Protokoll der Sitzung vom 12.03.2008

Drittens – last, not least –: Die Wahlkosten sinken dauerhaft. Die Kommunen werden zusätzlich finanziell entlastet, da der Bund einen wesentlichen

Teil der Wahlkosten für die Europawahl trägt. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Carina Gödecke [SPD]: Nicht überzeugend!)

Vielen Dank, Herr Kollege Engel. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Wolf.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich den Verlauf der Debatte richtig deute, dann ist die Frage der langfristigen Kopplung von Europawahl und Kommunalwahl unstreitig, sodass wir uns darauf beschränken können, uns die Kopplung für das Jahr 2009 anzusehen.

Hier ist schlichtweg eine Abwägung vorzunehmen, was sinnvoll ist.

(Zuruf von der SPD: Was für Sie sinnvoll ist, wollten Sie wohl sagen!)

Es ist, glaube ich, klar, dass es nicht gewollt ist, drei Wahlen an drei unterschiedlichen Tagen stattfinden zu lassen. Deswegen war die Entscheidung zu treffen, was sinnvoller ist: mit dem Termin für die Bundestagswahl oder mit dem für die Europawahl zu koppeln.

Ich glaube, es sind sehr gute Argumente für die Europawahl gebracht worden. Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl, die 2004 bei 41,1 % lag, bedarf sehr wohl einer Erhöhung, wobei das Zusammenlegen der Termine von Kommunal- und Europawahl nur helfen kann.

(Carina Gödecke [SPD]: Bluttransfusion!)

Vor allen Dingen ist aber eines entscheidend: Bei einer Europawahl, an der, wie die Wahlbeteiligung schon ausdrückt, das Interesse eher mäßig ist, wird das Kommunale sehr viel stärker zum Ausdruck kommen. Wir als ausgesprochene Vertreter von Kommunalparteien

(Lachen von der SPD)

wollen im Unterschied zu Ihnen sehr gerne, dass das kommunale Element eine starke Rolle spielt.

Es ist für die ehrenamtlich tätigen Kräfte aus meiner Sicht ein absolutes Muss, die Chance zu erhalten, deutlich zu machen: Hier geht um das, was die Menschen vor Ort bewegt. Auch die Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten, die noch einmal gemeinsam gewählt werden, können sich dann sicherlich sehr viel besser präsentieren als am Tag der Bundestagswahl, wenn alle nur fragen, wer Kanzler oder Kanzlerin wird. Das

macht wohl schon deutlich, dass diese Abwägungsentscheidung eine vernünftige ist.

(Zuruf von der SPD)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir sind hier nicht unter Verfassungsrechtlern.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Doch, Herr Kollege! Ihre Aufgabe ist es auch, eine verfassungsrechtliche Würdigung vorzuneh- men!)

Wir wissen doch ganz genau, dass am Ende plakatiert wird, wer Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler wird. Wir alle wissen, dass diese Wahl im Bundestag erfolgt, die Plakatierung ist aber völlig klar. Deswegen geht eine Kommunalwahl an einem solchen Tag einfach unter. Das wollen wir nicht.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist ein klares Bekenntnis dafür, meine Damen und Herren.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Dann nehmen Sie doch eine verfassungsrechtliche Würdigung vor, Herr Innenminister!)

An dieser Stelle sind schon einige Fragen diskutiert worden. Das 21-Uhr-Argument von Herr Becker ist natürlich völlig unsinnig. Herr Körfges hat in irgendeiner Zeitung erzählt, es gebe Probleme mit dem unterschiedlichen Wahlalter von 16 bzw. 18 Jahren. Dazu muss ich Ihnen sagen, dass sowohl bei der Europawahl als auch bei der Bundestagswahl das Wahlalter bei 18 Jahren liegt. Dieses „Problem“ haben wir damit bei jeder Kombination. Es lässt sich allerdings unschwer lösen.

(Zuruf von der SPD)

Am Ende kommt es zu einer Diskussion um die Frage, dass einige noch Wochen oder Monate amtieren, während die Wahl anderer schon stattgefunden hat. Meine Damen und Herren, entgegen Ihrer Auffassung bestehen nach unserer Auffassung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Ich will das gerne auch mit einigen Beispielen untermauern.

Laut unserer Landesverfassung ist es zum Beispiel möglich, drei Monate vor Ablauf der Wahlperiode zu wählen. Für die Kommunalwahl sind keine entsprechenden Fristen festgelegt. Ich teile Ihnen aber gerne mit, dass in MecklenburgVorpommern vier Monate, in Baden-Württemberg und Bayern sechs Monate und in Brandenburg acht Monate vor Ablauf der jeweiligen Wahlperiode gewählt werden darf. Von daher bin ich bei dieser Frage ganz entspannt – Herr Kollege Engel

hat schon darauf hingewiesen, dass in diesen Wochen oder Monaten der Überschneidung noch ein größerer Zeitraum auf Ferien entfällt – und meine, dass das ohne Weiteres machbar ist.

Meine Damen und Herren, im Sinne unserer kommunalen Ebene weise ich allerdings die Unterstellung zurück, in den letzten Wochen und Monaten einer Wahlperiode würden dann Fakten geschaffen, die nicht dem Wunsch und dem Willen der Bevölkerung entsprächen. Ganz abgesehen davon, dass am Ende einer Wahlperiode solch eine Gefahr theoretisch immer besteht, können wir diese Unterstellung unseren kommunalen Mandatsträgern gegenüber nicht gelten lassen. Ich darf darauf hinweisen, dass entsprechende Beschlüsse von Räten natürlich auch dem Widerruf unterliegen. Sechs Monate später kann man sich in einer Kommunalvertretung mit neuer Zusammensetzung erneut mit den Themen beschäftigen. Von daher halte ich das an dieser Stelle für absolut überzogen.

