Landesregierung treibt Ausrottung des Kormorans in NRW voran – „passend“ zur UN-Artenschutzkonferenz 2008 in Bonn
Ich weise darauf hin, dass dieser Antrag gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen wurde – mit der Maßgabe, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage der Beschlussempfehlung erfolgt. Dies ist jetzt der Fall.
Ich darf an dieser Stelle die Beratung eröffnen und Herrn Kollegen Kemper von der CDU das Wort geben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vom 19. bis 30. Mai 2008 findet die 9. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt mit ca. 5.000 Delegierten aus 190 Ländern statt. Sicherlich ist das auch ein Anlass, die Situation der Biodiversität in NRW zu beleuchten. Der Hauptansatz ist aber, dass das Bundeskabinett am 7. November 2007 die nationale Strategie zur biologischen Vielfalt verabschiedet hat.
fischen atlantischen Region. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt ist auch ein wesentlicher Teil der menschlichen Daseinsvorsorge. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Aufgabe wegen der durch die Menschen stark geprägten Regionen besonders Aspekte in NRW berücksichtigen muss.
Biologische Vielfalt bezieht sich aber natürlich auch auf Kulturpflanzen und andere Kulturgüter. Der Reichtum der Erde ist auch der Reichtum an einem schier unermesslichen Genpool, den es zu erhalten gilt. Dabei dürfen Entwicklungspotenziale zukünftig nicht durch falsch verstandene museale Ansätze bei der Beurteilung von Biodiversität gefährdet oder verengt werden. Erhalt der biologischen Vielfalt heißt nicht Aufbewahren der Asche, sondern Weiterreichen des Feuers.
Aus diesen Gründen wollen wir, die CDU und die FDP, auch in Nordrhein-Westfalen ein Konzept zur regionalen Biodiversität erstellen. Dazu gehört zunächst einmal eine Momentaufnahme der jetzigen Situation, um zu wissen, ob es hier Handlungsbedarf gibt. Dabei müssen die jeweiligen Einflussfaktoren menschlichen Handelns berücksichtigt werden – insbesondere in NRW, ein durch Menschen überprägtes Bundesland.
NRW hat sich verpflichtet, unter dem Motto „Mensch, Natur, Heimat – Partnerschaften für natürliche Lebensvielfalt vor Ort“ gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Verbänden und Kommunen über den kooperativen Ansatz der Mitverantwortung der Menschen den Erhalt der biologischen Vielfalt zu fördern.
Des Weiteren findet sich hierin auch ein Ansatz für die Verringerung des Flächenverbrauchs. Denn jeder Entzug von Fläche, die bisher natürlich belegt ist oder kultürlich genutzt wird, geht auch mit einer Verarmung biologischer Vielfalt einher. Ein großer Schritt in Richtung Biodiversität wäre es, den täglichen Flächenverbrauch in Nordrhein-Westfalen von 15 auf 5 ha zu senken – ein ambitioniertes Ziel unseres Ministers Eckhard Uhlenberg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es uns dann noch gelingt, über das Bündnis für Natur verstärkt Unternehmen oder Personen zu finden, die sich durch Geld oder Maßnahmen freiwillig daran beteiligen, Biodiversität zu erhalten, schaue ich in eine vielfältige, abwechslungsreiche Zukunft auch in Nordrhein-Westfalen.
Einfältig wäre es, einen solchen Antrag nicht zu stützen. Liebe Oppositionsparteien, stimmen Sie diesem Antrag der Regierungsfraktionen zu! Vielfalt ist gefordert, nicht Einfalt!
In dieser Verbindung komme ich zur Frage nach dem Kormoran. Ganz kurz gesagt: Erst mussten Kormorane geschützt werden. Sie waren Anfang der 90er-Jahre schützenswert, weil sie fast ausgerottet waren. Dann wurden Sie vom Menschen geschützt, sodass sich bis 2006 23.000 Brutpaare in über 120 Kolonien entwickelten.
Da Kormorane pro Tag mindestens 350 g Fisch fressen, müssen jetzt andere Arten vor Kormoranen geschützt werden, da ohne natürliche Feinde die biologische Vielfalt durch die Kormorane gestört würde. Das ist begleitende biologische Vielfalt – und nicht: abwarten, Fehlentwicklungen weiterhin zulassen und einen Arbeitskreis gründen. Biodiversität ist ein dynamischer und kein statischer Begriff.
