Protokoll der Sitzung vom 19.12.2007

Herr Weisbrich hat im Prinzip angedeutet, man könne sich ein Beispiel an England und an anderen Ländern nehmen. Es würden viele Wege nach Rom führen.

Ehrlich gesagt würde ich erwarten, dass Sie als Regierungsfraktionen, wenn in der Beschreibung der Situation, dass nämlich Missverhältnisse bestehen, hier – so habe ich es verstanden – eine hohe Übereinstimmung herrscht, sich dem mühsamen Arbeitsprozess unterziehen, das irgendwann einmal in Form eines Entschließungsantrages oder eines eigenen Antrages zu Papier zu bringen,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

damit man weiß, wie Sie meinen, in dieser Frage tatsächlich tätig werden zu können.

Jetzt haben die sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen leider eine direkte Abstimmung beantragt. Abgesehen davon, dass Sie jetzt alle deswegen anwesend sind, finde ich das nicht so schön. Sonst gäbe es die Chance, das Thema im Wirtschaftsausschuss zu behandeln und nach dem Durchlesen des Protokolls zu hören, wie Sie es instrumentell angehen wollen. Das wäre jedenfalls ein spannendes Ergebnis.

(Ralf Jäger [SPD]: Das wird Frau Thoben bestimmt noch beantworten!)

Nein. – Vielleicht können sich die Kollegen von der SPD das noch einmal überlegen.

Ich fände es jedenfalls sinnvoller, wenn wir uns etwas intensiver und etwas länger damit befassen würden. Dann könnten wir, was die steuerliche Behandlung der Abfindungen angeht – insofern stimme ich dem Prüfauftrag zu, den der Antrag der SPD enthält –, von mir aus tatsächlich Vergleiche im europäischen Kontext vornehmen und uns das vorhandene Instrumentarium ansehen.

Dass die Abfindungen nämlich praktisch auch noch zulasten der Steuerzahler finanziert werden, während gleichzeitig vielfach Entlassungen und anderes erfolgen,

(Beifall von den GRÜNEN)

ist aus meiner Sicht nicht unbedingt etwas, was die Politik akzeptieren kann. Insofern wäre es schöner, wir hätten etwas mehr Zeit dafür. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Wir sind am Ende der Beratungen angelangt und kommen zur Abstimmung.

Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wer ist für die Annahme des Antrags Drucksache 14/5776? – Das sind die SPDFraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen der CDU und der FDP. Wer enthält sich? – Es enthält sich der Kollege Sagel. Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen zu:

4 Junge Mütter und Väter bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf von Anfang an unterstützen – Mehr Teilzeitberufsausbildungsangebote für junge Menschen mit Kindern schaffen

Antrag

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/5577

Ich eröffne die Beratung und erteile Frau Kollegin Milz das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin Milz.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die Thematik „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ in dieser Legislaturperiode schon zweimal im Zusammenhang mit prominenten Themen diskutiert. Es ist also wirklich ein wichtiges Anliegen der Koalitions

fraktionen und auch der Landesregierung, damit nicht aufzuhören.

(Unruhe – Glocke)

Wir konzentrieren uns mit dem vorliegenden Antrag auf junge Frauen und Männer beziehungsweise auf junge Eltern, die zum Beispiel während ihrer Schul- oder Ausbildungszeit Eltern geworden sind und somit ein großes Risiko tragen, auf Dauer ohne Berufsausbildung zu bleiben. Das heißt, die Teilnahme am Erwerbsleben wird gerade für junge Frauen und junge Mädchen immer schwieriger, wenn sie so früh Mütter werden.

Das Berufsbildungsgesetz sieht seit dem Jahr 2005 für junge Menschen in einer derartigen Lebenssituation die Möglichkeit einer sogenannten Teilzeitberufsausbildung vor. Man geht dabei von täglich oder wöchentlich verkürzten Anwesenheits- und Ausbildungszeiten aus. Junge Menschen sollen also auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebote bekommen, um eben doch einen Berufsabschluss erwerben und so für sich und ihre Kinder eine Lebensgrundlage schaffen zu können.

