Das ist der fundamentale Unterschied. Wir haben die Rahmenbedingungen jetzt so gestaltet, dass wir den Menschen Mut machen und dass sie im Bewusstsein arbeiten können: Jetzt haben wir die Chance, unseren Fleiß, unsere Talente, unsere Begabung auch wirklich umzusetzen, aus unserem Leben mehr zu machen. Das ist eine neue Mentalität, die in Nordrhein-Westfalen seit zweieinhalb Jahren Einzug gehalten hat. Die werden Sie, Frau Kollegin Kraft, auch nicht kaputt reden. Wir werden Ihnen das auf jeden Fall nicht durchgehen lassen.
Ich will noch einige Sätze zum Thema Westdeutsche Landesbank sagen. Bei dem, was Sie vorgetragen haben, Frau Kollegin Kraft, habe ich mir doch, mit Verlaub, mehrfach verwundert die Augen gerieben. Zu den Erblasten, die wir von der Vorgängerregierung übernommen haben, gehört doch nun wirklich zuvörderst auch die Westdeutsche Landesbank.
Ich darf Sie einmal daran erinnern, Frau Kollegin Kraft, dass Sie es unter Ihrer Regierungsverantwortung in den letzten Jahren – ich rede nur über die Jahre ab 2001 – geschafft haben, vier Vorstandsvorsitzende innerhalb von nur drei Jahren an die Spitze der Westdeutschen Landesbank zu bringen. Es ist jetzt nicht die Zeit, aber ich hätte nicht übel Lust dazu, Ihnen einmal diese Schreckenschronologie bei der Westdeutschen Landesbank vorzutragen, die Sie zu verantworten hatten
unter der Regierungsbeteiligung und der Führung der Sozialdemokraten in der nordrheinwestfälischen Landesregierung. Jetzt hier so zu tun, als seien die strukturellen Probleme, die Sie uns hinterlassen haben, gewissermaßen Ausdruck des Versagens der neuen Landesregierung, ist – mit Verlaub – an Frechheit kaum noch zu toppen.
Das sind ungelöste gravierende Probleme, die wir von Ihnen übernommen haben und an denen wir arbeiten.
In erster Linie arbeitet daran sehr verantwortungsbewusst der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen, der den Sachverhalt zur aktuellen Lage der WestLB ja sehr klar und überzeugend dargelegt hat. Das Land wird sich – das gilt im Übrigen auch für die anderen Eigentümer – seiner Verantwortung bei der WestLB nicht entziehen. Das ist völlig klar. Wir lassen die WestLB, wir lassen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WestLB nicht im Regen stehen.
Ihr Vorwurf, Frau Kollegin Kraft, wir hätten Chancen vertan, der Finanzminister hätte im vergangenen Jahr Chancen vertan, ist auch an Absurdität nicht zu übertreffen.
Richtig ist: Wir haben nicht das gemacht, was Sie wollten, nämlich die WestLB der LBBW einfach zuzuschieben. Das hätte in der Konsequenz dazu geführt, dass die WestLB von der LBBW übernommen worden wäre. Das wäre keine Fusion unter Gleichen gewesen, sondern das wäre eine Übernahme gewesen, und dabei wäre die WestLB unter die Räder gekommen. Das haben wir verhindert. Das haben federführend Ministerpräsident und Finanzminister verhindert, und sie hatten unsere uneingeschränkte Unterstützung dabei. Hät
ten wir die WestLB preisgegeben, wäre das keine Aktion zur Rettung von Arbeitsplätzen in Nordrhein-Westfalen gewesen, sondern die Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen wären mitsamt der WestLB verschwunden. Das ist die Realität.
Der Gipfel ist nun wirklich, wenn so getan wird – Sie haben das ja angedeutet, Frau Kollegin Kraft –, als hätte man doch noch schnell mit der LBBW abschließen können. So ähnlich hatte man das ja Frau Kollegin Löhrmann in den letzten Tagen auch in eine Presseerklärung hineingeschrieben.
Was glauben Sie denn, wie solche Merger ablaufen? So nach dem Prinzip: „Gekauft wie gesehen“, unterschreibt mal eben den Kaufvertrag für die WestLB, dann sind wir alle Sorgen los!?
Da gibt es Du-Diligence-Verfahren, die laufen über Monate, und am Ende stehen Vertragswerke mit Hunderten von Seiten. In diesen steht auch, welche Haftungen ausgeschlossen sind. Bitte, Herr Ministerpräsident Milbradt in Sachsen hat doch unlängst die Erfahrung gemacht, wie so etwas aussieht. Da hat das auch nicht funktioniert. Da stand drei Wochen später die LBBW an der Seite von Herrn Oettinger in Dresden wieder auf der Matte und hat gesagt: Da müsst ihr aber noch mal eine ordentliche Schüppe drauflegen!
Es ist schlichtweg ökonomisch absurd, so zu tun, als hätte man im vergangenen Jahr, als die Probleme mit dem Eigenhandel der WestLB und als die Subprime-Krise deutlich geworden waren, schnell eben noch die WestLB verkaufen können.
