, auch aus dem Bereich meiner Sprecherkollegen.

(Beifall von Marc Jan Eumann [SPD])

Es tut mir schon ein wenig leid, dass ich mich jetzt auf Forschung und Innovation konzentrieren werde. Denn die Medienpolitik, die Medienlandschaft ist ein sehr spannendes Gebiet, und wir befinden uns in einer sehr großen Umbruchphase. Das Überthema Digitalisierung ist nach vielen Jahren der Ankündigung – das haben wir auch schon in den Jahren 2000/2001 diskutiert – jetzt mit voller Wucht da. Wir müssen über Themen diskutieren – wir haben sie auch auf Veranstaltungen der CDU

Landtagsfraktion diskutiert – wie die Rolle der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter, die Rolle der privaten Rundfunkveranstalter, die Rolle von neuen Marktteilnehmern in diesem Feld, die Spannungslage zwischen dem kulturellen Aspekt beim Rundfunk und dem wirtschaftlichen Aspekt in diesem Feld. Wir diskutieren über die Komplexität auf technischem Gebiet und auch die Komplexität im Rahmen von Bund, Ländern, Europa und wie all das zusammen bewerkstelligt werden soll.

Wir haben hier gemeinsam immer sehr viel diskutiert, auch oft gestritten; das muss auch sein. Die heutige Koalition hat natürlich in einigen Punkten ein deutlich anderes Profil als die frühere Koalition. Ich möchte aber doch noch einen Punkt herausheben: Wir haben in den letzten Jahren – das habe ich positiv gespürt – in vielen Bereichen auch sehr konsensual zusammengearbeitet. Das hat mich persönlich sehr gefreut – bei allen Unterschieden in vielen Sachthemen. Die Diskussionen waren in meinen Augen sehr stark inhaltlich geprägt und deswegen sehr konstruktiv.

Ich wünsche mir sehr, dass diese konsensuale Zusammenarbeit, soweit sie aus fachlicher Sicht möglich ist, weiterhin stattfinden kann. Das ist wichtig. Wir müssen immer im Hinterkopf behalten: Medienpolitik muss nach Grundsätzen leben, die auch etwaige Regierungswechsel überdauern müssen. Das haben wir immer gepflegt, auch die A- und B-Länder. Ich denke, die Exekutive wird ebenfalls in bewährter Art und Weise Kontinuität zeigen. Von daher ist meine Bitte, diese Kontinuität weiter zu pflegen. Noch einmal: Herzlichen Dank an Sie alle und weiterhin viel Spaß mit der Medienpolitik! – Danke schön.

(Allgemeiner Beifall)

Danke schön, Herr Dr. Brinkmeier. – Herr Witzel spricht nun für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Haushalt 2008 blicken wir in die medienpolitische Zukunft. Datenschutz und Informationsfreiheit sind wichtige Themen, die für immer gläserner werdende Bürger und Unternehmen, die unweigerlich Spuren im Netz hinterlassen, von grundlegender Bedeutung sind.

Die Medienwirtschaftsförderung wird, wie auf dem Medienforum 2007 frühzeitig angekündigt, mit zwei neuen Fonds der NRW.BANK im Bereich der Filmfinanzierung und Kreativförderung weiter ausgebaut.

Das Land NRW stellt zudem im Jahre 2008 einen Zuschuss in Höhe von 150.000 € zur Durchführung eines konferenzbegleitenden Symposiums zum Global Media Forum im Zusammenhang mit der Deutschen Welle in Bonn zur Verfügung.

Da aber Haushaltsberatungen immer auch Generaldebatten mit inhaltlicher Bilanz und Ausblick sind, will ich diese Gelegenheit jenseits der Zahlenspiele ausdrücklich nutzen.

Zahlreiche wichtige medienpolitische Fragen kommen im Haushaltsjahr 2008 auf uns zu:

Erste Frage: Was bedeutet zukünftig Grundversorgung? Was dürfen die öffentlich-rechtlichen Sender aus dem Topf der Gebührengelder, der mehr als 7 Milliarden € enthält, zukünftig finanzieren? Das muss im Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag definiert werden.

