Wir schlagen Ihnen Folgendes vor: Wenn Sie das Gesetzgebungsverfahren wieder in geordnete Bahnen bringen wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag auf Rücküberweisung zu.
Denn auch inhaltlich – jetzt will ich einmal auf die Jubelmeldungen des Oberbergischen Kreises oder des Landkreistages zum gelungenen Inhalt des Gesetzes Bezug nehmen – hält diese Gesetzesvorlage schon bei lediglich grober Betrachtung keinerlei Überprüfung stand. Herr Welge vom Städtetag NRW hat in der Anhörung auf unsere Rückfrage von einem ziemlich verworrenen Modell gesprochen.
„Verworren“ ist die richtige Bezeichnung. Sie gilt aber nicht nur für die Gesetzesvorlage, sondern ganz offensichtlich auch für die Autoren. Ein großer Schritt für die Verwaltung, die kommunale Familie und die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes wäre die Schaffung eines Ministeriums für einfache Angelegenheiten. In einem solchen Ministerium könnten Herr Wolf und Herr Palmen ohne Weiteres ihren Dienst versehen. Das wäre eine angemessene Aufgabe; denn für komplexe Sachverhalte wie das Konnexitätsprinzip sind sie offensichtlich nicht zu sprechen.
Wir haben – da können Sie nachbessern, was Sie wollen – von den kommunalen Spitzenverbänden unisono ganz erhebliche Zweifel in Bezug auf die Einhaltung des Konnexitätsprinzips gehört.
Das gilt auch für Ihre Personalüberleitungsverträge. Ich habe mir einmal einen solchen MusterPersonalüberleitungsvertrag angesehen. Diese Musterverträge werden ja aus irgendeinem Ihrer Häuser kommen. Darin ist dieser Zweifel schriftlich festgehalten. Dort heißt es nämlich zum einen, wenn das alles falsch sei, wie die kommunalen Spitzenverbände behaupteten, solle es nicht gelten. Für den Fall, dass die Landesregierung recht hat, soll dieser Vertrag hingegen gelten.
Meine Damen und Herren, wer auf diese Art und Weise Personalüberleitung praktiziert, muss sich fragen lassen, ob er denn wirklich Ahnung von dem hat, was er betreibt.
Ebenfalls nicht nachzuvollziehen ist Ihre Logik bei der Berechnung des Personals. Eine Aufgabenübertragung von elf staatlichen Umweltämtern auf 54 Kreise und Kommunen erfordert nach Meinung aller Sachverständigen mehr Personal. Sie vermuten in diesem Vorgang sogar erhebliche Synergiepotenziale.
Der gebetsmühlenartig vorgetragene Hinweis darauf, dass das Personal der Aufgabe folge, bedeutet nichts anderes als: Wer kein Personal übernimmt, bekommt nichts. – Sie werden ja nicht müde, uns das zu erklären.
Ich sage Ihnen aber einmal, wie das fachlich aussieht. Ein kurzer Blick ins Grundgesetz oder in die Landesverfassung würde helfen. Zum Quellenstudium empfiehlt sich das Grundgesetz und die Landesverfassung. Wenn Sie da nicht so fit sind, können Sie auch im Stichwortverzeichnis nachschlagen, meine Damen und Herren. Das steht unter „kommunale Selbstverwaltung“. Das führt Ihre Theorie, dass sich die Kommunen etwas aufdrücken lassen müssen, ad absurdum.
Ich will noch ganz kurz einige fachliche Stellungnahmen erwähnen wie die der Oberbürgermeister aus Köln und Duisburg. Insbesondere Herr Schramma schreibt Ihnen Folgendes ins Stammbuch:
„Statt die Voraussetzungen für eine effiziente und moderne Verwaltung zu schaffen, befürchte ich bei der Realisierung der Reform einen Zuwachs an Bürokratie sowie ernste Probleme für die wirtschaftliche Entwicklung in NRW.“
Das sieht er nicht mehr so, alles klar. Sie können mir den neuen Brief von ihm auch mal zur Verfügung stellen. – Das deckt sich mit der Stellungnahme der Wirtschaftsverbände. Ich beziehe mich auf den BDI, den VCI oder sogar auf die IHK, die warnt:
„Das wird für die Unternehmen eine Belastung sondergleichen werden. Wir werden längere Verfahren und – anders als bislang – Unsicherheiten über den Verfahrensausgang sowie zusätzliche Kosten bekommen. Damit ist weder der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen noch der des Wirtschaftsstandortes NordrheinWestfalen gedient.“
All das sagt Ihnen der Herr Pieper von der der Vereinigung der Industrie- und Handelskammern in NRW.