Vielen Dank, Herr Kollege Kemper. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Kollege Ellerbrock das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was der Kollege Kemper zum Artenschutz und zur Biodiversität gesagt hat, brauche ich nicht zu wiederholen. Das entspricht genau den Überzeugungen unserer beiden Fraktionen.
Wer wollte dem politischen Oberziel „Erhalt des genetischen Reproduktionspotenzials“ widersprechen? Sie nicht und wir sicherlich auch nicht.
Meine Damen und Herren, grundsätzlich ist es okay, wenn man das so formuliert. Allerdings ist es nicht einhaltbar, weil zum Beispiel natürliche Faktoren wie ein Umspringen des Magnetfeldes in der Erdgeschichte oder Klimaänderungen immer dazu geführt haben, dass Arten neu entstanden oder untergegangen sind.
In einer Welt, in der heute sieben Milliarden Menschen leben und bald zehn Milliarden Menschen leben werden, wird es auch Änderungen in der
Nun zum Kormoran: Meine Damen und Herren, die Diskussion um den Kormoranschutz kann man auch überschreiben: Ein Artenschutzprogramm frisst das andere. Denn das Artenschutzprogramm Kormoran steht diametral dem Artenschutzprogramm für den Äschenfisch entgegen. Die Äschen wollen wir in besonderem Maße schützen. Sie werden aber gern vom Kormoran gefressen. Den Kormoran wollen wir schützen, damit er die Äschen fressen kann. Das kann doch wohl nicht wahr sein!
Unter Experten ist doch – Heinrich Kemper hat darauf hingewiesen – völlig unstrittig, dass das Wachstum der Kormoranpopulationen dazu geführt hat, dass der Kormoran heute nicht mehr gefährdet ist. Die Kormoranpopulation ist gesichert. Wenn wir uns vorstellen, wie viel Fisch bei einem angenommenen Jahresdurchschnitt von 5.000 Tieren in Deutschland, die jeweils 350 g Fisch pro Tag fressen, in der Regel von Teichwirtschaften, wo Menschen Geld verdienen, gefressen wird, müssen wir uns doch wirklich fragen: Ist so ein umfangreicher Kormoranschutz nicht nur nicht zeitgemäß, sondern überhaupt verantwortbar?
Meine Damen und Herren, wir in der Koalition sind froh, dass mit dem Aufheben der alten Kormoranverordnung und mit dieser neuen Kormoranverordnung, die zum Kormoranschutz in bestimmten Bereichen Ja sagt, wobei ansonsten der Kormoran bejagt werden darf, ein vernünftiger Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen des Artenschutzes – sowohl zum Schutz beispielsweise der Äsche als auch zum Schutz des Kormorans – und den berechtigten Interessen der Fischereiwirtschaft vorgenommen wurde.
Wir sind auch froh, dass ganz klar geregelt ist: Es darf kein Bleischrot verwendet werden. Zur Nachsuche sind brauchbare Jagdhunde zu verwenden. Die Zulassung ist örtlich beschränkt auf über oder im Umkreis stehende oder fließende Gewässer; ausgenommen sind Nationalparke, Naturschutzgebiete und besonders befriedete Bezirke. Es sind auch eine zeitliche Befristung und eine Berichtspflicht über die abgeschossenen Kormorane eingeführt worden. Es ist wie üblich eine Befristung bis 2010 vorgenommen worden.
Meine Damen und Herren, was wollen wir eigentlich noch mehr, wenn wir realistische Umweltpolitik mit Augenmaß betreiben wollen? – Diese Kormoranverordnung, wie sie jetzt niedergelegt ist, beweist Augenmaß. Ich glaube: Sowohl den Fischern, der Teichwirtschaft, anderen Arten, die
Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als nächster Redner spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Remmel.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es noch eines Beweises oder mehrerer Beweise bedurft hätte, wie heuchlerisch dieser Antrag ist, den Sie heute gestellt haben, waren das Ihre Ausführungen, die Sie gerade zur Antragsbegründung vorgetragen haben.
Sie haben sich mit keinem Wort – weder Herr Ellerbrock noch Herr Kemper – wirklich mit der Problematik auseinandergesetzt, vor der wir stehen. Das betrifft sowohl den weltweiten Artenschutz als auch den Verlust von Arten. Wir sprechen von einem massiven Verlust von Arten, den wir zu beklagen haben. Die Zahlen gehen von über 14.000 Arten aus, die weltweit jährlich verloren gehen. Keiner von Ihnen hat das erwähnt. Stattdessen verteidigen Sie den Kormoranabschuss.