Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hachen. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Stinka das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 5. Dezember 2007 hat in einem angenehm temperierten Kabinettssaal des Bundeskanzleramtes die Bundesregierung Maßnahmen zum integrierten Energie- und Klimaprogramm beschlossen.

Die nackten Zahlen, zum Beispiel die gerade wieder diskutierten Treibhausgasreduzierungen um 31 Millionen t bis 2020 bei der Gebäudesanierung, stellen für uns in Nordrhein-Westfalen, dem Energieland Nummer eins, eine große Herausforderung und eine Riesenchance dar. Hier in NRW können wir beweisen, dass Klimaschutz nicht wachstumsfeindlich sein muss, sondern neue Perspektiven für eine moderne Industrie- und Standortpolitik eröffnet. Wer, wenn nicht wir, Kolleginnen und Kollegen, kann diese Aufgabe besser schultern?

Neben den klimapolitischen und industriepolitischen Bedeutungen dieser Sanierung gerade bei den alten Gebäuden in unserem Bundesland ist für uns Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen natürlich insbesondere die soziale Frage einer modernen Energiepolitik von entscheidender Bedeutung.

(Beifall von der SPD)

Unser Ziel ist, dass sich jeder eine bezahlbare, warme und den neuen Energiestandards entsprechende Wohnung leisten kann. Das ist für uns ein wichtiger Aspekt für die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen.

Kolleginnen und Kollegen, diese Anforderung muss jedoch mit Leben gefüllt werden. Gut gemeinte Gesetze und Verordnungen müssen auch gut gemacht werden, sonst bewirken sie nichts.

Die Praxis entscheidet hierüber. Deshalb müssen die im Antrag angesprochenen Architekten mit ihrem Wissen dafür sorgen, dass es so kommt, wie die Politik es gemeinsam beschlossen hat.

Ich will nur die Beispiele optimale Dämmung und Nutzung von regenerativen Heizsystemen nennen. Das sind Technologien, die für ein modernes und zukunftsfähiges Wohnen stehen.

Darüber hinaus verfügen die Architekten, die auch Baumeister genannt werden, über Erkenntnisse zur Sanierung alter Bausubstanz. Denn hierin liegt, wie ich gerade schon ausgeführt habe, ein großer Beitrag zur Energieeinsparung.

Wie Sie bis jetzt erkennen konnten, teilen wir die theoretischen Ansätze im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie sind ohne Zweifel zutreffend. Zweifel haben wir Sozialdemokraten allerdings, ob es klug ist, hier alleine den Weg über Zielvereinbarungen zu gehen. Studieninhalte und Professorenstellen darüber zu bestimmen – das allein wird nicht ausreichen, Kolleginnen und Kollegen.

Von der Landesseite brauchen wir zuerst ein Gesamtkonzept für den wichtigen Bereich Forschung und Lehre und nicht nur für den separaten Bereich der Architektur. Hier müssen wir allerdings eines leisten: Es müssen Anreize gesetzt werden. Das bedeutet, dass wir Geld in die Hand nehmen müssen, und zwar eine beträchtliche Summe, die mit Bedacht ausgegeben werden muss.

In Bezug auf die Hochschulpolitik müssen wir momentan feststellen, dass die Landesregierung mit dem Modell der Zielvereinbarungen gerade beim Hochschulpakt 2020 scheitert.

(Beifall von der SPD – Christian Lindner [FDP]: Was?)

Trauben muss man eben doch hoch hängen und nicht auf den Boden werfen.

(Christian Lindner [FDP]: Quatsch!)

Deswegen sage ich: Weniger Verordnungen und mehr Anreize sind notwendig. Der von Ihnen in dieser Form vorgeschlagene Weg wird ansonsten innerhalb der Hochschulen auf wenig Gegenliebe stoßen. Der Ansatz ist ja – wie deutlich ausgeführt – richtig.

Im Übrigen werden Energiefragen bereits jetzt standardisiert an Hochschulen behandelt. Insofern muss man überlegen, ob wir im Ausschuss und bei der Beratung nicht gezielt Kontakte zu den entsprechenden Akteuren an Hochschulen suchen, um die Akzeptanz breit zu streuen.

Vor diesem Hintergrund freuen wir uns schon jetzt auf die spannenden, notwendigen und hoffentlich mit Erfolg gesegneten Beratungen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Stinka. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Lindner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte hat schon gezeigt, Frau Seidl, dass sich der Ansatz der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in diesem Haus zunächst einmal nicht einer breiten Unterstützung sicher sein kann. Das ist in der Debatte zu Recht zutage getreten; denn wir sind in der Vergangenheit gut damit gefahren, auch die universitäre Ausbildung im engen Dialog mit Wirtschaft und Hochschulen zu gestalten und eben nicht politisch Einfluss auf Ausbildungsinhalte zu nehmen.