Damit haben Sie wirklich Historisches geleistet. Denn die Stellungnahme der Umweltverbände – das ist zu viel, das kann ich jetzt nicht im Einzelnen vortragen – deckt sich in den wesentlichen Kritikpunkten mit dem, was die Wirtschaftsvertreter und die Wirtschaftsverbände Ihnen gesagt haben.
Ich kann nur eines sagen: Die Leistung ist so unterdurchschnittlich, dass Sie sich gut überlegen sollten, ob Sie nicht wirklich die Notbremse ziehen. Denn eines darf ich Ihnen versprechen und prophezeien: Die Angelegenheit findet genauso wie die der Versorgungsverwaltung eine Fortsetzung. Dazu wissen wir schon, welche Kommunen klagen werden. Die Art und Weise, wie Sie das Gesetz zusammengebastelt haben, ist nicht hinnehmbar, auch wenn Sie jetzt zu später Stunde beschwichtigende Handbewegungen machen. Ich kann es verstehen, meine Herren Kollegen, ich wäre auch nicht glücklich mit so einem Gesetz. Aber Sie kommen aus der Nummer nicht raus. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In meiner Heimat gibt es den Spruch: Es ist so wie bei Schooster Boff, wat hä hoa meat, geeht morn off.
Genau das haben wir im Gesetzgebungsverfahren mit diesem Gesetz erlebt. Es hat nichts gehalten, was am Anfang eingebracht worden ist. Ich schließe mich dem Kollegen Körfges an und prophezeie ebenfalls, dass das Gesetz, wenn es in dieser Form verabschiedet wird, nicht haltbar sein wird,
aus mehreren Gründen: aus inhaltlichen Gründen, Herr Palmen – da denke ich durchaus langfristig –, und wohl auch aus rechtlichen Gründen, so jedenfalls die Vorgaben, die uns die Verwaltungsgerichte an einer bestimmten Stelle gegeben hatten. Ihre Fraktionen hätten nicht die Änderungsanträge gestellt, wenn sie nicht gemerkt hätten: Oh, da haben wir möglicherweise mit unserem Gesetz doch ein Problem. – Sie haben die Änderungsanträge aber zurückgezogen, weil Sie Angst hatten, in eine weitere Beratungsrunde zu kommen.
Da hat also das Formale dem Fachlichen widersprochen. Das ist kein Beispiel für eine gute Gesetzgebung in diesem Hause. Ich habe – das muss ich ehrlich sagen – in den zwölf Jahren, die ich diesem Hause angehöre, ein solches Gesetzgebungsverfahren noch nicht erlebt. Es ist handwerklich schlecht, inhaltlich falsch, und Sie werden über kurz oder lang mit diesem Gesetz scheitern.
Natürlich, das weiß ich, Herr Palmen, Herr Wolf, Herr Uhlenberg, Sie werden den Sekt, den Sie jetzt kaltgestellt haben, irgendwann in einer ruhigen Feierstunde genießen. Denn Sie vollziehen mit diesem Gesetz das, was Sie sich ideologisch vorgenommen haben: die Umweltverwaltung in diesem Land zu zerlegen, zu zerhacken und letztlich zu pulverisieren.
Es ist schon heute klar, dass das Umweltministerium – das sieht man am Etat, aber auch am Personalbestand –, gar nicht mehr die Größe hat, die das Umweltministerium, das einstige Flaggschiff in der Landesregierung, hatte. Das ist Ihre Absicht gewesen. Sie vollziehen das, was Sie verkündet haben, nämlich den Umweltschutz in diesem Land in die Besenkammer zu sperren, nachrangig zu organisieren, ihm Personal und damit Kompetenzen wegzunehmen.
