Protokoll der Sitzung vom 20.02.2008

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Boos. – Jetzt hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Dr. Seidl das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lindner, ich behaupte, der vorliegende Antrag stammt aus der Feder der CDU-Fraktion. Ehrlich gesagt traue ich Ihnen soviel geisteswissenschaftliches Engagement gar nicht zu. Es sei denn, nach dem soeben abgelaufenen Jahr der Geisteswissenschaften haben Sie gerade noch einmal die Kurve bekommen und versucht, ein kleines Profil, einen symbolischen Akzent zu setzen.

(Christian Lindner [FDP]: Der politische Libe- ralismus ist gelebte Philosophie!)

Tatsächlich? Darüber können wir noch einmal an anderer Stelle diskutieren.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP] – Weitere Zurufe)

Grundsätzlich ist der Gedanke, ein solches internationales Zentrum für Philosophie in NordrheinWestfalen einzurichten, durchaus unterstützenswert. Die Einsicht, dass sich eine Wissensgesellschaft nicht damit begnügen kann, Erfahrungs- und Anwendungswissenschaften zu fördern, sondern dass es darüber hinaus auch einer Reflexion auf die gesellschaftlichen und begrifflichen Voraussetzungen wissenschaftlicher Theoriebildung und Praxisvollzüge bedarf, ist aus unserer Sicht erfreulich und zukunftsweisend. Dieses Grundkonzept passt in ein ganzheitliches und emanzipatorisches Wissenschaftsbild, dem wir uns gerne anschließen.

Wie so oft, liegt der Teufel aber auch hier im Detail. Letztlich wird die konkrete Ausgestaltung darüber entscheiden, wie gut sich ein solches Zentrum im Wettbewerb der Wissenschaftsstandorte platzieren lässt und wie gut die dort zu leistenden inhaltlichen Aufgaben bewältigt werden können.

Erstens. Hierzu gehört aus unserer Sicht eine breite Repräsentanz aller philosophischen Disziplinen in der Besetzung der Stellen. Soweit also nicht geplant ist, den Fokus der Institution auf einen bestimmten Teilbereich wie etwa Ethik oder – etwas breiter angesetzt – praktische Philosophie zu legen, müsste eine derartige Institution mit gutdotierten Stellen für hochkarätige Wissenschaftlerinnen sowie mit Personal- und Sachmitteln für eine effiziente, strukturelle und inhaltliche Vernetzung ausgestattet sein.

Zweitens. Eine interdisziplinäre Aufstellung wäre notwendig, um einen breiteren und wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs zu ermöglichen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Interdisziplinarität ist besonders für Bereiche wie die Wissenschafts- und Bioethik eine unverzichtbare Erfolgsbedingung für eine fruchtbare philosophische Reflexion. Wichtige Aufgabe eines Zentrums für Philosophie NRW muss es daher sein, die in Bonn durchaus vorhandenen interdisziplinären Netzwerke zu pflegen und auszubauen. Dies sollte auch institutionell festgeschrieben werden.

Drittens. Das geplante Zentrum für Philosophie Nordrhein-Westfalen sollte nicht bloße Forschungseinrichtung sein, sondern auch Ausbildung und Lehre als ausdrückliche Aufgabe haben. Dabei gilt es, ein besonderes Augenmerk auf die praktische und berufliche Relevanz des philosophischen Studiums zu legen. Diese Dimension philosophischer Ausbildung wird an der Universität bisher nicht ausreichend beachtet.

Dadurch werden nicht zuletzt Chancen mit Blick auf den Arbeitsmarkt für Studierende, aber auch mit Blick auf die Bedeutung der Philosophie für das Wirtschafts- und Gesellschaftsleben vergeben. Dieser Gedanke ist im Übrigen bereits in den Akkreditierungsbedingungen für den BachelorStudiengang Philosophie an der Universität Bonn festgelegt. Er muss aber noch praktisch mit Leben gefüllt werden: Dies kann zum Beispiel durch eine Schnittstelle zur Praktikavermittlung, durch Lehrveranstaltungen, die sich ernsthaft mit der Praxisrelevanz auseinandersetzen, durch die Stärkung der formalen Qualifikation der Studierenden – Schreibtechnik, Rhetorik, philosophische Diskurs

techniken, wissenschaftliches Arbeiten etc. – geschehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag greift also insgesamt zu kurz, wenn es nur um den Namen des Instituts geht. Vielmehr sind Sie als Landesregierung in der Verantwortung, auch die inhaltliche Ausgestaltung im Sinne der oben genannten Punkte zu gewährleisten. Das gilt umso mehr, wenn das Zentrum den Namenszusatz „NRW“ erhalten soll.