Es ist deshalb richtig gewesen, weil Ausbildung immer auch für den Markt erfolgt und wir nicht am Markt vorbei durch politische Einflussnahme Ausbildungsinhalte vorgeben, die am Ende keine Nachfrage erfahren. Der Staat ist eben nicht allwissend. Der Staat kann Entwicklungen nicht vorwegnehmen. Der Staat kann moderieren und Rahmenbedingungen geben, aber er sollte nicht in Entscheidungen eingreifen, die von Praktikern besser getroffen werden können als von Beamten.

Wir sollten also Studierenden, Studienbewerbern die Freiheit lassen, sich für einen Ausbildungsgang zu entscheiden, und wir sollten den Hochschulen weiter die Freiheit einräumen, Ausbildungen im Dialog mit Fachöffentlichkeit und Wissenschaft einerseits sowie Unternehmen und Wirtschaft andererseits auszugestalten.

Zweifelsohne ist die Klimapolitik eine zentrale Herausforderung für alle Gesellschaften. Wenn ich sage, dass wir seitens des Landes diesen Aspekt nicht speziell in der Ausbildung für Architekten berücksichtigen sollten, so glaube ich doch, dass er sich als ein Schwerpunkt kraft Natur der Sache in geeigneter Weise herausbilden wird. Das hängt auch damit zusammen, dass die Kosten für Energie und Wärme in den nächsten Jahren steigen werden. Das wird über den Markt Anreize setzen für alle Eigentümer und auch für all diejenigen, die Eigentum erwerben wollen, sich um Klimafreundlichkeit zu bemühen.

Hinter Ihrem Ansatz, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, steht ja eigentlich noch etwas anderes: Sie wollen in Wahrheit ein flächendeckendes Pro

gramm haben, dass das gesamte Wohneigentum, dass alle Gebäude umgerüstet werden, dass überall die Isolation, die Klimaeffizienz verbessert wird – mit teuren Programmen. Bei aller Sympathie für das Ziel dürfen wir aber eines nicht vergessen: Sie würden mit der damit verbundenen Verteuerung von Wohneigentum für viele Menschen den Weg zum Eigentum verbauen. Dann hätten wir wirklich irgendwann Volkseigentum und nicht mehr das Volk von Eigentümern, für das wir streiten wollen.

(Beifall von der FDP)

Auf diesem Weg werden wir Ihnen deshalb nicht folgen. Auch wenn heute nur eine zaghafte Andeutung von Ihnen in dieser Hinsicht unternommen worden ist: Wir werden diesen politischen Ansatz insgesamt nicht unterstützen – bei aller Notwendigkeit, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass wir auch im Klimawandel wirtschaftlich effizient Ökologie schonen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Wolf in Vertretung von Herrn Minister Pinkwart. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst eine grundsätzliche Anmerkung: Ich stimme mit Ihnen überein: Der Klimawandel und die steigenden Energiekosten gehören zu den größten Herausforderungen der heutigen Gesellschaft. Diese Herausforderungen können wir nur erfolgreich angehen, wenn wir das Innovationspotenzial dieses Forschungs- und Technologiefeldes ausschöpfen. Dabei spielt auch die Hochschulausbildung eine wichtige Rolle – hier die Ausbildung der nächsten Generation von Architektinnen und Architekten, aber auch die verwandter Berufsgruppen.

Wir allerdings – das ist in den letzten zweieinhalb Jahren sehr deutlich geworden – trauen anders als Sie den Hochschulen zu, dass sie in der Lage sind, selber zu entscheiden, was für sie der optimale Weg zur Profilbildung, zur Forschungsexzellenz und zu einer qualitativ hochwertigen Lehre und Ausbildung ist. Das gilt auch und gerade für die Architektenausbildung an unseren Hochschulen.

Zum Zweiten: Die Landesregierung ist nicht der Meinung, dass ein heterogenes Bild der Architekturstudiengänge an den Universitäten und Fach

hochschulen in Nordrhein-Westfalen ein Grund zur Klage ist. Im Gegenteil: Deutschland hat sich bewusst von den früheren Rahmenprüfungsordnungen verabschiedet, weil sie starr und unflexibel waren und gerade verhinderten, dass Hochschulen schnell und flexibel innovative Studiengänge entwickeln und die Curricula an neue wissenschaftliche Erkenntnisse, gesellschaftliche Bedarfe und die Berufspraxis anpassen können.

