Protokoll der Sitzung vom 15.05.2008

Herr Remmel, kommen Sie bitte zum Schluss.

Das lag insofern in unser aller Interesse. Hören Sie deshalb mit diesem Märchen auf und stimmen Sie unserem Antrag zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit schließe ich die Beratung.

Da es sich um einen Eilantrag handelt, kommen wir zur direkten Abstimmung. Wer ist für diesen Eilantrag? – Wer ist dagegen? – Damit ist der Eilantrag Drucksache 14/6751 abgelehnt.

Ich rufe auf:

7 Internationale Natur- und Artenschutzkonferenz in Bonn – Landesregierung macht NRW zum schlechten Gastgeberland

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6697

Entschließungsantrag

der Fraktion der SPD

Drucksache 14/6753

Entschließungsantrag

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/6777

Entgegen dem Ausdruck in der Tagesordnung haben die Fraktionen vereinbart, über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/6697 heute nicht direkt abzustimmen, sondern ihn an den Fachausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herrn Abgeordneten Remmel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An den Anfang meiner Rede möchte ich ein Zitat stellen, das ich immer wieder gerne benutze und das in keinem Punkt an Aktualität einbüßt. Bereits 1949 hat Albert Einstein gesagt:

„Erst stirbt die Biene, dann der Mensch. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das scheint offensichtlich weit weg zu sein. In Amerika bzw. in Kanada ist es aber beklemmende Realität. Dort wird in Leitartikeln darüber geschrieben. Es gibt auch erste Meldungen aus Deutschland. Zurzeit wird in Baden-Württemberg so etwas beobachtet. Wissenschaftler – erst gestern gab es eine entsprechende Meldung – stellen auch ein massenhaftes Bienensterben fest. Über 30 % der Völker sind in diesem Winter gestorben. In der Regel

sterben 10 %. Meine Damen und Herren, das sollte uns zu denken geben.

Es ist deshalb so aktuell, weil am kommenden Montag die 9. Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention mit über 5.000 Teilnehmern aus aller Welt beginnt. Am Wochenende hatten wir einen hoffnungsfrohen Auftakt der Menschen, die sich für Artenvielfalt einsetzen. In Bonn ist nämlich groß demonstriert worden. Dabei hat sich ein vielfältiges Spektrum von Menschen für Pflanzen, für Tiere, für Artenvielfalt, aber auch für eine bäuerliche Landwirtschaft eingesetzt.

Täglich sterben weltweit etwa 150 Tier- und Pflanzenarten und verschwinden damit für immer. Damit verschwinden gleichzeitig unsere Lebensgrundlagen. Auch in NRW stehen über 50 % der Arten vor Bedrohungen.

Dieser negative Trend ist leider ungebrochen. Hauptursachen sind der Verlust der biologischen Vielfalt, der massive Flächenverbrauch, über den wir heute Morgen schon diskutiert haben, die intensive Agrarindustrie, der naturferne Ausbau der Gewässer, die Gefährdung der Wälder, der von Menschen verursachte Klimawandel und die Verbreitung von Gentechnik.

Mit jeder verschwundenen Art verschwindet auch gespeichertes und entwickeltes Know-how unwiederbringlich. Das sind Informationen, die Menschen vielleicht noch einmal brauchen können, ob nun heute oder übermorgen – sei es in der Forschung, sei es bei der Herstellung von Arzneimitteln oder sei es in einem relativ neuen Feld, der Bionik, auf dem wir uns als Menschen abschauen, wie einfach Dinge in der Natur oft funktionieren; der Baukasten der Natur ist häufig viel durchdachter, viel präziser und viel besser als das, was Menschen sich ausdenken. Mit jeder Art, die stirbt, gehen aber auch die Möglichkeiten verloren, dieses Wissen zu nutzen.

Der Schutz der biologischen Vielfalt und der Artenvielfalt kann nicht isoliert betrachtet werden. Er ist integrierter Bestandteil einer umfassenden nachhaltigen Umweltpolitik.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Beim Artensterben steht landläufig oft der Regenwald im Fokus, in dem 40 bis 60 % der Arten leben und von der Zerstörung bedroht sind. Doch die Zerstörung der Natur beginnt bei uns vor der Haustür – wie schon gesagt, schleichend. 50 % der Arten stehen auf der Roten Liste – Tendenz steigend. Die Weltgemeinschaft kommt zusammen, um diesen Artenschwund bis 2010 zu stoppen. Das ist ein ehrgeiziges Ziel.

Aber wie sieht die Situation in NordrheinWestfalen aus? Im Wahlkampf 2005 haben CDU und FDP Naturschutz, Artenschutz und ganz bestimmte Arten zum Feindbild erklärt.