Wir halten diese Option deshalb für wichtig, weil sie dabei hilft, den jungen Eltern eine ansonsten sehr schwierige Situation zu erleichtern und letztendlich auch das persönliche Armutsrisiko zu minimieren. Diese Option ist insbesondere für Alleinerziehende besonders wichtig, da Alleinerziehende und ihre Kinder ausweislich des Sozialberichts von NRW einem stark überdurchschnittlichen Armutsrisiko unterliegen. Man geht von knapp 40% aus.

Ende Januar dieses Jahres fand in Bonn eine Tagung zu dem Thema „Berufsausbildung in Teilzeit – Neue Chancen, neue Wege“ statt. Wie sich der Tagungsdokumentation entnehmen lässt, wurde die Option der Teilzeitausbildung sowohl von den ausbildenden Betrieben als auch von den Teilzeitauszubildenden selbst äußerst positiv bewertet. Es wurde aber auch deutlich, dass an verschiedenen Stellen weiterer Handlungsbedarf besteht, um das Modell weiter zu optimieren beziehungsweise bekannt zu machen.

Wir haben auf der einen Seite die Notwendigkeit, junge Menschen besser über die Möglichkeiten zu informieren, also darüber, dass es so etwas überhaupt gibt. Das heißt, die Arbeitsagenturen, die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern, die Kreishandwerkerschaften und alle anderen in dem Umfeld müssen helfen. Auch zum Beispiel Familienzentren können hier als Anlaufstellen für diese jungen Familien eine wertvolle Arbeit leisten.

Andererseits braucht man aber auch bei Betrieben und Unternehmen einen stärkeren Blick auf diese Option. Es ist vielen Ausbildungsbetrieben überhaupt nicht bekannt, dass man Teilzeitausbildungsplätze anbieten kann. Sie wissen gar nicht, wie sie das genau machen müssen. Vor allen Dingen glauben sie nicht, dass sie selbst dadurch auch Chancen erhalten. Tatsächlich kann sich hier aber für beide Seiten eine Gewinnersituation ergeben.

Jungen Menschen, die sich für eine Teilzeitberufsausbildung entscheiden, muss natürlich auf der Basis des Kinderbildungsgesetzes eine verlässliche Betreuung ihrer Kinder gewährleistet werden. Genau das machen wir ab dem 1. August nächsten Jahres, wenn wir den Ausbau der Plätze für die Betreuung unter Dreijähriger massiv voranbringen.

Ich glaube, das wird beiden Seiten eine gute Sicherheit bieten; denn nur wenn die Eltern ihre Kinder in einer guten Betreuung wissen, können sie sich voll auf ihre Ausbildung konzentrieren. Selbstverständlich ist das Land bereit, diese Plätze bis zu 35 oder 45 Stunden pro Woche zu finanzieren.

Wir haben in unseren Forderungen also auf diesen Handlungsbedarf hingewiesen und sind auch sicher, dass uns die Landesregierung gern dabei unterstützen wird.

Der öffentliche Dienst in seiner Vorbildfunktion muss hier natürlich eine Vorreiterrolle übernehmen. Wir wünschen uns, dass es diese Teilzeitberufsausbildungen dann durchaus auch im Landesdienst gibt oder dass die Angebote, die im Moment vorhanden sind, ausgebaut werden. Ich denke, die Landesregierung wird uns auch bei der Verwirklichung dieses Anliegens unterstützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, als Drittes fehlt also nur noch Ihre Unterstützung. In diesem Sinne freue ich mich auf die späteren Beratungen. – Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Milz. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Freimuth das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag zielt auf zweierlei ab.

Da wir genau wissen, dass eine qualifizierte, gute Berufsausbildung für alle jungen Menschen ein

wichtiges Fundament ist, wollen wir auch mehr jungen Eltern eine Berufsausbildung – notfalls in Teilzeit – ermöglichen. Wir halten es zum Beispiel für wichtig, die bestehenden Angebote besser bekannt zu machen, damit Mütter und Väter die Option, während der Erziehung eines Kindes der eigenen Ausbildung nachzugehen, vermehrt nutzen.