Positiv wirkt sich nun die Umstellung der Studiengänge auf die Bachelor- und Masterstruktur aus; denn ihr Ziel ist ja gerade der Wandel hin zu einer stärker an den gesellschaftlichen Bedarfen ausgerichteten akademischen Ausbildung, die verstärkt die Interessen der Studierenden und der Berufspraxis berücksichtigt.

Gerade wenn wir uns ein so wichtiges Thema wie den Klimaschutz anschauen und uns mit der Frage auseinandersetzen, wie neue Erkenntnisse in die Praxis auch des Bauens und Wohnens gelangen, dann muss die Antwort doch lauten: Wir brauchen akademische Fachkräfte auf unterschiedlichem Niveau. Wir brauchen akademische Generalisten und Spezialisten. Wir müssen uns zum lebenslangen Lernen bekennen und hier für geeignete Strukturen sorgen. Genau das ist das Ziel der Umstellung auf die Bachelor-MasterStruktur.

Im Übrigen gehören die Themen Energieeinsparung und Klimaschutz bei der Planung von Gebäuden längst zum anerkannten Kernbestand des Wissens, das Architekten und verwandte Berufsgruppen heutzutage beherrschen müssen. Herr Lindner hat ja gerade darauf hingewiesen, dass es sich dabei auch um eine ökonomische Vernunftsentscheidung handelt, die heute jeder Bauherr mit ins Kalkül ziehen muss. Deswegen fordert er das Wissen darüber auch von seinem Architekten bzw. seiner Architektin ein – zumal es hier um Anforderungen geht, deren Beachtung in Gesetzen des Bundes zwingend vorgeschrieben ist.

Selbstverständlich werden in der Ausbildung die einschlägigen baurechtlichen und technischen Bestimmungen des Bundes und des Landes beachtet und wird das Studiengangskonzept auf die Übereinstimmung mit diesen Bestimmungen überprüft.

Ein letzter Punkt: Die von Ihnen angesprochene Fortbildung ist auch für uns ein wichtiger Gesichtspunkt; da stimme ich zu. Hierzu ist Folgendes zu sagen: Das Baukammergesetz NRW verlangt von den Kammermitgliedern, sich in allen für die Berufsausübung relevanten Fachgebieten regelmäßig fortzubilden. Diese Berufspflicht wird

von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und der Ingenieurkammer-Bau NordrheinWestfalen aufgrund der von den Kammern erlassenen Fort- und Weiterbildungsordnungen überwacht. Selbstverständlich sind in diesem Zusammenhang auch Fortbildungen relevant, die die Themen Energieeinsparen und Klimaschutz behandeln. Diese liegen doch sozusagen auf der Hand.

Meine Damen und Herren, es besteht keinerlei Veranlassung zu der Annahme, dass die Baukammern dieses Thema im Rahmen ihres Fortbildungsangebotes vernachlässigen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Wolf. – Für die Grünen hat sich noch einmal Frau Dr. Seidl zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Allen Rednern, die heute gesagt haben, wir würden hier von oben herunter etwas verordnen wollen, möchte ich noch einmal Folgendes vorhalten: Das Hochschulfreiheitsgesetz sieht vor, dass das Land als Gegengewicht zu der Freiheit, über die die Hochschulen jetzt verfügen, die Möglichkeit hat, strategisch zu steuern.

Diese strategische Steuerung erfolgt über die Zielvereinbarung. Deswegen ist es legitim, in unserem Antrag zu fordern, über die Zielvereinbarung des Ministeriums zu steuern, dass die Ziele des Klimaschutzes – die wir uns ja alle, auch als Land, auf die Fahnen geschrieben haben – an die Hochschulen herangetragen werden.

Das ist keine Verordnung von oben herunter, sondern genau das Pendant zum Hochschulfreiheitsgesetz. Dabei handelt es sich um die Mittel, die wir als Land haben, um auch als Landesgesetzgeber über das Ministerium etwas erreichen zu können.

Heute haben wir ja von allen Rednern gehört – selbst der Minister hat es gesagt –, dass die Ziele des Klimaschutzes für uns ganz oben stehen. Deswegen müssen sie auch in den Hochschulen verankert werden.

Daher zielt unser Antrag darauf ab, den Klimaschutz über diesen Weg, der legitim und auch richtig ist, tatsächlich nach vorne zu bringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Seidl. – Damit sind wir am Ende der Beratungen zu diesem Punkt.