Die Lage beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist alarmierend. Werbung am Tag, Sponsoring am Abend, massiver Auftritt mit bebilderten Texten im Umfang von digitalen Zeitungen im Internet, Aufbau von umfangreichen Mediatheken, Ausbau der neuen digitalen Kanäle, Planung eines Nachrichtenkanals, vermehrte Produktion von Formaten im um 20 % teureren HDTV-Format. Der Trend ist klar sichtbar: Alles machen, überall dabei sein, egal, was es kostet und ob es schon ein ausreichendes Angebot auf dem freien Markt gibt. Der Gebührenzahler wird es schon richten, und deshalb steigen die Gebühren immer weiter.

Meine Damen und Herren, die großen Sender ARD und ZDF wandeln sich jedoch immer mehr zu Unterhaltungskanälen und orientieren sich immer stärker an dem, was Quote bringt.

Informationen lagert man vermehrt zu den dritten und zu den neuen digitalen Spartenkanälen aus. Mit wirtschaftlichem Risiko von der privaten Konkurrenz entwickelte Formate mit hoher Quote werden erst kritisiert und dann gnadenlos von den öffentlich-rechtlichen Sendern kopiert.

Schon lange gibt es auch bei ARD und ZDF gebührenfinanzierte Boulevardmagazine. Nach Harald Schmidt kaufte man nun Oliver Pocher hinzu. Nunmehr soll auch der Juror der ProSiebenFernsehshow „Germany’s Next Topmodel“, Bruce Darnell, ab dem 12. Februar 2008 im Vorabendprogramm der ARD eine tägliche Coachingshow moderieren.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Gleichzeitig macht sich der WDR-Radiosender 1LIVE alltäglich neben Lukas Podolski auch über eben diesen Bruce Darnell auf niedrigstem journa

listischem Niveau lustig. Andererseits wurden Nachrichtenmagazine zusammengestrichen.

Meine Damen und Herren, wir müssen diese Strukturfragen im Blick behalten, insbesondere die Expansion im Onlinebereich, wo die Selbstverpflichtung der 0,75-%-Grenze des Etats längst überschritten worden ist.

Zweite wichtige medienpolitische Fragestellung: Wie werden zukünftig Frequenzen vergeben und genutzt? Die EU-Kommissionspläne haben nicht zu Unrecht zu massiven Protesten in der deutschen Medienlandschaft geführt. Wir sagen: erst Rundfunk, dann Nutzung für andere Techniken, wie etwa Breitbandversorgung auf dem Lande durch Telekommunikationsunternehmen.

Dritter wichtiger Punkt ist die Gestaltung der Zukunft des digitalen terrestrischen Hörfunks. Hier brauchen wir schleunigst Bewegung. Es kann in der heutigen Zeit des technischen Fortschritts nicht sein, dass in Nordrhein-Westfalen neben sechs WDR-Sendern und BFBS nur eine lokale private Hörfunkkette existiert, an der wiederum der WDR mit 25 % beteiligt ist. Wir können es im Medienland Nordrhein-Westfalen nicht hinnehmen, dass die Umsetzung einer zweiten Kette von radio NRW an fehlenden freien Frequenzen scheitert, während beim WDR eine Überversorgung vorliegt. Deshalb müssen die Erkenntnisse des Gutachtens „Versorgungssituation UKW-Hörfunk in Nordrhein-Westfalen“ der Deutschen Telekom AG und der Hochfrequenztechnik von 1998 als erste tragfähige Grundlage ausgewertet und weiterentwickelt werden.

Viertens. Wir setzen uns aktiv für eine flächendeckende Breitbandversorgung auch auf dem Lande ein. Eine wichtige Rolle bei der Netzabdeckung im ländlichen Raum kommt dabei, wie wir mit Anträgen der Koalition der Erneuerung bereits deutlich gemacht haben, neben der relativ kostenintensiven Satellitenversorgung den bestehenden alternativen Funktechnologien wie dem drahtlosen WiMAX zu.

Fünftens. Der Jugendmedienschutz ist der letzte wichtige Aspekt, den wir im Medienbereich im nächsten Jahr im Auge behalten sollten. Die Evaluierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages muss jetzt genutzt werden, um einen noch effektiveren Jugendmedienschutz zu erreichen, ohne die Medienunternehmen unverhältnismäßig und unsinnig zu belasten.