Dieser Antrag ist ein weiterer Beitrag für ein kinder- und familienfreundliches NordrheinWestfalen; denn das – da sind wir hoffentlich einig – wollen wir in Nordrhein-Westfalen sein und werden.

Meine Damen und Herren, während immer noch einige – ich will sie mal freundlich als die Ewiggestrigen bezeichnen – darüber diskutieren, wie man Eltern das zu Hause sein möglichst noch mit einer Prämie versüßt, setzen wir ein deutliches Zeichen für ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Familien- und Erwerbsarbeit.

Uns ist es wichtig, allen Menschen in den unterschiedlichen Lebensphasen eine Teilhabe am Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dazu gehört, liebe Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich auch diejenigen, die schon vor Beginn einer Berufsausbildung Eltern werden, mit einzubeziehen. Diese Gruppe nehmen wir mit unserer Initiative in den Blick, weil wir meinen, dass sie in der bisherigen Debatte um eine bessere Vereinbarkeit von Familien- und Berufsarbeit zu kurz gekommen ist.

Für die FDP möchte ich im Wesentlichen auf vier Punkte eingehen: Eine Berufsausbildung ist die Grundlage für die eigenständige Existenzsicherung und damit ein wichtiger Schutz vor Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Eltern, die in jungen Jahren Kinder erziehen, dürfen dieser Chance nicht beraubt werden.

Im Gegenteil: Sie sind nicht nur auf unsere Unterstützung in besonderem Maße angewiesen, sondern sie haben diese auch besonders verdient. Dabei reicht es dann nicht, wie die Kolleginnen und Kollegen der Grünen das zum Beispiel tun, lediglich eine Erhöhung der Transferleistungen zu fordern. Wesentlich ist, dass die Politik Rahmenbedingungen schafft, damit mehr Betriebe jungen Menschen eine Teilzeitausbildung auch ermöglichen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bisher wurde das Thema Ausbildung und Kindererziehung meist im Zusammenhang mit einer akademischen Ausbildung thematisiert. Was hier wesentlich zur Lösung beiträgt, ist ein flexibles Kinderbetreuungsangebot.

Meine Damen und Herren, das gilt aber auch in gleicher Weise für die duale Berufsausbildung. Deshalb bin ich froh, dass wir mit dem im Oktober verabschiedeten Kinderbildungsgesetz eine Grundlage für ein verlässliches und den individuellen Bedarfen angepasstes Betreuungssystem insbesondere für sehr kleine Kinder auf den Weg gebracht haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, den Koalitionsfraktionen war in diesem Zusammenhang besonders wichtig, in ihrem Entschließungsantrag zum KiBiz festzuschreiben, dass auch Eltern, die aufgrund eines geringen Einkommens keine Beiträge zahlen, Anspruch auf Ganztagsplätze haben; denn so können Mütter und Väter in Ausbildung, die in der Regel nur über eine Ausbildungsvergütung verfügen, auch auf eine verlässliche und bedarfsgerechte Betreuung vertrauen, die es ihnen ermöglicht, sich um ihre berufliche Qualifizierung zu kümmern und damit die Grundlage für eine Existenzsicherung zu legen.

Meine Damen und Herren, wir wollen keine neuen Strukturen aufbauen, sondern wir wollen den vorhandenen Sachverstand und die bestehenden Kooperationen nutzen, um das Thema Teilzeitausbildung besser bekannt zu machen. Die FDP sieht neben den Familienzentren das Netzwerk Teilzeitberufsausbildung, das von unterschiedlichen Gruppierungen und Agenturen für Arbeit in Nordrhein-Westfalen unterstützt wird, als einen möglichen Partner der Landesregierung.

Und schließlich, liebe Kolleginnen und Kollegen: Für die duale Ausbildung trägt nach unserer Auffassung die Wirtschaft nach wie vor die primäre Verantwortung. Dennoch halten wir es für sinnvoll, wenn die Landesregierung durch Ausweitung ihres Teilzeitangebotes mit einem guten Beispiel vorangeht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Dr. Boos das Wort.