Für uns ist es wichtig, noch einmal deutlich zu machen, dass wir damit eine Lösung aus einem Guss haben, dass wir die Wahlen zusammenlegen, die gleiche Laufzeiten haben, dass wir an dieser Stelle natürlich auch die Möglichkeit des Kostensparens eröffnen – Sie wissen, dass die anteiligen Kosten vom Bund getragen werden müssen –, dass wir der Kommunalwahl eine weitaus höhere Aufmerksamkeit zukommen lassen als im Falle einer Bündelung mit der Bundestagswahl und dass wir die von Ihnen aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen nicht teilen. Insofern halte ich die Lösung, die wir gewählt haben, für sachgerecht. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Jäger das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Generalsekretäre demokratischer Parteien haben eine Audienz beim Staatssekretär für Inneres in Nordrhein-Westfalen und tragen an ihn den Wunsch heran, dass die Kommunalwahl im nächsten Jahr keinesfalls am Wahltag der Bundestagswahl stattfinden soll, weil die hohe Wahlbeteiligung zu schlechten Ergebnissen führt. – Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der wahre Grund, über den wir uns heute unterhalten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Nun versuchen Sie verzweifelt, Begründungen nachzuschieben, um diese Tricksereien nachträglich zu legitimieren. Insofern finde ich es gut, dass Herr Wüst für die CDU diese Debatte eröffnet hat,

(Karl Schultheis [SPD]: Denn die Erde war wüst und leer!)

dass er nicht den armen Kollegen Lux vorgeschickt hat, der das nicht verbrochen hat.

Sie erdreisten sich während dieser laufenden Plenardebatte, einen Entschließungsantrag mit den für Sie gültigen Begründungen, warum diese Trickserei stattfinden muss, nachzuschieben.

Ein Grund ist: Sie fürchten, dass die Kommunalwahl durch bundespolitische Themen überlagert würde. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Für wie blöd halten Sie eigentlich die Wählerinnen und Wähler in diesem Land, wenn Sie glauben, diese könnten nicht differenzieren?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist eine Missachtung der Wählerinnen und Wähler in diesem Land. Sie können sehr wohl entscheiden, ob sie einen Bürgermeister, einen Landrat, einen Bundestagsabgeordneten oder eine Mehrheit für den Deutschen Bundestag wählen. Für wie blöd halten Sie die?

Als zweite Begründung schieben Sie en passant nach, damit würde die Europawahl aufgewertet. Meine Damen und Herren, ich finde, unser aller Anstrengung als Demokraten sollte sein, den europäischen Gedanken, der Grundlage für die Wahl im Juni nächsten Jahres sein sollte, so durch gemeinsames Handeln hervorzuheben, dass die Europawahl dadurch attraktiver wird als durch Tricksereien mit dem Wahltermin für die Kommunalwahl.

(Beifall von der SPD)

Lassen Sie mich noch einmal deutlich sagen, worum es eigentlich geht. Sie können gewählte Bürgermeister, Landräte, Oberbürgermeister, Räte, Bezirkvertretungen und Kreistage nicht nachträglich während der Dauer ihrer Wahlperiode beschneiden. Deshalb werden diese Institutionen – abgewählt und neu gewählt – nebeneinander existieren.

Das ist ein Bruch mit dem Grundsatz, dass die Souveränität der Wählerinnen und Wähler Vorrang haben muss. Der Wähler entscheidend darüber, ob ein Ratsmitglied, ein Kreistagsmitglied oder ein Bürgermeister wiedergewählt wird oder nicht. Der Respekt vor der Souveränität von Wählerinnen und Wählern hat zur Folge, dass eine

solche Sanktionierung durch den Wähler auf dem Fuße folgen muss. Ein Oberbürgermeister darf nicht viereinhalb Monate lang Gelegenheit haben, mit einer Verwaltung im Rücken den einen oder anderen noch zu befördern, die eine oder andere Organisationsveränderung vorzunehmen, all das zu tun, was mit einer fehlenden politischen Mehrheit, wenn der neue Rat eingesetzt würde, nicht mehr möglich wäre.

Meine Damen und Herren, Eduard Zimmermann – Gott hab’ ihn selig – hat eine Sendung mit dem Titel geleitet: „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“. Ihr Verhalten wäre ein Riesenbeitrag für seine Sendung.

(Beifall von der SPD)

Herr Wüst, mit dem, was Sie hierzu veranstalten, tragen Sie zur weiteren Politikverdrossenheit in diesem Land bei. Wenn das Vertrauen gegenüber den handelnden Menschen in der Politik schon so stark gesunken ist, wie es geschehen ist,

(Dietmar Brockes [FDP]: Das muss gerade von der SPD kommen!)

dann muss es erst recht zur Politikverdrossenheit beitragen, wenn nicht einmal mehr der Wahltermin oder die Kommunalverfassung vor dem Handeln von Politikern geschützt ist und die Wahltermine nach Gutdünken hin und her geschoben werden. Das ist ein Beitrag zur Politikverdrossenheit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)