Es geht schon gar nicht unter Ausschluss von Haftungsrisiken. Das geht auch in einem Jahr nicht. So dumm ist niemand, Ihnen einen solchen
Vertrag zu unterzeichnen. Der Finanzminister hat recht: Es ist auch nicht unsere Absicht, irgendjemandem irgendwelche Risiken bei der WestLB unterzujubeln. Helmut Linssen ist ein verlässlicher, seriöser Kaufmann, und er hat dafür unsere uneingeschränkte Rückendeckung.
Wir verstecken keine Risiken in der Hoffnung, wir könnten irgendjemanden finden, der sie uns abnimmt und der hinterher sagt: Die haben uns betrogen! So etwas machen wir nicht, damit das für die Koalition völlig klar ist. – Das zu dem Thema, was man im vergangenen Jahr noch hätte machen können.
Jetzt müssen wir nach vorne schauen. Dass wir eine sehr, sehr schwierige Situation bei der WestLB haben, müssen wir ja wohl nicht noch einmal im Einzelnen erläutern. Der Finanzminister hat die Fakten hier ausgebreitet. Das Signal ist klar: Wir werden die WestLB nicht hängen lassen. Das Signal muss aber auch sein: Wir brauchen tragfähige Lösungen.
Richtig ist, dass wir dies zum wiederholten Mal erleben: Wenn sich die öffentliche Hand als Großbanker versucht, in welcher rechtlichen Konstruktion auch immer, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann geht das häufig daneben. Deshalb ist unsere Position als FDP – das wissen Sie –: Es ist nicht Aufgabe des Staates, international agierende Großbanken wie die WestLB im Portfolio zu haben und am Ende des Tages dann große Haftungsrisiken auf die Steuerzahler abzuwälzen. Das ist unsere Position, die wir immer vertreten haben, auch bei der Frage, wie es mit der WestLB weitergeht. Und diese Position werden wir auch weiterhin so in die Debatte einspeisen.
In der jetzigen Situation heißt das: Wir müssen die Risiken der Steuerzahler begrenzen. Das ist doch wohl das Mindeste. Da hätte ich gerne von Ihnen einmal gehört, wie wir jetzt gemeinsam über Lösungen nachdenken können, um die Haftungsrisiken der Steuerzahler zu begrenzen.
Das gilt im Übrigen nicht nur mit Blick auf den Anteil an der Kapitalerhöhung, den das Land Nordrhein-Westfalen erbringen muss, sondern das gilt auch für den Anteil, den die Sparkassen stemmen müssen. Dort reden wir letztlich doch auch über Haftungsrisiken der Steuerzahler, auch auf dieser Seite. Es kann also gar nicht darum gehen, gewissermaßen den Schwarzen Peter zwischen den öffentlich-rechtlichen Eigentümern hin und her zu schieben. Wir müssen gemeinsame Lösungen mit den Sparkassen- und Giroverbänden finden. Und
wir müssen gemeinsam in dieser Situation darüber nachdenken, wie wir zusätzliche Risiken für die Steuerzahler möglichst vermeiden können.
Da ist unser Vorschlag in der Tat: Wir müssen jetzt wirklich gemeinsam schauen, ob wir nicht Privatinvestoren finden – nicht um denen in der aktuellen Situation den Landesanteil an der WestLB zu verkaufen, sondern um einen Einstieg von Privatinvestoren bei der anstehenden Kapitalerhöhung der WestLB zu ermöglichen.
Wer sich dem verweigert, Herr Kollege, der muss den Steuerzahlern hinterher sagen, warum er zusätzliche Risiken auf die schmalen Schultern der Steuerzahler gelegt hat. Das ist nämlich die Alternative.
Wenn wir sagen, dass wir zusätzliches Kapital für die WestLB brauchen, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder greifen Sie dem Steuerzahler ins Portemonnaie und akzeptieren, dass die Bürgerinnen und Bürger zusätzliche Risiken tragen müssen, oder Sie sagen: Wir suchen gemeinsam nach einer Lösung, um zumindest einen Teil dieser Risiken auf private Schultern, auf Investoren zu legen,
die bereit sind, jetzt ins Risiko zu gehen, weil sie an die langfristige Entwicklung und Werthaltigkeit der WestLB glauben, und – das wäre der zweite interessante Punkt – zusätzliches Know-how in die WestLB zu bringen.
Wenn es also jetzt darum geht, Risiken für die Steuerzahler zu begrenzen, dann müssen wir eine Diskussion über die Beteiligung von privatem Kapital führen, und wir brauchen privates Know-how.
Das will ich als zweiten Punkt deutlich machen: Es kann bei der WestLB nicht so weitergehen wie bisher. Wir werden als Koalition – ich bin mir sicher, dass die Landesregierung das auch so sieht – jetzt nicht einfach nur optimistische Zukunftsprognosen verbreiten, wie es, Frau Kollegin Kraft, Ihre Regierung damals gemacht hat.
Ich darf mit Genehmigung des Präsidenten den jetzigen Bundesfinanzminister zitieren – das stammt aus der „FAZ“ vom 24.05.2002 –: „Die WestLB ist auf der Zielgeraden.“ Herr Kollege Steinbrück sagte dann im Februar 2004, nachdem