Herr Minister Pinkwart, vor diesem Hintergrund interessiert uns sehr, welches Konzept Sie sich für das Zentrum ausgedacht haben. Es wäre schön, wenn Sie uns das heute erläutern könnten. Wichtig ist auch, wie Sie das strukturell und vor allen Dingen finanziell anlegen und umsetzen wollen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Seidl. – Jetzt hat Herr Minister Prof. Dr. Pinkwart das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Seidl, nachdem Sie dem hochgeschätzten Kollegen Christian Lindner abgesprochen haben, sich überhaupt zu philosophischen Themen äußern zu dürfen, war ich im Zweifel, ob ich das von meiner Seite als liberaler Minister hier tun dürfte. Vielleicht kommen Sie mir etwas entgegen, weil ich auf Einladung der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn im vergangenen Jahr eine Vorlesung habe halten dürfen.

(Beifall von der CDU)

Wenn Ihnen das ausreicht, möchte ich mit diesem Hinweis weiterreden.

Ich wollte nur ganz kurze Bemerkungen machen:

Erstens. Die Universität Bonn hat als einzige Universität in der Ziel- und Leistungsvereinbarung mit dem Land Nordrhein-Westfalen den Schwerpunkt Philosophie. Das hat Herr Kollege Sternberg bereits zu Recht dargelegt. Das prädestiniert die Universität Bonn dann natürlich auch für die Auszeichnung, um die es in diesem Antrag geht.

Zweitens. Sie hat nicht nur diese Schwerpunktbildung in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen, sondern sie hat auch etwas zu bieten. Sie hat in Forschung und Lehre eine kritische Masse, und zwar durch drei renommierte Professuren, die

sich zum Institut für Philosophie zusammengeschlossen haben. Darüber hinaus gibt es vier Professuren in zwei wissenschaftlichen Einrichtungen mit überregionalem, wenn nicht sogar internationalem Ruf, nämlich im Institut für Wissenschaft und Ethik sowie im Deutschen Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften.

Das heißt, wir haben, wie mit dem Land verabredet, seitens der Hochschule die erforderlichen Ressourcen für die Schwerpunktbildung Philosophie, und damit ist auch sichergestellt, dass sich die Universität und die Fakultät in der Lage sehen, dem Anspruch, der sich mit dieser Bezeichnung verbindet, gerecht zu werden.

Darüber hinaus ist die Geisteswissenschaft in Nordrhein-Westfalen nicht nur auf dieses Zentrum hin ausgerichtet. Frau Boos, ich habe gar nicht verstanden, dass Sie die Geisteswissenschaften in Ihrem Redebeitrag so kleinmachen wollten.

Vielmehr sind die Geisteswissenschaften in Nordrhein-Westfalen stark vertreten, und zwar nicht nur in Bonn, sondern auch in Köln, Münster und Bochum. Nicht zuletzt die Wettbewerbe im Rahmen der Exzellenzinitiative, bei denen sich die Geisteswissenschaften gerade in NordrheinWestfalen hervorragend qualifizieren konnten, haben dies gezeigt. Deswegen fördern wir sie nach Kräften weiter.

Das zeigt sich auch daran – nächster Gedanke –, dass wir als erstes Bundesland die kleinen Fächer einer Evaluierung unterziehen, mit der Zielsetzung, dass wir sie in den nächsten Jahren gezielt weiter stärken wollen. Das machen wir mit einer wahrlich exzellenten Kommission, die sich dankenswerterweise bereit erklärt hat, diese Aufgabe zu übernehmen. Ich werde Ihnen die Ergebnisse sicherlich in nächster Zeit darstellen können.

Wenn sich die Universität Bonn im Rahmen ihres Schwerpunktes jetzt weiter profilieren will, ist das zunächst und vor allem die Entscheidung der Universität Bonn, auch und gerade, Frau Seidl, was die inhaltliche Ausgestaltung betrifft. Wir haben volles Vertrauen, dass dies der Universität Bonn in diesem wie auch in anderen Bereichen gelingt – etwa in der Ökonomie.