Aber ich sage auch ganz eindeutig: Die Umwelt und die Menschen in diesem Land werden darunter leiden, nicht kurzfristig. Man wird das nicht heute und vielleicht auch nicht morgen merken, aber übermorgen ganz bestimmt. Dann wird klar sein, dass Kollege Palmen, Kollege Uhlenberg und Kollege Wolf dafür in der Geschichte die Verantwortung werden übernehmen müssen, wenn irgendwo etwas hochgeht und kein Personal mehr dafür da ist, wenn es irgendwo Messungen geben muss und nicht mal Personal da sein wird, um sie auszuführen, weil über die zeitliche Distanz Sachkenntnis aus der Verwaltung verschwindet und an bestimmten Stellen für Aufgaben im Vollzug gar kein Personal mehr vorhanden ist.
Das ist das eindeutige Ergebnis der Anhörung: Schon heute gibt es Vollzugsdefizite. Mit der Kommunalisierung der Umweltverwaltung wird dieses Vollzugsdefizit drastisch verschärft, einmal bezogen auf die Phase des Übergangs, aber auch in der Perspektive, was die Personalausstattung angeht. Das heißt, die Aufgaben, die heute nur unzureichend – teilweise – wahrgenommen werden können, werden in Zukunft überhaupt nicht wahrgenommen werden können. Das geht zulasten der Umwelt und der Menschen. Aber das ist offensichtlich genau die Absicht, die Sie mit diesem Gesetz verfolgen.
Es ist in der Anhörung deutlich geworden, dass dieses Gesetz kein Bürokratieabbau-, sondern ein Bürokratieaufbaugesetz ist. Denn zusammen mit dem Vollzugsdefizit – weniger Personal wird die Aufgaben bearbeiten müssen – werden die Genehmigungen verzögert und verschleppt und bestimmte Aufsichtsfunktionen nicht mehr wahrgenommen. Kombiniert mit der Abschaffung des Widerspruchsrechts, führt das dazu, dass, um entsprechenden Gerichtsverfahren zu entgehen, Genehmigungsverfahren entsprechend länger dauern, weil das, was im Widerspruchsverfahren normalerweise kurz und schnell zu klären ist, jetzt schon im Vorgang des Verwaltungsvollzugs der Erarbeitung der Genehmigungsunterlagen stattfindet. Statt Bürokratie abzubauen, wird also zusätzliche Bürokratie aufgebaut.
Meine Damen und Herren, Herr Körfges hat es schon erwähnt: Sie haben in einem Gesetzgebungsverfahren in einzigartiger Weise – das war in den letzten zehn Jahren nicht der Fall; ich kann mich jedenfalls nicht erinnern –die Wirtschaft, die IHK und bestimmte Wirtschaftsvertreter auf der einen Seite und die Umweltverbände auf der anderen Seite, zusammengebracht. Sie vertreten eine Meinung: Die Umweltverwaltung in Nordrhein-Westfalen funktioniert gut. Die Genehmi
gungen gehen schnell voran. Es gibt keine Notwendigkeit, dieses gut funktionierende System in dieser Art und Weise zu zerschlagen.
Dann kommt noch die Frage der Konnexität. Das ist wirklich … Ich stehe kopfschüttelnd davor. Wenn man den Musterpersonalüberleitungsvertrag liest … Ich will das jetzt nicht zitieren, aber ich empfehle Ihnen allen die ersten beiden Absätze zur Lektüre.
Das ist doch kein Beispiel für eine gute Landesgesetzgebung, wenn sie zu solchen Ergebnissen führt. Darin steht, die eine Seite erklärt, sie halte es nicht für verfassungsgemäß, während die andere Seite sagt, sie halte es für gesetzeskonform. Wo kommen wir denn hin, wenn in Verträgen abgeleitet von Landesgesetzen solche differierenden Rechtsauffassungen zementiert werden? Wo sind wir in diesem Land eigentlich?
Dann kommen wir zur Frage der Mitbestimmung, Herr Palmen. Die Art und Weise, mit der Sie über die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landesverwaltung hinweggegangen sind,