Den Missbrauchsgefahren durch moderne Mediennutzung muss ein effektiver Jugendmedienschutz aus einem Zusammenspiel von technischen Schutzmechanismen, Selbstregulierung

und selbstverständlich auch Medienkompetenzförderung entgegengesetzt werden. Hierzu wurden im letzten Jahr bereits viele wichtige Initiativen angestoßen und fortentwickelt. Viele Angebote bei der Medienkompetenzförderung kommen aber noch zu wenig bei den Menschen an. Deshalb sehen wir weiteren Aktionsbedarf.

Im nächsten Jahr streben wir deshalb unter anderem an, dass beim medienfest.nrw im Kölner MediaPark, das im Rahmen des NRW-Medienforums stattfindet, das Thema Medienkompetenz einen weiteren Schwerpunkt darstellt. Eltern, Lehrer und Kinder müssen neben Information und Aufklärung durch Medienunternehmen und zuständige Stellen selbst die Möglichkeit erhalten, technische Neuigkeiten eigenhändig unter fachlicher Anleitung auszuprobieren.

Ich komme zu meiner letzten Bemerkung an dieser Stelle, nämlich zum ausdrücklichen Angebot an alle Medienpolitiker, gemeinsam die Entwicklung beim Thema Rundfunkgebühren im Auge zu behalten. Das wird angesichts des quantitativen Volumens sicherlich die wichtigste Finanzentscheidung sein. Es gibt Verwaltungskosten in Höhe von 160 Millionen €. In den Gesprächen, die die Ministerpräsidenten führen, und die wir auch parlamentarisch mit unseren Aktivitäten begleiten sollten, muss der Knoten durchgeschlagen werden, um zu einer neuen, zukunftsfähigen Regelung zu kommen. Eine Medienabgabe zum Beispiel wäre eine effizientere, transparentere und gerechtere Art der Rundfunkfinanzierung, die auch die kostenintensive Gebühreneinzugszentrale GEZ nicht mehr erforderlich macht.

Entscheidend ist aber, dass Bürger wie Unternehmen, die Medien naturgemäß nur an jeweils einem Ort nutzen können, nicht mehrfach Gebühren für ein- und dieselbe Mediennutzung zahlen müssen. Daran sollten wir alle arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Witzel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun der Kollege Keymis.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt sind wir an einem Punkt angekommen, der uns allen mehr Schmerzen bereitet als die Kultur. Wir haben eben leider kein Profil mehr; wir haben auch kein Personal mehr in diesem Bereich. In NRW gibt es im Grunde kaum noch Medienpolitik. Angesichts der Anstrengungen der Vorgängerregierung ist das schon ein ziemlicher Absturz.

Uns bleibt allein das Abarbeiten der FDP am öffentlich-rechtlichen Rundfunk – immer wieder mit denselben gebetsmühlenartig vorgetragenen Vorwürfen, ohne zu erwähnen, dass der Privatrundfunk in diesem Jahr über Einnahmen von 6,7 Milliarden € verfügt und über 1,1 Milliarden € Gewinn macht. Es handelt sich also durchaus um eine respektable Branche, die sich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sogar zahlenmäßig – zumindest was die Einnahmen betrifft – messen kann.

Das ganze Gejammer über die Aktivitäten im Onlinebereich ist natürlich auch nicht nachvollziehbar, weil es doch gut ist, dass es neben dem vielen Schund im Internet werbefreie, gut recherchierte und kluge journalistische Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gibt.

(Beifall von der SPD)

Die entsprechende Quote von 0,84 % der gesamten Kosten liegt etwas über den vereinbarten 0,75 %. Aber ich erinnere mich: Auch der CDUMedienministerpräsident dieses Landes, Dr. Jürgen Rüttgers, hat sich für die Aufhebung dieser engen Grenze eingesetzt, weil auch er natürlich den Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks lange erkannt hat und weiß, dass diese öffentlichrechtlichen Anstalten für unsere Gesellschaft und für das demokratische, friedliche Miteinander von existenzieller Bedeutung sind.