Dort konnten wir jüngst erleben, dass zu den wenigen Preisträgern, die in Europa ausgewählt worden sind, auch ein Bonner Ökonom zählt, was deutlich macht, dass die Universität Bonn nicht nur in der Philosophie exzellent ist, sondern auch auf anderen Feldern, zum Beispiel in der Mathematik und in der Ökonomie, und dass sie wohl in der Lage ist, das aus eigener Verantwortung heraus hervorragend weiterzuentwickeln.

Hier geht es darum, dass sie gerne die Bezeichnung „Nordrhein-Westfalen“ tragen möchte und dass sie das philosophische Zentrum NordrheinWestfalens sein will. Ich glaube, aufgrund ihrer besonderen Reputation ist es auch gut, wenn ihr der Landtag diese Möglichkeit eröffnen möchte.

Noch zwei kurze Gedanken zu Frau Boos und dem Wissenschaftszentrum – das klang schon einmal heute früh in der Debatte an –: Ich glaube, hier wird etwas miteinander verwechselt.

Zunächst einmal ist das Kulturwissenschaftliche Institut dankbar für die Neuordnung. Das hat Ihnen Herr Rüsen schon im Ausschuss und auch bei Anhörungen vorgetragen. Er war froh, dass das KWI aus dem Wissenschaftszentrum herausgelöst wurde und dass er es endlich als eigenständiges Institut betreiben konnte, nicht nur in die Universität Duisburg-Essen eingebettet, sondern auch mit Bochum und Dortmund verbunden. Sein Nachfolger Claus Leggewie würde Ihnen das sehr gerne bestätigen.

Insofern war die Auflösung des Wissenschaftszentrums mit einer Befreiung des Kulturwissenschaftlichen Instituts im Sinne der Kulturwissenschaften auch ein Befreiungsschlag im Interesse der Qualitätsentwicklung. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich schließe die Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/6151 – Neudruck – an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Dort wird auch die abschließende Beratung und Abstimmung in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Das war der Tagesordnungspunkt 10 – von 26, die wir heute zu beraten haben. Wir kommen jetzt zügig zu Tagesordnungspunkt 11. Ich darf die Rednerinnen und Redner bitten, wenn es ihnen denn möglich ist, von den fünf Minuten Redezeit, die sie haben, nicht voll Gebrauch zu machen. Sonst sind wir nämlich mit den vier Tagesordnungspunkten, über die wir noch zu entscheiden haben – was jeweils knapp eine halbe Stunde dauert –, noch zwei Stunden miteinander beschäftigt, und das angesichts von zwei Veranstaltungen, zu denen die Abgeordneten geladen sind: eine Veranstaltung der NRW-Stiftung und eine Veranstaltung des Städtetags.

Wir müssen nicht dorthin gehen. Wenn ich das hier sehe – es sind nur noch wenige hier –, stelle ich fest, dass die meisten sowieso dort zu sein scheinen. Aber vielleicht wollen auch die anderen vorbeischauen. Ich wäre Ihnen also sehr dankbar, wenn Sie nicht von der vollen Redezeit Gebrauch machten. Ich glaube, diejenigen, die eingeladen haben, wären es auch.

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen zu:

11 Neue Energie für unsere Hochschulen

Antrag

der Fraktion der SPD

Drucksache 14/6008

Ich eröffne die Beratung und erteile dem Abgeordneten Stinka das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Knapp 10.000 Kilowattstunden habe ich 2007 bei mir zu Hause beim Gas eingespart. Das liegt sicherlich nicht daran, dass ich Mitglied der Enquetekommission Energie bin, sondern hängt unter anderem auch damit zusammen, dass der Winter 2007 recht mild war. So ist der Energiepreisschock bei mir schwächer ausgefallen, als es in einem normalen Winter der Fall gewesen wäre.

Was für mich gilt, gilt genauso für private Haushalte und hat auf öffentliche Gebäude ebenfalls eine Auswirkung, auch auf Gebäude des Landes.

Wir wissen seit der Antwort auf die Kleine Anfrage 14/2922, dass die Ausgaben für Energie an den Hochschulen zwischen 2003 und 2005 bereits um 13,6 Millionen € gestiegen sind. Da zurzeit sehr günstige Verträge mit Energielieferanten bestehen, muss man hier sogar von einem moderaten Anstieg sprechen.