(Zuruf von der CDU: Quatsch!)

Diese Politik setzen Sie seit drei Jahren konsequent um. Damit macht die Landesregierung Nordrhein-Westfalen zu einem schlechten Gastgeberland für den Weltnaturschutzgipfel.

Die Politik der CDU/FDP-Landesregierung steht seit Mai 2005 in krassem Gegensatz zu den Zielen des Natur- und Artenschutzes. Sie haben gesetzliche Standards gesenkt. Sie haben systematisch Umweltverwaltung abgebaut. Sie haben Artenschwund und Naturzerstörung Vorschub geleistet. Sie haben Finanzmittel gekürzt und letztlich die gesetzlichen Grundlagen verändert. Statt auf Ökolandbau haben Sie auf Agrarindustrie und Gentechnik gesetzt.

(Zuruf von Minister Eckhard Uhlenberg)

Sie haben dem dramatischen Flächenverbrauch keinen Riegel vorgeschoben, sondern ihn forciert. Sie verkaufen den Wald aus, wie wir eben diskutiert haben. Sie haben keine neuen Nationalparke und damit neue Refugien zum Naturschutz und zum umfassenden Artenschutz zustande gebracht. Sie haben das Landschaftsgesetz an keiner Stelle für den Naturschutz und für die Artenvielfalt verändert, sondern es verschärft und Standards abgebaut.

Lassen Sie mich ein Beispiel nennen, um dies zu illustrieren: Mit einer Verordnung haben Sie umgesetzt, dass die geschützte Art des Kormorans sogar in Naturschutzgebieten – ein einzigartiger Vorgang! – bejagt werden kann.

All das spricht nicht dafür, dass NordrheinWestfalen ein guter Gastgeber für die Artenschutzkonferenz sein könnte, der auch beispielhaft darlegen kann, wie wir zukünftig Arten besser schützen und Naturschutz besser betreiben können.

Deshalb muss sich etwas ändern. Wir brauchen eine NRW-Biodiversitätsstrategie. Wir benötigen auch so etwas wie eine Grundlage für die Naturschutzförderung in diesem Land. Wir müssen den Flächenverbrauch wirksam bekämpfen – beispielsweise dadurch, dass wir den Kiesabbau am Niederrhein stoppen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir brauchen eine massive Förderung des Ökolandbaus und keine weitere Förderung der Agrarindustrie und der Massentierhaltung.

Um es an Zahlen deutlich zu machen: Aus der Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage geht hervor, dass derzeit weitere zwölf oder 13 große Hähnchenmastanlagen in Planung sind. – Das ist die Perspektive. Dies ist mit Massentierhaltung verbunden und spricht gegen Artenvielfalt. Auch das müsste Ihnen zu denken geben.

Wir wollen, dass in Nordrhein-Westfalen keine Gentechnik angewandt wird. Dass NordrheinWestfalen gentechnikfrei ist, haben wir ja fast erreicht. Wir wollen, dass die Landesregierung dies auch zu ihrem Ziel macht und zu ihrem Thema erhebt. Auch wollen wir den Ausverkauf des Waldes stoppen.

Alle diese Punkte machen einen integrativen, umfassenden Artenschutz deutlich. Wir setzen eben nicht auf einzelne Arten, sondern haben ein Gesamtbild für Nordrhein-Westfalen, für die Artenvielfalt in diesem Land und für die Zukunft des Naturschutzes vor Augen. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Deppe das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dass in der kommenden Woche 5.000 Delegierte aus der ganzen Welt nach Bonn kommen, um sich mit einem der wichtigsten Zukunftsthemen der Erde zu befassen, nämlich wie wir die biologische Vielfalt unseres Planeten erhalten können, ist ein gutes Zeichen, weil die 190 Vertragsstaaten, also de facto die gesamte Welt, die herausragende Bedeutung des Erhalts der biologischen Vielfalt anerkennen.

Es ist ein hervorragendes Zeichen, dass diese Konferenz hier in Nordrhein-Westfalen stattfindet. Die Teilnehmer aus der ganzen Welt beraten nämlich nicht nur im Konferenzzentrum, sondern gehen auch hinaus ins Land und werden sich selbst davon überzeugen: Nordrhein-Westfalen ist ein tolles Land, ein vielfältiges Land und ein überwiegend intaktes Land.

(Beifall von CDU und FDP)

Unser Land und unsere Menschen, lieber Herr Remmel, haben es nicht verdient, dass sie, die sich hier in so großartiger Art und Weise engagieren, von Ihnen hier dermaßen niedergemacht

werden, wie Sie es seit Wochen und Monaten immer wieder tun. Auch heute haben Sie wieder Beispiele dafür abgeliefert.